Es war gegen spätem Nachmittag, da Minervina im Garten saß. Am gestrigen Tage hatte sie Lana einer Bestrafung ausgesetzt, die sich aber noch um ein Vielfaches gestärkt hatte, ohne dass sie etwas dazu beitrug. Und sie fand es gar nicht gut, dass man sie nicht eingeweiht hatte, dass man Lana ohne ihre Bewilligung derart abstrafte. Sie hatte bisher nur Lanas Freilassung arrangiert, aber mit ihr gesprochen hatte sie noch nicht. Sie überlegte schon den ganzen Tag, doch sie war noch zu keiner Lösung gekommen. Sie fühlte sich gewissermaßen schuldig, denn sie hatte Lana erst in die Küche geschickt. Warum vermochte sie nicht zu sagen, doch nun, nachdem das passierte, war sie wieder ruhiger bei dem Gedanken an Lana. Sie hatte schon lange kein schlechtes Gewissen mehr gehabt. Jetzt schon. Und sie mochte Lana nicht so richtig unter die Augen treten, obwohl sie doch eigentlich nur eine Sklavin war. Sie hatte gar nicht das Recht, sie zu beschämen. Aber ohne dass Lana etwas dafür tat, kam es schon über die junge Herrin. Sie war friedlicher.
Und heute war auch der Tag, wo sie den neuen Sklaven einmal kennenlernen wollte. Sie hatte ihm bisher nur die Anweisung gegeben, in seiner Kammer zu bleiben - zusammen mit den anderen Sklaven. Er durfte das Zimmer nicht verlassen, er sollte gleich sehen, wer hier das Wort führte und wer nicht. Heute hatte sie Anweisung geben lassen, dass man ihn zu ihr in den Garten führen sollte. Und dort wartete sie, auf einer Bank nach hinten gelehnt und in den Himmel sehend. Der Garten, vom Säulengang eingeschlossen, war trotz seines Befindes innerhalb der Villa recht groß - aber für eine patrizische Heimstatt wohl normal. Die Blumen blühten nun in schönen Farben. Aber so richtig freuen konnte sie sich daran nicht. Sie war mit ihren Gedanken bei Lana, obwohl sie eigentlich auf diesen Wilbert wartete.