Auf dem Weg von der Taberna nach Hause trödelt Theodorus, grübelt und macht weitläufige Umwege. Sein Herz klopft und das Denken fällt ihm schwer.
Der Alexandriner erinnert sich zurück, als er sich das letzte Mal so fühlte wie heute. Lange ist es her. Kassandra hieß sie. Er war jung, gerade der eifrige Lehrling des Rabbiners als er sie irgendwann in der Stadt traf. Sie war ein paar Jahre jünger als er, hatte schwarzes, lockiges Haar, grüne, strahlende Augen und ein umwerfendes Temperament. Sie sprach ihn auf einem der Boulevards an, war neugierig, wollte mehr über die Juden wissen, nicht so wie die meisten Alexandriner. Zahlreiche Treffen gab es dann. Romantische Stelldicheins auf dem Paneion bei Sonnenuntergang oder in einem schönen Restaurant beim Leuchtturm. Des Nachts schlich er heimlich aus der elterlichen Wohnung und legte lange Fußwege durch die Dunkelheit zurück, um sich in ihr Gemach einzuschleichen. Es war eine schöne, glückliche Zeit. Wahrscheinlich die schönste Zeit seines Lebens.
Er hat nie herausgefunden, was mit ihr passierte, doch eines Tages war sie weg und Theodorus blieb zurück, allein mit seinen tausend Büchern, der einzigen Liebe, die er über all die Jahre kannte. Seitdem hat er sich nie wieder Gedanken über eine Frau gemacht.
Theodorus schaut auf sich herab: Die Jahre sind vergangen. Er ist nicht mehr der jüngste und sein fülliger, dicker Bauch versperrt ihm den Blick zu den Füßen. Das Gesicht unter dem dicken Bart ist faltig. Er fühlt sich alt, hässlich und vertrocknet. Er hat sich eigentlich mit dem Alleine leben abgefunden über die Jahre, sich nie Gedanken darüber gemacht, dass Amors Pfeil auch ihn noch erwischen könnte. Und dann noch so eine junge hübsche Frau, klug dazu und ihr ganzes Leben noch vor sich. Außerdem eine Rhomäerin. Was sollte ihr an so einen alten langweiligen Bücherwurm liegen? Theodorus kann sich das beim besten Willen nicht vorstellen.
Wenn wer will, die Straße ist breit und es ist genug Platz da