Märkte | Die Händler

  • Der alte Grieche hatte nach einer für ihn subjektiv langen Seefahrt die Stadt Alexandria erreicht. Er war in seinem Leben viel gereist, doch das Alter machte es von Mal zu Mal beschwerlicher.
    Nachdem er dem Schiff entstiegen war blickte er auf den gigantischen Hafen Alexandrias. Es war nicht Athen, nicht seine Heimat Hellas, und doch fühlte er sich hier in irgendeiner Form heimischer, geborgener und eher zuhause als es je in Rom der Fall war, wo er doch eine lange Zeit seines Lebens verbracht hatte. Nach dem Tod seines Herrn hielt ihn nichts in der Stadt am Tiber und sein Patron, der Senator Quarto, gewährte dem Alten die Fahrt nach Aegyptus, legte dieser doch wenig wert auf die morgendlichen Schlangen von Kienten vor der Haustür.
    Nikias ging langsam durch die Gassen, die sich zwischen den Ständen der Händler gebildet hatten und schaute sich das bunte Treiben an. Es war auch für ihn überwältigend, welche Vielzahl an Waren es hier gab, wie die Leute um jede Drachme feilschten und wie lautstark ein jeder Händler seine Waren darbot.
    Der alte Grieche schaute sich auch sogleich bei den Stoffen um. Seine doch etwas abgewetzte Toga galt es durch etwas landestypischeres zu ersetzen.
    Eigentlich würde er sich das Sehenswerte der Stadt am liebsten sofort anschauen, doch versuchte er sich mit stoischer Gelassenheit selbst dazu aufzufordern langsam und Stück für Stück alle Sehenswürdigkeiten, aufsteigend nach ihrer Wichtigkeit, zu besuchen.

  • Bald schon wurde er fündig. Nach einiger Zeit des Feilschens hatte Nikias ein neues Gewand erwerben können, mit dessen Preis sowohl er als auch der Händler zufrieden sein konnte.
    Der alte Grieche wandelte weiter und betrachtete die Papyrusrollen, die hier in einer besonderen Qualität verkauft wurden, wie sie in Rom nur zu wesentlich teureren Preisen erhältlich gewesen wären. Sogleich nahm er seinen Beutel und kaufte auch hier ein wenig ein. Es war im Getümmel der Menschen und den Mengen der Waren kaum zu merken, wie schnell die Zeit verging. Den Sonnenstand beobachtend beschloss Nikias, sich auf den Weg zum Museion zu machen und lief durch die Straßen Alexandrias.

  • Bald ging die Sonne unter und Ioshua wollte unbedingt, daß die Waren bis dahin rechtzeitig verstaut waren. Denn dann würden die Nachtwachen ihre Kontrollen begehen und wie in Rom war auch Alexandria ab der Dunkelheit kein sicheres Fleckchen. Die Sänfte hatte er, bewacht von einem halben Dutzend braungebackener Numidier, um die Straßenecke geparkt und überwachte nun eigenhändig die Arbeit der Lagerarbeiter.
    Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, das war auch sein Wahlspruch und während allerorts bereits Fackeln angesteckt wurden und die Nischen in den Häuserwänden erhellten, erspähte Ioshua aufeinmal wie aus dem Nichts eine ihm bekannte Figur. Der wackelige Gang, das graue, schütterne Haar, das konnte eigentlich nur einer sein, und so rief er stimmgewaltig dieser Person hinterher, noch ehe sie sich daran machen konnte, um die Ecke in eine Seitengasse einzubiegen.


    "Kallydianos Nikias ?! Beim Barte des Zeus, bist Du es in der Tat ?"

  • Nikias, der diese Ecke einer Gasse noch nicht passiert hatte, hörte plötzlich die Rufe hinter sich. Der Grieche drehte sich um und erblickte einen Mann, der ihm durchaus bekannt vorkam. Langsam dämmerte ihm, woher er den Mann kannte. Es war in Rom, als sich die beiden bei einem Disput anderer zusammengestellt und unterhalten hatte. "Chaire, Ioshua..." jetzt dauerte es schon ein Weilchen, bis ihm auch der zweite Teil des namens einfallen wollte..."Hraluch! Es ist ja kaum zu glauben, wie klein der Erdkreis in Wahrheit ist." Er machte kehrt und ging auf Ioshua zu, der offensichtlich gerade mit seinen Waren auf den Märkten beschäftigt war. "Du hast dich also aus Rom auf den Weg nach Alexandria gemacht? Laufen die Geschäfte hier besser? Wie geht es dir überhaupt und wie hast du die lange Zeit überstanden, in der wir uns nicht gesehen haben?"Mit einem Lächeln reichte der Alte dem Mann die Hand zur Begrüßung.

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