Tagsüber waren die Straßen Roms und damit auch das Forum Romanum für Fuhrwerke aller Art geperrt. Da die Männer der Cura Aquarum, die für die Säuberung eines kurzen Kanalabschnitts abgeordnet worden waren, aber nicht ohne einen Wagen auskamen, mussten sie eben nachts arbeiten. Angesichts der Tatsache, dass sie in den Kanal hinab steingen sollten, wo es ohnehin dunkel war, stellte dies keine besondere Erschwernis dar. Ungerührt von der Tatsache, dass ihr Wagen möglicherweise den Verkehr der Händler störte, die ihre Waren abtransportieren oder ihre Lager auffüllen wollten, parkten sie ihn auf der Straße und machten sich daran, dass Einstiegsloch zum Kanal zu öffnen. Bei der Inspektion durch den Curator Aquarum war hier in der Nähe ein größerer Stau im Kanal festgestellt worden, der durch einen großen Haufen Unrat unbekannter Herkunft verursacht wurde. Früher oder später würde sich hier immer mehr Müll ansammeln und entweder den Kanal total verstopfen oder sich bei einem starken Regen lösen und dann mit Wucht gegen die Kanalwände der nächsten Abzweigung gepült werden, was unnötige Schäden verursachen konnte. Also musste der Müll dort weg. Während zwei Männer oberirdisch zurück blieben, stiegen vier Arbeiter mit Werkzeug und Fackeln den Schacht hinunter, um sich dem Problem anzunehmen.
Müllabfuhr
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Nach einem kurzen Fußmarsch erreichte der unterirdische Arbeitstrupp die vorgesehene Einsatzstelle. Es wäre nun ziemlich leicht gewesen, mit den mitgebrachten Werkzeugen ein paar Mal auf den Dreckhaufen einzuschlagen und ihn damit aufzulösen. Aber das hätte zur Folge gehabt, dass sich der Unrat nur weiter im Kanal verteilte, an einer anderen Stelle wieder staute, oder genau das tat, was man mit der Aktion vermeiden wollte. Also mussten die Männer sorgfältiger vorgehen. Dazu gehört erst einmal, dass sie die Fackeln provisorisch befestigten, um die Hände frei zum Arbeiten zu haben. Während zwei Männer aufpassten, dass keine Teile wegschwammen, untersuchten die anderen beiden den haufen genauer. Alles, was sich schon vom scharfen Hingucken löste, wurde in einem großen Eimer gesammelt. Dass vielleicht das eine oder anderen nützliche teil dabei war, war nicht ganz auszuschließen und auch ein Grund, warum der Müll nicht einfach gelöst und weggespült wurde.
Nachdem alle losen teile abgesammelt waren, brachten die Männer den Eimer zum Einstiegsschacht zurück. Mit einem Seil zogen sich die beiden Kollegen diesen nach oben und konnten sich bei besserem Licht schon mit dem Inhalt befassen, während die Männer unten wieder zurück gingen und Seile an größeren Teilen des Haufens befestigten. Immerhin hatte die Arbeit im Kanal den Vorteil, dass man zumindest große Holzteile nicht zu schleppen brauchte, denn Holz schwamm in Einzelteilen auf dem Wasser. So würden sie es später nur zum Schacht zu ziehen brauchen.
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Fünf Staatsklaven und ein Auseher näherten sich den Mitarbeitern der Cura Aquarum. Alle waren ganz ähnlich ausgerüstet, wie ebenjene und zusätzlich noch mit Besen ausgestattet. Das Sortieren des Mülls aus der Kanalisation sorgte nämlich für eine nicht zu übersehende Verschmutzung der Starße und genau deswegen waren sie nun hier. Der Aufseher trat auf einen der Untergebenen des Curator Aquarum zu.
"Der Tresvir viis in urbe purgandis Herdonius Afer schickt uns. Wir sollen euch, äh helfen."
Zu sagen, dass sie ihnen Beine machen sollten und dafür Sorge zutragen hatten, dass am nächsten Morgen alles wieder strahelnd sauber aussah, wäre vielleicht ein wenig zu direkt gewesen, wo sie sich doch alle gegenseitig nichts zu sagen hatten.
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Das Mondlicht machte die Sicht rund um den Wagen zweifellos besser als sie unten im Kanal war, aber trotzdem starrten die beiden Männer der Cura Aquarum erst einmal etwas verdutzt in die Dunkelheit, als die weiteren Arbeiter ankamen.
"Helfen? Ah, das wussten wir gar nicht, dass noch mehr Arbeiter angefordert wurden. Aber umso besser. Ihr wisst worum es geht? Kanalreinigung. Da unten verstopft Dreck den Zufluss zur Cloaca maxima. Den holen wir raus und das Zeug muss alles auf den Wagen."
Während der Mann redete, zeigte er mal auf das offene Einstiegsloch und mal auf den Wagen und mal sinnlos irgendwo anders hin. Nach einem kurzen Moment des Schweigens, in dem er auch noch sinnlos in der Gegend herum schaute, hatte er eine Idee.
"Ihr macht das dann hier oben mit dem Aufladen? Sehr gut, dann können wir unten unseren Kollegen helfen gehen. Umso schneller sind wir fertig. Gallicus, hol' uns zwei Fackeln", schickte er seinen Kollegen zum Wagen und wandte sich wieder an die Arbeiter. "Hier sind zwei Seile, mit denen das Zeug von unten hochzogen wird. Wir rufen dann von unten hoch. Alles klar soweit?"
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Im Kanal hatte der Arbeitstrupp derweil mit der körperlichen Schwerstarbeit begonnen. Die Luft war schlecht und feucht, und obwohl die Männer tief im küheln Wasser standen, begannen sie bald zu schwitzen. Mehrere Seile und eine Art Fangnetz, ähnlich wie das Netz eines Retiarius, verhinderten ein Abdriften des Müllklumpens, während die Männer ihn Stück für Stück von vorne auseinander nahmen. Die ursache des Staues schien ursprünglich mal ein kaputter Wagen gewesen zu sein, wobei sich die Männer beim besten Willen nicht vorstellen konnten, wie ein kaputter Wagen in den Kanal kommen sollte oder was er dort überhaupt verloren hätte.
Nach und nach zerrten die Männer zahllose Holzlatten, diverse Äste, zwei kaputte Fässer, ein Stück Seil, eine Wachstafel, Haufen verklupfter Fäkalien, einen Weidenkorb, drei Schuhe, eine zerrissene Tunika, noch ein Stück Seil, undefinierbares Bauholz, einen gut gewaschenen ehemaligen Kohlensack und eine größere Anzahl Korken, Stopfen und Pfropfen von Amphoren aus dem Haufen. Damit war der zwar nicht einmal auf die Hälfte geschrumpft, aber die Männer haten genug zu tun, das Material am Wegschwimmen zu hindern und langsam in Richtung Kanalöffnung zu schieben. "Jungs, wir haben was für euch, holt euch das mal hoch", riefen sie nach oben und machten die Zugseile an geeigneter Stelle fest.
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Die zwei Männer oben zogen kräftig an den Seilen und holten so die erste Ladung Abfall nach oben ins Mondlicht. Das nasse Zeug sah wenig einladend aus und die Männer ließen es erst einmal einfach neben dem Kanalloch liegen und warfen die Seilenenden wieder nach unten. Als beim zweiten mal einige gefüllte Eimer nach oben kamen, kippten sie deren Inhalt zumindest nicht auf die Straße, sondern direkt auf den Wagen, was die Kollegen der Straßenreinigung sicher sehr gefreut haben dürfte. Wenig später signalisierten die Männer unten im Kanal, dass das vorerst alles war.
Die beiden Männer oben zögerten nicht lange, entzündeten die Arbeiter zwei frische Fackeln und nickten den Männern der Stadtreinigung noch einmal zu. "Wie besprochen, wir helfen unten unten und ihr könnt das Zeug hier auf den Wagen laden." Und schon verschwanden auch sie in dem Kanalloch, um ihren Kollegen mit etwas mehr Licht und helfenden Händen unterstützend zur Seite zu stehen.
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Der Aufseher blickte etwas angeekelt auf die Fundstücke der Knalratten, äh Arbeiter und seufzte dann auf, als auch noch ihr Geruch in seine empfindliche Nase stieg. Na zum Glück musste er nicht auch noch seine Finger daran schmutzig machen, mit einem knappen Befehl jedoch machte er seinen Sklaven klar, dass sie jetzt ihre Arbeit tun sollten.
Mit jahrelanger Übung in der Straßenreinigung machten die sich auch daran den Unrat auf den Wagen zu verladen und die Straße wieder freizuräumen. Während sich der Wagen aber langsam füllte trafen auf der Straße ein paar Händler ein, die nun die Straße passieren wollten um die Märkte zu beliefern. Das Fahrverbot bei Tag nervte sie schon genug, dass sie nun auch Nachts nicht vorwärts kamen frustierte sie da umso mehr, sodass sie lautstark ihren Unmut kund taten.
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Nicht unbedingt in Vorahnung genau dieser Situation, aber trotzdem nicht grundlos hatten sich die beiden Männer der Kanalreinigung nach unten abgesetzt. Irgendwas musste sie ja dazu bewogen haben, die halbwegs klare Nachtluft und das Mondlicht gegen den stinkenden Kanal im Fackelschein einzutauschen. Nervende Händler, die einen beim Verrichten seiner ohnehin nicht erfreulichen Arbeit störten, waren da ein gutes Argument.
Unten war die Arbeit kaum einfacher, aber immerhin blieben die sechs Männer ungestört. Was daran lag, dass diejenigen, die sich Nachts durch die Kanäle bewegten, keinen Wert darauf legten, hier unten angetroffen zu werden. Allerdings gehörte dieser Abschnitt ohnehin nicht zu den wichtigsten Stücken ihres Netzwerks, sonst hätten sie ihn wohl selber schon sauber gehalten. So mussten sich die Männern nun mit vereinten Kräften daran machen, die größeren Stücke auseinander zu nehmen. Es wäre zwar durchaus möglich gewesen, den verbleibenden haufen am Stück durch den Kanal zu schieben, aber an zwei Seilen aus dem Loch heben konnte man ihn nicht. Dafür war er zu schwer und zu unhandlich. Einer der Männer machte ein Beil von seinem Gürtel los, und hackte mal hier und mal dort in den Haufen, um Einzelteile abzuspalten. Wenig später bewegten sich zwei demolierte Wagenräder, ein halbwegs geordnetes Bündel Holz, von dem sicher einiges noch verwertbar war, ein Haufen etwas undefinierbareres Holz und weitere Sachen wieder in Richtung Einstiegsschacht und warteten darauf, nach oben gezogen zu werden.
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Zwei der Sklaven halfen nun das Seil hinaufzuziehen und die daran festgebunden Müllstücke zu entsorgen. Währenddessen hatten die drei anderen Sklaven schon zum Besen gegriffen und begannen die letzten Überreste der ersten Ladungen an Unrat zusammenzufegen und dann zu beseitigen.
Während so aber der größte Teil der Arbeitskräfte mit sinnvoller Arbeit beschäftigt war, versuchte der Aufseher der Sklaven der Stadtreinigung die Händler zu beruhigen. Ziemlich schwierig, denn die ersten Fuhrleute schangen schon bedrohlich ihre Peitschen und Gerten. Der Aufseher redete da gegen eine Wand von schreienden Bürgern, die einfach nicht einsehen wollten, dass außenherumzufahren nicht nur schneller, sondern auch mit weitaus weniger Ärger verbunden war, als Staatsangestellte zu verprügeln, oder gar an ihrer Arbeit zu hindern.
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Unter der Erde wurde während dessen die letzte Ladung Abfall für den Abtransport vorbereitet. Trotz der Sorgfalt der Männer trieben einige leichtere Stücke weg und verschwanden nach wenigen Augenblicken in der Dunkelheit der Röhre. Die Männer jagten ihnen nicht nach, denn größe Sachen, die gleich wieder eine neue Verstopfung verursachen konnten, waren nicht dabei. Außerdem wurde die Luft hier unten zunehmend schlechter durch die eingesetzten Fackeln und die Männer versuchten die Arbeit so wenig anstrengend wie möglich zu machen.
Ein letztes mal banden sie alles an die Seilte und ließen es hochziehen, dann kletterten sie selber hinterher zurück an die Oberfläche. Ihre Kleidung tropfte und roch mehr als deutlich nach Kanal. Ein paar Flecken waren im schwachen Licht zu erkennen. Die Männer kümmerten sich aber nicht weiter darum, sondenr löschten erst einmal ihre ohnehin schon weit runter gebrannten Fackeln. Erleichtert angesichts der frischen Luft atmeten sie ein paar Mal tief durch, bevor sie sich anschauten, was die Stadtreinigungskollegen schon geschafft hatten. "Alles außer der letzten Ladung schon aufgeladen? Prima. irgendwas nennenswertes dabei? Aber wir müssen es morgen sowieso alles auseinander sortieren."
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