Seit dem frühen Morgen bereits trübte keine einzige Wolke den Himmel, welcher in einem hellen Blau gefasst über der Hauptstadt des Imperium Romanum schwebte, einzig einige Vögel komplettierten ab und an das friedvolle Bild durch ihren Flug. Die Vorbereitungen zum Feste der Fors Fortuna indes waren nicht erst seit dem frühen Morgen im Gange, sie währten bereits die zuvorliegende Nacht hindurch, während der die Straßen erleuchtet worden waren von zahlreichen Sklaven, während andere Sklaven Schmutz und Unrat von ihnen gefegt hatten, so dass am Festtage der Prozessionsweg rein und ohne Makel im schimmernden Licht der goldglänzenden Sonne lag, selbst die Via Campana im Bezirk jenseits des Tibers. Bunte Girlanden und Sträuße von Blumen zierten die Häuser, Brunnen und Denkmäler auf dem Weg, an den Plätzen hatten sich bereits Händler, Schausteller, Künstler und andere Arten von Straßenvolk eingefunden und vor allem die Tavernen und Schänken entlang der Via Campana und des Tibers waren auf zahlreiche Gäste eingestellt. Denn obgleich die offizielle Prozession zu Lande und zu Wasser zu Ehren der Fors Fortuna ein Hauptbestandteil des Tages waren, so gehörte doch der Großteil davon dem weniger offiziellen Feiern, dem Essen und Trinken, dem Spielen und Lachen, den kleinen Opfern und Orakeln, und wer heute nicht sein kleines Glück finden mochte, der würde doch sicherlich zumindest den Grundstein legen können, um das Rad ein Stück weiter zu drehen.
Die Prozession begann am Tempel der Fortuna, welcher vis-à-vis zu jenem der Mater Matuta an der Straße zwischen Forum Romanum und Forum Boarium gelegen war. Kinder führten den Zug an, bekränzt mit bunt leuchtenden Blumenkränzen und Blätterranken, Mädchen in pastellfarbenen Trägerkleidern, Körbe voller Blüten tragend und diese während des Zuges auf die Straße streuend, Jungen in weißen Tuniken, welche kleine Füllhörner aus Ton und Holz gefüllt mit Ähren oder Früchten mit sich trugen, aus denen so manchem Passant ein Stück dargereicht wurde.* Nicht nur aus den Tempeln waren Statuen, Standarten und Kultbilder geholt worden, viele Privatleute trugen ebenfalls ihre kleinen Fortuna-Figurinen mit sich, jene aus den heimischen Lararien, um die Göttin zu Ehren und ihre Gunst sich zu sichern. Statuen, Köpfe, Füllhörner und Schicksalsräder - in Händen, auf Stangen oder Trägern montiert - aus Alabaster, aus Holz, aus Marmor, Eisen, Bronze, Ton oder auf Fahnen aufgestickt - ragten über die Köpfe der Menschen hinweg, Blumen zierten als Kränze zahlreiche Köpfe oder lagen als Girlanden um die Schultern herum, auch zahlreiche Ketten waren zu sehen mit Schicksalsrädern oder Würfeln als Anhänger. Über all dem lag der berauschende Duft der allgegenwärtigen Blumenblüten, so verlockend, dass sogar Schmetterlinge und Hummeln die Gärten Roms verließen, um ihre kleinen Rüssel auf der Suche nach Nektar in die unzähligen Blütenkelche zu stecken, welche an diesem Tage der Fors Fortuna zu Ehren gegeben wurden. In Ansätzen verdrängt wurde der Duft einzig von den Räucherungen, auch diese an diesem Festtag reichlich verbrannt, in der Prozession mitgeführt von jungen Ministri, die ihre Schalen mit Kohle locker aus der Hand schwenkten und wieder und wieder Granulat und getrocknete Blätter darüber streuten, dass der Rauch sich in feinen Schwaden gen Himmel erhob.
O Fortuna!
Wie der Mond
So veränderlich,
Wächst du immer
Oder schwindest! -
Schmähliches Leben!
Erst mißhandelt,
Dann verwöhnt es
Spielerisch den wachen Sinn.
Dürftigkeit,
Großmächtigkeit
Sie zergehn vor ihm wie Eis.
Schicksal,
Blind und unbestechlich!
Rad, du rollendes!
Unbeständig dein Wesen,
Dein Glück zufällig,
Manches Mal wachsend,
Manches Mal im Zergehn!
Überschattet
Und verschleiert
Kommst du nun auch über mich.
Um des Spieles
Deiner Willkür
Trag ich jetzt die Krone,
Trag ich jetzt den Buckel bloß.
Los des Heiles
Und der Tugend
Manches Mal für,
Manches Mal gegen mich.
Willenskraft
Und Schwachheit liegen
Immer in der Fron.
Drum zur Stunde
Ohne Zögern
Rührt die Saiten!
Wie den Glücklichen
Fortuna hinstreckt,
So dem Verlornen
Fortunen aufhilft!
* WiSim