[Ravenna] Bittere Tränen und traurige Worte- der Abschied von Soldaten

  • Blau glitzerte das Meer um, die auf Inseln errichtete, Stadt Ravenna. Wie ein Wunder der Baukunst ragte die Stadt im Meer auf, getrennt durch die blaugrünen Lagunen. Die Gezeiten schienen auf ewig die Stadt umspülen und wie ein eifersüchtiger Liebhaber vom Festland trennen zu wollen. Die Sonne entließ ihre Strahlen in mildem Schein über die Stadt, den großen Militärhafen der Classis und die bereits wartenden Schiffe, deren Segel noch gerefft waren, deren Ruder hoch in die Luft gestreckt stachen und die von vielen kleinen silberweißen schaumigen Wellen umspült wurden. Möwen kreischten am blauen Himmel und die Stadt war in stetem Aufruhr, denn sie war selten so gefüllt wie an jenem Tag, wo eine ganze Legion in den Osten verschifft werden sollte. Einige Schritte neben der Sänfte stand Medeia oberhalb des Hafens auf einem erhöhten Abschnitt der Stadt. Eine gepflasterte Straße schlängelte sich hinab bis zum Hafen und den Kais mit den militärischen Schiffen. Auch von hier konnte Medeia die vielen blitzenden Rüstungen unten ausmachen und die Feldzeichen der Legion. Hinter sich wusste Medeia die vielen Sklaven, die sie auf der Reise von Rom nach Ravenna begleitet hatten. Ihr eigenes Gepäck für die Reise nach Ägypten hatte sie bereits in das dickbäuchige Schiff bringen lassen, das weit abseits des Hafens der Classis lag und wie eine dicke, träge alte Dame wirkte im Vergleich mit den schnittigen Schiffen der römischen Flotte.


    Der Wind spielte mit Medeias roten Locken und blies diese in ihr alabasterfarbenes Gesicht. In der Betrachtung der Schiffe versunken, strich sich Medeia eine Strähne achtlos aus dem Gesicht und wandte sich schließlich zu der großen Reisesänfte herum, die nicht ihre eigene Sänfte war. Sie hatte, um in Gesellschaft reisen zu können in Rom noch eine größere und weitaus komfortablere Sänfte besorgt, die die Sklaven nach der Rückkehr nach Rom wieder zu dem eigentlichen Besitzer zurück bringen würden. Aber gerade weil sie die doch sehr angenehme Gesellschaft der jungen Patrizierin auf der Reise gehabt hatte, wollte Medeia nicht die kleinere Sänfte, die mehr für die Stadt geeignet war, nutzen. Sie wandte sich mit einem freundlichen und höflichen Lächeln an Epicharis. „Ich hoffe, der Bote ist überhaupt bis zu den richtigen Männern vorgedrungen. Aber meinen Ehemann in dem Gewimmel dort unten zu finden wird sicherlich nicht sehr schwierig sein. Und mein Mann wird Deinen Verlobten sicherlich noch mitbringen.“, meinte Medeia an Epicharis gewandt. Eine seltsame Unruhe erfasste Medeia und immer wieder sah sie hinab zu der Straße und zu dem kleinen weißen Turm hinter sich, der des Nachts sein Licht auf das Meer sandte, um den Schiffen die richtigen Signale zu senden. Auf der weißen Vorderseite prangte eine große Sonnenuhr mit goldenen Ziffern. Der Turm war kaum größer als ein Haus, doch auf der Anhöhe gut genug gelegen. Dennoch war er sicherlich nicht mit dem Pharos zu vergleichen, auf den Medeia genauso gespannt war. „Solltest Du die Gelegenheit haben, nach Alexandria zu reisen, Epicharis, dann musst Du mich unbedingt besuchen kommen. Ich bin mir sicher, auch in Dir wird die Freude wie die Morgensonne aufgehen bei dem Gedanken an das Museion.“ Medeia lächelte leicht und sah abermals zu der Straße. “Ob sie wohl bald kommen? Vielleicht nähern wir uns doch besser noch dem Hafen, damit sie uns leichter sehen? Was meinst Du?“





    SimOff: Tschuldigung, wenn ich den Soldaten ein bisschen vorgreife, ich hoffe, das geht so in Ordnung mit den Beschreibungen für die Legion.

  • Ein Trupp von 16 Legionären unter Führung eines Centurios erreichte die beiden Frauen.


    “Salve! Mein Name ist Centurio Plumus Borus. Ich habe den Befehl eine gewisse Artoria Medeia und eine Claudia Epicharis zu verhaften und diese unbeschadet und lebendig zum Praefectus Castrorum Matinius zu bringen. Ich ersuche die Damen keinen Widerstand zu leisten. Wir sind mehr Leute. Der Praefectus hat das unbeschadet nicht so genau definiert. Und dann soll ich euch in Hafennähe bringen. Er hat dort eines der besten Gasthäuser von ganz Ravenna als Arrestzelle requiriert. Na ja, zumindest war das so der Sinngehalt seiner Worte.”

    Semper Fidelis - zum ewigen Ruhme des Imperiums und seines Imperators!

  • Epicharis hatte Aristides zwar versprochen, in Mantua zu bleiben bis zum endgültigen Abmarsch der Legion, doch war die unverhoffte Hochzeit von Aelia und Germanicus Corvus dazwischengekommen, sodass sie doch nach Rom reisen musste. Auf der Feier hatte sie mit Medeia, die sie kurz zuvor auf deren eigenen Hochzeit in Mantua kennengelernt hatte, ausgemacht, dass sie zusammen nach ravenna reisen würden, was sie letztendlich auch getan hatten. Epicharis empfand Medeia als sehr angenehme Person, mit der sie sich recht gut unterhalten konnte, und so kam es, dass den beiden auch nie langweilig wurde auf dem Weg zum Sammelplatz der Legion.


    Vorbei an weiten, grünen Flächen, kleinen Wäldchen, sich schlängelnden Bächen und gen Ende auch am Meer entlang waren sie gereist. In Ravenna angekommen, war Epicharis sogleich beeindruckt von der sich ihnen eröffnenden Landschaft und der Stadt an sich. So anders als in Rom oder auch Mantua erschien es ihr. Frischer und luftiger, was wohl nicht zuletzt am strahlenden Blau des funkelnden und heute ausgesprochen ruhig daliegenden Meeres und an der angenehm lauen und leicht salzigen Brise lag, die ans Land wehte und den Odeur der See mit sich trug. Epicharis sog diesen erfrischenden Geruch tief ein, drehte das Gesicht in die strahlende Sonne, die gutes Wetter und eine ruhige See verkörperte, und nicht zuletzt Sol invictus selbst. Das Vorhaben stand unter einem guten, wenn nicht zu sagen sehr guten Stern. Epicharis zweifelte nicht daran, dass die Römer wieder einmal siegreich heimkehren würden. Der Wind schnappte sich die ein oder andere Haarsträhne - denn Epicharis hatte sich entschieden, das Haar heute schlicht zu tragen; lediglich zwei schmale Zöpfe, je zur Rechten und zur Linken geflochten, vereinten sich am Hinterkopf auf den ansonsten glatten, offenen Haaren, gehalten von einer zierlichen silbernen Spange - und spielte damit, als würde er sich die Zeit bis zum Eintreffen der Soldaten vertreiben, Ein Blick zu Medeia zeigte, dass es ihr nicht anders erging. "Das hoffe ich doch. Sicher kommen sie bald", sagte sie zu Medeia gewandt.


    Auch Epicharis fühlte sich zugleich angespannt wie rastlos. Die Niedergeschlagenheit ließ sich zumindest bis jetzt noch gut verdrängen, doch die Claudierin wusste, dass sie früher oder später wohl von dem spitzenbesetzten Taschentuch würde Gebrauch machen müssen, welches sich verborgen in ihrer dunkelblauen, aufwendig gearbeiteten Tunika befand. Kassandra hatte ihr vorhin noch beim Ankleiden geholfen und nun behütete sie das Wichtigste vom Wichtigsten am heutigen Tage, versteckt in einem kleinen Lederbeutelchen. Epicharis streifte die Sklavin, welche sie mitgenommen hatte, damit sie das wunderbare Meer sehen konnte, mit einem Blick, dann ruhte jener kurz auf dem Beutelchen. Bald aber wandte sie erneut den Kopf, da Medeia von Ägypten sprach. "Das Angebot nehme ich nur zu gern an, Medeia. Auf das Museion bin ich schon sehr gespannt. Marcus hat mir versprochen, Africa mit mir zu bereisen, wenn er nur erst wieder zurück ist. Wirst du denn gleich abreisen, wenn Plautius fort ist?" fragtesue interessiert. "Ja, das ist vielleicht besser. Obwohl...eigentlich müssten sie doch hier vorbeikommen, nicht? Vielleicht warten wir doch lieber, und legen den letzten Rest des Weges gemeinsam mit ihnen zurück?" Epicharis und Medeia waren bei weitem nicht die einzigen, die heute hier standen und warteten. Zahlreiche Frauen aus allen Schichten, Sklaven, Kinder und alte Menschen waren gekommen. Viele hatten Geschenke dabei oder auch Blumenkränze, die sie den Soldaten übergeben wollten. Selbst fahrende Händler sahen in der angesammelten Menschenmasse fette Beute und genierten sich nicht, ihre Ware feilzubieten. Epicharis betrachtete Medeia nachdenklich, als sich nun doch einige Soldaten näherten, vermutlich die Vorhut. Epicharis deutete auf die näherkommenden Männer. "Schau!" sagte sie. Kaum waren die Männer heran, trugen sie einen etwas eigentümlichen Befehl vor, den die junge Claudierin schmunzeln ließ. "Oh weh, na gut, wir fügen uns in unser Schicksal", klagte sie schmunzelnd und schickte sich an, an Medeias Seite den Männern zu folgen.

  • Der salzige Duft des Meeres kitzelte angenehm in Medeias Nase, schien von dem Wind und sogar von den Sonnenstrahlen mitgetragen zu werden. Die Frische tat Medeia gut, kein Gestank der Strassen Roms und kein hitziger Kessel der Urbs machten Medeia das Leben schwer. Und vor ihr bereitete sich ein scheinbar endloses Blau und Glitzern aus, was durch viele kleine weiße Wellen durchbrochen wurde und noch mehr den Anblick versüßte. Medeia genoss die Schönheit, denn noch befand sie sich nicht auf einem Schiff. Wie sie doch die Enge eines Schiffes hasste. Doch sie entsann sich dabei nur an eine Schiffsreise, die sie einmal in ihrem Leben getätigt hatte und das war bei ihrer Reise von Athen nach Rom. Ihre erste und einzige große Reise bis jetzt in ihrem Leben. „Das würde mich sehr freuen, Epicharis. Aber vielleicht hast Du ja sogar schon die Möglichkeit vorher nach Ägypten zu kommen. Du bist auf jeden Fall stets bei mir Willkommen.“, erwiderte Medeia lächelnd. Die schweren Schritte von vielen Soldaten, die sich näherten, schenkte Medeia noch keine Beachtung. Der Wind bauschte Medeias Palla auf und sie griff schnell nach dem Elfenbeinfarbenen Stoff, damit er nicht mitgerissen wurde und über die Mauer hinab zum Hafen geweht wurde. „Ja, ich habe ein kleines Handelsschiff auftreiben können, was bald in See sticht und Alexandria als Ziel hat. Das war nicht sehr einfach, die meisten Schiffe verlassen mehr den Hafen Puteolis, wenn sie nach Alexandria wollen.“


    Erst als Epicharis sie auf die Soldaten aufmerksam machte, bemerkte Medeia die heran schreitenden Soldaten. Und sie kamen direkt auf sie zu. Medeia drehte sich zu dem Mann um, den sie mittlerweile auch am Helm als Centurio erkennen konnte. Verblüfft öffnete sich Medeias Mund ein ganz klein Wenig und sie sah den Centurio überrascht an. Dann hob sie ihr Kinn an, denn so sehr sie ihrem Mann zugetan war, solch einen Humor schätzte sie ganz und gar nicht. Ihre Nase kräuselte sich einen Moment pikiert, dann neigte sie hoheitsvoll den Kopf. „Salve Centurio. Höchst ungewöhnlich, dass uns ein so hoch gestellter Legionär auf offener Strasse verhaften will. Aber Du kannst uns gerne zu meinem Mann eskortieren und wir wären Dir dafür sehr dankbar.“, Medeia schenkte dem Centurio ein höfliches Lächeln, mehr jedoch nicht und wandte sich an Epicharis. „Verzeih, mein Mann hat manches Mal einen doch seltsamen Humor. Das ist sicherlich nicht ernst gemeint. Aber er wird bestimmt wissen, wo sich Dein Verlobter aufhält.“ Und schon schritt Medeia den Weg hinab, gefolgt von ihrem kleinen Sklaven Pumilus.


    Ein dichtes Gedrängel herrschte auf den Strassen der beschaulichen und malerischen Stadt, die doch sonst mehr von dem Militärhafen, aber auch dem Handel in den Osten lebte, wie nach Salonae, Dyrrhachium, Corinthus und bis weit nach Syria, wenn auch über den ein oder anderen Umweg. Einige Kinder drängelten sich an Medeia vorbei, denen sie schnell, als ob sie sich an ihnen verbrannt hätte, auswich. Eine Möwe flog dicht über sie hinweg und landete auf der Mauer, die sich an der Straße hinab wand. Sie plusterte ihr weißes Gefieder auf mit den schwarzen Spitzen an den Federenden und gab ihren typischen fiepsig, schrillen Ton von sich. Doch von dem Klappern der Soldaten wurde sie aufgeschreckt und schwang sich schnell in die Luft. Dennoch in der Taberna kamen sie gar nicht mehr an. Medeia, die immer wieder zu all den Soldaten spähte, die sich am Hafen versammelt hatten, konnte schließlich doch eine bekannte Gestalt erkenne. „Pumilus, dort ist Dein Herr! Lauf und sag ihm Bescheid. Und sag ihm, dass ich lieber an der frischen Luft bleiben will.“ Medeia, die nicht daran dachte sich irgendeinem militärischen Gutdünken als Zivilistin zu beugen (damit hatte sie schon bei den Cohortes Urbanae in Rom ihre Probleme gehabt), deutete auf die vielen blitzenden Rüstungen, die von zahlreichen Händlern, Zivilisten, Frauen, Kindern und Tieren umgeben waren. „Dort ist mein Mann, ich bin mir sicher, er wird gleich hinüber kommen. Ich hoffe, es ist Dir auch Recht, wenn wir uns nicht in eine stickige Taberna begeben, Epicharis?“


    Pumilus rannte die breite Strasse auf Plautius zu, drängelte sich zwischen den Beinen vieler Soldaten hindurch und salutierte eifrig vor Plautius. (Pumilus hat in den letzten Wochen einen richtigen Militärfaible bekommen und glaubte fast schon, früher mal ein Soldat gewesen zu sein ehe er die Arena der Gladiatoren bestritten hatte mit seinen achtzig Siegen!) „Ave, Dominus, meine Domina, Artoria Medeia und Deine Ehegattin, und ebenso die hoch geschätzte und höchst ehrenwerte Claudia Epicharis sind eingetroffen und warten dort...“ Er drehte sich um und deutete auf Medeia und Epicharis. „...auf Dich, oh Dominus und großer Praefectus. Zudem bittet meine Herrin, ob dem Verlobten der hoch verehrten Claudia, es handelt sich dabei um Centurio Flavius, auch einen Moment der freien Zeit gewährt wird.“ Zackig salutierte Pumilus. Er übertrieb bei weilen gerne damit, aber er wusste nicht wirklich, wann es angebracht war zu salutieren.

  • Der Centurio brummelte etwas und wandte sich dann mürrisch ab. Auf der Eskortierung wandte sich ein Legionär grinsend und leise flüsternd an Medeia, welche er von der Hochzeit im Castellum kannte, denn er hatte zu denen gehört, welche dem Brautpaar noch einen Spottvers an den Kopf werfen konnten, als dieses still und leise im ersten Morgengrauen aus dem Praetorium zur Casa des Praefectus entschwunden war.


    „Seht es ihm nach, Domina Matinia. Unser Centurio ist brummelig, weil der Praefectus Matinius rund 200 Mann auf die Suche nach euch ausgesandt hat und unser Centurio sich viel lieber jetzt in dem mobilen Lupanar „Zur 7. Glückseligkeit“ des Praefectus amüsieren würde. Die werden uns nämlich begleiten. Und keine Angst. Die Arrestzelle ist eine Herberge für ganz reiche Händler. Sehr sauber und mit großem Garten und einer riesigen Terrasse mit vielen Pflanzen, von der aus man den ganzen Hafen sehen kann. Der Praefectus und ein anderer Offizier sollen die komplett angemietet haben. Was das wohl gekostet hat. Der Praefectus ist super wichtig bis wir auf See sind und kann nicht weg. Daher sollten wir die schönste Frau in ganz Ravenna suchen und er hat uns allen gedroht die Eier abzureissen, wenn wir mit Venus oder einen anderen Frau ankommen. Seine Beschreibung hinsichtlich seiner Ehefrau wird euch sehr gerecht, Domina Matinia.“



    Im Hafen hörte sich ein recht genervter und alles delegierender Plautius die Botschaft von Pumilus an. Es dauerte etwas bis er aus den Worten rausgefiltert hatte, dass Claudia Epicharis auf eine letzte Zusammenkunft mit Centurio Aristides hoffte. Na ja, vermutlich wollte sie auch nicht nur Händchen halten. Und wer wusste schon, ob Aristides auch zurück kommen würde. Oder als ganzer Mann. Das war einzurichten.


    Plautius ließ seine Stimme erschallen, in der Annahme dass Aristides ihn hören würde.
    „Centurio Flavius Aristides! Antreten! Hier bei mir! SOFORT!“


    Dann wandte er sich an Pumilus.
    „Pumilus, bitte meine Frau und auch Claudia Epicharis sich in die Herberge „Neptuns Herrlichkeit“, 15 Schritt links von ihnen zu begeben. Alle Räumlichkeiten im 2. Stock sind von mir angemietet. Die Sklaven sollen sie auf die Terrasse geleiten und allen Wünschen gerecht werden. Ich bin gleich da.“



    "Dominus, meine Domina und Deine Ehegattin äußerte den Wunsch an der frischen Luft zu verweilen. Sie wünscht nicht in einer Taverne eingekerkert zu werden. Und erfahrungsgemäß ist es gut den Wünschen der Domina Folge zu leisten."


    Zumindest als Sklave, aber sicher auch als Ehemann dachte Pumillus. Obwohl er, der ehemalige Soldat und unbezwungene Gladiator mit 81 Siegen, natürlich keine Angst vor seiner Herrin hatte. Seine Domina war im Moment sehr wankelmütig, was vermutlich mit der Abreise des Dominus zusammen hing. Wäre Pumilus nicht sicher gewesen, dass der Dominus ihn erkannt hätte, so wäre er der Domina vielleicht sogar weggelaufen und hätte sich als Soldat bei der Legio I verpflichtet.


    Plautius seufzte und nickte. Einerseits war er froh Medeia noch einmal inmitten dieses Trubels zu sehen, andererseits hatte er etwas Angst, dass sie sich zuviel zumutete. Deshalb hätte er sie lieber auf der Terrasse mit der guten Aussicht gewusst. Sie hatte sich in der letzten Zeit ab und an etwas unpässlich gefühlt. Allerdings hatte Plautius bislang noch nicht heraus gefunden, ob sie ernsthaft krank war, sich nur Sorgen um ihn machte oder in freudiger Erwartung war. Er hoffte auf Nachwuchs, auch wenn Medeia keine Kinder wollte. Aber wenn dem so wäre, so würde Medeia etwas von ihm bleiben, wenn er in Parthia fallen würde. Plautius ergriff eine schmucklose Ledertasche und ging zu Medeia. Von welcher Einkerkerung hatte Pumilus denn da eigentlich gesprochen?


    Vor seiner Ehefrau und Claudia Epicharis blieb er stehen.


    „Salve Artoria Medeia! Schön, daß du so schnell von meinen Leuten gefunden wurdest, ich komme hier gerade schlecht weg um dich selbst zu empfangen.
    Salve Claudia Epicharis!
    Ich freue mich die Damen in Ravenna zu sehen!“

  • Mitten im Gewimmel steckte Marcus und im Tohuwabohu des Aufbruchs, dem Verladen von Ausrüstung, Verpflegung und Tieren, ebenso von den Männenr. Mit verschränkten Armen und zusammen mit centurio Bruseus stand Marcus einige Schritte von den Männern entfernt, die sich für den Moment ausruhen konnten und den sonnigen Tag, genauso wie die viele Aufmerksamkeit der Stadtbevölkerung, genoßen. Um sie herum hatten sich einige Händler versammelt und Marcus betrachtete ohne großes Interesse einige der Kinkerlitzchen, die ein dickbäuchiger Mann ihm andrehen wollte.


    „Aus der Haut eines echten Elefanten, mein Herr. Und gesegnet wurde dies von einem Marspriester persönlich. Das Amulett wird Euch sicherlich sehr gut schützen können vor jedem Pfeil und Schwerthieb.“
    „Hmm...wieviel?“
    „Oh, ganz günstig, Herr. Nur hundert sesterces!“
    „Hundert? Himmel und alle Götter, nein, danke. Kein Interesse...“
    „90?“


    Marcus wandte sich von dem Verkäufer ab und verzog seine Lippen zu einem breiten Grinsen. Denn neben ihm und Bruseus tauchten in dem Augenblick zwei junge Frauen auf und ganz unbekannt waren sie ihm beide nicht. Beide aus einem gewissen und mobilen lupanar und ganz nach Marcus Geschmack. Besonders die Zweite, deren dunkle Haut die Sonnenstrahlen aufzusaugen schienen. Marcus umgriff die junge Frau um die Hüften, um sie noch mal an sich zu ziehen...als er meinte seinen Namen über den Hafen dröhnen zu hören. Verwundert verharrte Marcus und bemerkte gar nicht den Kuß, den ihm die lupa aufreizend auf die Wange drückte- sie traf nicht seine Lippen, weil Marcus gerade den Kopf suchend umwandte. Ein Soldat eilte schnell auf ihn zu.


    Centurio, centurio. Der praefectus will Dich sprechen und zwar sofort!“
    „Hat er was gesagt, weswegen?“
    „Nein, centurio!“


    Marcus zuckte mit der Schulter und sah bedauernd zu der dunkelhäutigen Frau, aber während des Feldzuges würde sich schon genug Gelegenheit bieten...oder auch nicht. Je nachdem wie sehr sie im Feindesland in Beschlag genommen und wie sehr sie immer wieder von den Parthern angegriffen wurden. Marcus ließ von der Frau ab und richtete sich auf, wollte gerade davon gehen, um dem Ruf nachzukommen.


    „Ähm...Marcus?“


    Marcus wandte sich zu seinem Kollegen um und hob fragend die Augenbrauen. Dieser tippte sich gegen die Wange, doch Marcus verstand immer noch nicht.


    „Du hast da was!“


    Marcus hob die Hand und wischte sich an der Wange entlang, ein breiter roter Streifen von der Schminke der jungen Frau blieb an seinem Handballen übrig. Grinsend nickte er seinem Kollegen dankbar zu ehe er sich umwandte und den Weg an den vielen und nochmals mehr Schiffen vorbei nahm. Er mußte sich durch die Schar von Stadtbewohnern, Soldaten und Neugierigen hindurch drängen. Dabei wischte er sich, so gut er es glaubte, die Schminke vom Gesicht und suchte nach dem Feldzeichen, das sich um den praefectus scharrte. Erst einen Moment später konnte er diesen Ausmachen und noch mal viele Herzschläge später sah er auch den praefectus, der bei seiner Frau stand und....seine eigene Verlobte. Verblüfft blieb Marcus am Rande einiger großer Kisten stehen, in denen einige Teile für große Kriegsgeräte bewahrt wurden. Die Dinge, die sie nicht so leicht in Parthia erbeuten oder erbauen konnten. Marcus Ohren fingen heiß und rot an zu glühen als er daran dachte, daß er noch vor einem Augenblick eine lupa im Arm hatte, während sich schon seine Verlobte- wenn er es auch nicht gewußt hatte- näherte. Marcus atmete tief ein und lächelte dann doch erfreut, nachdem er sich ein wenig von seiner- seltsamen, unnatürlichen und unerklärlichen- Scham erholt hatte. Mit federnden Schritten ging er das Stück des Hafenkais hinauf und trat auf die kleine Gruppe zu. Marcus bereitete die Arme aus, fast so als ob er Epicharis gleich fest in die Arme nehmen wollte und ein ehrlich erfreutes Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht, seine Augen funkelten vergnügt. Marcus blieb vor ihr stehen und ließ die Hände wieder hinab sinken, denn es wäre ihr sicherlich nicht Recht gewesen, hätte er sie mitten vor all den Leuten an sich gedrückt.


    „Holde Epicharis, was für eine Überraschung. Erst meinte ich, Venus wäre aus den Wogen des Meeres getreten. Aber noch sehr viel mehr freue ich mich, daß es Deine liebliche Gestalt ist, die mich derart bezaubert. Bist Du gar den ganzen Weg nach Ravenna gekommen, nur um mich zu verabschieden?“


    All die blumigen Komplimente entstammten nicht nur den nagenden schlechtem Gewissen- Marcus wäre wohl selber über dieses Gewissen erstaunt, wenn er darüber nachgedacht hätte-, sondern mehr seinem natürlichen Impuls, einer schönen Frau mit Galanterie entgegen zu treten.

  • "Vielleicht", entgegnete Epicharis mit einem freudigen Lächeln. Um genau zu sein, sollten die junge Dame und einige ihrer Sklaven sogar schon bald einen Grund bekommen, nach Ägypten zu reisen, doch da Epicharis hiervon noch keinerlei Kenntnis hatte, bleibt diese Tatsache vorerst unerwähnt. Dass Medeia vermutlich allerdings gar nicht mehr mit zurückreisen würde, überraschte Epicharis dann doch. "Du bleibst also gleich hier, oder kehrst du noch einmal mit zurück nach Rom?" fragte sie die Ältere und suchte ihre Haarsträhnen zu bändigen, an welchen der Wind besitzergreifend zupfte.


    Der Centurio, ein gestandener Mann mitte Vierzig, wirkte missgelaunt und brummig, als sich die kleine Eskorte für die beiden Damen in Bewegung setzte und dem Feldzeichen zustrebte, dem der kleine Pumilus bereits entgegenwatschelte, um die Damen anzukündigen. Amüsiert vernahm Epicharis Medeias Worte, äußerte sich jedoch nur auf jene, welche die Griechin direkt an sie richtete, während sie bereits gingen. "Ja, das wäre mir sehr recht. Diesen wunderbaren Sonnenschein sollte man genießen", pflichtete sie bei. Mit etwas Abneigung auf den Gesichtszügen vernahm sie schließlich auch die Worte des Legionärs, denn immerhin ging sie direkt neben Medeia. Ein mobiles Lupanar? Epicharis grübelte noch darüber nach, ob die Frauen, die sich dort anboten, wohl wirklich jedem Mann ihre Dienste anboten, als der Mann bereits weitersprach und Medeia mit Komplimenten überhäufte. Das nahm Epicharis gar nicht wahr. Stattdessen schob sie den Gedanken, ihr Marcus würde sich ebenfalls diesen Damen widmen, beiseite und winkte Kassandra herbei. "Das Meer ist wundervoll, nicht? Es muss dich an deine Heimat erinnern. Vielleicht bleiben wir noch einige Tage.... Sag, du-weißt-schon-was ist sicher verwahrt?" hakte sie nach unf trug einen besorgten Ausdruck zur Schau. Kurz darauf zuckte sie erschrocken zusammen, als ein Ruf über die Menschenmasse hinweg schallte. Man verlangte nach Aristides, die Ursache war gewiss die Ankündigung des Sklaven Medeias, der augenscheinlich bei Matinius Plautius angelangt war. Vorfreude packte Epicharis. Sie liebte nette Überraschungen mindestens ebenso sehr wie Geschenke, doch fast noch lieber machte sie selbst Geschenke oder überraschte jemanden. Heute war es ihr Verlobter, den sie zu überraschen suchte, da er sie nicht erwartete. Immerhin hatte sie alles daran gesetzt, dass er nichts von ihren Absichten erfuhr, mit der Frau seines Präfekten nach Ravenna zu reisen, und wie es aussah, war dieses Unterfangen geglückt.


    Sie gingen noch ein paar Schritte, dann kam ihnen Plautius bereits entgegen, und kurz darauf trafen sie aufeinander. Dem Präfekten folgte ein ganzer Stall voller Bannerträger, Scribae und anderen Soldaten, deren Bestimmunh Epicharis nicht einmal zu erraten vermochte. Die Begrüßung ließ Epicharis schmunzeln. Vermutlich waren sie so schnell gefunden worden, weil zum einen viele Leute Medeia kannten, zum anderen sie mit ihrer leuchtend roten Haarpracht doch etwas aus der Menge heraus stach. "Salve Matinius Plautius! Ich freue mich auch, dich noch einmal zu sehen, ehe ihr in See stecht", erwiderte sie den höflichen gruß. Nach Aristides zu fragen brauchte sie nicht, immerhin hatte sie eben bereits dessen Namen über die Soldaten hinwegbranden gehört, bestimmt würde er bald ankommen. Epicharis neigte sich zu Kassandra, welche neben ihr stand. "Wie sehe ich aus?" wisperte sie ihr zu. Schließlich wollte sie, dass dieser - diesmal wirklich - letze Abschied ihm in Erinnerung blieb. Vielleicht würde er sich mit den Gedanken an den Abend auf dem Wachtturm und an jenen Nachmittag hier in Ravenna an einsamen Nächten in Parthia bei Laune halten können.


    Wenig später spuckte die emsig umherwuselnde Menge der Soldaten auf dem Kai ihren Verlobten aus. Epicharis' Augen glitzerten verschmitzt, ein spitzbübisches Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Zuerst sah es so aus, als würde dieser stattliche, sich mit großen Schritten nähernde Soldat sie tatsächlich liebevoll in die Arme schließen, doch kaum war er angelangt, ließ er sie sinken. Epicharis hätte sich vermutlich herzen lassen, doch schickte es sich nicht, wie eine bereits verheiratete Plebejerin vor tausenden von Augenpaaren zu geben. Aristides behielt also recht mit seiner Vermutung. Dennoch, seine Worte erwärmten ihr Herz und ließen sie ob des Überschwangs an Komplimenten etwas erröten. Epicharis ließ Medeia und Plautius einen Moment unbeachtet und wandte sich ganz Aristides in seiner polierten Rüstung zu, dessen Hände sie beidseitig ergriff und freudig drückte. "Mein lieber Marcus, deine Worte schmeicheln mir. Ich freue mich sehr, dich zu sehen. Du schaust ganz wunderbar aus in deiner Rüstung, ein wahrhaft stattlicher Soldat", grüßte sie ihn und hätte benahe behauptet, er sei ihr stattlicher Soldat, doch im letzten Moment unterdrückte sie das M, was sie beinahe ausgesprochen hätte. "Ja, Medeia und ich hatten beschlossen, euch zu verabschieden. Ich hoffe, das ist dir genehm?" fragte sie im Scherz und erstrahlte dabei in Freunde um das Widersehen.


    "Ist der Kaiser denn bereits hier?" fragte sie in die Runde.

  • Während Medeias Augen noch ganz auf ihren entfernt stehenden Mann gerichtet war, nickte sie beiläufig bei Epicharis Frage. „In der Tat, ich reise im Auftrag der Schola nach Alexandria, um die Zustände des Museion in Augenschein zu nehmen.“ Schmunzelnd sah Medeia dann doch zu Epicharis. „Das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden, denn ich wollte schon mein ganzes Leben lang das Museion sehen und zudem kümmere ich mich um den Erwerb einigen Landes in Ägypten.“ Doch dann strahlte Medeia auf als sie ihren Gatten auf sich zukommen sah, mitsamt seines Trosses. Schnell trat sie ihm zwei Schritte entgegen und streckte (entgegen ihrer sonstigen Angewohnheiten) die Hände nach Plautius aus und ergriff die Seinigen, die so rau sich an ihren der Arbeit nicht gewohnten Fingern spürte. „Camillius, ich bin froh, es noch rechtzeitig geschafft zu haben.“ Etwas verwundert über die schon fast förmliche Anrede war Medeia durchaus, aber sie war hier um sich von Plautius zu verabschieden und nicht ihn zu tadeln, ob im Witz oder nicht. „Ich weiß, dass Du nicht viel Zeit hast. Aber ich bin schon um jeden noch so winzigen Augenblick froh, um Dich noch mal zu sehen, bevor Du wegreist.“


    Sentimental war Medeia nicht und versuchte stets emotional distanziert zu bleiben bei Männern, selbst bei Plautius. Doch in diesem Augenblick gelang es Medeia nicht. Ein schwerer Brocken machte sich in ihrem Bauch bereit, landete dort mit einem unangenehmen Plumpsen und vermischte sich mit den Steinen der steten Sorge, die seit dem Schleudern der Kriegslanze in Medeia schwer wogen. „Ich war bei der Kriegserklärung...“, meinte Medeia und atmete tief ein. Nicht die Fassung verlieren, Medeia. Nicht die Fassung verlieren, Medeia. Nicht die Fassung verlieren. Das Mantra funktionierte nicht und Medeia tat etwas, was sie sonst niemals gemacht hätte vor aller Augen. Sie schlang ihre Arme um Plautius Schultern und presste sich an ihn heran. „Oh, Camillus. Ich werde Dich vermissen.“ In dem Moment störte sich Medeia nicht an all den Leuten, sondern legte ihre Wange an Plautius Hals. Es war schon viele, viele Jahre her gewesen, dass Medeia ein derartiges Chaos an Gefühlen in sich verspürt hatte. Das emotionale Eis, was sie sonst oft einhüllte und sie sich als Schutz aufgebaut hatte seitdem sie vierzehn Jahre alt war, schmolz und hinterließ ein Loch in der Patina und seelischen Rüstung. Und so ließ sie Plautius nicht los und hoffte inständig, die Schiffe würden schon abreisen und ihren Praefectus dabei vergessen.

  • Sein Gefolge registrierte Plautius nicht, so wie der Imperator vermutlich auf dem Weg von seinem Cubiculum zum Audienzsaal an Hunderten von Sklaven und Praetorianern vorbei ging, ohne diese überhaupt noch bewusst wahr zu nehmen. Solch ein Zustand trainierte sich irgendwann in der Legio an. Tausende Soldaten konnten auf einem Platz stehen und doch blendete jeder den anderen fast perfekt aus, so daß wiederum so etwas wie eine Privatsphäre entstand.


    "Wie sehe ich aus?" fragte Claudia Epicharis. Hm, verdammt? War das eine Frage an Medeia, ihre Sklavin oder ihn? War es eine rein rhetorische Frage?


    „Hm, also du siehst schöner aus als Venus (die ja nicht da war, so daß man solch eine Behauptung gut aufstellen konnte), aber bist dennoch nur die zweitschönste Frau hier auf dem Platz, denn meine Ehefrau Medeia ist viel, viel schöner. Aber für Centurio Flavius Aristides reicht es allemal und er sieht es vermutlich genau umgekehrt, würde mir aber dennoch nicht wiedersprechen, denn ich kann als Praefectus gegenüber einem Centurio auch ganz gemein werden.“


    Plautius grinste frech und registrierte dann Aristides.


    „Centurio Aristides! Deine Verlobte möchte sich von Dir verabschieden. Du hast die üblichen 5 Minuten Zeit, wobei du dir vermutlich auch mehr Zeit lassen kannst. Der Kaiser scheint noch nicht da zu sein. Sobald er da ist und zu uns gesprochen hat, beginnen wir damit die Männer und Tiere zu verladen und mit der nächsten Flut laufen wir dann aus.“


    Damit beantwortete er auch die Frage von Epicharis. Plautius winkte einen Soldaten heran, welcher einen stabilen und großen Beutel trug, welcher sein Gewicht zu haben schien. Er nahm ihm den Beutel ab, blickte kurz zwischen Pumilus und Olympia hin und her und übergab dann den Beutel Medeias Leibsklavin. Die andere Ledertasche übergab er Pumilus.


    Dann wandte er sich leise an Medeia, wechselte von Latein auf Griechisch mit plautiusschem Dialekt und blendete den Rest der Leute auf dem Platz aus.


    „Meine Muse. In dem Beutel sind 7500 Sesterzen in Form von Goldmünzen als Reisekasse und damit es Dir in Alexandria an nichts mangelt. Ansonsten schreibe mir bitte so bald wie möglich, wo du wohnst und wenn du etwas brauchst. Einen Teil meines Soldes lasse ich dann nach Alexandria anweisen. Mein Testament habe ich im Tempel der Vesta hinterlegt und meine Brüder wurden ebenfalls genaustens instruiert was dich betrifft.
    In der anderen Ledertasche findest du einen Schuldschein von einem Klienten meines Bruders Matinius Agrippa. Gegen Vorlage des Scheines wird dir der Mann im Bedarfsfalle weitere 20000 Sesterzen auszahlen um seine Schulden gegenüber Agrippa zu tilgen. Eine beiliegende Wachstafel enthält alle notwendigen Informationen über den Klienten und seinen Wohnort. Außerdem habe ich eine Vollmacht beigefügt und gesiegelt, welche dir umfassende Vertretung unserer Interessen erlaubt. Falls dich jemand wegen meinen Betrieben oder Grundstücken oder so behelligt.
    Desweiteren habe ich für dich in Roma eine Art Reisebericht von Plutarch über Ägyptus besorgen lassen. Angeblich eine Originalausgabe oder erste Abschrift. Muß jedenfalls uralt sein, denn das Griechisch im Text ist doch sehr „sonderbar“? Na ja, sonderbar trifft es auch nicht so recht.
    Zuletzt möchte ich dir zum Abschied noch etwas sehr Persönliches von mir geben.“


    Plautius zog aus seiner Rüstung einen kleinen Beutel hervor und entnahm diesem ein einzelnes Amulett, sowie ein wildes Bündel mit Hospitienbändern.


    „Bei den Hospitienbändern handelt es sich um solche von Familien, die in Alexandria und Aegyptus leben. Vielleicht sind sie Dir noch von Nutzen.
    Das Amulett hier aber gehörte meiner Mutter. Es zeigt angeblich die Sybille. Meine Mutter war angeblich eine Priesterin oder Orkelverkünderin der Sybille. Mein Vater brachte von einem Besuch bei der Sybille nicht nur eine Prophezeiung mit, sondern angeblich auch meine Mutter und wenig später war Agrippa da. Muß was dran sein, denn meine Eltern hüllten sich hier auf Nachfragen stets in Schweigen und lächelten einander so auf eine bestimmte Art an. Sie hat mir das Amulett vererbt, wobei sie es selbst von ihrer Mutter und meine Oma also noch mal von meiner Uroma bekommen hat. Und jetzt möchte ich, daß du es bekommst, denn ich will es nicht in den Händen eines dreckigen Parthiers wissen, wenn mir etwas passiert. Man weiß ja nie.“

    Semper Fidelis - zum ewigen Ruhme des Imperiums und seines Imperators!

  • Etwas zögerlich löste sich Medeia dann doch von Plautius, als sie einsehen musste, dass die Schiffe ganz bestimmt nicht ohne einen der Köpfe der Legion abreisen würde. Seltsamerweise musste Medeia das Bild einer großen Hydra namens Legion aus ihrer Wahrnehmung scheuchen. Und jetzt, wo sie doch gänzlich von einem Wirbel von Gefühlen gefangen war, schmolz sie bei den Komplimenten an sie, die doch mehr an Epicharis gerichtet waren, hinweg. Medeia zögerte einen Augenblick lang und war stark versucht zu sagen: „Geh nicht, Camillus. Bleib bei mir und lass mich nicht alleine, bitte!“ Doch aus den Augenwinkeln wurde sie sich der Soldaten bewusst, des flavischen Centurio und all der Ohren, die solche Worte vernommen hätten und spöttisch über sie gelächelt hätten und das Ansehen ihres Mannes womöglich stark geschädigt wurde in der Legion. Und das wollte Medeia wirklich ihrem Mann nicht antun. Doch insgeheim fragte sich der rationale und geistig distanzierte Teil von Medeia, was denn bloß los mit ihr war. Warum schien sie heute so nahe am Wasser gebaut zu sein. Die Antwort auf die Frage, die sich sofort hinauf drängte, gefiel Medeia nicht. Sie wollte stets die Kontrolle über sich behalten und Männern keine Macht über sich geben, nicht auf diese Weise.


    Stumm und mit einem lautlosen Sehnen in den grünen Augen lauschte Medeia ihrem Mann. Verblüfft sah sie auf den riesigen Sack mit der ungeheuren Summe und erschrak, hoffte dabei inständig, dass niemand die Worte von Plautius vernommen hatte, denn ansonsten würde sie noch an der nächsten Straßenecke überfallen werden. Das mit dem Testament gefiel Medeia ganz und gar nicht und der verzagte Ausdruck wandelte sich einen kurzen Moment lang in einen Empörten. Der Rest der Worte rauschte an Medeia vorbei. Irgendetwas mit einem Klienten tönte in ihren Ohren, aber das Wort Testament hatte sie endgültig aus der Fassung gebracht. Pumilus würde sicherlich alles aufmerksam verfolgen, da war sich Medeia sicher und so sah sie ihren Mann nur entgeistert an. Automatisch nahm sie das Amulett entgegen, reichte es an Olympia weiter. „Camillus Matinius Plautius“, hob Medeia an zu sprechen. Ein seltsames Zittern war in ihrer Stimme auszumachen. „Unterstehe Dich, nicht wieder aus dem Krieg wieder zu kommen, ja?“ Medeia schluckte und bemerkte gar nicht, wie die verwunderte Olympia nach einem Linnentuch suchte, was sie Medeia in die Hand drückte. „Denn eines schwöre ich Dir, Camillus. Wenn Du nicht aus dem Krieg kommst, dann werde ich persönlich nach Parthia kommen und Dich von dort nach Hause holen. Jawohl!“ Eine Träne ran Medeia über die Wange, sie hatte vor Jahren das letzte Mal geweint und war selber über diesen Tropfen verwundert, doch die Angst und der Abschied spülten noch mehr Tränen in ihr Auge, die feucht glänzten. Das Schlucken und das Zwicken in ihre Hand half nicht, die Tränen suchten danach sich einen Weg zu bahnen über ihre Wangen. „Und ich schreibe, schon auf dem Schiff und Du mir, tust Du das?“ Der pseudobefehlende Ton verschwand und sie schien plötzlich ganz unsicher zu wirken.


    Medeia konnte nicht anders, ein zweites Mal schlang sie ihre Arme um Plautius und küsste ihn schluchzend, dann wiederum sehr innig. Ihre Tränen benässten Plautius Soldatenwangen und sie flüsterte leise. „Ich liebe Dich, Camillus.“ Dann löste sie sich wieder und sah ihn schniefend an, fand das sehr unwürdig und wischte sich schnell die Nase mit dem Tuch. „Zudem sollte Dich doch Dein Sohn kennen lernen. Also wehe Du kommst nicht zurück...“, wiederholte Medeia. Den überraschten Blick von Olympia ignorierte Medeia dabei. „Und hier ist noch etwas für Dich, aber mach es erst auf dem Schiff auf, ja?“ Medeia reichte Plautius ein Paket, was fest verschnürt war mit zahlreichen Knoten, damit er sie nicht jetzt schon öffnete.

  • Wie filigran ihm doch seine Verlobte vor kam als er ihre Hände umgriff, wieder so sanft als ob er die bunt getupften Eier einer Nachtigal festhielt. Und eine freudige Wärme bereite sich in Marcus aus als er seine Verlobte vor sich stehen sah, sich an die schönen Momente auf dem Turm und schon im Garten zurück entsann und in dem Moment fiel es ihm auf, dass der Abschied doch sehr schwer werden würde. Wenige Frauen vermochten einen Eindruck bei Marcus zu hinterlassen, der länger als zwei Wochen währte, doch Epicharis und da war sich Marcus sicher, würde stets in seinen Gedanken sein, wenn er fern der Heimat in dem Lager saß, auf einem vallum stand oder in Richtung des Feindes zog. Einen Herzschlag wünschte sich Marcus glatt, man könnte die Bildnisse derer mitnehmen, die man vermisste und zu denen man sich in solchen Nächten und Tagen sehnte. Das Kompliment über den stattlichen Soldaten brachte wiederum Marcus in Verlegenheit. Eine Frau hatte ihm selten- Marcus entsann sich nicht an ein einziges Mal- ein derartiges Kompliment gemacht, so daß Marcus niemals auf einen derartigen Eindruck über sich selber gekommen wäre. Doch es freute Marcus ehrlich und dieses Entzücken breitete sich mit einer gesunden und kräftigen Röte in Marcus Gesicht aus. Die Farbe, die er trug ,wenn er von einer Heiterkeit durchdrungen war, aber die sich von der unterschied, die seine Verlegenheit offenbarte. Denn selbige fing erst an seinem Hals an und arbeitete sich höher, um die Scham in sein Gesicht zu treiben. Er murmelte aber doch leise einige Worte, die man kaum verstehen konnte. Erst die darauf folgenden Worte waren wieder verständlich.


    „Das ist eine wunderbare Überraschung, Epicharis. Ich freue mich sehr, wirklich sehr!“


    Fünf Minuten? Marcus warf seinem praefectus einen etwas ärgerlichen Blick zu, bemerkte dann jedoch, daß dieser das wohl als Scherz meinen mußte. Marcus fand ja schon immer, daß der praefectus ein seltsamer, intellektueller Kauz war, ließ sich jedoch davon nicht die Freude über diese unerwartete letzte Begegnung nehmen. Stattdessen reichte er Epicharis den Arm.


    „Gehen wir doch ein Stück?“


    Die Hand sanft auf der von Epicharis gelegt und abermals den betörenden Duft der schönen Frau in seiner Nase ging Marcus einige Schritte weg von dem Ehepaar, das so manch eine Freiheit genoß, die Marcus gerne wahrnehmen würde, aber es seines leidigen Standes wegen nicht durfte, was Marcus ein wenig traurig machte. Epicharis Bukett, den würde Marcus nicht vergessen, nicht ein einziges Mal in den nächsten Jahren. Seine Finger erspürten den Stoff ihrer palla, an dem sicherlich auch ihr Odeur haften würde und so kam ihm ein Einfall.


    „Darf ich Dich um etwas bitten, Epicharis? Darf ich Deine palla haben?“


    So schnell wie ihm die Idee gekommen war, hatte er sie ausgesprochen gehabt. Gleich darauf kam ihm jedoch siedend heiß der Gedanke, daß Epicharis womöglich das als einen sehr seltsamen Gedanken empfinden könnte.


    „Es ist nur..ähm, ich würde gerne ein Stück Deines Duftes stets bei mir haben.“


    Verlegen hob Marcus die Hand und rieb sich seinen Nacken und sprach schnell weiter, damit Epicharis nicht womöglich in Lachen ausbrach. Denn dann wäre Marcus wohl wirklich knallrot geworden. Schon jetzt färbte sich sein Hals ein wenig Rosé-farben als verräterisches Zeichen.


    „Es wird schwer werden in der nächsten Zeit, aber ich verspreche Dir, Epicharis, ich werde Dir oft schreiben. Vielleicht...ich...nun, da gibt es etwas, was ich...nun...“


    Herrje!, dachte sich Marcus. War das der Moment der großen Geständnisse? Sollte er Epicharis sagen, daß er die Briefe von einem anderen Mann niederschreiben ließ? Die Worte kamen von Marcus, doch die Buchstaben aus der Feder eines anderen. Und womöglich war das nicht immer möglich im Krieg. Marcus schämte sich jedoch im Grunde für seine Unfähigkeit einen Absatz ohne Gekritzel und groben Fehlern zu verfaßen und nur wenige bei den Flaviern selber wußten um diese Schwäche. Doch statt seine Antwort zu vervollständigen, griff er um seinen Nacken und nahm eine silbern-goldene Kette hinunter. An der feinen Schmiedearbeit aus kleinen gold-silbernen Ringen hing ein silberner Anhänger, in dem ein einzelner Mondstein befestigt war, der wiederum in der Mitte einen feinen Saphir trug. Marcus reichte diesen an Epicharis weiter.


    „Das ist das Einzige, was ich von meinem Vater bekommen habe. Also über meine Mutter um genau zu sein. Ich möchte, daß Du ihn behältst, bis ich wieder komme. Denn er wird Dich stets gut beschützen und Dir Glück bringen, Epicharis.“

  • Es war das erste Mal, dass Kassandra ihre Herrin auf einer Reise belgeiten durfte. Bisher kannte sie ja außer ihrer Heimat Zypern nur Rom und entsprechend aufgeregt war sie natürlich, als sie das Meer zum ersten Mal nach langer Zeit wieder sah. Da der Grund der Reise kein besonders Erfreulicher war, bewunderte Kassandra umso mehr die stets gefasste Haltung ihrer Herrin. Sso wie jetzt auch, als der Zeitpunkt des Abschiedes unaufhörlich näher zu rücken schien


    Auf den Wink war sie sofort herbeigeeilt und vernahm, dass ihre Herrin wohl noch plante, einige Tage länger zu bleiben. Ja Herrin, das Meer ist wundervoll. Ein paar Tage hier werden Euch bestimmt gut tun. Das Meer bei .... Kassandra verstummte, da ihre Herrin bereits auf das "kleine Geheimnis" zu sprechen kam. Kurz musste sie schmunzeln, denn anscheinend war Epicharis doch aufgeregter, als sie nach außen hin tat. Ja Herrin ! ich habe ES sicher hier bei mir ! flüsterte Kassandra, schaute sich verstohlen um, ob niemand sie beobachtete und deutete dann auf die Stelle unter ihrem Gewand, an der sie ES verborgen hielt.


    Weiter kamen sie nicht, dann die Claudierin setze schon zur Begrüßung an. Ihr seht wundervoll aus Herrin ! konnte sie nur noch schnell auf die zugeworfene Frage antworten und zupfte noch eben das Gewand ihrer Herrin etwas zurecht, bevor sie sich stumm wieder zurück zog.

  • Kurz fragte sie sich noch, wie Medeias Mann die wahrhaftig leise gewisperten Worte hatte vernehmen können, welche sie ihrer Sklavin zugeflüstert hatte, doch da war Aristides auch schon heran und alles andere erschien ihr nun unwichtig. Und - na sowas - täuschte sie sich oder errötete er wahrhaftig? Epicharis sah fasziniert, wie sich ein leicht rötlicher Schimmer auf Aristides' Gesicht ausbreitete, die Wangen überzog und auch vor den Ohren nicht Halt machte. Dass Männer in Verlegenheit gerieten, war ihr doch tatsächlich neu. Früher hatte sie stets alle Männer mit ihrem Vater verglichen, und da dieser nun einmal die Fassung in Person war und sie bisher niemanden des anderen Geschlechts zum Erröten gebracht hatte, sah sie nun ganz aufmerksam hin. Am lustigsten fand sie Aristides' Ohren, welche bald in einem wirklich tiefen Rot zu glühen schienen.


    Epicharis' Mundwinkel umspielte ein sanftes Lächeln ob der ehrlichen Freude, die er offen zur Schau trug. Zwar verstand sie sein Murmeln nicht und hob fragend eine Braue, doch die sich anschließenden Worte waren klar und deutlich. Die Claudierin ließ sich von ihrem Verlobten ein wenig weiter weg führen, doch nur einige Schritte, dann blieb er wieder stehen. Sie hoffte, dass Kassandra ihr folgte, denn sie würde sie und ihren gehüteten Lederbeutel wohl recht bald brauchen, denn Aristides hatte gewiss nicht ewig Zeit. "Beinahe hatte ich befürchtet, wir würden es nicht rechtzeitig schaffen. Ich hätte mich sehr gegrämt, wenn wir den Kai nur mehr verlassen vorgefunden hätten", gestand sie leise und hob den Blick, um Aristides anzusehen. Dieser strich, scheinbar gedankenverloren, über den dunkelblauen Stoff ihrer Palla. Was hätte Epicharis dafür gegen, nun seine Gedanken lesen zu können! Kaum war dieser gedanke zu Ende gedacht, trug Aristides eine unerwartete Bitte vor. Sie wollte ihn schon leicht spöttelnd fragen, ob ihm der Wind so wenig behagte, der hier unten am Meer doch etwas kräftiger war und gewiss auf See noch mehr zunehmen würde, um alles mit der leicht klebrigen, salzigen Schicht Neptuns zu überziehen, da wich ihr verschmitzter Ausdruck einem überraschten, denn Aristides legte ihr die Begründung für seinen Wunsch dar. Zwei oder drei Sekunden lang stand Epicharis die schiere Verwunderung ins Gesicht geschrieben, dann breitete sich allmählich das gleiche warme Gefühl aus, welches sie schon auf dem Turm gespürt hatte, und Epicharis fühlte sich leicht befanden und seltsam schwach. Aristides' Wunsch hatte ihr verdeutlicht, dass es für ihn nicht nur eine Zweckehe war, sondern er sie vermissen würde, und das Wissen darum raubte ihr den Atem und ließ den Abschied, den sie bisher so weit von sich schieben konnte, plötzlich in sehr greifbare Nähe rücken.


    Sie senkte den Kopf, ihr Blick fiel an einem muschelverkrusteten Pfeiler hinab ins doch schon tiefere Wasser. Ein Schwarm kleiner Fische zog seine Kreise und verschwand bald unter dem Kai. Irgendwo hinter sich hörte Epicharis Medeia schluchzen. Und als sie den Blick wieder hob, schimmerten die Augen etwas. Noch konnte sie unterdrücken, was in ihr vorging, doch so stark sie auch sein mochte, die Aussicht, jemanden für Jahre zu verlieren, für den man seine Gefühle eben erst entdeckt hatte, zwang über kurz oder lang jeden in die Knie. Sich fangend, sog Epicharis die salzige Luft ein und zog anschließend ihre Palla von den Schultern, gab damit helle Haut frei, die als Schönheitsmerkmal unter den Frauen Roms galt. "Marcus..." murmelte sie zögernd und leicht hilflos in Ermangelung geeigneter Worte. Er sprach bereits weiter und vom Schreiben. Epicharis nickte tapfer, fragte sich einen Herzschlag später aber, was er wohl sagen wollte. Der Anflug eines Schmunzelns zeigte sich bei ihr, als er erneut errötete. "Ich weiß, dass du nicht viel Zeit haben wirst, und daher freue ich mich umso mehr, dass du mir trotzdem schreiben möchtest", sagte sie und faltete abwesend ihre Palla. Einen Wimpernschlag später sah sie nachdenklich auf den blauen Stoff hinab, reichte diesen dann Aristides mit dem Anflug eines Lächelns. "Dein Wunsch ist sonderbar, aber ich erfülle ihn dir gern, Marcus. Ich werde oft an dich denken.... Was wolltest du eben sagen?"


    Jetzt wäre wohl auch der passende Moment gewesen, sich von Kassandra den ledernen Beutel reichen zu lassen, doch ehe sie auch nur daran denken konnte, war Aristides schneller. Er holte eine Kette hervor, an der ein wunderschöner Anhänger aus hellem Mondstein und blauem Saphir prangte, der Epicharis' Blick gefangen nahm. Die Worte ihres Verlobten über die Herkunft des Schmuckstücks verdeutlichten, was ihm dieser Anhänger bedeuten musste, und dass er ihn Epicharis anvertraute, löste Ehrgefühl wie Zuneigung gleichermaßen in ihr aus. Behutsam nahm sie die Kette an sich, sah darauf hinab und strich mit dem Daumen über den Anhänger. "Schutz und Glück? Brauchst du beides nicht sehr viel dringender als ich?" fragte sie leise und sah auf. "Ich werde dieses Schmuckstück hüten wie einen kostbaren Schatz und es dir unversehrt zurückgeben, wenn du wiederkommst. Marcus...ich weiß, dass ich nichts werde ändern können, aber mir ergeht es nicht wohl dabei, dich gehen zu lassen. Ich sorge mich um dich." Ihre Stimme war nurmehr ein Flüstern. Sie zog die Kette über ihren Kopf und entschied, dass auch eine Patrizierin das Recht hatte, sich gebührend zu verabschieden - besondere Situationen erforderten eben besonderes Verhalten, und den Beginn eines Krieges konnte man wohl durchaus als besondere Situation werten. Da sie nun die Hände frei hatte, Marcus jedoch ihre Palla hielt, machte Epicharis einen schnellen Schritt nach vorn, schlang die Arme um seinen Hals und bettete die Wange so an seinen Brustharnisch, dass ihre Nase seinen Hals berührte. "Mein tapferer Centurio...kehre mir bloß wieder unversehrt zurück, das ist alles, worum ich dich bitte", wisperte sie. Mehr musste wohl auch gar nicht gesagt werden. Und mehr vermochte Epicharis auch nicht zu sagen, denn ihre Stimme versagte, der Frosch war wieder da. Trönen schimmerten in ihren Augen, und sie schloss sie, weil sie doch stark bleiben wollte angesichts des Abschiedes, sich aber doch eingestehen musste, es nicht zu können.

  • In der Nähe stritten sich einige Kinder mit einer Möwe um einen silbern-glänzenden Fisch, bis einer der kleinen Kinder- sie waren kaum älter als fünf Jahre- auf die Idee kam, einen Stein zu ergreifen und damit nach dem Vogel zu schlagen. Protestierend flatterte die Möwe davon und ließ den Kindern die Beute zurück. Doch schon gleich darauf brach ein Tumult unter den herunter gekommenen Kleinwüchsigen aus, die mit Zähnen und Fingernägeln sich erbittert um das bisschen Fisch stritten. Marcus beachtete die Kinder nicht, Armut war etwas, was ihm überall begegnete und er kaum noch wahrnahm. Und auch das sanfte Plätschern der Wellen, die gegen den Stein der Hafenanlagen schlugen, sich gegen das Machwerk der Menschen erwehren wollte, dann jedoch geschlagen wieder in das Wasser zurück drängten, war nicht in Marcus Ohren präsent, denn er schenkte seine Aufmerksamkeit der, die seine Frau werden würde sobald er den Krieg überstanden hatte und wieder in der Heimat war. Diese Blicke, derart hatte sich seine Tochter noch im Garten ausgedrückt. Hatte sie etwas erkannt, was Marcus noch nicht klar war? Doch eines wußte Marcus durchaus und zu dem jetzigen Zeitpunkt, Epicharis war ein Goldschatz unter den Patrizierinnen, die man nicht mehr hergeben sollte. Und es wärmte sein Herz noch mehr als er den feuchten Glanz in Epicharis Augen sah, gleichwohl es die übliche Hilfslosigkeit in ihm schürte. Denn mit weinenden Frauen konnte Marcus- wie er meinte- schlecht umgehen. Es rührte ihn immer stets zu tief und er wußte meist nicht, welche Worte gegenüber diesen zerbrechlichen und reizenden Wesen angebracht wären. Doch noch blieb es bei dem Glanz in Epicharis Augen. Erfreut, daß sie ihn nicht auslachte, nahm er das noch gewärmte Stück Stoff entgegen und betrachtete einen Augenblick lang den schönen Schwung ihrer makellosen, jugendlichen Schultern. Marcus atmete tief ein und unterdrückte mit all seiner Willenskraft, mit seinen Fingern über ihre Schultern zu streichen oder Schlimmeres, was in der Öffentlichkeit undenkbar gewesen wäre...oder womöglich doch nicht? Marcus war ganz konfus in dem Augenblick. Der Duft von Epicharis stieg ihm ganz intensiv in die Nase und er leckte sich über seine plötzlich trockenen Lippen.


    „Was ich sagen wollte? Ich....weiß es nicht mehr!“


    Das war auch nicht im mindesten gelogen. Denn in jenem Augenblick schien alle Gedanken verflogen zu sein, sein Kopf verabschiedete sich und sein kleiner Daimon wäre am Liebsten auf seine Schulter gehüpft und hätte ihm unsittliche Dinge eingeflüstert. Doch selbst zu jener Denkleistung war Marcus nicht mehr in der Lage. Marcus versuchte zu grübeln, was er Epicharis sagen wollte, aber es war weg. Die Wege seiner Gedanken und seines Geistes wie blank gefegt. Seine Augen verfolgen den Anhänger in die schmale Hand von Epicharis und er schüttelt nach einigen Herzschlägen den Kopf.


    „Nein, ich brauche ihn gewiß nicht, denn Mars ist doch auf unserer Seite. Und Du mußt Dich wahrlich nicht sorgen, meine Schöne. Schließlich bin ich centurio und habe 160 Mann, die darauf achten, daß ich nicht falle. Zudem wird Mars...“


    Während all dem hatte er verfolgt, wie das Amulett um Epicharis Hals gelangte und beneidete das Stück Edelmetall, was so nahe der köstlichen weichen Haut sein durfte. Und ehe er sich versah, spürte er schon den geschmeidigen Körper von der schönen Patrizierin an sich geschmiegt. So kam Marcus nicht dazu seinen Satz zu beenden. Marcus schluckte und schon wieder wußte er nicht, was zu sagen war. Zudem fehlten ihm die Worte als er als tapferer centurio bezeichnet wurde. Derartiges- die Nähe von Epicharis und ihre so freimütige Art- hatte Marcus bestimmt nicht erwartet und er atmete tief durch die Nase ein. Aber er war wahrlich positiv überrascht und freute sich schon während des ersten Herzschlages darüber. Er zögerte nicht, sondern legte seine Arme um ihren Leib herum, strich ihr zärtlich über den Rücken. Ihre weichen und dunkel-schimmernden Haare kitzelten an seiner Nase und liebkosten sein Kinn. Marcus atmete schwer ein und aus und war in dem Moment auch einfach nur sprachlos. Marcus hob eine Hand und fuhr mit seinen Fingerspitzen über ihre Frisur, ganz hauchzart nur. Dann beugte er sich ein wenig runter und küsste sie sanft auf den Scheitel. Menschenmenge hin oder her, in dem Moment war es Marcus auch egal. Zudem war Marcus derart bewegt, daß er solche Zärtlichkeiten nicht unterdrücken konnte.


    „Meine Liebste, natürlich komme ich zurück. Das verspreche ich Dir. Und Du, gräme Dich nicht hier, sorge Dich auch nicht, sondern sei fröhlich, feiere und laß' es Dir gut gehen. Versprichst Du mir das, Epicharis?“

  • Epicharis schenkte den Worten der Besorgnismilderung kaum Beachtung. Sie wusste von ihrem Vater, dass in einer Schlacht durchaus auch einhunderteinundsechzigMann fallen konnten und nicht nur einige wenige. Dennoch, sicherlich war Mars ein großes Opfer dargebracht worden, wie es nun einmal üblich war vor einem Krieg. Auch hatte Epicharis von dem Ritual gehört, auf welches die Götter mit Wohlwollen hinabgeschaut hatten. Eigentlich konnte nichts schief gehen, doch gerade an diesem Eigentlich störte sich Epicharis gewaltig. Sie hätte ein vorgreifendes Nichts ging schief als sehr viel angenehmer empfunden, doch leider konnte man die Dinge nicht voraussehen. Wie alle Römer hatte sie keine Zweifel am Sieg gegen die Parther, selbst wenn sie mächtig waren, doch auch bei einem Sieg gab es Verwundete und Tote in den eigenen Reihen.


    Tief und ungeniert seufzte die junge Dame mit geschlossenen Augen an der Brust ihres Verlobten. Sie brachte ihn wohl durcheinander, doch das nahm sie gar nicht mehr so recht wahr. Sie genoss ein letztes Mal die Nähe und das Kosen Aristides'. Weinende Kinder, heiser kreischende Möwen, schluchzende Ehefrauen, barsch lachende Soldaten, in der Ferne erklingende Flötentöne und klappernde Schritte an Bord eines nahen Schiffes - dies alles hörte Epicharis nur am Rande. Sacht wogten die Wellen gegen den Pier, und ebenso sacht koste Aristides ein letztes mal seine Verlobte, die sich keinen Deut darum scherte, was wohl der Pöbel sagen würde, wenn er überhaupt tratschen würde, denn waren nicht alle gleich, Sorgende angesichts des Krieges? Epicharis musste sich ein Tuch reichen lassen und winkte Kassandra eilends herbei. Nur so weit, wie es unbedingt nötig war, entfernte sie sich von Aristides und tupfte sich hastig die Tränen fort. Es war ihr schrecklich peinlich, nun doch die Fassung verloren zu haben. Verstohlen sah sie sich um, ob es wohl jemand bemerkt hatte. Und er hatte sie 'meine Liebste' genannt..... Das Versprechen aber, welches Aristides ihr abnehmen wollte, war so absurd, dass die junge Frau zu ihrem Verlobten aufsah und ein Kopfschütteln andeutete. "Ich will es versuchen, auch wenn ich mich sorgen werde", erwiderte sie und tupfte eine letzte Träne fort. Hoffentlich war ihre Schminke nicht verkaufen und machte sie zu einem unansehnlichen Wrack!


    Doch genug der sinnlosen Sorge um das Aussehen, sagte sie sich und gab Kassandra das Tuch entschlossen zurück. "Hast du es? Ah, da ist es ja. Gib es mir bitte", sagte sie zur Sklavin gewandt und wartete, bis diese ihr das kleine Beutelchen aus weichem, geschmeidigem Rindsleder gegeben hatte. "Ich möchte dir etwas mitgeben nach Parthien", sagte Epicharis schließlich und sah zu Marcus auf, das Säcklein in beiden Händen haltend und es drehend. "Es ist nicht viel, und doch ist es kostbar. Ich weiß, dass Mars uns den Sieg gewähren und über die römischen Soldaten wachen wird, doch Glück, Schutz und Hoffnung kann man nie zuviel haben. Darf ich?" sagte sie, wartete jedoch gar nicht auf die Antwort und befestigte das Beutelchen mit geschickten Fingern an dem Gürtel, den Aristides trug. Als sie fertig war, berührte sie zaghaft das Emblem der Ersten Legion, welches auf dem Brustharnisch prangte. "Versprich mir, dass du den Beutel erst öffnen wirst, wenn ihr auf See seid und der Hafen Ravennas längst außer Sicht ist", bat sie ihn.


    Sim-Off:

    Beutelinhalt kommt per PN

  • Sim-Off:

    Epicharis: habe das “wisperte” überlesen. aber wie jeder gute ehemann und ranghohe offizier hört plautius das was er nicht hören soll und ist, wie oft die sklaven, taub, wenn geschrien wird, daß der abfall raus soll oder der abwasch wartet. :D



    Plautius hielt Medeia fest an sich gedrückt. Eigentlich hatte er den Abschied kurz und sachlich halten wollen, denn er wusste, daß Medeia sich mit emotionalen Bekundungen und Ausbrüchen gerne zurück hielt, wenn sie in der Öffentlichkeit waren und andere Leute sie beobachten konnten.


    Innerlich fühlte er sich absolut hilflos. Medeia weinte, denn eine Träne rann über ihre Wange. Verdammt! Was machte Mann denn in so einem Fall. Da hatte er keine Erfahrungswerte. Aber ihre Worte schienen ihr sehr ernst zu sein und er glaubte Medeia auch. Die Tränen wurden mehr. Hilfe!


    “Natürlich schreibe ich dir. So oft ich kann. Ich habe genug Papyrus und Wachstafeln dabei. Und ich liebe dich auch, Medeia.”


    Plautius hielt seine Frau in den Armen und erwiderte sanft ihre Küsse.
    Sohn? Kennenlernen? Hä? Es dauert etwas bis Plautius schnallte wovon Medeia da sprach. Sie war offensichtlich in freudiger Erwartung, daher die häufige Unpässlichkeit der letzten Zeit. Aber über eine Tochter würde sich Plautius auch freuen. Söhne wurden total überschätzt. Mit denen hatte man als Eltern auch Ärger. Das sah man ja am lieben Plautius und dem braven Fuscus und dem ewig unartigen Agrippa.
    Dann setzte er das dümmliche Grinsen aller werdenden Väter auf, die die gute Nachricht erfahren hatten. Nun ja, also galt es jetzt den Feind in 10 Monaten zu besiegen und wieder nach Hause zu kommen. So lange dauerte eine Schwangerschaft bei einer Frau in etwa. Oder war das bei einem Pferd so gewesen? Hm, er würde es raus bekommen.

    Und er nahm das verpackte Geschenk von Medeia entgegen. Was das wohl war? Am Liebsten hätte er es direkt ausgepackt. Neugierde war eine seiner schlechten Eigenschaften.


    Plautius schaute Medeia tief in die Augen.
    “Ich komme wieder.”

    Semper Fidelis - zum ewigen Ruhme des Imperiums und seines Imperators!

  • Immer mal wieder tupfte sich Medeia mit dem Taschentuch über das Gesicht, feine Spuren ihrer Schminke blieben an dem Linnen haften. Doch nur von ihren Wangen, die eine künstliche Röte trugen, damit sie nicht derart kränklich aussah wie oft in letzter Zeit. Sie nickte langsam und war heilfroh über die Versicherung, dass Plautius ihr ganz gewiss auch ganz viel schreiben würde. Und doch hatte Medeia ein ganz schreckliches Bild vor Augen. Plautius in der Fremde, Plautius umringt von vielen Tausend und Abertausenden Parthern, die sich um einen kleinen Haufen von verzweifelten Soldaten drängten. Angeführt von ihrem Ehegatten, der noch die letzten verzweifelten Worte auf einem Papyrus an sie richtete. Medeia atmete erschrocken auf. Und das nächste Horrorszenario keimte auf. Die Schlacht, die Römer waren dabei zu siegen und Plautius ritt das Schwert schwingend (mit einem kleinen Trupp von Berittenen hinter ihm) mitten in das Gewirr von einer schwarzen Wolke aus Pfeilen. Gerade wollte schon die Contenance zurückkehren, doch bei all den schrecklichen Gedanken löste sich nur noch mehr Schluchzen aus Medeias Kehle. „Wehe, Du kommst als Geist zu mir, Camillus. Das würde ich nie, niemals Dir verzeihen. Du kommst heil und in Fleisch und Blut nach Hause.“ Einige Küsse folgten, Medeia, die sich wieder fest an Plautius schmiegte und just in dem Moment beschloss, dass sie ihn einfach ablenken müsste. Ja, das war doch die Idee. Einfach ihn in seine Unterkunft dieser Taberna begleiten und all ihre Künste aufbringen, damit er danach die Abreise der Legion schlicht verschlief. Ein schwaches Lächeln über diesen doch unvernünftigen Plan zeigte sich auf Medeias Lippen. Sie hob die Augen und sah Plautius lange an und nickte matt auf seine Worte hin. Geh nicht!, lag ihr auf den Lippen. Doch auch das brachte sie nicht hervor.


    Doch Medeia wusste, wenn sie länger in den Armen von Plautius lag und sogar noch mal ihm ihre Liebe gestand, dann wäre es um die letzte Mauer ihrer Fassung geschehen und sie würde alles daran setzen, um Plautius hier zu halten. Doch das würde das Ende von Allem bedeuten. Medeia wusste, man durfte Männer nicht derart binden und fesseln, sie hassten das und verließen über kurz oder lang solche Ehefrauen. „Bitte pass auf Dich auf, Camillus. Ich brauche Dich doch!“ Einige Sekunden vergingen, in denen Medeia ihren Ehemann lange ansah, eine Mischung von Liebe, Angst und Trauer zeigte sich in den grünen Augen. Was sollten die letzten Worte sein? Medeia wusste es nicht so genau. „Auf bald, Camillus. Ich liebe Dich...“, wiederholte sie noch mal. Dann löste sich Medeia langsam von ihm, die Wangen feucht, der Lidstrich ein wenig verwischt und einige Locken hatten sich aus der Frisur befreit. Der Wind umspielte sie und schmiegte das Kleid eng um ihre Taille. Sie sah Plautius noch einmal verzagt und liebevoll an, dann drehte sie sich schnell um, damit nicht Taten und Worte kamen, um ihren Mann an sich zu halten. So entschwand sie schnell in der Menge von Menschen.


    Bei der Sänfte:
    Weinend hielt Medeia das Taschentuch vor ihr Gesicht gepresst. Sie hatte schon seit Jahren nicht mehr geweint, das letzte Mal richtig, als sie das erste Mal dem Geschäft ihrer Mutter nachgehen musste. Und es schien als ob ein Damm in ihr gebrochen war, der all die ungeweinten Tränen mit sich nahm, die jetzt der Angst und Sorge um Plautius wegen sich den Weg nach oben gebahnt hatten. Olympia trat neben Medeia, die in der Sänfte saß und sah besorgt auf sie runter. „Domina, bist Du schwanger?“ Medeia sah auf, ihre Augen waren nun völlig verweint und gerötet, ihr Gesicht aufgedunsen. „Pah, woher soll ich das wissen? Aber so oder so, Camillus bekommt schon seinen Sohn.“ Ihre Augen richteten sich auf die Schiffe und sie sah entschlossen auf die vielen Masten.

  • Plautius sah äußerlich gefasst seiner Frau hinterher bis sie außer Sicht war. Dann winkte er einen Optio heran.


    „Nimm Dir 10 Mann und folge ihr so diskret wie möglich und sorge dafür, dass sie sicher zu ihrem Schiff kommt.“


    Dann wandte er sich ab und wurde auch schon direkt wieder von der Pflicht eingeholt, als 1 Scriba ihn ansprach.


    „Praefectus! Die Männer werden unruhig. Sie fragen, wo denn der Imperator bleibt und wann es dessen Ansprache gibt, damit es endlich los geht. Oder ob du schon wieder eine Ansprache an seiner Stelle halten willst? Praefectus.“


    „Ansprache? Ich? Und was heißt hier schon wieder? Na, ich weiß nicht, ob ich den Imperator ersetzen kann. Außerdem ist der Mann ein Riese von der Statur im Vergleich zu mir. Das wäre echt nicht dasselbe. Obgleich ich mich dann ja nicht so kurz wie im Castellum fassen müsste. Aber lass mal, der Legatus wird dann zur Not das Wort ergreifen. Aber ich bin zuversichtlich, dass der Imperator bald da ist. Ist mein Gepäck schon alles an Bord? Und wie heißt denn mein Schiff?


    „Praefectus! Dein Schiff ist die „Wellentänzerin von Ravenna“, dein Gepäck ist an Bord, ebenso Sonderverpflegung und mit dir wird die II. Centuria der I. Cohortes eingeschifft. Praefectus.“


    II. Centuria der I. Cohortes? Das ist Centurio Aristides und Optio Priscus? Richtig? Was ist denn das für ein beschissener Schiffname für ein Schiff der Classis? „Wellentänzerin von Ravenna“ ist doch wohl nicht der offizielle Name? Haben die nicht einfach nur Nummern? Lass mich raten der Kapitän heißt „UndwegistderKahn?“


    „Praefectus! Äh, nein, laut Liste heißt der Octavius Blubitus Aquilius. Und dein Schiff ist das da mit dem Tuchfetzen an der Mastspitze, das als Bild so etwas wie ein Schaf zeigt. Praefectus.“


    „Schaf? Also für mich sieht das eher nach einem Delphin aus?“


    Und schon brach rund um den Praefectus ein wildes Gemurmel aus. Es wurde lebhaft diskutiert was der Tuchfetzen zeigte, denn natürlich wurde auch gewettet. Worte wie Hund, Katze, Maus, Elefant und Kraken fielen.


    Plautius entschied sich den Kapitän bei Gelegenheit zu fragen, denn natürlich wollte er erst einmal an Bord um das Geschenk von Medeia in Ruhe auspacken zu können. Seiner Neugierde standen eine Verpackung mit den raffiniertesten Knoten und Schnürungen gegenüber.

    Semper Fidelis - zum ewigen Ruhme des Imperiums und seines Imperators!

  • Leichtfüßig schlängelte sich die junge Nubierin durch die Menschenmenge, die sich an diesem Tag am Hafen drängte. Bei jedem Schritt wippten fröhlich ihre Locken, gaben ihre Armreifen ein leises Klingen von sich. Ihre kurze türkisfarbene Tunika schmiegte sich leicht an die Formen ihres geschmeidigen Körpers, und ließ einiges, wenn auch nicht unzüchtig viel, an blanker Haut sehen, die samtig dunkel in der Sonne schimmerte. Eine wohlgefüllte Tasche aus schwarzem Leder hing über ihrer Schulter. Salambo hatte einen Auftrag. Immer wieder sah sie um sich, spähte suchend in die Menge. Heute eine bestimmte Person zu finden, war ganz und gar nicht einfach. Sie suchte schon sehr lange, als sie auf einmal eine juppitergleiche Stimme den besagten Namen brüllen hörte: Centurio Flavius Aristides.


    Ah! Erfreut folgte sie diesem vielversprechenden Ruf. Sie kam an einem Krimskramsverkäufer vorbei, dann an zwei stämmigen Matrosen, die der flotten jungen Frau anzüglich hinterherpfiffen. Über die Schulter warf sie ihnen ein weißblitzendes Lächeln zu und eilte, sich sinnlich in den Hüften wiegend weiter. Den Gesuchten erblickte sie bald - auf dem Pier stehend hielt er gerade seine Verlobte in den Armen, schien sie gar auf den Scheitel zu küssen. Taktvoll wartete Salambo ab, unklug wäre es wohl gewesen den Flavier jetzt zu stören. Jedoch beobachtete sie genau und konnte sich einer gewissen Verwunderung ob der Innigkeit der Umarmung nicht erwehren. Die Claudierin musste wahrhaft eine außergewöhnliche Frau sein, befand Salambo, dass es ihr gelang ihren Verlobten zu solchen Gefühlsäußerungen zu bewegen. Aber ob das so gut war?


    Salambo, deren Bestimmung, Lebensinhalt und größtes Glück es seit jeher gewesen war, der Gens Flavia zu dienen, machte sich ein wenig Sorgen um den Herrn Flavius Aristides. Er war doch - wenn auch charismatisch und von großem Charme - im Grunde ein eher schlichtes Gemüt, liebenswert, leicht zu beeinflussen, und sie fürchtete, die Claudierin könne eine allzugroße Macht über ihn gewinnen. Sie beschloss, ihrem Halbbruder, dem Leibsklaven des Aristides ihre Beobachtung mitzuteilen, er hatte großen Einfluss auf seinen Herrn und würde hoffentlich ein wachsames Auge auf ihn haben... Alles vorausgesetzt, der Dominus kehrte heil aus dem Krieg heim.


    Ob das wohl Liebespfänder war, die die Verlobten da miteinander austauschten? Die Nubierin wartete geduldig, erst als die beiden wieder weiter auseinander getreten waren, näherte sie sich bis auf einige Schritt und suchte den Blick des Herrn Flavius Aristides. Sodann, als sie ihn auffing, neigte sie in natürlicher Ehrerbietung das Haupt, zeigte - ob der Verlobten - nur kurz ein Lächeln, und verharrte, unaufdringlich darauf wartend, dass der Herr sie dann mit seiner Aufmerksamkeit bedenken würde wenn er es für richtig hielt.

  • Das Stimmengewirr, das Plätschern des Meeres und die Laute der vielen Menschen um sie beide herum schien für Marcus für die wenigen Herzschläge zu einem undefinierbaren weißen Rauschen- was keine Substanz hatte- zu vewischen. Auf seinem Nacken spürte er die warmen Sonnenstrahlen, die ihn sanft zu liebkosen schienen. Womöglich hatte es Marcus doch sehr viel einfacher als Epicharis. Denn er wußte stets, was in der Fremde passierte und mußte sich nicht sorgen, nur mit dem Heimweh kämpfen. Und da er auch öfters weit auf Reisen war, schien auch dieses nicht schwer zu wiegen. Nur, daß er fern der Familie war, würde den Krieg erschweren. Der Moment, in dem seine Verlobte noch in seinen Armen lag, war schnell vorbei, viel zu schnell. Marcus ließ seine Hände wieder hinab sinken und als er zum ersten Mal einen Blick von seiner Verlobten nahm, es war noch nicht mal ein ganzer Herzschlag, nahm er eine weitere bekannte Gestalt wahr- Salambo. Verwundert wölbte sich Marcus Augenbraue in die Höhe. War Leontia gar selber gekommen, sich auch von ihm zu verabschieden? Oder gar ihr Vater? Den hatte Marcus eigentlich selber noch aufsuchen wollen, immerhin lagen sein latifundium nicht allzu weit weg. Doch womöglich würde Marcus es erst am Abend oder gar nicht mehr schaffen. Doch jegliche Grübeleien darüber wurden unterbunden als er die Worte von Epicharis vernahm. Marcus legte sanft seinen Zeigefinger und Epicharis Kinn und strich ihr sachte an der Haut entlang.


    „Na, na, Du mußt Dich wirklich nicht sorgen, Epicharis. Ein Flavier läßt sich nicht so schnell vom Felde fegen. Schon gar nicht im Osten und erst recht nicht von den Parthern.“


    Die unerschütterliche Zuversicht in die eigene Unsterblichkeit, dem Glück durch seine Familie, und daß Gefahr stets andere betraf, teilte Marcus mit so manch einem Tollkühnen und somit waren seine Worte zuversichtlich und ohne Zaudern gesprochen. Es? Verwundert sah Marcus auf den Beutel hinab und sah fragend auf diesen und dann zu Epicharis. Doch seine Frage wurde nur mit einer rätselhaften Andeutung beantwortet. Marcus nickte und ließ sich den Beutel an den Militärgürtel hängen. Marcus interessierte es durchaus brennend, was denn darin war, aber er war nicht von Natur aus einer, der einem Rätsel auf die Spur ging und somit konnte er durchaus damit leben, noch einige weitere Stunden zu warten bis zum Öffnen jener Gabe. So nickte Marcus ein zweites Mal kurz hinter einander.


    „Natürlich verspreche ich Dir das. Ich danke Dir, Epicharis.“


    Naevius, heftig atmend und durch die Menge trabend, näherte sich sowohl Epicharis als auch Marcus. Schnaufend blieb der hagere Mann stehen, salutierte lasch, salutierte dann noch mal als er Marcus Blick auffing und verbeugte sich ungelenk vor Epicharis.


    „Meine Dame, verzeih! Centurio, Chaos...Tohuwabohu ist ausgebrochen. Die Zweite streitet sich mit der Dritten wegen dem Schiff. Und dann sind wohl einige Dinge von der Verladung durcheinander gekommen, die die Zweite betrifft.“


    Marcus seufzte leise. Im Grunde wußte er, daß sein optio das gut gehändelt hätte, aber der war mit Verladung von schweren Geräten noch beschäftigt mit dem Teil der Männer, die dafür abgestellt worden waren. Marcus nickte und meine knapp.


    „Ich komme gleich.“


    Erst als Naevius, der Mann, der auch die Briefe für Marcus verfaßte, wieder davon geeilt war, wandte sich Marcus erneut seiner Verlobten zu. Der Augenblick der Verabschiedung nahte. Marcus hob die Hände und legte sie behutsam auf die Wangen der jungen Claudia.


    „Mögen die Götter über Dich wachen, liebe Epicharis. Wir sehen uns bald!“


    Abermals ohne auf die Menschen zu achten, beugte sich Marcus vor und gab Epicharis noch einen Kuss auf die Lippen, löste sich nur langsam von ihr und strich ihr noch mal über die sanft geschwungenen Wangen. Um es nicht noch schwieriger zu machen, wandte sich Marcus, nachdem er sie noch einige Herzschläge sie betrachtet hatte, ab um zwischen den Menschen wieder zu den Soldaten zurück zu kehren. Mit einer Geste deutete er Salambo ihm zu folgen und war sich sicher, die aufmerksame Sklavin würde das sicherlich schon merken. Erst als er zwischen die Menschen getaucht war, vorbei an den großen Kisten kam, sah er kurz zu der Kakao-farbenen Salambo.


    „Salambo! Ist Leontia auch hier oder ist ihr gar etwas passiert?“

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!