Cubiculum | Decius Germanicus Corvus

  • Was wollte er denn jetzt mit Wein? Wie sollte ich denn damit messen? War wohl doch noch nicht ganz wach, der arme Kerl.
    "Wein? Nein, ich will... oh... "
    Nun war der Sesterz doch noch gefallen. Bei einem unschuldigen Wesen aus der Stadt dauerte so etwas eben immer länger, als bei dieser sündigen Brut vom Lande. Ich entschied mich trotzdem fürs rot anlaufen.
    "Bei allen Göttern, Corvus, es kommt doch nicht auf die Größe, sondern die Technik an... äh... sagt man zumindest... also... nicht, dass ich da Vergleichsmöglichkeiten hätte... und... bei den Stecken muss ich natürlich schon die Größe wissen... die Körper... also... vom Fuß bis zum Kopf... äh... "

  • “Pah, wenn es auf die téchne ankäme...“ – er benutzte die griechische Form des Begriffs – “...dann wären die alten, verschrumpelten Philosophen des Museions die begehrtesten Männer ganz Alexandrias. Alles Quatsch! Das erzählt man nur grünen Jungelchen mit bemitleidenswerter Ausstattung um sie nicht zu entmutigen. Es ist der Umfang der zählt!“


    Wo hatte er denn jetzt diese Weisheit aufgeschnappt?


    “Ich sag' doch, sechs pes... also fast zumindest.“


    Jetzt sprach er aber doch wohl wieder von seiner Körpergröße, oder? Alles andere wäre ja... also... nein!
    So ganz genau schien er aber nicht im Bilde zu sein, worüber sie nun gerade redeten. Hatte er doch zu viel von seinem Schlaftrunk genossen, oder war er doch noch nicht so wach wie er vorzugeben versuchte?

  • „Soso.“, erwiderte ich auf seine Belehrung. „Warum kennst du dann diesen Satz? Jüngelchen mit bemitleidenswerter Ausstattung…
    Brummelnd und zugleich die Augen verdrehend legte ich den Kopf in den Nacken – die einzige Möglichkeit für mich, bis zu Corvus’ Kopf zu sehen.
    „Das sind keine sechs pes. Sechs pes wären ja… viel länger… größer… mehr eben. Außerdem, sechs pes wären ganz ungünstig. Ab fünfeinhalb hauen die doch die Barbarengebühr auf die Preise, weil kein anständiger Römer so riesig ist. Außer Hungi… aricus natürlich, aber der ist eine Ausnahme.“

  • “Vinicius Hungaricus ist ein Hüne. Er ist der größte Mann den ich je gesehen habe. Zu meiner Zeit gab es in der ganzen Prätorianergarde niemanden der ihn überragt hätte und selbst unter den Germanen habe ich nie einen Riesen wie ihn gefunden.“, antwortete Corvus, scheinbar noch immer beeindruckt von der Leibesgröße seines ehemals vorgesetzten Offiziers.
    Der hatte ihn, dass nur nebenbei bemerkt, damals mit Aelia bekannt gemacht.


    “Wirklich, für besonders lange Knüppel muss man extra zahlen? Das ist doch unverschämt! Wucher geradezu! Diese Leute aus Noricum sind wohl sehr geschäftstüchtig, wie?“

  • Ehrürchtig nickte ich. Hungi war wirklich enorm groß. Ob sich das auf andere Körperteile... ich verdrängte den Gedanken und grinste schelmisch.


    "Natürlich, denk doch, je größer die Leute sind, desto länger müssen auch die Stöcke sein und je länger die Stöcke sein müssen, desto mehr Material braucht man. Ist doch logisch. Dass die Leute aus Noricum sind dürfte damit nichts zu tun haben, das ist doch fast überall so. Wie gesagt, normalerweise sind ja nur Barbaren so groß, die können ruhig mehr zahlen. Hm... ich könnte in die Bestellung schreiben, dass die Stöcke für dich sind, vielleicht bekommen wir sie dann sogar umsonst? Wäre schließlich eine tolle Werbung: Noric Walking - Sogar der Praefectus Aegypti benutzt unsere Stöcke. Oder so.
    Du hast also keine Latte?"

  • Was ritt sein Weib die ganze Zeit auf dieser Latte herum? Corvus runzelte die Stirn.
    “Nein, wieso auch? Bin ich ein Agrimensor?“


    Auch beschlich ihn leiser Zweifel, ob er als Präfekt in Noricum einen Sonderpreis erwarten durfte.
    “Wer weiß, ob die dort überhaupt wissen wo Aegyptus liegt. Noricum, dass ist doch am Ende der Welt. Die leben da hinter den Wäldern, da sagen sich vulpes und lepus gute Nacht!“, mutmaßte er.

  • "Soweit ich weiß bist du irgendwas in der Verwaltung, nicht?", erwiderte ich grinsend, zeigte jedoch ob der fehlenden Latte Enttäuschung.
    "Fein, dann schreibe ich eben sechs pes... wird schon passen. Kürzer machen kann man das ja immer noch."


    Was Noricum anging konnte ich dann allerdings nur mit den Schultern zucken.
    "Ich dachte die rühmen sich, so kultiviert zu sein?"

  • Er ärgerte sich sehr darüber, dass sie ihn wie irgendeinen unwichtigen Schreiber hinstellte.
    “Es ist immer wieder erschreckend, mit welcher Ignoranz du meiner Aufgabe hier in Aegyptus gegenüber stehst.“, giftete er. “Und das die Leute in Noricum besonders kultiviert wären höre ich zum ersten Mal. Als nächstes willst du mir wohl erzählen, dass die größten Feinschmecker in Britannia leben und die Germanen fleißig, ordentlich und pünktlich sind, was?“
    Er schüttelte in einem Akt der Verzweiflung die Kopf.
    “Du hast wirklich keine Ahnung von dieser Welt!“

  • Ich kniff die Augen zusammen.
    "Vielleicht hast du vergessen, mein lieber Gemahl, dass ich weder einer deiner Scribae, noch einer deiner Soldaten bin. Mit denen kannst du vielleicht so reden, mit mir nicht."
    Ich baute mich vor ihm auf - wahrhaft kein imposanter Anblick, war er doch gut anderthalb Köpfe größer als ich selbst. Allein die Wut ließ mich in jenem Moment größer erscheinen.
    "Ich habe also keine Ahnung von dieser Welt, ja?"
    Auf die Zehenspitzen gestellt war ich zumindest mit seinem Kinn auf einer Höhe.
    "Komm hier runter und sag das nochmal!"

  • Knie oder Faust, das war hier die Frage. Innerlich bereits gar, fürchtete ich nur, es könnte bereits Rauch aus meinen Ohren qualmen.
    Es wurde die flache Hand.
    Man konnte es kaum eine Ohrfeige nennen. Mehr ein Tätscheln mit Geräusch...
    "Bauer.", konterte ich und verschränkte die Arme.

  • “Aua!“, rief er gekünstelt aus, grinste dabei aber vorwitzig.
    “Wenn schon, dann bitte Gutsbesitzer. Es sind immherin 400 Morgen gutes Land.“
    Dann umschloss er ihr zartes, kleines Gesicht mit seinen Händen und gab ihr einen Kuss.

  • "Bauer bleibt Bauer. Egal wie viel Land er hat.", stellte ich nüchtern fest, kam jedoch nicht umhin mitzugrinsen.
    "Aber gut, da wir das nun geklärt haben-", ich entwand mich seinen Händen und trippelte hüftschwingend zur Tür. "-möchte ich dir natürlich nicht länger deinen wohlverdienten Schlaf rauben. Ich weiß ja, wie anstrengend dein Tag ist."
    Ou, das hatte Überwindung gekostet. Nichtsdestotrotz wandte ich mich um und lächelte wie die verständnisvolle, perfekte Ehefrau, die ich nicht war. 8)

  • Sie ließ einen Corvus zurück, der seine Enttäuschung nur schwer verbergen konnte. Leise seufzend griff er sich seinen Becher und trank den letzten Rest Wein. Dann kroch er wieder in sein Bett.
    Aber um die Nachtruhe war es geschehen und er lag noch sehr lange wach...

  • Ich wandelte, wie so oft, auf dem schmalen Grad zwischen "Schatz, könnte ich X/Y/Z haben?" und "Du gibst mir jetzt gefälligst!". Dieser Pfad führte mich zum Cubiculum meines Gatten, einen Brief sowie eine Einladung in Händen.
    Wie immer klopfte ich und wie immer wartete nicht auf ein "Herein" - eine Art Kontrolle, schließlich würden sich eventuelle Iunierinnen so nicht mehr rechtzeitig verstecken können, bis ich hereingebeten wurde 8) Manchmal fand ich mich unheimlich schlau :]
    "Oh, Decius?", säuselte ich, was meinen Gatten vermutlich schon misstrauisch stimmen würde. "Bester aller Ehemänner, hättest du ein Sekündchen für deine dich liebende Frau?"
    Ou, jetzt musste ich aber aufpassen, dass ich nicht noch dicker auftrug, sonst musste ich das ja jedesmal so machen.

  • Sein Glück, sonst wäre die schnurrende Ehefrau wohl zur Furie geworden. Doch so blieb ich wie ich war, kam mit großen Augen und unschuldigem Lächeln näher.
    "Ach, das ist aber schön. Ich weiß ja, dass du immer sehr beschäftigt bist."
    So weit das Vorgeplänkel, nun hieß es Attacke. Ruhmvoll siegen oder schmachvoll untergehen.
    Mein Lächeln wuchs in die Breite, wollte das Opfer in Sicherheit wiegen, während sich das brave Frauchen (also mal ausnahmsweise ich selbst) vöööööllig ohne Hintergedanken an den Germanikuss schmiegte, die Arme um ihn legte und ihn wahrlich herzerweichend ansah.
    "Wir haben eine Einladung zu einer Hochzeit in Rom. Keine Angst, ich weiß, wir können nicht hin. Macht auch nichts aus, jede Schifffahrt, die ich nicht ertragen muss ist eine gute Schifffahrt."
    In Wahrheit ärgerte ich mich natürlich maßlos, dass jene Hochzeit in meinem geliebten Rom stattfand und ich nicht dabei sein konnte. Allerdings überwog die Angst vor dem Meer.
    "Aber da ich die Braut recht gut kenne und es zwei Patrizier sind, die heiraten, sollten wir ihnen auf jeden Fall ein Geschenk schicken. Ein prachtvolles Geschenk."
    Ich wollte nicht ganz mit der Tür ins Haus fallen, also wartete ich erst einmal seine Reaktion ab.

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