[Domus] Zwei Rote im Gespräch

  • Sogar ein bisschen vor dem Termin, den er angepeilt hatte, erreichte Macer das Haus der Factio Russata und wartete dort wie vereinbart auf den Mann, der sich als Mitglied für die Russata vorstellen wollte. Einer von Macers Klienten hatte ihn darüber informiert und Macer war neugierig, wer sich ihm nun vorstellen würde.

  • Nachdem man ihn informiert hatte, eilte er zum Sitz der Factio. Einem Senator Roms begegnete man nicht bloß in eine Tunika gekleidet und so hatte sich Caius noch eine Toga anlegen lassen. Er erschien zur vereinbarten Zeit vor der Domus. Er klopfte an und trat ein, als ihm ein mittlerweile bekanntes Gesicht die Türe geöffnet hatte. Nachdem er zum Princeps Factionis geleitet wurde, stellte sich Caius vor.


    >Salve, Senator Purgitius. Ich bin Caius Tiberius Valens. Ich freue mich, dass du dir Zeit nimmst, mich zu empfangen.<

  • "Salve Tiberius Valens, es freut mich, dich kennen zu lernen." Der Mann machte auf Macer einen ordentlichen ersten Eindruck und Macer passend dazu eine einladende Geste in Richtung Speiseliegen. "Du warst ja schonmal hier, trotzdem nochmal ein herzliches Willkommen im Haus der Factio Russata. Man sagte mir, du bist erst seit wenigen Tagen in Rom?"

  • Gerne folgte Caius der Einladung und legte sich bequem hin.


    >Ich bin erst vor kurzem in Rom angekommen, das stimmt. Natürlich ist es nicht mein erster Aufenthalt hier, wenngleich der letzte zugegeben etwas länger zurückliegt.<

  • "Dann nehme ich einmal an, du hast schon einige von unseren Rennen gesehen?" fragte Macer weiter, während Speisen auf den Tisch gestellt wurden. "Oder wie bist du sonst auf die Roten gekommen? Wir gehören ja nicht zu den ganz großen Factiones, manchmal werden wir da ganz gerne übersehen."

  • Caius lächelte, während er nach ein paar Oliven griff, die er zusammen mit dem frischen weichen Brot aß und es sich schmecken ließ. All zu hungrig war er nicht, aber einen kleinen Happen zwischendurch gönnte sich der Patrizier allemal.


    >Ja, einige Rennen habe ich verfolgen können. Ich erinnere mich gerne an diese Tage. Ob die Russata aber nun zu den ganz großen Factiones gehört, ist zwar nicht nebensächlich, aber auch nicht das entscheidende. Für mich ausschlaggebend war das, wofür sie steht.<

  • "Das hört man gerne", erwiderte Macer. "Viele Anhänger suchen sich die Factiones erst einmal nach Erfolg aus. Oder Verwandtschaft, falls sie Familienmitglieder irgendwo haben. Aber ich finde auch, dass man vor allem zu einer Factio und ihrer Art passen muss, wenn man ihr besonders nahe sein will."


    Er griff ebenfalls zu. "Für was steht denn die Russata deiner Meinung nach?"

  • >Sich seine Factio nach Erfolg auszusuchen, halte ich für kurzsichtig. Heute mag die eine Factio Erfolg haben, morgen ist ihr Fahrer verunglückt, in welchem Sinne des Wortes auch immer, und eine andere gewinnt.<


    Es war schwer, es in Worte zu fassen, wenn man beschreiben wollte, für was die Russata stand. Insofern befand Caius die Frage durchaus für nicht ganz einfach. Denn wollte man sich nicht in pathetischen, großspurigen Phrasen verlieren, die überaus übertrieben und vielleicht gar sinnlos wären, musste man den anderen, lakonischen Stil bei der Antwort wählen. Einen Mittelweg zu finden war überaus schwierig.


    Um etwas Zeit zu schinden, während er seine Antwort überlegte, griff Caius nach ein-zwei grünen Trauben, die er dann einzeln aß. Dann blickte er zum Senator.


    >Gute Frage. So wie ich die Dinge sehe, steht die Russata für das Militär. Mögen die anderen Factiones Stadtteile Roms oder was auch immer repräsentieren, die Russata sehe ich als Vertreterin des Soldaten, und alles, wofür er steht, auf der Rennbahn. Nun bin ich kein Soldat, aber immerhin der Sohn von einem. Und verdammt stolz drauf. Und ich denke, die Russata passt am besten zu mir.<


    Ob aber Caius zur Russata passte, lag natürlich nicht in seiner Entscheidung. Im Block der Anhänger der Russata zu sitzen, die Jubelschreie zu hören, für einen Moment seinen Stand vergessen und sich gar selbst zu einigen hinreißen lassen, mitzufeiern, mitzufiebern, die rotbemalten Wagen unten auf der Bahn rasen zu sehen... das hatte etwas.

  • "Zumindest die Kinder auf den Straßen sehen das anders," warf Macer noch schmunzelnd ein, "und sind meistens Anhänger der besten Factio. Sie wollen eben Siege sehen. Aber du hast schon Recht, irgendwann muss man sich mal entscheiden und auch bei Niederlagen standhaft und treu bleiben."


    Eine Einschätzung, die durchaus eine Menge Militärisches hatte, so dass Macer bei der weiteren Antwort zustimmen nickte. "Ja, viele unserer aktiven Mitglieder sind ehemalige Soldaten oder Offiziere. Ich weiß selber gar nicht genau, wo das her kommt, aber es ist eben so. Vielleicht liegt es am Stier, der im Wappen der Russata zu finden ist und das Tier des Kriegsgottes ist, ebenso wie unsere rote Farbe." Vielleicht sollte er das als Princeps Factionis einmal genauer ergründen, dachte er sich, aber für den Hausgebrauch reichte diese Erklärung wohl. "Auf jeden Fall bist du als Sohn eines Soldaten genau richtig bei uns. Kennst du dich zufällig gut mit Pferden, Wägen, Fremdsprachen oder irgendetwas anderem nützlichen aus?"

  • Caius nickte und sprach die nächsten Worte auf Griechisch.


    >Selbstverständlich bin ich der griechischen Sprache mächtig. Und mit Pferden kenne ich mich bestens aus. Welcher vornehme Mann, der etwas auf sich hält, tut das nicht?<


    Die letzte Frage hatte Caius nicht mit einem Unterton der Prahlerei gestellt, vielmehr mit einem, der anmuten ließ, dass er es für eine Selbstverständlichkeit hielt, dass es sich für ihn als 'vornehmen Mann' gehörte, sich mit Pferden auszukennen. Er wechselte wieder zu Latein.


    >Die eine oder andere Phrase der Sprachen der Britannier habe ich während meines Aufenthalts in dieser Provinz ebenfalls aufgeschnappt.<


    Vielleicht war ja der ein oder andere Lenker aus Bitannien dabei, der zufällig den gleichen Dialekt sprach.

  • "Das Pferd des vornehmen Mannes ist nicht das Pferd der Rennbahn", antwortete Macer ebenfalls in Griechisch. Für solche einfachen Sätze reichte es noch aus dem Stand. Ansonsten war sein Griechisch eher ungeübt und Lesen klappte besser als Sprechen. Deshalb wechselt er dann auch wieder auf Latein. "Wenn ich sehe, was unsere Stallknechte und auch die Fahrer mit den Pferden machen, dann scheinen das zumindest zum Teil schon andere Geschöpfe zu sein, als was man für die Freizeit im Stall hat. Aber das kannst du ja vielleicht auch von den Soldaten und ihren Pferden. Zumindest kam es mir dort ähnlich vor."


    Einen britannischen Fahrer hatte die Russata nicht in ihrem Aufgebot. "Britannisch ist derzeit weniger gefragt. Wir haben im Moment einen römischen, einen germanischen, einen thrakischen und einen nordafrikanischen Fahrer. Und Rennen in Britannia sind auch eher selten. Aber man kann ja nie wissen."

  • "So ist es", bestätigte Macer und nahm einen Schluck Wein. "Du darfst dich ab sofort als Mitglied der Factio Russata betrachten. Ich denke, wir werden in Kürze eine Gelegenheit finden, dich einem größeren Mitgliederkreis vorzustellen. Einige hast du ja wohl schon bei deinem ersten Besuch in unserem Factiohaus kennengelernt." Der möglicherweise durchaus feierliche Moment einer Aufnahme in die Factio war damit vergleichweise nüchtern abgehandelt.


    "Hast du vor, dir unsere Stallungen anzusehen?"

  • >Natürlich. Ein paar Worte mit den Lenkern zu wechseln, sofern dies zu diesem Zeitpunkt möglich ist, dürfte auch nicht schaden, meine ich.<


    Zwar hatte es keine große Aufnahmezeremonie gegeben, aber mit derartigem hatte Caius auch nicht gerechnet. Von nun an war er 'dabei'. Von nun an war er mehr, als bloß ein mitfiebernder Anhänger auf den Tribünen.

  • "Zwei unserer Fahrer sind derzeit in Aegyptus und werden dort auch noch einige zeit bleiben, weil dort gleich zwei Rennen stattfinden", erläuterte Macer die derzeitgen Möglichkeiten zu Treffen mit den Fahrern. "Bei den beiden anderen wollte ich selber auch mal wieder beim Training zuschauen. Wie es derzeit aussieht, finden zu den Ludi Romani keine großen Wagenrennen statt, deshalb läuft im Moment alles recht locker ab." Was nicht heißen musste, dass es weniger straff organisiert war. Aber ohne den Druck, auf einen bestimmten Punkt hin alle Pferde und die Fahrer fit zu haben, war es trotzdem alles etwas entspannter.

  • Dass Rennen in Ägypten stattfinden würden, und das recht bald, war ihm natürlich nicht bekannt. Woher auch. Caius merkte, dass er es in letzter Zeit geradezu sträflich vernachlässigt hatte, sich aus der Acta Diurna zu informieren. Er hoffte natürlich, dass die Roten eine ordentliche Vorstellung abgeben und einen Sieg einfahren würden.


    >Wer sind die Fahrer, die in Ägypten teilnehmen? Und... wie stehen unsere Chancen?<


    Hoffentlich hatte diese Frage jetzt nicht allzu pessimistisch geklungen. Caius stand auf, in der Annahme, Macer würde ihm bei seiner Besichtigung der Stallungen Gesellschaft leisten. Schließlich gab es noch die eine oder andere Frage, die er an den Princeps Factionis richten wollte.

  • "Didius Metellus und Halil Torkebal, unser Neuzugang aus Nordafrica", erklärte Macer. "Es sollte ein Rennen für Jungfahrer sein, das von einem bekannten Kaufmann organisiert wurde. Nunja, ein Rennen, an dem Didius Metellus teilnimmt kann nicht mehr für nur ganz junge Fahrer sein. Es dürften einige Gespanne dabei sein, die unseren das Leben schwer machen. Für Halil geht es sowieso nur darum, Erfahrung zu sammeln. Er wird später noch bei einem weiteren Rennen starten."


    Leicht irritiert blickte er dann, als sich das neue Mitglied erhob. "Du willst schon gehen? Oder nahmst du an, dass wir sofort zu den Stallungen gehen?"

  • So absolvierte also der neueste Wagenlenker sein ersttes Rennen unter dem Banner der Russata. Caius war gespannt, welche Neuigkeiten aus Ägypten in den nächsten Tagen oder Wochen kommen mochten und wie sich der nordaufrkanische Fahrer angestellt haben würde. Viel erwarten konnte man nicht, wenn es in erster Linie darum ging, dass der 'Jüngling' etwas Erfahrung sammeln sollte, aber wie er und Macer und Caius selbst eben gesagt hatten, konnte man nie wissen, was die Zukunft bringt.


    >Ich nahm in der Tat an, dass wir die Stallungen sofort besichtigen würden. Nicht dass es eilt... ich muss dich wohl falsch verstanden haben<


    Caius griff nach einem Becher und leerte diesen in einem Zug. Zu gehen hatte er in der Tat nicht vorgehabt, war er doch erst vor kurzem angekommen. Hier in der Domus der Russata zu sein, mit weiteren Angehörigen der Factio, Gleichgesinnten sozusagen, war etwas, an das er sich gewöhnen konnte.


    >Ach übrigens... finanziert sich die Factio einzig durch Rennen oder gibt es weitere Geschäfte, die abgewickelt werden?<


    Dass kaum eine Gladiatorenschule alleine von der Vermietung ihrer Kämpfer an die Editores lebte, war allgemein bekannt. Viele Schulen hatten große Besitztümer, Ländereien und waren in allerlei Geschäfte verwickelt. Wie das bei den Factiones war, wusste Caius nicht zusagen und war neugierig, woher die Russata ihre Mittel bezog...

  • Macer zögerte einen Moment, da sich Tiberius Valens nicht wieder hinsetzte, nachdem er das Missverständnis aufgeklärt hatte. Dann schuf er einfach Tatsachen, indem er den eben geleerten Becher eigenhändig wieder auffüllte. "Dann nimm' wieder Platz."


    Das Gespräch ging auch gleich weiter und Macer musste Schmunzeln. "Durch die Rennen finanzieren? Es ist wohl eher andersherum, die Rennen finanzieren sich durch die Factiones. Die Kosten für die Reise von zwei Fahrern mit Wägen und Pferden und Betreuern nach Aegyptus kann wohl kaum ein Ausrichter über Startgelder oder Preisgelder decken. Zumal ja auch der letzte diese Kosten hat und ganz sicher kein Preisgeld bekommt." Da die Factio Russata nicht zu jenen Factiones gehörte, die immer mit dem Siegeranteil rechnen durfe, war diese Überlegung umso wichtiger. "Nein, wir finanzieren uns durch das, was die Factio unseren Mitgliedern wert ist. Gemeinschaftlich finanzierten oder bewirtschafteten Besitz haben wir nicht, von diesem Haus und den Pferden und Wägen natürlich abgesehen. Die Stallungen befinden sich auf dem Grundstück eines unserer Mitglieder, ein wenig östlich der Stadt."

  • >Verstehe<


    Mehr konnte Caius in diesem Moment dazu nicht sagen. Er fragte sich, was ihm die Factio derzeit wohl wert war. Viel Geld hatte er derzeit nicht, was die Notwendigkeit einer profitablen Beschäftigung erneut verdeutlichte. Er überlegte kurz, ob es nicht Sinn machen würde, seine Ländereien zu veräußern, um zu etwas Geld zu kommen, verwarf diesen dummen Gedanken aber schnell wieder, da es kaum mehr, als eine Verzweiflungstat sein würde.


    Als er hörte, dass die Stallungen auf einem Grundstück ausserhalb der Stadt lagen, musste er schmunzeln, da ihm einfiel, dass er eben noch eine Besichtigung vornehmen wollte. Da es ohnehin schon spät am Abend war, wäre er nicht weit gekommen.

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