Der Vorraum mit den Schreibern

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    Deutlich weniger komfortabel als das Arbeitszimmer des Epistratos, dennoch repräsentativ, ist die der Bereich vor der Stege des Bibliothekars. In dem großen Raum arbeiten an ihren Schreibpulten zahlreiche Sklaven des Museions, die Demosioi, im Dienste des Bibliothekars.


    Auch Sitzgelegenheiten für all jene, die zum Epistratos vorgelassen werden wollen, sind hier zu finden. Ein Fenster geht hinaus auf einen großen Platz vor dem Museion. Von hier aus führt ein Weg zum Tor des Museion: Die Pforte zur Stadt Alexandria und die Grenze zwischen dem hektischen Treiben der Stadt und dem idyllischen und beschaulichen Leben der Gelehrten.


    An zwei Wänden des Vorraumes sind deckenhohe Regale mit Armaria und Schriftrollen gefüllt. Mehrere Leitern stehen an das hohe Mobiliar gelehnt, auf denen immer wieder einer der Sklaven herum turnt, um eine Schriftrolle oder eine Armaria, eine Art Schreibtafel, die immer mehr in Gebrauch kommt, herunter zu holen. Jeder der Sklaven hier hofft eines Tages die Freiheit zu erlangen und womöglich noch eine große Zukunft im Museion zu erlangen, die ihn bis an die Spitze zum Amt des Bibliothekars führen kann.

  • Nikolaos betrat den Vorraum. "Chaire", begrüßte er höflich den erstbesten Schreiber, der ihm entgegenkam. "Mein Name ist Nikolaos Archaos, auch bekannt als Nikophileaus Graecus. Ich bin hier, weil ich um Aufnahme als Schüler in dieser ehrenwerten und berühmten Einrichtung bitte wollte. Theodoros Alexandrinos, der Bibliothekar der Schola Atheniensis in Rom, hatte mir empfohlen, mich hier zu melden. Könnte ich zum Epistratos vorgelassen werden mit meinem Ersuchen?"

  • Schon früh am Tag hatte sich die Hitze drückend über das Museion gelegt. Selbst in dem großen Bau war es nur unwesentlich weniger heiß als auf dem großen Vorplatz oder in der Stadt. Einige Besucher warteten auf den Sitzgelegenheiten: Ein älterer Mann fächelte sich mit einem Teil vom Palmenblatt etwas frische Luft zu, ein dürrer junger Man saß neben ihm und dreht immer wieder nervös und fahrig eine Papyrusrolle zwischen seinen Fingern, eine junge Frau und ein Mann in griechischer, vornehmer Kleidung standen neben einem Fenster und sahen auf den Platz hinab. Unbeeindruckt von den Wartenden gingen die drei Sklaven, die heute hier ihre Arbeit verrichtete, ihren Angelegenheiten nach.


    So auch Hermaios, ein junger Mann, der bereits seit vier Jahren für das Museion arbeitete und gerade mit einer Armaria in der Hand von einer Leiter herab stieg und von Nikolaos angesprochen wurde. „Chaire!“, grüßte Hermaios und trat an das Schreibpult neben einem großen Fenster. Seine Hand tastete nach einer Tafel.


    „Du möchtest Schüler werden und hast eine Empfehlung von einem Gelehrten namens Theodoros Alexandrinos?“, echote der junge Mann und sah zu einem älteren Schreiber hinüber. „Xerxes? Kennst Du einen Theodoros Alexandrinos in Rom? Sagt der Dir was?“


    Der ältere Mann hob den Blick und fuhr sich durch seine kurzen, ausgedünnten weißen Haare. „Hmm...hm...Theodoros...davon gibt es einige von den jüdischen Gelehrten. Alexandrinos auch...! War der hier eventuell mal angestellt?“ Der junge Mann sah wieder zu Nikolaos. „Hat der Mann, der Dich empfohlen hat, hier mal gearbeitet?“, wiederholte er. „Und hast Du das Empfehlungsschreiben hier?“ Von der Tür, die zur Stege des Epistratos führte klangen dumpfe Geräusche bis in den Vorraum und die dunkle und erhitzte Stimme eines Griechen.





    DEMOSIOS - MUSEION

  • "Soweit ich es seinen Worten entnehmen konnte, war er einst am Museion beschäftigt. Leider habe ich kein Empfehlungsschreiben von ihm. Jedoch wollte Theodoros, sobald es seine Geschäfte in Rom zulassen, nach Alexandria reisen. In Rom ist er Bibliothekar der Schola Atheniensis und scheint auch ansonsten reges Interesse an Büchern zu haben. Wenn du möchtest, kann ich ihn in einem Brief um ein Empfehlungsschreiben bitten, wir könnten allerdings auch auf seine Ankunft warten.", antwortete Nikolaos höflich.

  • Hermaios musterte Nikolaos vom Scheitel bis zur griechischen Sohle und wog den Kopf hin und her. „Kein Empfehlungsschreiben? Na, macht nichts. Du hast sicherlich eine andere Empfehlung.“ Seine Mundwinkel zuckten und der andere Schreiber kommentierte das mit einem gackernden Kichern. „Aber wenn Du den Epistratos sprechen willst, brauchst Du Geduld und Zeit, denn wie Du siehst, sind noch einige Andere hier, die zu ihm wollen.“ Hermaios deutete auf die vier Wartenden. „Setz Dich ruhig schon, ich sage Dir Bescheid, wenn Du an der Reihe bist.“


    Die Stimme aus der Stege des Bibliothekars wurde lauter und drang nun auch verständlich bis zum Vorraum. „Ich beruhige mich ganz gewiss nicht, Tychios. Und wenn ich schreien will, dann tue ich das auch...“ Die Stimme dämpfte sich einen Augenblick, doch dann ertönte ein lautes: „Ich sehe schon, womit Du Dich den ganzen Tag beschäftigst, statt Dich um das Museion zu kümmern. Pah, Du bist der schlechteste Epistratos, den ich je erlebt habe und das sind immerhin mehr als ein halbes Dutzend in den letzten dreißig Jahren. Die klauen wie die Raben und Du lässt es sogar zu, Tychios. Jaja, mit den...“ Die Worte waren wieder schwerlich zu verstehen, doch dann folgte ein heftiges. „Ach, fahre doch zum Hades, Tychios. Du wirst das noch bitter bereuen. Das schwöre ich Dir..... Ha, das ich nicht lache, Du kannst mich gar nicht raus werfen......oh, wir werden schon sehen, wer hier den längeren Arm hat, Tychios.“


    Die Tür zur Stege wurde aufgerissen und ein Mann mit beige-weißer Gelehrtenrobe und zerzausten weißen Haaren stürzte nach draußen. Sein Gesicht war hochrot und er stürmte durch den Vorraum. Heftig prallte er dabei gegen Nikolaos. „Tölpel!“, herrschte der Mann Nikolaos an, spuckte dabei Geifer und Feuer und starrte wie ein wild Gewordener den jungen Nikolaos an. „Aus dem Weg mit Dir.“

  • Auf die Worte des Schreibers hin setzte sich Nikolaos und stellte sich auf eine lange Wartzeit ein. Offenbar ging es gerade in der Stege des Epistratos hoch her. Die Streitenden wurden so laut, dass es auch durch die dicke Wand zm Vorraum zu hören war. Plötzlich kam ein Mann aus der Tür gestürzt, für dessen Alter erstaunlich schnell. "Oh, ich bitte um Verzeihung.", sagte Nikolaos höflich, als er fast umgerannt wurde, ging zur Seite, um dem alten Gelehrten Platz zu machen und ließ sich sein Befremden nicht anmerken. "Ich werde in Zukunft aufmerksamer sein."

  • Verdattert über Nikolaos Antwort, öffnete der Gelehrte seinen Mund, schloss ihn wieder und blinzelte verdutzt. Aber scheinbar hatte Nikolaos ihm durchaus den Wind aus den Segeln genommen. Mürrisch, aber nicht mehr derart unbeherrscht brummelte er: „Ja, dann ist ja gut.“ Mit verkniffener Miene marschierte der Gelehrte von dannen. Hermeios schüttelte resignierend den Kopf und meinte nur: „Immer dasselbe mit dem Alten!“ An der Tür zur Stege erschien ein anderer Mann, der in einer langen elfenbeinfarbenen Robe gekleidet war, die mit zahlreichen Goldbestickungen verziert war. An seiner Hand trug er einen großen, goldprotzigen Siegelring. Sein Blick schweifte über die Besucher, streifte dabei auch kurz Nikolaos, dann winkte er den Schreiber Hermeios heran, gab ihm leise einige Anweisungen und verschwand wieder in seiner Stege. Hermeios grinste breit und wandte sich zu Nikolaos um. „Du kannst eintreten. Der Epistratos erwartet Dich.“ Beide Sklaven tauschten bedeutungsvolle Blicke aus und Hermeios trat an sein Pult zurück. Die anderen vier Wartende reagierten gemischt. Der ältere Mann sah Nikolaos empört an, der junge Mann schien erleichtert zu sein und das Paar war scheinbar ganz unbeeindruckt davon. Doch die Tür zur Stege stand für Nikolaos offen...





    DEMOSIOS - MUSEION

  • Ich hatte mir einen der Tipps des Wirtes zu Herzen genommen und hatte mich auf den Weg gemacht zum Museion. Nachdem ich eine Weile etwas verloren durch das Gebäude geirrt war, hatte ich endlich den Ort gefunden, den zu suchen man mir empfohlen hatte.
    Vorsichtig betrat ich den Raum und war schon ein Wenig beeindruckt über die Geschäftigkeit, die hier herrschte. Ich näherte mich vorsichtig einem der Schreiber und hoffte, dass mein Griechisch ausreichen würde.


    Chaire. Verzeihung, ich bin auf der Suche nach einer Anstellung und man gab mir die Empfehlung, dass ich es hier versuchen solle.

  • ...an dem Ort, wo die Suche niemals enden wird- zumindest diejenige nach Weisheit und Erkenntnis nicht. Hermaios schien jedoch am Ende 'seiner' Suche zu sein, denn just als Urgulania den Vorraum betrat, hellten sich die Gesichtszüge des jungen Mannes auf und er sah der Frau entgegen, sein Mund klappte herunter, er vergaß das Atmen und schaute sie verdattert an. Aus den Augenwinkeln bemerkte Hermaios die Bewegung des älteren Sklaven Xerxes, der sich der Suchenden zuwenden wollte und stolperte hastig nach vorne, direkt vor ihre Füße. Sogleich wurde er für seinen Eifer belohnt. Was für ein entzückender Akzent, befand Hermaios sofort und sah ihr verträumt in die Augen. „Ch..Cha...Chaire, Holde. Eine...!“ Hermaios vestummte. Denn er hatte sich so sehr auf ihre Stimme, ihren Akzent und ihr Strahlen konzentriert, dass ihm das Anliegen entgangen ist. „Ähm!“, murmelte er und wurde knallrot im Gesicht. „Sie will eine Anstellung, Junge. Mann, Mann. Das müssen die Säfte sein, jaja, bei der Jugend immer in Disharmonie.“ Kopfschüttelnd kritzelte Xerxes weiter auf einem Stück Tafel herum, was den Raum mit einem lauten Quietschen füllte. Hermaios kratzte sich verlegen an der Wange. „Ja...“, meinte er kleinlaut. „Eine Anstellung? Seid ihr eine Gelehrte oder schwebt Euch etwas anderes vor?“





  • Ein leichtes Schmunzeln konnte ich beim besten Willen nicht unterdrücken, als ich die Reaktion der hiesigen Sklaven sah. Vor allem dieses eine junge Exemplar war äusserst... amüsant. Wäre er nicht sicherlich jung genug gewesen um mein Kind zu sein, hätte ich sicherlich der Versuchung verfallen können, einmal doch einen Sklaven auszuprobieren. Doch leider war er zu jung, oder ich zu alt. Ich lächelte trotzdem und antwortete brav auf die Frage.
    Nein nein, ich bin definitiv keine Gelehrte. Ich bin lediglich eine nicht mehr ganz junge Frau, die ihre wenigen Fähigkeiten zum Wohle aller einsetzen möchte.
    Das es mir eigentlich hauptsächlich um meinen Geldbeutel ging war an dieser Stelle sicherlich besser erstmal zu verheimlichen.
    Da ich nur wenige Talente besitze, kann ich mich auch nur auf wenige Arten zum Wohle aller einsetzen. Eines meiner Talente ist sicherlich eine gewisse Neugier und Gelehrsamkeit, daher hoffte ich hier etwas zu finden, bei dem ich eben dies einsezten kann.

  • Ergeben hing Hermaios an den Lippen der schönen Frau vor sich- freilich nur metaphorisch gesehen, wenn man es jedoch an seiner 'Stirn' schon ablesen konnte, dass er es gerne auch tatkräftig tun würde. Doch so nickte er völlig hin und weg, schüttelte dann jedoch energisch den Kopf. Mit einer wegwerfenden Geste meinte er: „Hah, schöne Frau, ihr könnt nicht älter als zwanzig Lenze sein. Einen Griechen braucht ihr nicht zu täuschen in dieser Hinsicht. Uns liegt das Erbe Zeus im Blute.“ Er grinste breit und schüttelte abermals energisch den Kopf. “Wenig Talente? Das kann ich mir nicht vorstellen. Schon die Wahl Eurer Worte vermag dies zu negieren und zu leugnen.“ Hermaios schürzte die Lippen und sah Urgulania einen Augenblick lang ratlos an. „Schick sie einfach zum Epistates, Junge.“, raunte Xerxes von hinten und ließ dabei seinen Stylus sinken. „Ja...“, hauchte Hermaios, starrte Urgulania jedoch nur an. Erst ein heftiges Räuspern von Xerxes ließ ihn aufschrecken. „Verzeiht!“, murmelte Hermaios abermals dabei errötend.


    Schnell wandte er sich um und verschwand durch die Tür zum Arbeitszimmer des Bibliothekars. Xerxes sah nur kurz zu Urgulania, dann widmete er sich wieder seiner Arbeit. Einen Moment später kam schon der junge Sklave wieder hinaus. „Der Bibliothekar hat für Euch Zeit, werte Dame. Folgt mir doch bitte.“ Eilends hielt er Urgulania die Tür offen. Leise raunte er ihr noch zu: „Und seid nicht abgeschreckt, werte Dame, der Bibliothekar ist Frauen gegenüber...nun, sagen wir etwas eigen. Und nicht immer höflich. Aber zu vielen Männern eigentlich auch nicht...nun, ihr werdet wohl selbst sehen...“, fügte er zerknirscht an. Dann trat er in den nächsten Raum hinein.



  • Ich lächelte, als der junge Grieche mich mit Komplimenten überhäufte. Schon lange hatte ich soetwas nicht mehr erlebt. Zumindest nicht von Männern, die dabei nicht irgendwelche schweinischen Hintergedanken hegten. Dass diese mein bisheriges Leben finanziert hatten, verschönerte diese Tatsache nicht sonderlich. Ich lächelte und nickte, als der Jüngling mir die grossartigen Tipps zum Umgang mit dem Bibliothekar gab und folgte ihm bereitwillig zu dessen Raum.

  • Nach langer Zeit in der Fremde betritt Theodorus das Gebäude, das er einst verlassen hatte, wie er eigentlich eine Pilgerreise antreten wollte, die ihn bekannterweise bis nach Rom führte. Sogleich macht er sich auf dem Weg zum Epistates, um seine Rückkehr anzumelden.


    In der Vorhalle meldet er sich beim Scriba, einer farblosen Gestalt, an die er sich beim besten Willen nicht erinnern kann.


    "Chaire. Ich bin Theodoros, Philologos an der Schola Atheniensis und würde gerne den Epistates sprechen..."

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Obwohl Xerxes doch bereits mehr als drei Dekaden am Museion arbeitete, fast jeden Gelehrten, jeden Schüler kannte, der seine Füße in den Vorraum des Bibliothekars gesetzt hatte (wer auch immer auf dem Stuhl zu der Zeit saß), so schien es eine seltsame Natürlichkeit zu sein, dass ihn keiner oder wenige von jenen, die zum Epistates vorgelassen wurden, überhaupt wieder erkannten. Doch er erkannte den Mann vor sich augenblicklich und seine Augenbrauen zuckten rasant nach oben. Ein leises Grummeln entfleuchte seiner Kehle. „Aiaiai! Chaire, Theodoros Alexandreus.“ Xerxes kratzte sich kurz an seinem dünnen weißen Bart. „Philologos? Mir schien, ihr wurdet als verschollen gemeldet und aus den Listen der Gelehrten heraus genommen. Der Epistates fackelt nicht lange mit solchen Maßnahmen, wie ihr sicherlich wisst. Wollt ihr erneut eingestellt werden oder wollt ihr nur nachträglich euren Abschied einreichen?“





  • Ich kam aus dem Arbeitszimmer des Bibliothekars heraus in den Vorraum, wo ich bereits zuvor mit zweien der Sklaven konfrontiert worden war. Da ich mich nicht erinnern konnte, ob mir einer von ihnen seinen Namen nannte und ob es sich bei diesen beiden um die vom Bibliothekar benannten handelte. Also hiess es für mich nachfragen.
    Da der ältere der beiden gerade in ein Gespräch vertieft war, wandte ich mich an einen der anderen.

    Verzeihung, aber ich soll mich an Hermeios oder Xerxes wenden. Kannst du mir sagen, wo ich einen von den beiden finde?

  • Ein schlaksiger Mann, mit ungesunder grauer Farbe und einer prominenten Hackennase im Gesicht, starrte Urgulania ohne Verstehen an. Seine Augen, von Tränensäcke untermalt, wirkten glasig und dümmlich. „Hm?“, murmelte er. In seinen Händen hielt er viele und noch mehr Schriftrollen. „Ich bin Hermaios!“, hastig trat der junge Mann, der Urgulania bereits so liebenswürdig, womöglich gar schon aufdringlich, in das Zimmer des Bibliothekars geführt hatte, von der Seite an die rothaarige Frau heran. Er strahlte über das ganze Gesicht und sah Urgulania voller Ehrfurcht und Bewunderung an. „Xerxes hat keine Zeit!“, meinte er und deutet vage in Richtung von Xerxes, dem alten Schreiber, und Theodoros. „Und? Hat der Bibliothekar Euch angestellt?“, fragte Hermaios und sah Urgulania aufs höchste gespannt und voller Erwartung an. Dabei winkte er den Mann weg, den Urgulania die Frage gestellt hatte. Dieser schlurfte langsam davon.





  • Na da hatte ich ja wirklich Glück, dass es sich bei den beiden Gesuchten um jene handelte, die ich bereits kennengelernt hatte. Dieser andere Sklave machte mir jedoch Sorgen, er schien hier irgendwie Fehl am Platz so dümmlich wie er wirkte. Doch das sollte jetzt nicht meine Sorge sein. Ich widmete mich lieber dem jungen Hermaios.
    Ja, er hat mir eine Anstellung gegeben. sagte ich.
    Ich bin mit sofortiger Wirkung in der Funktion eines Grammateus hier beschäftigt. Du sollst mich hier einweisen, mir das Museion und auch die Wohnräume der Angestellten zeigen.

  • Theodorus wird sichtlich erbost über den überaus ungebührlichen Ton des Sklaven, gleichzeitig aber steigt die Verunsicherung seinen Rücken hinauf, weshalb nicht ganz klar wird, ob er aus Wut oder Panik schreit:
    "So eine... Was erlaubst du dir eigentlich? Ja, natürlich Philologos, für dich vor allem!" Am Liebsten würde er den vorlauten Kerl gleich eine überziehen. Ein Bäcker bleibt doch auch so lange Bäcker, wie er Brote backt, egal ob er in Alexandria, Rom, Syrakus oder sonstwo wohnt.


    "Und aus der Gelehrtenliste rausgenommen? Was ist denn das für ein Unsinn! Wird jetzt jeder hier aus der Liste gestrichen, wenn er sich mal auf Studienfahrt begibt? So eine saudumme Idee, auf die ist sicher ein Römer gekommen!"
    Er holt genauer aus: "Also, versteh ich das richtig: Ich melde mich mal ab für eine Reise nach Palaestina, bin ein Jahr lang unterwegs, schreib andauernd Briefe ans Museion, halte Korrespondenzen mit den Philologen hier, schicke euch aus allen möglichen Winkeln der Oikumene Schriften und Bücher, kurz, verhalte mich nach allen Regeln, nach denen diese Institution seit Jahrhunderten funktioniert und muss mir jetzt anhören lassen, dass ich als Dank aus irgendeiner Liste rausgestrichen werde?
    Schau lieber, dass du mich so schnell wie möglichst zum Epistates vorlässt, bevor ich dich grün und blau schlagen lasse!"


    Und insgeheim flackert ihn wieder einer seiner Leitgedanken auf, ob es nicht klüger wäre, anstatt von Sklaven bezahlte Arbeiter zu nehmen, die im Gegensatz zu den Ersteren auf ihr Gehalt angewiesen waren. Das würde die Welt um einiges einfacher und vor allem höflicher machen.

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  • Prompt wurden die Augen von Xerxes glasig, er sah halb an Theodoros vorbei und ließ die Schimpftirade über sich ergehen als ob die Tropfen von einem lauen Sommerregen über ihn hinweg glitten. Es war nicht das erste Mal, dass er derart beschimpft wurde und es würde auch nicht das letzte Mal sein. Denn im Grunde hatte Xerxes in den letzten drei Dekaden schon sehr viel cholerischere Gelehrte erlebt und durchaus einiges an Prügel bezogen, einer hatte ihm sogar eine Öllampe, brennend freilich, gegen den Rücken geworfen. Einige Narben davon trug Xerxes immer noch. Doch mit all der Zeit hatte er dadurch auch eine vollkommene Gelassenheit und Gleichgültigkeit erworben. Seine Finger knoteten sich vor seinem unscheinbaren Gewand zusammen und er ließ den Gelehrten weiter sprechen, nickte ab und an, schüttelte den Kopf (egal ob es passte oder nicht).


    Schließlich zuckte seine Nase und er erhob die Stimme, wenn er auch keine Oktave höher ging oder die Lautstärke veränderte. „Werter Theodoros! Womöglich möchtest Du Deine Erwiderung vor dem Epistates wiederholen. Denn leider, und zu meinem Bedauern, ist er auf die Idee gekommen, Dich zu streichen. Und als 'saudummer Römer' beschimpft zu werden ist immer eine große Freude für ihn, wie Du Dich vielleicht erinnerst.“ Xerxes konnte sich nur mit Mühe ein spöttisches Grinsen verkneifen. Denn in einem schienen Theodoros und der Epistates sich mindestens einig zu sein: Die schlechte Meinung über die Römer.


    Gerade wollte sich Xerxes umdrehen, um zu der Tür zu gehen, damit der Epistates von der Ankunft erfuhr, doch schon im selben Augenblick öffnete sich bereits die Tür zu dem Arbeitsraum und Tychios trat in den Türrahmen. Eine steile Falte stand zwischen dessen weiße Augenbrauen. „Was hat dieses Geschrei zu bedeuten?“, herrschte Tychios den alten Sklaven an, der ein angedeutetes Katzbuckeln vor dem Epistates vollführte und gleich meinte: „Herr, Theodoros Alexandreus ist zurück gekehrt.“ Kühle Augen, die des Epistates, durchdrangen Theodoros. Schließlich nickte er. „Er darf herein kommen.“, sagte der Bibliothekar knapp zu Xerxes und verschwand wieder in seinem Arbeitszimmer. Xerxes drehte sich um und deutete für Theodoros einladend auf die offene Tür.

  • Nur kurz war Hermaios von dem Geschrei in seinem Rücken irritiert, warf dem Gelehrten einen schnellen Blick zu, doch die Neuigkeit, die ihm Urgulania verkündete, bannte den jungen Mann sehr viel mehr. Ein erfreutes Glitzern trat in seine braunen Augen und er strahlte noch mehr. „Das ist wunderbar, großartig. Meinen Glückwunsch, edle Dame. Aber selbst der Bibliothekar konnte nicht derart blind sein, eine so begnadete Frau, und nur so erscheint ihr mir, nicht sofort einzustellen.“ Hermaios wippte einen Augenblick auf seinen Fußballen auf und ab, sah noch mal zu dem Gepolter und zuckte dann mit der Schulter. Er hatte eindeutig das bessere Los gezogen als Xerxes. „Womit möchtet ihr denn anfangen? Zuerst die Arbeit oder doch mehr die neue Unterkunft? Oder vielleicht möchtet ihr zuerst den Rest des Museion sehen?“





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