[Grundausbildung] Probatus Manius Prudentius Scaurus

  • Eines leicht bewölkten, aber noch immer relativ warmen August-Tages kam der Centurio Petronius gefolgt von seinem Optio auf der Exerzierplatz an, wo er sofort loslegte.


    "Probati venite!" (Rekruten angetreten!)


    Einige Frühaufsteher waren sehr schnell da, andere konnte man erst am Tor sehen. Der Centurio in seiner Militärtunika aber wartete seelenruhig, ohne auch nur ein Wort zu verlieren.

  • Relativ rasch und dank der tatkräftigen Hilfe meiner Kameraden hatte ich herausbekommen, wie die Ausrüstung anzulegen war. So kam ich zusammen mit einem Trupp Probati auf den Exerzierplatz und nahm an einer geeigneten Stelle in der Formation Stellung. Schließlich nahm auch ich stramm Haltung an und harrte der Dinge, die noch kommen sollten.

  • Wieder einmal war es Zeit für die gewohnte Ansprache zu Beginn einer jeden Ausbildung.


    "Einen wunderschönen guten Morgen, Probati,


    ich bin Centurio Marcus Petronius Crispus, für euch genügt Centurio Petronius. Und das hier ist mein Stellvertreter, Optio Servius Artorius Reatinus. Wir sind hier, um Männer aus euch zu machen.


    Viele von euch denken vielleicht, die Ausbildung schafft man mit Links und kann jeden Abend in der Taberna feiern. Sie irren!
    Manche von euch werden vielleicht leichter damit zurecht kommen als andere, aber ihr alle werdet einen harten Weg haben!
    Ihr werdet mich hassen. Aber damit kann ich leben. Würdet ihr mich nicht hassen, würde ich euch schlecht ausbilden. Eines Tages werdet ihr mir dankbar sein, wenn ihr stärker, schneller und besser als eure Feinde seid.


    So, genug der langen Rede. Wir beginnen mit der Formalausbildung:
    Es gibt einige Dinge, die ein Legionär beherrschen muss: Den Gleichschritt, das Strammstehen, das Grüßen. Und natürlich das In-der-Linie-stehen!
    Wir beginnen mit dem Strammstehen: Dazu stellt ihr eure Füße nebeneinander, legt die Arme an die Seite an. Ansonsten steht ihr natürlich aufrecht. Bauch rein, Brust raus!"


    Er nahm etwas Abstand, dann kam der entsprechende Befehl.


    "In aciem venite!" (In Linie angetreten!)


    "State!" (Stillgestanden!)

  • Als der Centurio seine Ansprache hielt, wuchs die Anspannung in mir immer mehr. Eine Mischung aus Nervosität, Furcht und Vorfreude auf das, was uns erwartete. Als die Kommandos kamen, die ich bisher noch nicht gehörte hatte, schaute ich mich nach meinen Kameraden um. Diese formierten sich zu einer langen Linie. Also tat ich es ihnen gleich und nahm meinen Platz in der Reihe an. Schließlich wurde wieder stramm gestanden.

  • Offensichtlich war der Centurio mit dem Ergebnis in höchstem Maße unzufrieden, denn...


    "Zeit, euer Gesichtsfeld zu begradigen - durch Sport!"


    Er trat hinter den Trupp, dann scheuchte er sie los.


    "Pergite cursim!" (Im Laufschritt Marsch!)


    Crispus selbst eilte hinter den Probati her und trieb sie mit Stockschlägen und anfeuernden Rufen zur Höchstleistung. Nachdem sie den 400 x 450 m großen Exerzierplatz überquert hatten, scheuchte er sie zurück zur Ausgangsposition und versuchte es erneut.


    "In aciem venite!"


    "State!"

  • Wieder musste ich nicht erst im Wörterbuch nachschlagen, um zu wissen, was der Centurio da schrie. Denn schon lief die ganze Reihe los. Auch ich rannte mit. Jetzt merkte ich, dass ich doch noch etwas tun musste für meine Kondition. Die hatte wohl in meiner italischen Zeit schwer gelitten. Erhitzt kam ich zusammen mit den anderen wieder am Anfangspunkt an. Wieder kamen Kommandos, die ich aber diesmal zuordnen konnte. Nachdem sich jeder am linken Nebenmann ausgerichtet hatte, stand die Reihe wieder stramm wie eine Eins.

  • Es wäre zu einfach gewesen, wenn der Centurio zufrieden gewesen wäre, denn sofort hagelte es Ärger.


    "Das ist doch keine Linie! Eine Runde um den Campus!"


    Wieder trieb er seine Probati über den staubigen Platz. Zwischen den antreibenden Rufen und den gelegentlichen Stockschlägen blickte Crispus zum Himmel - hoffentlich hielt das Wetter!


    Als sie wieder ankamen, ging es wieder weiter, wie es begonnen hatte.


    "In aciem venite! State!"

  • Irgendwie hatte ich sowas erwartet. Mit Zurufen wurden wir rund um den campus getrieben. Dabei hatte ich ausgiebig Gelegenheit, neben der Rückenansicht meines Vordermannes auch mal das Lager zu bewundern dass sich südlich vom Campus erstreckte. Keine schlechte Aussicht von hier. Doch viel Zeit für Träumereien hatte ich nicht, denn schon kamen wir wieder am Anfangspunkt an. Diesmal hieß es auf Akkuratheit achten. Deswegen dauerte es auch länger als beim vorigen Mal. Jeder schaute auf seinen linken Nebenmann und versuchte die Linie auch am äußersten linken Mann auszurichten. Irgendwann stand dann die Linie. Ich hoffte, dass es diesmal zur Zufriedenheit des Centurio geschehen war.

  • Diesmal schafften die Probati es besser, sodass der Centurio nicht mehr lauthals losschimpfte, sondern fortfuhr.


    "Das Grüßen ist die nächste Aufgabe. Es wird mit 'Salve, Rang, Gentilname' gegrüßt, also beispielsweise 'Salve, Tribun Octavius'. Das üben wir: Grüßt mich!"

  • Der Centurio erschrak ein wenig - einen so lauten Gruß hatte er wohl noch nie gehört - nicht einmal, wenn die gesamte Legion den Legaten grüßte. Doch dann sammelte er sich wieder.


    "Sehr gut. Bleibt das Marschieren. Dazu nehmen wir die Marschformation ein: die IV rechten treten hinter die IV Linken, weshalb diese ein Stück nach vorn treten! Ausführung!"

  • Noch mit etwas Unsicherheit sah sich jeder nach dem anderen um und erst einmal musste bestimmt werden, wer aus dem contubernium jetzt nach hinten und wer nach vorne musste. Nachdem das geklärt war, traten die vier rechten schnell hinter die linken, die zwei Schritte vorwärts gegangen waren. Danach richteten sich alle noch einmal nach Vordermann und linkem Seitenmann aus, wie sie es gelernt hatten und schon stand unsere Marschformation. Gespannt wartete ich ab, wie der Centurio reagierte. Da noch kein zuwiderlaufender Befehl gekommen war, standen die scuti jeweils links neben jedem Mann, eng an der Hüfte und die pila wurden aufrecht rechts abgestellt. So sah ich vor mir und neben mir nur einen Wald aus pilae. Und das bei nur vier Vorder- und drei Seitenmännern. 8)

  • Der Centurio wartete ab. Diese Truppe setzte offensichtlich auf Diskussion statt Konfusion. Keine schlechte Sache, aber es dauerte eben etwas länger. Als es endlich soweit war, bemerkte der Centurio


    "Das geht zu langsam - viiiel zu langsam! Nochmal!"


    Er trat vor die Truppe.


    "Probati in aciem venite!"


    "In agmen venite!"

  • Wie erwartet hatte es zu lange gedauert. Ein leichtes Murren ging durch die Reihen, aber dann fasste man neuen Mut und versuchte es schneller zu machen. Nachdem man wieder eine Reihe gebildet hatte, kam das Kommando zum Bilden der Marschformation. Nun musste nicht mehr diskutiert werden, wer nach hinten ging und wer vorne blieb. Schnell trat die linke Reihe zwei Schritte nach vorn und die rechte kam im Laufschritt dahinter. Mit der bisherigen Übung schafften wir es auch schneller, die Reihen auszurichten. Schnell nahmen wir Haltung an und es wurde still um uns. Vielleicht die Ruhe vor dem Sturm...? 8)

  • "Na also - wir beginnen mit Links!"


    erklärte er, nachdem es dieses Mal besser funktioniert hatte.


    "Pergite aequatis passibus!" (Im Gleichschritt Marsch!)


    Zur Unterstützung sagte er außerdem den linken Fuß mit


    "Laevum - laevum - laevum - laevum..."


    So führte er sie über den Campus...

  • Wieder folgte eine neue Lektion. Gleich musste man mit dem linken Fuß beginnen, was mich gleich ins Straucheln brachte. Mit verbissenem Blick auf die Füße meines Nebenmannes versuchte ich nicht aus dem Takt zu kommen. Aber immer wieder strauchelte ich. Plötzlich hörte ich hinter mir aus der zweiten Reihe ein leies Flüstern.


    Hey, im Kopf mitzählen. Das hilft!


    Also tat ich es. Im Kopf zählte ich immer wieder mit.


    Laevum, laevum, laevum.


    Und so langsam wurde es passabler. Ich fiel nicht mehr so aus dem Takt und bald war der Block einigermaßen homogen, wenn auch hie und da noch kleine Schrittfehler vorkamen.

  • In der nächsten Runde klappte es bereits besser und ich musste nur noch ab und zu auf die Füße meines Nebenmannes schauen. Ab und zu musste der eine oder andere ein wenig langsamer treten, um nicht aus dem Glied zu fallen. Doch alles in allem fand ich unseren Schritt jetzt gleichmäßiger. Schon trat etwas anderes auf. Jetzt merkte ich zum ersten Mal das drückende Gewicht des scutum. Vorher hatte ich es immer nur kurz gehalten und sonst immer abgestellt. Immer wieder fasste ich nach. Zum Glück hatten wir uns bereits in einer freien Minute aus dickem Leder einen Handschutz gebastelt, sodass zumindest der Druck dort verringert wurde. Trotzdem begann in der schweren Rüstung und mit dem Gewicht am linken Arm langsam der Schweiß in Strömen zu laufen. Durch den Helm hörte ich mein eigenes Schnaufen noch lauter. Doch mit Willensanstrengung lief auch das. Auch an die caligae musste ich mich erst noch gewöhnen, aber das kam wohl mit der Zeit.

  • Nachdem die Truppe einige Zeit marschiert war, führte der Centurio seinen Trupp in Richtung Castellum. Direkt nach dem Tor bog er nach links ab und führte die Probati ins Intervallum.


    Inzwischen hatte er das Mitsprechen aufgehört und überließ es den Probati, den Takt selbstständig zu halten.


    Sim-Off:

    Kleine Übung: Beschreibe das Umrunden des Castellums innerhalb des Intervallums. Ruhig alles, was so an Sinneseindrücken auf die einschwirrt. Kleine Hilfe hier

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