In der Nähe des Heptastadions stehen die Getreidespeicher, ein riesiger Komplex direkt am Hafen, auf maximale Effizienz ausgerichtet: Durch einen der zahlreichen Kanäle, die Alexandria durchziehen, kommen die Getreideschiffe vom Nil an, von wo der Weizen gleich in die Lagerhallen gefüllt wird. Scribae des Präfekten und der Polis führen eifrig Protokoll und verteilen den Lohn an die Nilfahrer, Soldaten kontrollieren jeden einzelenen Sack und Arbeiter, vor allem Ägypter, schleppen die Säcke zu ihren Bestimmungsorten. Ein hektisches Treiben - allerdings nur während der Getreideernten.
Unter dem Jahr ist es hier weitgehend ruhig und die leeren und unbewachten Speicher dienen als Treffpunkt für allerlei Gesindel. Deshalb hat sich auch keiner weiter um die beiden verkohlten Ruinen gekümmert, die inmitten der Lagerhäuser stehen.
Inspektion der abgebrannten Getreidespeicher
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Ein bunter Haufen Männer, denen man erst auf den zweiten Blick ansah, dass sie Angehörige der Stadtwache waren, bewegten sich, dabei einer etwas abgestoßenen schwarzen Sänfte folgend, zu den Speichern. Vor den Ruinen der abgebrannten Speicher wurde die Sänfte abgesetzt. Der Strategos stieg aus. Sogleich war der Hauptmann der Stadtwache zur Stelle. "Wo ist der Eutheniarchos?", fragte Nikolaos. "Ist er schon hier?" Der Hauptmann zuckte mit den Schultern und bat sich an, sich nach dem Eutheniarchen umzusehen. Nikolaos begutachtete die Ruinen. Es waren sehr große Speicher gewesen. Plötzlich sah er eine Gestalt über die Trümmer laufen. Sofort verschwand sie wieder irgendwo in einem Eingang des benachbarten intakten Speichers. Nikolaos wartete.
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Etwas verspätet kommt Timokrates samt Hofstaat angehetzt. "Tut mir Leid die Verspätung, aber ich habe dich in deinen Amtsstuben erwartet. Habt ihr schon begonnen?..."
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"Chaire, Timokrates. Ich hoffe es war nicht unangenehm für dich, dass du umsonst zu meinen Amtsstuben gegangen bist.", begrüßte Nikolaos ihn freundlich und gar nicht ungeduldig. "Wir haben noch nicht begonnen, ich wollte damit auf dich warten. Aber wenn du erlaubst, kann ich sofort den Männern den Befehl geben, hier alles zu durchsuchen."
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"Ach, das ist doch kein Problem. So bin ich ein bisschen in den Genuss eines kleinen Stadtspaziergangs gekommen." Timokrates überblickt die verkohlten Ruinen der Speicher. "Ich glaube, da werden wir ziemlich was zu tun haben oder? Beginnen wir also mit der Arbeit..."
Ganz unprytanenmäßig macht sich Timokrates sofort daran, die erste Ruine zu betreten und deutet seinen Kollegen, ihn zu folgen... -
Nikolaos gab dem Hauptmann der Stadtwache einen Wink, worauf dieser ihm folgte. Nikolaos ging neben Timokrates durch die Ruine, während die Männer der Stadtwache ausschwärmten, um nach verdächtigen Gegenständen zu suchen. Ein erster Fund war schon getan, es handelte sich dabei um einen Blechnapf mit Speiseresten, offenbar gehörte er einem der Bewohner dieser Ruine.
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Während die Jungs von der Stadtwache die Ruine nach allen möglichen verdächtigen Gegenständen durchkämmen und interessante Dinge wie Löffel, zersplitterte Tongefäße oder verlorengegangene Kleinstmünzen zu Tage befördern - Timokrates hat keine Ahnung von der Sinnhaftigkeit bzw. Sinnlosigkeit des Unterfangens, aber Hauptsache es schaut so aus, als würde die Stadtwache was tun - misst Timokrates mit seinen Leuten die Größe der Speicher aus und versucht, das abgebrannte Gebäude zu rekonstruieren.
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Nikolaos beaufsichtigte die Bemühungen der Stadtwache. Leider schienen sie nicht von besonderem Erfolg gekrönt zu sein. Was sollte man auch in diesem Schutthaufen noch finden, was darauf hindeuten könnte, wie der Brand entstanden war? Nikolaos winkte einen Diener herbei und wies diesen an, einen zusammenfaltbaren Stuhl herbeizuholen, der hinten an der Sänfte hing, sowie Papyrus, ein Schreibbrett, Federn und Tinte. Rasch kehrte der Diener mit den verlangten Dingen zurück. Nikolaos setzte sich und begann, eine Karte vom Gelände zu zeichnen. Dann rief er den Mann, der noch Hauptmann der Stadtwache war, es aber wahrscheinlich nicht mehr lange bleiben würde, was er natürlich nicht ahnte, und befahl ihm, alle Funde in den Plan einzutragen. Nikolaos begann, einen zweiten Plan zu zeichnen, hier würde er nach Abschluss der Durchsuchung alle Funde eintragen, die er für wichtig hielt. Die Arbeiten nahmen viel Zeit in Anspruch. Zwischendurch ließ sich Nikolaos Wein und einen sehr kleinen Brocken Opium bringen. Er war nervös und wollte diese Nervosität damit unterdrücken. Alllerdings musste er andererseits einen klaren Kopf bewahren. Er trank und kaute und zeichnete. Seine Hände hatten von der Tinte schon schwarze Flecken bekommen. Er hätte diese Arbeit einem Schreiber überlassen sollen. Plötzlich kam der Hauptmann herbeigelaufen. "Schnell! wir haben etwas gefunden!", rief der Hauptmann aufgeregt. Bedächtig erhob sich Nikolaos, strich seinen Chiton glatt und folgte dem Hauptmann. Hinter den Resten einer Innenwand standen einige Stadtwache im Kreis um etwas. Als der Hauptmann und Nikolaos kamen, wichen sie sofort zurück. Der Hauptmann kniete nieder und zeigte auf einen Haufen, der auf den ersten Blick wie ein gewöhnlicher Haufen Asche aussah. Was auffällig war, war die Tatsache, dass dieser Haufen wie von Menschenhand aufgeschichtet aussah und nicht wie zufällig während des Brandes entstanden. "Habt ihr etwas daran verändert?", fragte Nikolaos. "Nein.", antwortete der Hauptmann. "Und die Bewohner der Ruine können es auch nicht gewesen sein. Dieser Haufen lag unter großen Trümmerteilen verborgen, die wir beiseite geschafft haben." Er deutete auf einen großen Haufen am Rande der Ruine. "Du solltest an diesem Staub riechen.", sagte der Hauptmann und hielt Nikolaos eine Fingerspitze davon unter die Nase. "Verbrannter Schwefel", sagte Nikolaos. "So ist es.", antwortete der Hauptmann. Nikolaos suchte nach dem Eutheniarchos. "Wurde in diesem Speicher je etwas anderes gelagert als Getreide?", fragte er.
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Timokrates überlegt kurz, dann meint er: "Nein, das ist ein typischer römischer Getreidespeicher, extra zu diesem Zweck angelegt. Vielleicht haben die Rhomäer etwas anderes dort drinnen zwischengelagert, aber das kann ich mir nicht vorstellen, denn es ist ja Weizen, der hier abgebrannt ist, nichts anderes."
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"Gut, das hätte ich mir schon fast gedacht, doch ich wollte noch einmal sichergehen.", sagte Nikolaos und wandte sich wieder dem seltsamen Haufen zu. Auf einmal wurde er von einem Mann der Stadtwache gerufen. "Komm her, Strategos, hier ist noch ein zweiter Haufen!" Nikolaos folgte dem Ruf. Der zweite Haufen lag in einem Bereich, der einmal ein anderer Raum gewesen war, als der Fundort des ersten Haufen. Auch hier war ein Geruch nach verbranntem Schwefel festzustellen. "Seltsam", murmelte Nikolaos und zeichnete die Haufen in seinen Plan ein.
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Beiläufig lauscht Timokrates den Gesprächen der Stadtwachen, während er die Ausmessungen überwacht. Noch einer? Das kann kein Zufall sein! Klingt interessant und natürlich mischt sich Timokrates gleich mal ein. Er geht zu den Haufen und schaut sich ihn genauer an. Selbst ein Blinder sieht, dass hier wohl Jemand absichtlich ein Feuer entzündet hat. Verstehend blickt er zu Nikophileaus. "Schaut nicht wie ein zufälliger Brand aus oder?"
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"In der Tat nicht.", stimmte ihm Nikolaos zu. "Weißt du, wann genau es hier gebrannt hat?", fragte er und blickte dazu kurz zu seinem Kollegen auf. Er hatte nun auch den zweiten Haufen säuberlich in seinem Plan eingezeichnet. "Ich werde auf jeden Fall die Männer der Stadtwache weiter suchen lassen." Dann wandte er sich an einen der Stadtwachen-Männer: "Bitte hole ein sauberes Gefäß, das man verschließen kann, und fülle etwas von dem verbrannten Pulver hinein. Ich möchte es jemanden unter die Nase halten, der eine bessere Nase hat als ich." Er wandte sich wieder nach Timokrates um. "Wer war vor dir für die Speicher verantwortlich?"
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"Wann der Brand genau war?" Timokrates versucht, sich zu erinnern. "Auf jedem Fall schon einige Monate her. Ein Wunder eigentlich, dass der Tatort noch so gut in Schuss ist." Oder eine Nachlässigkeit, aber das verschweigt Timokrates lieber. "Könnte also auch gut sein, dass diese Feuer nachträglich entzündet wurden. Leben ja allerhand Heimatlose hier, die sich eine Taube oder Ratte braten wollen..."
Was die Verantwortung für die Speicher angeht, zögert Timokrates kurz, dann meint er: "Naja, die Rhomäer..."
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"Glaubst du, dass Heimatlose ein Pulver zum Feuermachen verwenden, das vermutlich Schwefel enthält? Selbst wenn diese Menschen an Schwefel gelangen sollten, was unwahrscheinlich ist, denn auch Schwefel kostet Geld, würden sie es wohl kaum zum Braten verwenden. Eine Ratte schmeckt gewiss nicht gut, doch dass es bei einer geschwefelten Ratte besser um den Geschmack steht, wage ich zu bezweifeln. Hier liegen soviele halbverkohlte Holzbalken herum, damit könnten diese armen Menschen auch Feuer machen." Er sah Timokrates an. "Einige Monate ist es schon her. Da ist es in der Tat verwunderlich, dass die Haufen noch so ordentlich daliegen, zumal hier Menschen regelrecht zu wohnen scheinen. Was hälst du davon, dass ich die Stadtwache beauftrage, alle aufzugreifen, die hier hausen und sie dann befrage?" Auf die Antwort auf die Frage der Verantwortung zuckte Nikolaos mit den Schultern. "Weißt du, wer vor dem jetzigen Eparchos dieses Amt inne hatte?"
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"Was den alten Eparchen angeht, muss ich leider passen. Am Besten, du unterhältst dich mit Corvus darüber.
Die Leute, die sich hier herumtreiben zu befragen, dürfte sicherlich eine gute Idee sein. Zumindest könnten die was gesehen haben..."
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Sim-Off: Ich bitte um Verzeihung, ich habe deinen Beitrag übersehen.
"Das werde ich bei Gelegenheit tun.", pflichtete ihm Nikolaos bei. Dann wandte er sich an einen Mann der Stadtwache. "Bitte, suche mit deinen Männern alle, die hier zu hausen scheinen. Dann fragt sie, vorsichtig, wenn das kein Resultat bringt, eindringlich!, seit wann jeder einzelne von ihnen hier lebt. Sollten einige dabei sein, die hier schon vor dem Brand gelebt haben, bringe sie zu mir. Ich werde dann die Befragung persönlich vornehmen." Der Mann nickte und verschwandt.
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Timokrates wird das Herumstehen langsam zu blöd. Deshalb meint er zu Nikolaos: "Gut, ich hoffe, du und deine Männer kommen dann weiter alleine zurecht..."
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