Nun holperten die schweren Wagen schon seit Stunden über die Steine der Via Ostiensis. Zumidest kam es Hippocrates so vor. Wenigstens war es nur leicht Bewölkt und regnete nicht. Manch einer, der es nicht gewohnt war, konnte diesen Tag für ziemlich warm halten, doch Hippocrates mochte dieses warme Wetter. Er mochte eigentlich jedes Wetter, sofern er dafür gerüstet war. Er hatte alle diesbezüglichen Präferenzen aufgegeben, sofern er je welche gehabt hatte. Schließlich war er mit seinen Eltern allzu weit herumgekommen, um sich wegen des Wetters noch zu grämen. Er hatte alle gesehen und erlebt. Die Hitze Ägyptens und die Kälte der Berge Nordgriechenlands. Wochenlangen Regen und Schnee ebenso wie scheinbar ewige Hitze und Dürre.
Mit dem Sonnenaufgang war er heute morgen aufgestanden und hatte kurz darauf die Praxis seines Vaters übergeben. Nahezu mittellos hatte er dann nach Arbeit gesucht. Warum musste sein sich Vater auch so oft betrinken, bis er bertunken zu Tode stürzte? Und warum konnte er seinem Sohn nicht die dazu notwendige Ausbildung finanzieren, als er noch Geld dazu hatte, um ihm die Praxis übergeben zu können? Aber nein, da musste man die Geschäftsbücher eifersüchtiger hüten als alles andere, und sich statt zu arbeiten auf Pump Wein besorgen, bis man bei allen zwielichtigen Gestalten der Straße in der Kreide stand. Was hatte sich Hippocrates mit diesen Kerlen herumschlagen müssen um wenigstens noch seine Medizintasche zu behalten. Zum Glück konnte er die Praxis seines Vaters gewinnbringend zu Geld machen.
Aber er hatte auch unverschämtes Glück gehabt. Direkt in der ersten Villa in der er gefragt hatte, ob er Arbeit würde finden können, waren seine Dienste als Scriba gebraucht worden. Un zu allem Überfluss würde er bald nach Hispanien aufbrechen. Weg von Rom. Weg von diesem Moloch, den er zunächst bewundert, aber nach dem Tod seines Vaters von der hässlicheren Seite gesehen hatte. Weg von den zwielichtigen Gestalten der Straße, die ihm, trotz dass er seine Schulden - oder eher die seines Vaters - beglichen hatte, aus unerfindlichen Gründen ans Leder wollten.
Erleichtert sog Hippocrates die Landluft inn seine Lungen. Ein unbändiges Glücksgefühl bemächtigte sich seiner. So saß er einige Zeit mit verträumtem Gesicht neben dem Fahrer auf dem Kutschbock des ersten Wagens der kleinen Karavane.
Dann rief er sich in die Gegenwart zurück. Nachdem er zwei Briefe geschrieben und weitergeleitet hatte, musste er sich um die Übersiedlung seines Arbeitgebers nach Hispania kümmern. Hatte er an alles gedacht? Seine Instruktionen waren klar und deutlich gewesen und wenn sie befolgt worden waren und noch würden, so sollte der zweite Teil der Habe seines Arbeitsgebers morgen Vormittag in Ostia ankommen. Hatte er auch wirklich an alles gedacht? Noch konnte er einen Boten zurückschicken um etwas vergessenes zur Liste hinzuzufügen. Er ging die Liste nochmals durch und konnte sich des Gefühles nicht erwehren etwas Wichtiges vergessen zu haben. Aber es wollte ihm beim besten Willen nicht einfallen. Plötzlich erinnerte er sich ... Natürlich ... Diese Gefühl hatte er bei jedem Umzug seit er einmal sein Liebstes Spielzeug, ein Holzpferd vergessen hatte, gehabt, doch wenn er danach wirklich was vergessen hatte so waren es stets völlig nichtige Kleinigkeiten gewesen. Also schob er diese Gedanken beiseite.
Bald würden sie mit Ostia die erste Etappe der Reise erreichen. Er würde die Wagen abladen lassen und das dritte Viertel der Kosten begleichen und die Wagen entlassen. Morgen früh dann stand die Beladung des Schiffes und die Ankunft der zweiten Wageladung bevor. Vielleicht würde er ich während der Reise zur See etwas estspannen können. Froh in die Zukunft blickend meinte Hippocrates Das Stadttor Ostias zu erblicken.
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