Fremd in Alexandria

  • Ein sehr wichtiger Punkt auf der Tagesliste des Sergiers war eine geeignete Unterkunft für die Nacht zu finden. Würde er sich am ersten und vielleicht noch am zweiten Tag mit einem Zimmer zur Übernachtung anfreunden können, so braucht er spätestens danach eine Wohnung, besser natürlich wäre ein Haus, aber er glaubte nicht wirklich, dass er sich das so eben leisten kann. Und genau genommen ... was sollte er mit einem ganzen Haus? Da würde sowieso nur er und zwei Sklaven wohnen. Schließlich war niemand weiteres mitgekommen, er war sozusagen völlig frei. Also doch nur eine Wohnung, vielleicht ein extra Zimmer – man konnte ja nie wissen – und das war es dann auch. Nur ... woher nehmen und nicht stehlen?


    Diese Stadt war ihm völlig fremd, er kannte sich hier in keinster Weise aus und für ihn war heute allein das Aufsuchen der Regia ein wahres Abenteuer gefunden. Glücklicherweise konnte er sich bereits abgeschrittene Wege recht gut merken und war sich daher sicher, am nächsten Tag nicht ganz so lange zu brauchen. Von Plotina bekam er den Tipp, sich kein Wohnquartier in Rhakotis andrehen zu lassen. Er wusste zwar nicht, was das war und warum er dies meiden sollte, würde diesen Ratschlag aber beherzigen und sich davon fern halten. Also musste man einen seriösen Verkäufer oder besser gesagt Vermieter suchen.


    Verloren schaute Sergius Curio sich um. Er stand am Rande einer breiten Straße, die sich nicht in den Schatten von Roms Straßen stellen musste. Dazu war sie auch noch äußerst befahren und eine wahre Flut von Menschen drückten sich an ihm vorbei und gingen ihres Weges. Wie sollte man hier denn irgendetwas finden? In Rom kannte er sich zumindest aus und es hatte mehrere Monate gedauert, bis er sich nach seinem Griechenlandaufenthalt wenigstens teilweise wieder so gut auskannte, wie in seiner Kindheit. Wie könnte er hier nur überleben? -.^


    Stirnrunzelnd schaute er zu Syrrus, seinem Leibsklaven. Dieser schüttelte jedoch ebenfalls nur den Kopf, schien er doch ebenso aufgeschmissen zu sein, wie sein Herr.


    “Du hast nicht zufällig eine Ahnung, oder eine Idee, wo wir eine Unterkunft finden können, oder jemanden, der eine solche anbietet?“
    “Nein, Herr, ich war nie in Alexandria!“
    “Wer ist denn hier der Sklave? Du musst doch wissen, wie ein Laden aussieht, wo es Leute gibt, die sowas anbieten?“
    “Tut mir leid, Herr, nein...“
    “Wofür hab ich dich eigentlich gekauft?!“, fragte Curio rhetorisch.
    “.. viel.. vielleicht, wegen meinem tollen Körper?“


    -.^ Caius wird sich wohl noch einmal gründlich überlegen müssen, den da als Leibsklaven zu behalten. Aber wo sollte er noch hin? Der Sergier hob seine Arme in die Höhe und schrie einmal laut gegen die unglaubliche Geräuschkulisse an. Hier konnte er sich das erlauben, hier kannte ihn eigentlich eh niemand 8)



    Sim-Off:

    Will mir jemand helfen? :D

  • Sim-Off:

    Na gut ;)


    Natürlich bemerkt den schreienden Römer inmitten des städtischen Gewimmels keiner. In der Stadt läuft eine Menge Verrückter herum und selbst wenn es die nicht gäbe, würde immer noch eine Menge von Menschen herum laufen, die auf dem ersten Blick als Verrückte abgetan werden würde. Keiner konnte sich also sicher sein, was der Römer wollte.
    Aber wie es der Zufall so will, läuft Timokrates gerade gedankenverloren durch auf dem Weg von diesen wahrzunehmenden Termin zu jenem wahrzunehmenden Termin die selbe Straße entlang, und zwar direkt hinter dem Römer. Im Kopf rechnet er einige Dinge durch und kann sich gerade wirklich nicht darauf konzentrieren, dass der vor ihm gehende Mann plötzlich stehen bleibt und anfängt, zu schreien, vor allem, weil man den Schrei sowieso nicht hören konnte.


    Resultat: Timokrates läuft voll in den Römer hinein, schaut dann erst verdutzt auf und beginnt sogleich nach alexandrinischer Manier loszufluchen: "Mann, sag mal, hast du keine Augen im Kopf, du -"


    Er hält inne und bemerkt, dass er in einen Römer gelaufen ist und zwar nicht in jene Sorte, die eigentlich Griechen sind aber römisches Bürgerrecht erhalten haben, sondern jene, die aus dem Westen des Reiches zu kommen scheint. Verlegen grinst Timokrates.


    "Verzeihung, war nicht so gemeint!" und will sich schnell aus dem Staub machen, bevor der Mann die Bullen holt...

  • Alexandria ... in gewisser Weise hatte diese Stadt Ähnlichkeit mir Rom. Genauso hektisch, laut, dreckig ... eben ähnlich. Vor allem die Hektik war das Problem. An einem Ort, wo immer alles in Bewegung war, war es schon fast ein Todesurteil, entgegen der Masse einfach stehen zu bleiben und zu warten, beziehungsweise zu schreien. Er musste also damit rechnen, dass jemand in ihn reinrennen würde, war dies vielleicht geplant? Wer weiß ...


    “Bei Mars, verdammt!“, entgegnete der Römer dagegen, der schwerlich die Balance halten konnte, im letzten Moment aber von seinem Sklaven gehalten wurde. Interessiert musterte er den Fremdling, der sich anscheinend mit einer einfachen Entschuldigung aus dem Staub machen wollte. Wirklich einen Vorwurf machen konnte Caius im zwar nicht, aber dann einfach wieder von dannen zu ziehen ... nein, er brauchte Hilfe und hier war jemand, der vielleicht Ahnung hatte. So, wie er aussah, sprach und sich verhielt musste er sich hier auskennen!


    “Ah, kein Problem, das war meine Schuld.“, fügte er mit einem Lächeln hinzu, “Aber Du siehst aus, wie einer von hier?! Das nehme ich stark an. Hättest Du die Zeit, mir kurz zu helfen?"


    Der Mann sah zwar schwer beschäftigt aus, aber in Rom war dies genauso und viele von denen taten nur so, um entweder wichtig auszusehen, oder um einfach nur nicht angesprochen zu werden. Curio dagegen war jemand, dem dies relativ egal war und auch solche Leute anredete. War er vor geraumer Zeit schließlich selbst einer dieser Menschen, bis er auf den Straßen wirklich am rumrechnen und überlegen war. Vielleicht war dieser Kerl einer von der ersten Sorte :D

  • Helfen? Timokrates wird hellhörig und gibt seinen Plan, sich aus dem Staub zu machen auf. Mit einem übertrieben freundlichen Grinsen meint er:


    "Na klar kenne ich mich in der Stadt aus. Wenn ich mich vorstellen darf: Timokrates Kyrenaikos, Eutheniarchos und Archiprytanes der Polis Alexandreia." Elegant verbeugt er sich. "Womit kann ich denn dienen?"

  • Ah, er war also ein Mann dieser Sorte. Ein Versuch war es wert und entgegen seiner Vermutung, ein Quäntchen Glück zu haben, war er sogar bereit, dem Sergier zu helfen. Ein guter Start, vielleicht gab es noch mehrere solcher netten Persönlichkeiten in dieser Stadt und vielleicht waren sich Alexandria und Rom dann doch nicht so gleich.


    Bei Timokrates großer Vorstellung blieb Curio erst einmal geistig der Mund offen. Gut, mit diesen ganzen Titeln konnte er noch nicht wirklich viel etwas anfangen, aber das musste sein Gegenüber ja nicht wissen. Zumindest klang es wichtig und er selbst kam auch in die Bedrängnis, sich vorzustellen. Aus war es mit der Anonymität, jetzt wusste man, dass der verrückt herum schreiende in Alexandria einen Namen trug und er war dazu noch bekannt ... bei einem Bürger Alexandrias.


    “Salve. Caius Sergius Curio, Magister Officiorum dieser Provinz.“, entgegnete er. Mit römischen Ämternamen kannte er sich wesentlich besser aus.


    “Trotz allem kenne ich mich hier noch kein Stück aus! Ich suche eine Taverne und irgendetwas, wo ich ein, zwei Nächte übernachten kann .. oder wo man sich direkt eine Wohnung mieten kann...“, meinte der Römer, ohne groß eine Reaktion seines Gegenüber abzuwarten.

  • Natürlich ist Timokrates in Gegenwart eines Römers freundlich, genau wie ein Ägypter in Gegenwart eines Griechen freundlich ist. Dennoch kann man sich in Alexandria in der Regel sicher sein, dass der Freundliche, sobald sich der andere weggedreht hat, erst mal verächtlich auf den Boden spucken wird. Normalerweise würde ein alexandrinischer Bürger den Römer auch in die dunkelste Ecke der Stadt lotsen und sich heimlich darüber freuen, wie dieser in irgendeiner Seitengasse aufgeschlitzt und seines Hab und Gutes entledigt wird.


    Soviel zumindest zu Timokrates Weltbild, das seine Phantasie in dem Moment beherrscht. Timokrates Person hingegen ist anders gelagert: Es macht ihn keinen Spaß, einen Römer hinter seinen Rücken zu beleidigen. Viel mehr Spaß macht es ihm, den Römer mit seinen Titeln zu verwirren, eine Strategie, die volle Wirkung gezeigt hat. :] Außerdem kann es nie schaden, den Römer kennenzulernen, oft verbirgt sich was interessantes dahinter, in dem Fall der Magister Officiorum. 8) Zumindest beschließt Timokrates, den Römer erstmal zu glauben, dass er tatsächlich der Magister Officiorum ist.


    "Du arbeitest also am Hof des Eparchen?* Merkwürdig, hat er dich losgeschickt, dir eine Wohnung zu suchen? Kann ich mir irgendwie nicht vorstellen, denn vor ein paar Tagen habe ich mit ihm über die Aufteilung der Wohnviertel Alexandrias geredet und er hat gemeint, dass die hohen Angestellten in seinem Palast natürlich eine Behausung in der Basileia, im Königsviertel erhalten..."

  • Ha, Eparch, das kannte er und glücklicherweise wusste er sogar, was damit gemeint war. Nur waren diesmal alle darauf folgenden Wörter verblüffend. Anscheinend kannte er sich aus und anscheinend waren seine Titel wirklich wichtig, wenn er tatsächlich mit dem Präfekten über die Aufteilung der Wohnviertel sprach. Allerdings hat er das aushängende Edikt gelesen und voller Enttäuschung feststellen müsse, das zwar viele Ämter – maßgeblich die, welche den aktiven Ordo Equester voraussetzten – im Königsviertel leben durften, ein Magister Officiorum, in diesem Falle Sergius Curio, aber nicht. Wenn es aber darum geht, würde er sich von einem fremden Nichtrömer gerne eines besseren belehren lassen.


    “Er hat mich nicht losgeschickt, mir eine Wohnung zu suchen, allerdings hat er auch nichts erwähnt, was deinen Worten ähnlich ist. Ich las zudem das Edikt in der Regia, und ein Magister Officiorum hat laut diesem anscheinend nicht das Recht, in diesem Königsviertel zu leben.“

  • Timokrates denkt noch einmal nach, dann meint er: "Oh. Das ist natürlich schade für dich. Wenn du Geld hast, gäbe es aber immer noch die Möglichkeit, trotzdem dort einzuziehen. Wenn du aber keines hast, würde ich dir eine Wohnung im Broucheion raten. Das wäre dann die standesgemäße Adresse für dich."

  • Ja, die Möglichkeit gab es durchaus, aber 5000 Sesterze waren ein ganze Menge Geld und die war Curio dann doch nicht bereit, nur für seinen Wohnsitz auszugeben. Irgendwann vielleicht, wenn er einen höheren Stand, oder ein höheres Amt inne hat, würde er dort auch so wohnen dürfen. Wenigstens war es ein Ziel, was er anstreben konnte und Ziele waren immer wichtig für das Leben.


    “Broucheion ... ah ja und wie komme ich da hin?!“


    Er musste sich mindestens eine Woche Zeit nehmen, um die wichtigsten Ortschaften kennen zu lernen und zuornden zu können. Das war ja mehr als peinlich, gut, dass er das erste Mal in Alexandria war und dass das bisher der erste Tag war. Nun bekam er aber die gewünschte Hilfe und konnte trotzdem nicht viel damit anfangen – wer weiß, vielleicht war er sogar in Broucheion?

  • "Ganz einfach, du gehst die Straße hier lang, dann kommst du auf den Meson Pedion, den erkennst du weil er breiter und größer ist. Diesen folgst du eine Weile nach Osten bis zu zum Alexanderplatz gelangst, den man ebenfalls nicht verfehlen kann. Dort zweigt der Argeus-Boulevard in Richtung Hafen ab. Das Viertel, durch das dieser Boulevard geht, ist das Broucheion."


    Das Wegbeschreiben hat Timokrates sich von den Germanen abgekuckt. Diese waren zwar bekannt für ihre versteifte Wortkargheit und ihr Misstrauen gegenüber Fremden, aber sobald man sie nach dem Weg fragte, erhielt man freundliche und detaillierte Auskünfte. Vermutlich, weil die richtige Erklärung eines Weges am schnellsten dazu führte, den Fremden wieder loszuwerden...

  • Ein Glück, dass sich Curio Wegbeschreibungen relativ gut merken konnte, sonst wäre wohl wieder völlig aufgeschmissen gewesen und bei einer solchen Schmach wäre er wohl vollkommen im Boden versunken. Das Gedächtnis und das Gehör seines Sklaven konnte man nämlich komplett vergessen. In diesem Moment beschäftigte ihn die Vielfalt und Fremde Alexandrias nämlich viel mehr, wie die Sorgen seines Herrn.


    “Gut ... dort werde ich dann hoffentlich zügig eine geeignete Adresse finden, ich habe nämlich relativ wenig Lust, mich auch noch den ganzen restlichen Tag damit zu beschäftigen...“, äußerste der Römer voller Unmut.


    “Also diese Straße entlang...“, fragte er noch einmal und zeigte dabei in die Richtung, die Kyrenaikos wenige Momente vorher beschrieben hatte. “Dann werden wir uns doch einmal auf den Weg machen.“

  • "Ja genau, dort entlang." Er überlegt kurz. Eigentlich wäre es nicht ungeschickt, diesen Mann kennen zu lernen, wenn man sich schon einmal trifft. "Weißt du was: Vielleicht ist es am Besten, ich begleite dich einfach, ich war selbst auch auf dem Weg dorthin..."

  • Sim-Off:

    Ach verdammt, das hab ich ja total übersehen -.^


    Überraschung zeichnete sich auf Curios Gesicht. Er schon über die Hilfsbereitschaft des Fremden verwundert, aber das sprengte den erwarteten Rahmen nun wirklich. Ob er sich einen kleinen Vorteil erhoffte, wenn er den Magister Officiorum näher kennen lernen würde, oder der Sergier ihm eine kleine Gefälligkeit schuldig wäre? Vielleicht war er auch einfach nur an eine äußerst hilfsbereite Person geraten, wer wusste da schon.


    “So ... ein glücklicher Zufall ...“, ja wirklich! “Das wird die Chance, mich in den Tiefen von Alexandria zu verlaufen, doch erheblich senken.“


    Ein ironisches Grinsen huschte über Curios Lippen, ehe sie wieder dem ernsteren Gesichtsausdruck wichen. Leicht überfordert mit der gesamten Situation fuhr er sich durch die Haare und atmete ein merklich aus. Dann machte er zwei Schritte und wartete, ob der Eutheniarchos ihm folgen würde.

  • ... und der Eutheniarchos folgt ihm natürlich - schief grinsend ob Curios ironischem Kommentar. Schließlich hat das bisherige Zusammentreffen ja wohl eindeutig gezeigt, dass der Mann es durchaus fertig bringt, sich in Alexandria zu verlaufen. "Verlaufen ist hier gar nicht so einfach. Man hat eigentlich immer nur zwei Möglichkeiten: Straße Nord-Süd oder Straße Ost-West. Irgendwie kommt man dann immer an. Teuflische verwinkelte Gässchen und Ähnliches suchst du hier vergebens. Bist du das erste Mal im Osten?"

  • "Alexandria ist groß und mir fremd ... das reicht, um sich verlaufen zu können!", meinte der Sergier. Er verirrte sich auch ab und an noch in den Straßen und Gassen seiner Heimatstadt Rom, aber das war wieder ein anderes Thema.


    "Abgesehen von Griechenland habe ich noch nicht sehr viel Ausland gesehen, genau genommen gar nichts. Ich mag Reisen nicht besonders, vor allem alle Reisen, die über das Wasser verlaufen. Da wird mir immer ganz merkwürdig. Es war schon erstaunlich, dass ich gesund und munter das Schiff nach Alexandria verlassen habe. Ich habe sie gesehen, die Zeichen und Wunder!"


    Rom war ihm bisher deutlich lieber als jede andere Stadt gewesen und so hatte er auch niemals den Drang verspürt, andere Länder zu bereisen. In der Hauptstadt des Reiches hatte er alles, was er wollte, was er dagegen von Alexandria bislang nicht behaupten konnte.
    Recht gemütlich schlenderte Curio neben Timokrates her und musterte ihn ein weiteres mal.

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