• Pulcher Interesse bezüglich der Geschichte mit den Möwen hält sich so in bescheidenen Grenzen. Viel eher interessiert ihm, ob der Curator vielleicht mal kurz die Rolle des nicht vorhandenen Duumvirs übernehmen will.


    "Dann bleibt das Wetter heute also schön, das zu hören ist sehr erfreulich. Allerdings hätte ich doch noch eine geschäftliche Frage an dich. Denn wie ich dir bereits in dem Brief mitgeteilt habe, befindet sich in dieser Stadt außer mir Niemand, der es für wichtig erachtet, mir einen Aufgabenbereich zuzuteilen und dementsprechend weiß ich nicht, wo meine Kompetenzen liegen. Kannst du mir da vielleicht weiterhelfen?"

  • Als der Aelius die geschäftliche Frage erwähnte, seufzte der Senator so vor sich hin. Er hätte viel lieber die Meeresluft ein und aus geatmet, das wunderschöne Meer, die Schiffe und die jungen Mädels am Strand beobachtet als über die Verwaltung Ostia zu diskutieren. Doch Detritus drehte sich in Richtung Pulcher und befasste sich mit dem Thema.


    "Kein Duumvir?" Äußerst eigenartig, denn normalerweise musste einer vorhanden sein, was war da nur passiert? Der Octavier wusste darauf keine Antwort und wartete nun auf die des Aelius.

  • Pulcher bemerkt den Blick des Detritus und meint als guter Gastgeber sogleich einladend: "Sag mal, wollen wir uns für das Gespräch nicht nach draußen in den Garten begeben? Die Sonne und Meeresluft sind viel angenehmer als hier drinnen.


    Und was den Duumvir angeht," redet Pulcher auf dem Weg durch die Gänge des Anwesens weiter: "so gibt es natürlich einen, aber der Mann scheint seine Zeit nicht unbedingt mit arbeiten zu verbringen. Wie ich dir bereits schrieb, hat sich in der Stadt eine gewisse Lässigkeit breit gemacht. Zumindest habe ich den Duumvir noch nie in seinen Officium aufgefunden und seine Adresse ist ebenfalls nicht rauszufinden. Ich vermute fast, es handelt sich bei ihm um irgendeinen Händler, der sehr viel Geld gezahlt hat um das Amt zu bekommen, dieses aber nur als Prestigeobjekt ansieht und lieber irgendwo auf der faulen Haut liegt...


    Ja, solche Fälle von Amtsmissbrauch soll es viele in Italien geben und bei kleineren Orten sind sie auch zu verschmerzen. Aber nicht in so einer Stadt wie Ostia."

  • Als er noch duumvir war, war vieles anders, doch nun (wie der magistratus bereits erwähnt hatte) hatte sich eine gewisse Lässigkeit breit gemacht und er als Curator Rei Publicae musste sich wohl darum kümmern, denn der Magistrat von Ostia konnte sich da ja direkt an den Kaiser wenden und dies hätte dem Curator bestimmt geschadet. Detritus ging nun nach draußen in den Garten und wollte sich dort weiterhin mit dem Thema beschäftigen.


    "Ich verstehe und was erwartest du nun von mir?"

  • "... dass du mir als Oberster Vorgesetzter Vollmachten gibst. Ich hätte da nämlich zum Beispiel die Idee, damit so etwas nicht noch einmal passiert, eine Art Verfassung für Ostia zu verfassen, die die genauen Kompetenzen aller Amtsträger regelt, um ein Chaos wie jetzt für die Zukunft zu vermeiden..."

  • Zumindest wusste mal einer wer das Sagen in Italia hatte und nicht wie dieser neuer aquilex, der direkt zum Curator Aquarum der Stadt Rom gegangen war, um ihn um Erlaubnis zu fragen irgendwelche Arbeiten zu beginnen.

    "Es sei dir gestattet eine Verfassung für die Hafenstadt Ostia zu verfassen, doch bevor sie in Kraft tretet möchte ich sie natürlich lesen und wenn nötig einige Verbesserungen vornehmen."

  • Freundlich nickt Pulcher. "Ich danke dir, Octavius Detritus. Und natürlich werde ich dir meine Vorlage zur Absegnung und Verbesserung nach Rom schicken, sobald ich sie verfasst habe."


    Nachdem so das Geschäftliche erledigt wurde, kann man endlich zu diversen Freizeitbeschäftigungen übergehen.

  • Pulcher weiß nicht ganz genau wie er auf die Antwort des Detritus reagieren soll aber lässt sich lieber nichts anmerken sondern lacht nur, etwas gezwungen, auf: "Sei dir gewiss, in meinem Hause wird es dir an nichts fehlen!" Schließlich weiß Pulcher ganz gut, Familienvermögen möglichst effektiv zu verprassen. 8)

  • "Das hört man gern, denn wir patres conscripti verdienen auch nicht so viel wie manche behaupten und das wo wir ja den ganzen Tag dem Imperium und dem Kaiser dienen. Wir verdienen es viel mehr zu verdienen als wir eh schon verdienen, aber solche Gedanken darf man ja selten laut aussprechen und das nur in Anwesenheit von Freunden." ;)8)

  • "Aber natürlich...", meint Pulcher, der eine gewisse Meinung von Senatoren hat, "... der Dienst am römischen Volk ist sicherlich mit vielen Opfern verbunden, ein leerer Magen sollte jedoch sicher nicht dazu gehören. Und das ein oder andere "andere" Vergnügen nebenher sollte auch drinnen sein, nicht wahr? Ich habe für den Abend ein paar Tänzerinnen bestellen lassen, die während des Ochsenessens noch für ein wenig Unterhaltung sorgen, wenn du nichts dagegen hast..."

  • "Ich was dagegen? Oh nein, hin und wieder braucht mein Auge auch was zum angucken und es gibt doch nichts Schöneres als leicht bekleidete Frauen beim Tanzen zuzusehen." Er konnte es kaum erwarten die Tänzerinnen zu erblicken und vielleicht mit der ein oder anderen zu flirten.


    "Ist sonst noch jemand eingeladen?"

  • "Öhm, natürlich sind noch andere Leute zu Gaste, hauptsächlich wichtige Mitglieder der örtlichen Handelsvereinigungen und der ein oder andere Curiale, mit dem ich so befreundet bin." erklärt Pulcher. Dass sich aber niemand Wichtiges aus Roma blicken lassen wird, erübrigt sich, deshalb erwähnt es Pulcher nicht. In der hohen Gesellschaft der Hauptstadt kennt der Aelier noch Niemanden und sein Bruder lässt ihn schmächlich in Stich... :(

  • "Ich verstehe."


    Während er nun auf dieses Essen und die Tänzerinnen wartete, gönnte er sich einen weiteren Schluck Wein und hielt dem Becher einem Sklaven vor, der ihn nun füllen sollte, denn als Senator wollte er einen Sklaven bestimmt nicht darum bitten.

  • Etwas verstimmt schreibt Pulcher einen neuen Brief an den Architectus Italiae.


    Ad Decimus Artorius Corvinus


    Magistratus Ostiae Pub. Aelius Pulcher Architecto D. Artorio Corvino S.D.


    Vor numehr einen Monat, genau gesagt, am ID OCT DCCCLVII A.U.C. (15.10.2007/104 n.Chr.), sichertest du mir zu, möglichst bald nach Ostia zu kommen und dich den Belangen der Stadt Ostia bezüglich des neuen Merkurtempels zu widmen. Nachdem das bis heute immer noch nicht geschehen ist, frage ich dich hiermit, ob zeitliche Gründe dich von deiner Arbeit abhalten oder ob es opportuner wäre, sich nach einem anderen fähigen Archtiectus für das Projekt umzuschauen.
    Ich hoffe auf eine möglichst baldige Antwort oder ein Kommen deinerseits. Sollte ich bis zum ANTE DIEM X KAL DEC DCCCLVII A.U.C. (22.11.2007/104 n.Chr.) keine Antwort in schriftlicher oder persönlicher Art erhalten, betrachte das Angebot der Stadt Ostia als hinfällig.


    Vale


    Publius Aelius Pulcher

  • Nachdem Pulcher wieder an seinem Landsitz angekommen war, öffnet er den Brief aus Hispania, den heute Morgen erhalten hatte um sich genauere Gedanken darüber zu machen. Wegen der Nachricht "Streng vertraulich" wagte er es nicht, dies in seinen Amtsstuben zu erledigen.


    Das Angebot schmeichelte Pulcher natürlich sehr und die Aufsicht auf eine so schnelle Karriere ebenfalls. Auch hörte er, dass Hispania derzeit wirklich aufblühte unter dem neuen Proconsul, obwohl dieser ein Flavier war. Letzteres war auch einer der Punkte, die Pulcher mit Skepsis betrachtete, schließlich waren die Flavier nicht gerade Freunde der Aelier, seitdem der letzte flavische Kaiser der Familie so arg zugesetzt hatte. Und eine Verstimmung in der eigenen Familie zu riskieren zu gunsten einer zwar patrizischen (gegen die Pulcher sowieso Antipathien verspürte), aber dennoch ungleich machtloseren Familie schien ihn nicht unbedingt angebracht. Auch hatte Pulcher sich geschworen, erst einmal die Situation in Ostia zu regeln und sich nicht gleich von seiner Pflicht drücken zu wollen, vor allem, da Hispania als eine noch viel barbarischere Region war als Italia und er, Pulcher, sich nicht in der Lage sah, dort das Licht der Aufklärung alleine zu verbreiten.


    So spitzt er seinen Federkiel und verfasst einen Brief mit eigener Hand:


    Ad Lucius Flavius Furianus
    Villa Flavia
    Roma


    Magistratus Ostiae Pub. Aelius Pulcher Proconsulem L. Flavius Furianus S.D.


    Mit größten Freuden habe ich den Brief mit deinem Angebot gelesen. Der Name des neuen Proconsuls ist für seine Verdienste um die Provinz Hispania in Rom und Ostia seit langem bekannt und die Seeleute an unserem Hafen überbringen mit Begeisterung die Botschaft vom Neuen, Frischen Wind, der über die Halbinsel weht.
    Vor allem in dieser Hinsicht bist du, Flavius Furianus mir selbst schon längst ein großes Vorbild geworden, denn du scheinst im Großen das zu verwirklichen zu versuchen, was im Kleinen in Ostia mein Auftrag ist und oft genug nehme ich mir deine Erlässe und Dekrete als Beispiel für Verbesserungen im Hafen der Hauptstadt.
    Nur ist es leider eben gerade dieser Punkt, der mich dazu bewegt, dir auch zu meinem äußersten Bedauern dein Angebot ausschlagen zu müssen. Denn ich sehe mich der Stadt Ostia verpflichtet wie du dich der Provinz Hispania verpflichtet zu sehen scheinst. Und die Neuordnung Ostias ist eine große Aufgabe, ich jedoch nur ein kleiner Magistrat. Und jetzt an diesem Punkt aufzugeben, was ich begonnen habe, käme meiner Auffassung nach einer Kapitulation und überdies einer unverzeilichen Untreue geegenüber denen, die mich zu ihren Magistraten gewählt haben, gleich.
    Ich hoffe, du verstehst meine Beweggründe und bist nicht erzürnt über meine Entscheidung...


    "Ach, was solls!" murmelt Pulcher dann, legt den angefangenen Brief beiseite und ruft seinen Scriba: "Sag bitte alle Termine für die nächste Woche ab. Ich gedenke, nach Rom zu reisen und dort den Proconsul von Hispania zu treffen..."

  • Einst vor vielen Monaten betrat ein junger Mann aus bekanntem Hause die Hafenstadt Ostia voller Ehrgeiz und Idealismus und mit dem festen Willen, anzupacken und mitzuhelfen, dass Ostia, der zentrale Dreh- und Angelpunkt des Handels im römischen Weltreich, über alle Städte Italiens und der bekannten Welt hinaus strahlen würde. Mit Fleiß und Eifer versuchte er, seine hohen Ambitionen mit und gegen die Stadtobersten, die Dekurionen und reichen Handelshäuser durchzusetzen. Unermüdlich arbeitete er Tag und Nacht, immer seinem Traum in Hinterkopf: Die Stadt blühen zu lassen und seine Schmach gegenüber Familie und Vaterland zu tilgen.


    Doch Fortuna hatte andere Pläne mit ihm: Um seiner Stimme bei den Reichen und Mächtigen Gehör zu verleihen, musste er sich ihren Sitten und Bräuchen anpassen, mit dem Strom schwimmen. So folgte er den Einladungen, besuchte Fest auf Fest, Empfang auf Empfang, Orgie auf Orgie, sang, tranzte, trank und hurte mit den Edlen der Hafenstadt. Vorerst geschah dies aus Pflichteifer, doch bald wurde aus Pflicht Flucht. Flucht vor der Arbeit und den Anstrengungen des Amtes. Immer ausschweifender und außergewöhnlicher wurden die Vergnügungen, bald fanden im aelianischen Hause die berauschendsten Feste der Stadt statt und das Publikum veränderte sich: Statt der Dienstbooten und Magistralen, die früher im Hause verkehrten, lungerten jetzt jugendliche Günstlinge und zwielichte Freunde, reiche und gelangweilte Tunichgute, Anbeter orientalischer Lustbarkeitskulte und obskure Philosophen und Esoteriker, Tänzerinnen, Kurtisanen und Lustknaben in den weitläufigen Gängen des Anwesens herum. Die Reichen und Mächtigen hatten dem Aelier längst den Rücken gekehrt, nur der Auswurf der Nobilitas erfreute sich weiterhin seiner Gastfreundschaft, die Tage waren ruhig, die Nächte dagegen umso lauter.


    Ein Strahl des unerbittlichen Helios kitzelte Puler an der Nase und weckte ihm aus seinen durch den Konsum unzähliger Rauschmittel beflügelten lebhaften Träumen und ließen ihn, schweißgebadet und voller Schmerzen in allen Gliedern, unruhig hin und her wälzen. Nachdem er einsah, dass an weiteren Schlaf nicht zu denken war, erhob er sich aus dem Bett, kämpfend gegen all seine Körperflüssigkeiten, die den Körper auf dem Kissen zu halten versuchten. Er schmatzte kurz und verpürte einen schalen, wiederwärtigen Geschmack in seinem ausgetrocknetem Munde. Müde und fertig wankte er zum Waschbecken, wo er in den Spiegel schaute:


    Ein blasses, von Mitessern hässlich gerötetes, mageres Gesicht blickte ihn an. Die Augen kleine weiße Punkte inmitten dicker, schwarzer Augenränder. Pulcher stutzte: War das sein Gesicht? Es kam ihn mehr so vor, als würde ein furchterregender Gott ihn angrinsen, ihn auslachen, seinen üblen Spott mit ihm treiben. Isis und Apollon! Natürlich war es sein eigenes personifiziertes Gewissen, das ihn auslachte, wie jeden Tag beziehungsweise zu dem Zeitpunkt, wenn er sich nach langen Tagen und Nächten aus dem Schlaf erhob.


    Dämmrig war es bereits im Anwesen des Rufinius, als Pulcher endlich sein Gemach verließ. Er blickte die große Freitreppe hinunter auf das Atrium: Umgeworfene und übereinandergehäufte Tische und Liegen, heruntergerissene Vorhänge, fleckige und durchnässte Stoffe und Bezüge, verschmierte Wände, allerhand Essensreste, Becher, Geschirr und Scherben, ein umgeworfendes Kohlebecken, klebrige Lachen, Wein und Erbrochenem auf dem blanken Marmorboden. In den Ecken und auf Liegen die letzten Überbleibsel des Abends, wie vom Meer angespülte Kadaver im Raum liegend und obszön schnarchend. Und der Geruch erst! Pulcher verspürte ein dringendes Verlangen, sich zu übergeben, aber da war nichts mehr im Magen, das noch entweichen konnte.


    Genug! sagte er zu sich und packte eiligst seine Sachen, um dieses Schlachtfeld der Dekadenz zu verlassen und sich in die Stadt zu begeben...

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!