Curator Rei Publicae

  • "Ein Freund pflegt immer zu sagen: 'Ein armer Mann lebt teuer'", zitierte der Curator Rei Publicae aus seinem Erfahrungsschatz. "Du hast die Schuldbücher zu prüfen, aber noch besser als ein gut geführtes Schuldbuch ist eine vorausschauende Finanzplanung. Was hat Ostia davon, wenn der Bau günstig ist und dann jedes Jahr teure Reparaturen anstehen?" fragte er und die Antwort lag auf der Hand.

  • Verus nickte erneut eifrig. "Ich verstehe, mein Curator." Er griff mit seiner Hand an sein Denkerkinn und begann nachzudenken.


    "Ich denke jedoch, dass Senator Germanicus den jungen Octavier nicht über den Tisch gezogen hat. Ebenso schien mir der junge Octavier einen kompetenten Eindruck zu machen. Er wird diese Sache schon bedacht haben. Jedoch werde ich die Qualität des Baues von einem Sachverständigen prüfen lassen. Sicher ist sicher. Wir wollen ja eben solche Reperaturen vermeiden." Verus war ein vorsichtiger Mensch, der gerne kontrollierte und sich absicherte. Verus war einfach der typische Beamte, wie man sich ihn wünschte.

  • "Ich möchte auch nicht unterstellen, dass hier eine Seite die andere über den Tisch gezogen hat", stimmte der Curator Rei Publicae zu. "Eine solche Unterstellung wäre auf Basis der bekannten Informationen völlig unzulässig. Aber wenn du in dieser Angelegenheit wachsam bleibst, werden wir ja sehen, ob sich noch etwas ergibt."


    Er nickte, um zu bekräftigen, dass das Thema für ihn damit zunächst abgeschlossen ist. Die Tafel reichte er zurück. "Ich lasse mir eine Kopie machen, wenn der Bau abgeschlossen ist. Liegt sonst noch etwas an?"

  • Verus nahm Platz.
    "Ich würde gerne einen drei monatigen Urlaub nehmen, da ich für ein politisches Amt kandidieren werde. Ich habe bereits mit meinem Co-Curator gesprochen und er geht davon aus, dass die Arbeit für einen reicht und derzeit mein Posten überbesetzt wäre. Meine Untergebenen sind informiert. Nach meiner Magistratszeit werde ich zurückkehren, sofern ich denn nicht gewählt werde, schon sehr bald. In der Amtsperiode werde ich selbstverständlich hereinschauen und mich auf dem Laufenden halten."

  • Der Curator Rei Publicae räusperte sich. "Dein Kollege und deine Untergebenen sind bereits informiert, noch bevor du mit mir gesprochen hast? Ich muss doch wohl nicht darauf hinweisen, dass dies nicht dem üblichen Gebahren entspricht", bemerkte er mit kühlen Unterton in der Stimme. "Du möchtest also für ein Amt kandidieren. Im Cursus Honorum, nehme ich an?" Der Curator Rei Publicae war immerhin selber ebenfalls Senator und damit in dieser Angelegenheit nicht ohne Einfluss.

  • "Die Entscheidung liegt immer noch bei dir. Ich habe mich nur bei den zuständigen Stellen informiert, ob ich abkömmlich bin oder eben nicht. Meine Untergebenen habe ich über eine eventuelle Abwesenheit in Kenntnis gesetzt," sagte er. Musste er sich seit Neuestem bei jedem für alles rechtfertigen? Es schien so.


    "Richtig, so ist es."

  • Der Curator Rei Publicae quittierte die knappe Antwort mit einem ebenso knappen nicken. Offenbar hatte der Curator Kalendarii nicht die Absicht, um seine Stimme zu werben, wenn er nicht einmal das Amt von sich aus nannte. "Du hast dich also versichert, dass du abkömmlich bist, würdest aber dennoch zu deiner Tätigkeit zurück kehren, falls du nicht gewählt wirst?" hakte der Senator nach. "Versteh' mich nicht falsch - es ist deine Sache, ob du für ein öffentliches Amt kandidierst. Aber welche Optionen habe ich nach deinen Ausführungen? Entweder du bist abkömmlich, dann kann ich dir keine Wiedereinstellung versprechen, oder du bist doch nicht abkömmlich, dann würde ich dich nicht gehen lassen oder müsste dich durch einen anderen ersetzen und könnte somit erst Recht keine Wiedereinstellung versprechen."

  • Verus verstand. "Es liegt bei dir," sagte er. "Ich werde, sofern du es wünscht meine Kandidatur zurückziehen, sofern ich nicht abkömmlich bin. Ich diene in erster Linie Rom und der Kaiser hat mir diesen Posten anvertraut, also sollte ich auf dein Urteil vertrauen, denn der Kaiser hat dich in seiner Weisheit zu meinem Vorgesetzten gemacht."


    Er nickte.


    "Ich möchte jetzt nun nicht einfach gehen. Es erscheint mir als unsittlich."

  • Der Curator Rei Publicae verdrehte die Augen und sah seinen Mitarbeiter zunehmend fassungslos an. "Ist es nur mein Eindruck, oder hast du keine Ahnung, was du sagen willst? Gerade sagst du noch, es läge an mir und dann sagst du im nächsten Augenblick, dass du nun doch nicht gehen willst, weil es dir unsittlich erscheint. Wenn du einen freundschaftlichen Rat eines erfahrenen Senators annehmen willst, dann sage ich dir, dass du so nie zu etwas kommen wirst." Der Senator atmete tief durch. Ihm schien einerseits wirklich daran gelegen zu sein, dass sein Curator aus dieser Situation etwas lernte und andererseits war das Gespräch ganz und gar nicht nach seinem Geschmack.


    "Ich schlage vor, du verlässt dieses Büro wieder und wir beide vergessen das, was du eben gesagt hast. Du läufst einmal zum Tiber und zurück und denkst darüber nach, was du eigentlich willst. Und wenn du mir dann nochmal etwas zu sagen hast, kommst du wieder herein und sagst es." Der Blick des Curator Rei Publicae verriet, dass er diesen ungewöhnlichen Vorschlag sehr ernst meinte.

  • Verus erhob sich und führte den gewünschten Spaziergang durch. Ihm gingen viele Dinge durch den Kopf. Er war alt und sein Herz machte Probleme. Er würde nicht mehr lange leben, das wusste er. Sollte er wirklich kandidieren? Er würde scheitern. Er könnte eine Kandidatur niemals durchstehen und er würde sie nur lustlos ausfüllen. Doch er musste es tun, um für sich den Schlussstrich zu ziehen. Er konnte nicht mehr. Nach einigen Stunden kehrte er zurück.


    "Ich habe mich entschieden. Ich werde mich zurückziehen. Ich werde kandidieren, auch wenn es keine Aussicht auf Erfolg hat. Nach dieser Niederlage werde ich mich auf mein Landgut zurückziehen. Ich gebe hiermit meinen Posten auf." Verus schaute ernstlich. Ihm war bewusst, dass er nun alles weggeworfen hatte, doch er brauchte Zeit.


    "Mein Herz macht mir Probleme und ich weiß nicht, wie lange ich noch lebe. Ich will die letzten Tage, nach der Kandidatur, noch genießen. Ich hoffe, dass du dies verstehst."

  • Der Curator Rei Publicae hatte mit vielen Antworten gerechnet, aber nicht mit dieser. Da war es ihm noch wahrscheinlicher erschienen, dass der Curator Kalendarii nach seinem Spaziergang erst einmal gar nicht wieder in sein Büro kommen würde. Nun war er es aber doch und hatte seine Entscheidung vorgetragen, die der Senator mit stoischer Miene akzeptierte.


    "Dann soll es so sein. Ich respektiere deine Entscheidung, auch wenn ich sie nicht nachvollziehen kann. Wenn du dich schon darum gekümmert hast, wann du entbehrlich bist, sollte die Abwicklung der letzten Angelegenheiten ja kein Problem sein. Um alles weitere kümmere ich mich dann." Er erhob sich von seinem Platz. "Ich wünsche dir alles Gute für deine Zukunft, wie auch immer die Götter sie für dich bestimmt haben."

  • "Ich danke dir," sagte Verus erleichtert. Endlich war ihm eine Last von den Schultern genommen.


    "Ich werde nun gehen. Ich wünsche dir ebenso alles Gute." So entfernte er sich. Er grüßte noch kurz: "Senator." So war er dann verschwunden...

  • Es war quasi ein Besuch unter Kollegen und nur ein kurzer Weg von einem Büro zum anderen, und trotzdem eine eher seltene Begegung. Das lag zum einen wohl daran, dass der Curator Aquarum und der Curator Rei Publicae zwar beide Senatoren waren, aber der eine für Rom und der andere für Italia zuständig war. Zum anderen war es zwar nur ein kurzer Weg zwischen den Büros, aber immerhin zwei unterschiedliche Gebäude.


    Macer hatte sich anmelden lassen und einen Termin buchen lassen, so dass er hoffte, gleich zu seinem Kollegen vorgelassen zu werden, als er sich dort von seinem Laufburschen anmelden lies.

  • Der Curator Rei Publicae war etwas überrascht gewesen, als er von seinem Sekretär erfahren hatte, dass sich der designierte Praetor einen Termin hatte geben lassen. Neugierig auf das Anliegen blickte er Macer entgegen und erhob sich von seinem Platz.


    "Purgitius Macer, willkommen. Man spricht sich viel zu selten unter Kollegen, nicht wahr? Hatte ich dir schon zu deiner Wahl gratuliert?" erkundigte er sich, bot Sitzplatz und Getränke an und setzte sich selber ebenfalls wieder.

  • Macer fand die Begrüßung erstaunlich überschwänglich dafür, dass der Curator Rei Publicae eher als zurückhaltend und verbindlich bekannt war. Aber vielleicht hatte er heute einfach besonders gute Laune, was Macer mit seinen Anliegen wohl entgegen kommen würde.


    "Ja, vor und nach den Sitzungen in der Curia sind es wohl doch meistens nur wenige Worte, wenn man nicht gerade an einem gemeinsamen Thema arbeitet", stimmte er zu und nahm Platz. "Und ansonsten führt einen auch fast immer nur die Arbeit zusammen." Zumindest dann, wenn man sich nicht jeden Abend auf Gastmählern herumtrieb.

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