cubiculum Philonicus | Ankunft

  • "Was Corvinus alles arbeitet? Na, er redet nicht viel darüber", was Ursus fast so sehr ärgerte wie die Tatsache, daß Corvinus ihn nicht mitarbeiten ließ, "aber als Vigintivir, der für Erbschaftsangelegenheiten zuständig ist, hat er natürlich viel zu tun. Dazu kommen natürlich noch alle Dinge, die mit der Familie und den Besitztümern zu tun haben, er will bald heiraten, aber mit seiner Verlobten ist auch nicht alles ganz so wie es sein sollte und dann ist wohl auch noch einiges zu regeln wegen Cicero." Das war eine sehr kurze und sehr unergiebige Zusammenfassung der Dinge, die im Moment die Familie und vor allem Corvinus bewegten.


    "Er hockt praktisch ständig in seinem Arbeitszimmer, aber zu den Mahlzeiten läßt er sich doch meistens blicken. - So, hier sind wir." Es war das Zimmer neben dem seinen. Bisher war es unbewohnt gewesen und nun stand dort schon das Gepäck, das Bett war frisch bezogen, auf dem Tisch standen ein Krug Wein, eine Schale Obst und ein kleiner Imbiß aus Brot, Oliven und Käse. Die Tür hatte offengestanden, daher hatten sie es gar nicht verfehlen können.

  • Ich biss mir auf die Innenseite meiner Backen und meinte ein wenig gedrückt. "Ja, das mit Cicero habe ich mitgekriegt. Meinst du es hat unserem Ruf als Patrizier geschadet?" Es war ein schwieriges Thema, und ich war froh, dass Aurelius sich darum kümmerte. Und ich war ja so unbekannt, dass mich wohl auch niemand öffentlich verspotten würde. Es lag jetzt aber auch schon eine ganze Zeit zurück. Es würde wohl bald in Vergessenheit geraten, wie ich schätzte.
    Ich ging neugierig in mein Zimmer, das inzwischen schon schön hergerichtet war. Wenn mich nciht alles täuschte hatten die Sklaven und Sklavinnen auch einen ganz angenehmen Duft hinterlassen. "Schön...", sagte ich und fügte an: "...groß." Anders als mein ehemaliges Kinderzimmer, das doch ein wenig weniger geräumig war. Ein Fenster nach Westen hin spendete mir noch ein wenig Licht der Abendsonne und ein kleines Loch in der Wand spendete mir Licht am Morgen. Scheinbar viel dieses Morgenlicht ziemlich direkt auf das Kopfende meines Bettes. Es muss wohl wirklich ein genialer Architekt gewesen sein. "Ist dein Zimmer auch so?", fragte ich neugierig.

  • Dann also kein Bad. Ursus wunderte sich darüber ein wenig, nahm es dann aber kommentarlos hin. Er selbst hatte gerade nach Reisen immer das dringende Bedürfnis, ein ausgiebiges Bad zu nehmen. So war eben jeder anders.


    "Nein, ich glaube nicht, daß es uns wirklich geschadet hat. Er war zum Schluß wohl ziemlich verrückt. Ich meine, wer versucht einen Mordanschlag auf jemanden, der gar nicht da ist? Ich war ja auch nicht hier, als es passierte. - Bisher habe ich jedenfalls nicht das Gefühl, daß uns irgendwer mit Mißtrauen begegnet. Und das wäre ja auch wirklich völliger Unsinn." So empfand er das zumindest.


    "Ja, mein Zimmer ist im großen und ganzen genauso. Ich wohne direkt nebenan." Daß Philonicus sich so über die Größe des Raumes freute, wunderte Ursus ein wenig. War es nicht ganz normal, in so einem Zimmer zu wohnen? Er selbst kannte es ja gar nicht anders. Nungut, in Athen war sein Zimmer auch kleiner gewesen. Aber das war ja auch etwas ganz anderes.


    "Du willst also hier bleiben? Willst Du auch in die Politik wie Cotta und ich?" Er fragte das ganz beiläufig, musterte Philonicus dabei aber prüfend. War er eine ernstzunehmende Konkurrenz?

  • "Was ich exakt mache werde ich wohl noch überleben. Ich glaube ich suche mir erstmal reguläre Arbeit, aber sicher, wie jeder guter Patrizier ist doch letzten Endes ein politisches Amt mein Ziel.", eklärte ich ohne weiter auf Cicero einzugehen. Ich kannte ihn ja nicht, aber ein wenig geistig daneben musste er wohl doch gewesen sein. "Ich würde mich dann glaube ich erstmal ein wenig ausruhen.", meinte ich schließlich. "Tut mir Leid, aber nach einer Reise bin ich nie so gesprächig. Vor allem wenn ich die gleiche Tunika noch an hatte, aber gewaschen wurde sich bei mir, wenn dann in der Therme. Ich konnte nicht von mir behaupten der reinlichste Patrizier zu sein, aber ein tägliches Bad war mir eben einfach ein bischen zu viel. Und ein bischen zu viel Wasser.

  • "Eine reguläre Arbeit?", fragte Ursus stirnrunzelnd nach. Was Philonicus damit wohl meinte? Ein Patrizier und reguläre Arbeit. Unter Arbeit verstand Ursus die verschiedenen Ämter, die einen weiter brachten. Was sonst könnte man "regulär" tun? Militär vielleicht. Aber danach sah der Vetter ja auch nicht unbedingt aus.


    "Dann will ich Dich auch gar nicht weiter belästigen, Vetter. Ruh Dich nur aus. Wir sehen uns dann sicher noch." Ursus lächelte Philonicus freundlich zu, dann verließ er das Zimmer.

  • Wo sich Maron nur wieder herumgetrieben hatte - ich konnte mir wirklich nicht erklären, warum in aller Welt es so lange gedauert hatte, bis ich von der Ankunft meines Bruders Philonicus unterrichtet worden war. Als Maron dann endlich mit der Nachricht kam, Philonicus sei im officium Corvini, machte ich mich sofort dorthin auf, nur um zu erfahren, dass mein Bruder das Arbeitszimmer bereits wieder verlassen habe, um sein eigenes cubiculum aufzusuchen, das schon für ihn hergerichtet worden sei. Ich dankte und zögerte nicht, nun auch dorthin zu gehen. Ein Zögern überkam mich erst, als ich vor der verschlossenen Tür dieses cubiculums stand: Schlief mein jüngerer Bruder etwa? Sollte ich ihn wirklich jetzt stören? Dann aber konnte und wollte ich mich einfach nicht mehr länger beherrschen und


    klopfte an.

  • Ich hatte gerade ein fröhliches Lied auf den Lippen und packte meine Sachen aus. Ein kleines Bildnis auf eine Tonscherbe von meinen Eltern, dass die Kinder einmal gemalt hatten war das Herzstück der Kleidersammlung. Eingewickelt in der edlen Toga, die aber doch nicht ganz so weiß war, wie das um mir herum. Mein ländliches Leben hatte in meinem Auge einen Gelbstich hinterlassen. Rom war entweder weiß oder schwarz. Glücklicherweise wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als jemand anklopfte. Ich sollte nicht gleich am ersten Tag Heimweh bekommen. "Ja, herein.", rief ich den Gast an der Tür zu, während ich mir ein Glas von den gebrachten Wein einschenkte. Sicherheitshalber griff ich noch zu einem Zweiten Glas sollte wider meiner Erwartung doch nicht ein Sklave eintreten.

  • Der Aufforderung zum Eintreten leistete ich sofort und freudig Folge - nein, das tat ich nicht. Wieder zögerte ich einen kleinen Moment. Ich war ganz aufgeregt vor Freude, gleich meinen kleinen Bruder in die Arme schließen zu können. Und trotzdem zögerte ich so - warum nur? Fieberhaft überlegte ich, doch nichts fiel mir ein. Da drückte ich schon endlich die Tür auf und sah Philonicus vor mir.


    "Philo, sei gegrüßt! Wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht mehr gesehen! Und jetzt tauchst du so einfach auf ohne eine Vorwarnung! Und bist fast schon ein Mann ..."


    Ich sah neugierig an ihm herunter, aber nur kurz, dann nahm ich ihn in meine Arme und drückte den Bruder glücklich an mich. In diesem Moment aber fiel mein Blick auf ein Bildnis unserer Eltern auf einer Tonscherbe. Meine Arme, die Philonicus eben noch warm empfangen hatten, drückten nun hart wie Schraubstöcke auf ihn ein, kurz, und dann ließ ich ihn los. Ich wandte mich für einen Moment von ihm ab, dann sagte ich mit veränderter Stimme:


    "Wo hast du eigentlich gesteckt? Ich will ja nichts sagen, aber deine ganzen Sachen ... sehen ... irgendwie so dreckig aus."


    Ich erschrak über mich selbst.

  • Das ich meinen eigenen Bruder noch erkannte verwunderte mich nicht. Auch wenn es schon länger her war, dass ich ihn verabschiedete und ich auch noch jünger war. Und er hatte seit dem längere Haare, aber das war eigentlich nur nebensächlich. Ich war stolz auf meine kleinen schwarzen Locken, auch wenn sie mir nicht umbedingt besonders standen. Ich erwiderte kurz den Druck meines Bruder und stammelte nur so etwas wie "Cotta." Die etwas negative Bemerkung – oder zumindest meinte ich einen negativen Unterton heraushören zu können – erwiderte ich mit einem Blick an mich herunter. "Die Reise, der Dreck, das etwas ländlichere Leben ist nicht mamorweiß.", erwiederte ich trotzig. Ich mochte es nicht, wenn man gleich bei einem Wiedersehen mit einer Kritik begrüßt wurde. Leider war mir nicht die Gabe gegeben übermäßig viel Kritik ertragen zu können, auch wenn sie konstruktiv war. Trotz der etwas krampfigen Antwort bemühte ich mich um ein freundliches Lächeln. Immerhin war es mein Bruder.

  • Dem Erschrecken folgte auf meiner Seite gleich die Reue, denn was immer ich meinen Eltern im Herzen vorwarf - Philonicus hatte ganz genauso wie Lupus absolut nichts damit zu tun. Zu dieser Reue gesellte sich schon bald Rührung, als mein Bruder einfach meinen Namen aussprach, ohne irgendwelche Ausschmückungen. Der harte Ton meiner Worte war ihm allerdings nicht entgangen, und er reagierte zu Recht zugeknöpft.


    "Entschuldige meine Bemerkung, Philonicus! Du kommst gerade von einer Reise, und ich habe nichts Besseres zu tun, als dich gleich zu kritisieren! Vielleicht willst du sowieso erst noch ein Bad nehmen - ich konnte einfach nur nicht länger warten, dich zu sehen, als ich gehört habe, dass du gekommen bist!"


    Immer noch ziemlich verlegen lächelte ich meinen kleinen Bruder an, der mich beim Umarmen eben seinerseits ganz schön in die Mangel genommen hatte.

  • Ich lächelte wieder ehrlich. Vielleicht war es auch meine Schuld gewesen, dass ich so überspitzt reagiert hatte, aber ich wollte weder länger auf dieser etwas peinlichen Begegnung herumreiten. noch das Spielchen "meine Schuld - nein, meine Schuld" spielen. Ich meinte nur "Egal jetzt. Es ist schön dich hier wieder zu sehen, was macht Lupus, was macht überhaupt die ganze Familie? Mensch, lange ist es her." Ich wusste nicht mal, wie sehr sie noch Kontakt zu meiner Mutter haben. Überhaupt, wenn dann sollte ich wissen, was sie wohl machte, aber ich wusste es auch nicht. Vor meiner Abreise war die Post leider ein wenig untergegangen, aber ich sollte sie wohl mal irgendwann wieder aufsuchen.

  • Etwas schief grinste ich meinen Bruder jetzt an. Ich war froh, dass Philonicus mir meine Überreaktion nicht nachtrug, sondern ganz einfach einen Strich unter die missglückte Begrüßung machte und mich dann mit all den Fragen konfrontierte, die ganz normal waren, wenn man sich nach so langer Zeit wiedersieht. So,und dann machte ich mich mal daran, diese Fragen zu beantworten, obwohl ich ja nicht wusste, wieviel man ihm schon an der porta und bei Marcus im officium erzählt hatte.


    "Dass Lupus jetzt auch hier bei uns lebt, weißt du schon? Er hat sich ja lange in Griechenland herumgetrieben, noch länger als ich, und dort als Kyniker gelebt. Und so kam er dann auch hier zur villa - du kannst dir nicht vorstellen, wie er da aussah, viel schlimmer als du."


    Hier zeigte mein Gesicht nun wieder mein übliches, nicht mehr verlegenes Grinsen, denn dass diese Bemerkung nurmehr ein freundliches Necken war, würde mein Bruder sicher verstehen.


    "Ich habe hier mittlerweile einige Kurse besucht; weißt du, das Studium in Athen ist ja gut und schön, aber manchmal doch ein bisschen praxisfern, bis auf die Rhetorik vielleicht."


    Über die anderen Familienmitglieder, nach denen Philonicus auch gefragt hatte, wollte ich erst einmal nichts erzählen, denn Ursus und Corvinus hatten ihm bestimmt schon so einiges hinterbracht, und die anderen sollten das für sich mal schön selbst übernehmen. Was die weiblichen Mitglieder der gens so trieben, blieb mir ja ohnehin zu meinem Leidwesen immer sehr verborgen. Stattdessen aber fiel mir nun wieder eine Bemerkung ein, die Philonicus schon zuvor ganz nebenbei gemacht hatte.


    "Aber was hast du denn so gemacht? Du hast eben etwas von ländlichem Leben erwähnt. Warst du denn nicht bei Mutter?"


    Denn dies hatte ich die ganze Zeit über angenommen.

  • Ich deutete stumm auf einen kunstvoll verzierten Hölzernen Stuhl, der scheinbar neu bezogen wurde, aber ich ihn ehrenhalber doch meinem großen Bruder anbot und selbst setzte ich mich auf das Fußende meine Bettes, das auch nicht wirklich zu verachten war. "Nunja...", begann ich meine Erzählung und legte mich ein wenig zur Seite und stützte meinen Kopf auf meine Hand. Dadurch wurde zwar meine Sprache ein wenig undeutlicher, aber mein eigener Bruder müsste wohl noch verstehen, was ich sagen wollte. "Ich war auch bei meiner Mutter. Zu lange meinem Geschmack nach. Ich wollte ja auch kein Muttersöhnchen sein, also beschloss ich eine alte villa rustica in der Nähe von Mantua, unserem alten Wohnort, zu beziehen. Ich hielt es aber auch nicht wirklich lange dort und ich weiß nicht, vielleicht war ich noch zu nah an Mutter. Zumindest - jetzt bin ich hier. Jetzt werde ich mich richtig bilden und jetzt werde ich anfangen mal die Großstadt zu erkunden."
    Über Lupus war ich inzwischen schon informiert worden, und spätestens jetzt freute ich mich auch schon wieder auf ein Wiedersehen mit ihm. Er war ja schon immer etwas eigen. Ein Kyniker war er also. Mein Griechisch ließ mich glücklicherweise nicht vollkommen im Stich und ich übersetzte es mit "Hündigkeit". Etwas beschämend fand ich es ja schon, dass ein Bruder als Bettler in Griechenland gelebt hatte, aber ich sollte es ihm lieber nicht sagen, da doch gerade Scham für solche Menschen unbekannt war. Ich wollte mir aber auch kein Vorurteilbilden und so nahm ich diese Bemerkung nur nickend hin - was etwas schwierig war, auf dem Arm gestützt, aber vom Bett runtergefallen war ich dabei nicht.

  • Ich betrat mein Zimmer und zog die Luft ein. Ein typischer Geruch lag in der Luft. Es war der Geruch, der sich im ganzen Haus verbreitete, war man ersteinmal weg. Es roch eigentlich gleich, aber eine Abwesenheit mehrer Tage machte den normalen Geruch bemerklich. Ich hatte auf einen Sklaven verzichtet. In meiner Hand ein Reisegepäck voller Erinnerungen. Kaum angekommen, weggereist, vielleicht war es ein Jugendlicher Trieb. Ich war müde und wach zu gleich. Ich schleppte mein Zeug in die Mitte des Zimmers und begann es aus einander zu stauben, sodass sich ein Kreis voller Sachen um mich bildete. An jedes Einzelne Ding war eine kleine Erinnrung gebunden. Es war lehrreich gewesen, meine Reise. Fremde Kulturen, und trotzdem doch so Römisch. Die Tempel doch so wie in Rom, die Menschen doch so anders. Wengistens hatte ich sie gut überstanden, Merkur war gut gelaunt gewesen. Ich stand auf und ließ meine Sachen unaufgeräumt stehen. Es war eh schon spät, es gab nichts mehr zu tun. Morgen würde ich mich dann offiziell anmelden, waren die anderen doch eh schon alle im Bett. Ich kratzte mich an der Nase, zog mich um und legte mich ins Bett. Weich war es - und bequem. Nichts im Vergleich zu meinen Reiseunterkünften. Ich kauerte mich zusammen und blickte auf meine neue Sammlung voller Dinge. Sie war spontan die Reise, aber sie hatte sich gelohnt. Murmelnd und halb träumend fiel ich in einen Tiefen Schlaf, der mich erst wieder am späten Morgen verlassen sollte.

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