Der Zug von Edessa

  • Es war wie eine Lawine, die sich von der Stadt aus landeinwärts ergoss. Das große Heer des Satraps hatte sich nach dem Opfer in Bewegung gesetzt. Allen voran ritt Narseh, umgeben von seiner Leibwache bildete er den Kopf des Zuges. Dahinter ritten die Kommandanten Kashtarith und TirdAd. Danach folgten die Standarten und Banner. Ein buntes Schwirren von Stoffen und Bändern. Anschließend zeigte sich der Stolz der Armee: die Panzerreiter in ihren blitzenden Rüstungen. Die leichte Reiterei und die Bogenschützen schlossen sich daran an, als letztes fand man die Fußtruppen. Zwölftausend Männer, die bereit waren für ihre Stadt, für ihr Land und zum Schutz ihrer Familien zu sterben. Das Opfer hatte sie alle zuversichtlich gestimmt. Sie würden die Römer besiegen und ihnen so viel Schaden zufügen, dass sie gehen würden oder gar kapitulieren. Trotzdem wussten sie, dass nicht alle das Schlachtfeld lebend verlassen würden.



    Wie eine Schlange über den heißen Wüstensand kroch, sah man ein großes Heer durch das Hügelland ziehen. Einen halben Tag waren sie nun schon unterwegs. Die Sonne stand hoch am Himmel und die Luft über der Erde flirrte, verzerrte das Bild der Landschaft. Schritt für Schritt liefen sie über den steinigen Boden, Dornenbüsche und Staub. Kleine Wolken des leichten Sandes erhoben sich und fielen wenig später wieder zu Boden. Das Heer hinterließ seine Spuren. Doch sie kannten dies alles und waren bestens vorbereitet. Ihre Vorräte waren frisch und das Wasser ausreichend. Sie konnten fast ausgeruht in diese Schlacht gehen. Ihr weg war zwei Tage lang. Die Römer hingegen hatten Wochen bis zu dem Ort gebraucht an dem sie ihre Kraft messen würden. Zügigen Schrittes zogen sie ihren Feinden entgegen. Am nächsten Tag würde sie sich endlich gegenüberstehen. Vorbei die Zeit der kleinen Scharmützel, vorbei die Zeit der Überraschungsangriffe. Dann zählte Taktik und die Überlegenheit. Wer dies alles ausspielen konnte, würde als Sieger hervorgehen.



    Langsam versank die Sonne hinter den Bergspitzen. Rot färbte sich der Himmel und rötlich schimmerte auch der Sand. Sie hatten ihren Rastplatz erreicht und das Lager für diese Nacht errichtet. Feuer loderten an vielen Stellen und sollten die Männer wärmen. Obwohl der Tag sehr heiß wurde, kühlte es nachts doch ab. Hier und dort knisterte es und die Funken stoben in den immer dunkler werdenden Himmel. Die Feuchtigkeit, die hin und wieder in dem Holz steckte, suchte sich geräuschvoll ihren Weg. Die Männer wärmten sich aber nicht nur. Sie hatten jetzt auch ausreichend Zeit um zu essen. Wachen sorgten für die Sicherheit des Lagers. Das Heer ruhte sich aus und sammelte neue Kräfte für die nächsten Tage. Die Sterne begannen zu am Himmel zu Funkeln. Erst war nur einer zu sehen, je weiter die Sonne ihren Weg fortsetzte und hinter den Hügeln verschwand, desto mehr kamen zum Vorschein. Bald konnte man ein helles Band erkennen. Die Nacht hatte Einzug gehalten und es wurde ruhig im Lager: Schlafenszeit.



    Noch ehe der Morgen dämmerte, wurde das Lager abgebrochen und die letzte Etappe vorbereitet. Wo vor Kurzem noch alles ruhig war, herrschte auf einmal geschäftiges Treiben. Die abgelegten Rüstungen mussten wieder umgeschnallt werden, die Waffen angelegt und alles wichtige mitgenommen werden. Bald sah man wieder die gigantische Schlange von Menschen durch das Land ziehen. Die bunten Bänder, die blitzenden Rüstungen strahlten und ließen den Wurm irreal erscheinen. Das Treffen mit den Römern rückte nun in greifbare Nähe. Die Männer wurden unruhiger. Ein jeder hatte das Ziel so viele wie möglich von ihnen ins Jenseits zu schicken und selbst so lange zu Leben bis er ausreichend dazu beigetragen hatte.


    Das Licht des Tages wurde immer heller und die Sonne stieg immer weiter am Himmel empor. Jeder Schritt brachte sie näher an ihr Schicksal und das ihrer Stadt...

  • Es war ein kleiner Trupp der Bataver, der es geschafft hatte, sich durch die Kundschafterreihen der Parther hindurch zu schlagen und beobachtet nun aus aus sicherer Distanz wie sich das Heer der Parther in Bewegung setzte.

    Duplicarus Vitellius der Bataver hatte zum ersten mal das Komanndo einer kleinen Einheit zur Verfügung und er war stolz darauf, das sie so weit stossen konnten. Eine gute Meile trente sie noch von dem Heer des Feindes, doch von ihrer Position, einer Hügelkette nord-westlich vom Feind, hatte Vitellius einen guten Blick über die Parther, ohne das seine Position leicht vom Gegner auszumachen war.


    Er lag hinter einem Felsen, der ihn gute Deckung bot, seinern Helm hatte er schon lange abgenommen und durch ein grau-beiges Tuch ersetzt, das ihn zum einen vor der Sonne schützte, ihn aber zum anderen auch noch schwerer zu entdecken machte. Kaum einen schritt weiter, fiel der Hügel steil ab, bildete über eine lange Strecke eine zerklüffte Steilwand.


    Vitellius bemühte sich, das was er sah in akzeptable Zahlen zu fassen, was nicht ganz leicht war, fehlte dem feindlichen Heer in den Augen des Feindes doch die klare Struktur der römischen Legionen.


    Er robbte etwas zurück, reichte eine Wachstafel an zwei der Eques, der sich mit den anderen auf der, den Bataver abgewandten Seite des Hügels befand.


    "Macht Meldung an das Hauptheer, wir anderen bleiben am Feind dran."


    Die Eques machten sich auf den Weg, bis sie im Hauptlager des Heeres waren und den Bericht einem senatorischen Tribun überreichten.

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