atrium | Callidus et Corvinus

  • Gemäßigten Schrittes führte der Knabe den Besucher samt seiner beiden Begleiter durch das vestibulum ins atrium, welches nicht so hell wie im Sommer da lag. Die Sonne sickerte heute nur spärlich durch das compluvium. Selbst die mosaikenen Seenymphen und Wassertiere schienen träge ihre Kreise am Grund des impluvium zu ziehen.


    "Bitte setzt euch doch, domini. Der Magistrat wird euch sicher nicht lange warten lassen", sprach der Knabe, verbeugte sich eine Spur zu ruckartig und entfernte sich zu rasch, um noch angemessen zu wirken. Es mochte daran liegen, dass der Junge kaum zehn Jahre alt war. Dina sah ihm tadelnd hinterher, als sie nun mit einem Tablett auf die Herrschaften zu kam. "Entschuldigt das Verhalten des Jungen, er weiß es noch nicht besser", bat sie scheu und reichte den Gästen das Tablett mit gemischtem Wein und Wasser an. Stumm zog sie sich zurück, als die Herrschaften bedient waren, so sie es denn wollten.

  • Callidus folgte samt der Klientel dem Jungen in das Atrium. Dort angekommen nahm der Aelier gern den angebotenen Wein an. Seine Begleitung verzihtete, auch wenn sie sicher gern etwas genommen hätte und nur selten solche einen erlesenen Wein kosten konnte. Doch was hätte es für einen Eindruck gegeben, wenn sie selbst den Wein angenommen hätten, der ihrem Patron gereicht worden wäre?
    So verzichteten si lieber hier und konnten sich kleinerer Geldgeschenke des Callidus in Zukunft sicher sein.
    Der procurator blickte sich indessen um und betrachtete den Ausbau des Hauses.


    > Ich halte ihn für durchaus wohl erzogen. Welcher Junge seines Alters würde sich anders verhalten. Die Leichtigkeit seiner Jugend ist doch ganz erfrischend, nicht wahr? <


    ...schmunzelte Callidus, während die Klientel lächelte und eifrig nickte, wie es ihre Aufgabe war.

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • Dina lächelte schüchtern, aber doch erfreut über den Großmut des Besuchers. Dezent neben einer Säule stehend, wartete sie darauf, dass die Becher nur mehr zur Hälfte gefüllt sein würden, was für sie der Anlass war, erneut nachzuschenken.


    Nur wenig später kehrte der Junge mit mir zurück ins atrium. "Aelius Callidus, procurator a libellis, dominus. Mein Herr, Aurelius Corvinus, decemvir litibus iucandis", sagte der Knabe pflichtbewusst und mit ein wenig zuviel Elan in der Stimme, ehe er mich mit den Besuchern allein ließ. Wer waren die anderen beiden? Sie sahen weder wie Sklaven noch wie Leibwachen oder Prätorianer aus. Es mussten Klienten sein oder gar Verwandte des Aeliers?


    "Salvete, meine Herren. Aelius Callidus, ich bin überrascht und erfreut, dich in meinem Hause willkommen zu heißen. Setzt euch doch bitte. Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs?" fragte ich und deutete gleichsam auf die einladend gepolsterte Sitzgruppe nahe des impluvium. Selbst setzte ich mich ebenfalls, voller Interesse, was einen verdienten Mann wie den gewesen comes , rector der schola und amtierenden procurator a libellis zu mir führen konnte. Gedanklich ging ich die Erbschaftsliste durch. Nein, ein Aelier war dieses Mal nicht unter den Verstorbenen gewesen. Doch erinnerte ich mich daran, dass Aelius Quarto mit dem Kaiser nach Parthien gezogen war. "Wie geht es deinem Verwandten, Aelius Quarto?" wollte ich wissen und ließ mir von Dina ebenfalls einen Becher Wein reichen.

  • > Ich danke dir, Aurelius Corvinus. <


    Callidus stellte den Becher des Weines vorläufig auf dem kleinen Beistelltisch ab und setzte sich wie von Corvinus angeboten.


    > Meinem Verwandten, Senator Aelius Quarto ergeht es gut. Er regelt im Stab des Augustus die amtlichen Geschäfte und ist auch für den Schriftverkehr mit Rom zuständig. Gewiss wird er im Lager der Legion völlig neue Seiten und Praktiken kennenlernen, die seinen Ehrfahrungswert noch steigern können. <


    Wie sehr diese neuen Seiten seinem Verwandten gefallen würden, ließ Callidus mal offen.


    > Wie ergeht es dir? Du warst während deines Duumvirats lange Zeit in Germanien und hast deine Geschäfte in Vertretung erledigen lassen. Eben dorthin, nach Germanien, schickte dich der princeps als Tribun, wenn ich mich recht erinnern will. Du bist zurück in Rom und nun vigintivir litibus iudicandis. Ich nehme an, wir werden bald in Rom einen Aurelier sehen, der in den Senat strebt? <

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • "Ja, ich hörte davon, dass der princeps ihn als Mitglied seines Beraterstabs mit nach Parthien genommen hat. Zweifelsohne wird er mit einigen sehr interessanten Erfahrungen heimkehren. Es bleibt nur zu hoffen, dass sein Stammhalter bis dahin nicht schon aus seiner Kindheit hinausgewachsen ist. Sicher würde es ihn sehr grämen, wenn er die frühe Phase gänzlich verpasst", überlegte ich laut. Natürlich kannte ich Aelius Quarto kaum, und privat sogar gar nicht, doch über die wichtigsten Dinge - wie eine Geburt beispielsweise - war man in Rom stets informiert. Alles weitere waren Mutmaßungen, bei denen ich von mir selbst ausging und projizierte.


    Auf Callidus' Frage indes musste ich schmunzeln. "Mir geht es bestens, ich danke dir. Du bist richtig informiert - der Kaiser entsandte mich zur legio Germanica Secunda und verlängerte meine Amtszeit um ein weiteres Jahr. Auch wenn ich zu Anfang nicht überzeugt von der Entscheidung war, nach Germanien entsandt zu werden, so bin ich dem princeps rückblickend für seine weise Entscheidung dankbar und bewundere seine Weitsicht. Ich habe mir einiges an Wissen aneignen können während meines Tribunats", erwiderte ich und nickte. "Das Amt eines decemvir ist ein ehrenvolles und ich habe es derzeit inne, das ist korrekt. Und ebenso trifft deine Vermutung zu, was mein Ziel betrifft, Aelius, so der Kaiser es befürwortet." Abermals nickte ich. Einen Schluck Wein später maß ich meinen Besucher mit forschendem Blick. "Zieht es denn dich nicht in den Senat? Du bist ein begabter Mann, rector scholae, gewesener comes und bekleidest nun eine herausragende Stellung am Hof des Kaisers. Es wäre dir sicherlich ein Leichtes, den cursus honorum zu beschreiten."

  • > Des Senators Sohn Gaius wächst prächtig heran in der Obhut seiner Familie. Doch es ist, wie du sagst. In diesem jungen Kindesalter verpasst man viel, wenn man nur einen einzigen Monat abwesend ist. Doch warum sollte ein Senator und Konsular dies scheuen, wenn tausende Männer für Rom in den Krieg ziehen und dasselbe opfern? Aelius Quarto ist einer dieser! <


    Den Ruf seiner Familie in Worten zu wahren und zu mehren war ihm ein Leichtes, schließlich war er hier und da auch für die Propaganda des princeps zuständig.
    Den Werdegang des Aureliers kannte Callidus als Beobachter der politischen Dinge in Rom recht genau, war doch er auch für die Archivierung, die Erstellung der Schreiben und Urkunden und allerlei mehr verantwortlich gewesen.


    > Der cursus honorum und ein Sitz im Senat sind ehrenvolle Dinge. Und ich würde lügen, wenn ich sagte, es hätte nie einen Reiz auf mich ausgeübt. Indes, mein Weg verlief anders, und ich kann nicht sagen, dass er mich in die Irre führte. Doch wie du es selbst aufzähltest, meine Aufgaben sind derzeit so vielfältig, dass sie mir wenig Zeit lassen, mich um ein Amt zu bemühen. Zunächst werde ich mir neben der Rhetorik vielleicht noch einmal das Rechtswesen aneignen. Sowohl die Rechtsgelehrten des Palatin als auch die praeceptores der schola wären dabei ja in meiner Reichweite. <


    Hatte Callidus dem Mann schon zu viel erzählt? ER hate sich zu einem Plausch hinreißen lassen, obwohl er ja in ganz offizieller Angelegenheit hier war.


    > Nun, mit dem Wohlwollen des princeps denke ich jedoch, wird dir, als Mitglied aus patrizischem Geschlecht, der Senat nicht verwehrt bleiben, verhilft der Augustus doch zum Wohle Roms den fähigsten Männern nur zu gern in den Senat. <


    Eine kurze Pause folgte gepaart mit einem Lächeln.


    > Ich will dich aber nicht langweilen und noch weniger deine kostbare Zeit rauben, weshalb ich zu meinem Anliegen kommen möchte... <

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • Ernst nickte ich. Natürlich hatte ich nicht behaupten wollen, der Senator halte sich für Besseres. "Es ist in jedem Falle eine Ehre, zum Beraterstab des Kaisers zu gehören, und es ist die Pflicht eines Römers, dem Ruf seines princeps zu folgen", pflichtete ich bei. Ich würde ohne Zweifel dasselbe tun.


    "Ah, das Rechtswesen. Ja, mir ein fundiertes Wissen hierüber anzueignen, ist auch eines meiner Ziele, auch wenn die Prätur noch in weiter Ferne liegt", erwiderte ich. Dass der Kaiser Männern in den Senat half, die es verdienten, daran zweifelte ich nicht. Doch die Frage war, ob man es verdiente. Ich äußerte mich niht dazu, denn dies konnte ich weder entscheiden noch vorhersagen. Statt hierauf zu antworten, trank ich einen Schluck und ging nachfolgenden auf das Anliegen ein, welches der procurator hatte. "Obgleich du mich weder langweilst noch in irgendeiner Weise aufhältst, bin ich ganz Ohr", entgegnete ich schmunzelnd und war gespannt, was nun also folgen sollte.

  • > Nun, wie ich sagte, verhilft der Augustus verdienten Männern gern in den Senat. Genau das ist mein Anliegen, deshalb kam ich auch zu dir.
    Ich hörte, dass du durchaus mit Kaeso Annaeus Modestus bekannt bist, dem Duumvir Mantuas. Es würde mich nun freuen, wenn du mir von ihm berichtetest. <


    Callidus beobachtete sein Gegenüber genau und wartete die erste Reaktion auf die Nennung des Namens ab.

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • Ah, demnach war Modestus im Gespräch, zumindest für ein wichtigeres Amt oder aber - und das war wahrscheinlicher - eine Standeserhebung, schlussfolgerte ich. "Annaeus Modestus", wiederholte ich und nickte. "Er ist meines Erachtens ein tüchtiger Mann. Zu meiner Zeit als duumvir Mantuas hat er als Magistrat diplomatisches Geschick bei den Händlern bewiesen und die Stadtverwaltung mit recht guten Einfällen besser gestaltet. Soweit ich weiß, hat er auch eine neue Marktordnung durchgesetzt, die von den ansässigen Händlern als gerecht aufgefasst wird. Näheres darüber wird er dir sicher selbst sagen können, sofern dich das interessiert. Das Amphitheater wurde unter ihm eingeweiht und vor einigen Tagen war ich als Gast zu einer Tempelweihe geladen, da er der Stadt einen Merkurtempel stiftet. Meiner Ansicht nach gibt es eindeutig Männer, die weniger in Frage kommen, um die Aufmerksamkeit unseres vielbeschäftigten Kaisers zu erhalten", schloss ich. Von dem, was ich sagte, war ich überzeugt, und nicht zuletzt war Modestus mein Freund. "Er mag in Rom nur deshalb nicht bekannt sein, weil er sein Potential in meiner Heimatstadt investiert. Möchtest du denn etwas bestimmtes wissen?"

  • Natürlich hörte der Aelier interessiert zu. Nicht nur, weil die Informationen für ihn wichtig waren, nein auch, weil er es als gewesener Comes aus purem Interesse am Schaffen des Mannes gern tat. Derlei Angelegenheiten der Städte waren ihm auch heute noch wichtig genug, dafür ein Ohr zu haben.


    > Nun, wie ich sehe, hat der Mann sich alles andere als der süßen Muße gewidmet. Seine Mühen für die Stadt erscheinen vielfältig. Und auch von der Marktordnung hörte ich bereits. <


    Da auch sein Freund Detritus diese ausdrücklich erwähnt hatte, musste sie das goldene Ei gewesen sein. Vielleicht sollte Callidus tatächlich einen Blick darauf werfen, wenn er sie in die Hände bekam.


    > "Nur deshalb nicht bekannt" ...sagst du? Denkst du, dass er in Rom noch keinen Namen hat? <


    ...hakte der Aelier nach, da er mittlerweile zwar um den Bekanntheitsgrad wusste, ihn hier aber noch nicht erwähnt hatte.

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • Nickend registrierte ich, dass Modestus doch nicht so unbekannt schien, wie ich geglaubt hatte. Nun gut, zumindest seine Taten. Ob der weiteren Frage überlegte ich einen kurzen Moment, ehe ich antwortete. "Denjenigen, die sich für die Belange der Provinzstädte interessieren oder aus anderen Gründen mit deren Verwaltung zu tun haben, wird sein Name sicherlich ein Begriff sein", erwiderte ich. "Aber ein einfacher Händler oder Ladenbesitzer Roms wird ihn kaum kennen, da er einfach nicht weit genug über den Tellerrand hinausschaut", vermutete ich weiters. "Spätestens der Name seiner gens sollte aber jedem ein Begriff sein, was nicht zuletzt Annaeus Florus zu verdanken ist."
    Ich entschloss mich schließlich dazu, den rector indirekt zu fragen, warum er mich zu Modestus befragte. "Es liegt doch nichts gegen ihn vor?"

  • > Nun, gewiss ist er bei den Tagelöhnern Roms nicht bekannt, denen wohl einzig die Namen der Männer noch etwas sagen, die ihnen ein paar Sesterzen zustecken. Es belibt jedoch zu fragen, welchen Namen er sich wohl im Senat gemacht hat. Seine Familie, ja, sie wird den meisten ein Begriff sein. <


    Callidus lächelte auf die Nachfrage hin.


    > Es liegt zumindest so wenig gegen oder für ihn vor, dass ich eigens deshalb gekommen bin, um mehr zu finden. Doch nichts Negatives, sondern Dinge, die dafür sprächen, dass der princeps ihn in den ordo senatorius erhebe. <

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • Ein Schmunzeln quittierte die Worte des Aeliers, doch ich nickte anschließend. Dass man Modestus für eine Standeserhebung in Erwägung zog, verwunderte mich, um ehrlich zu sein, nicht. Oftmals verschwanden gerade die Männer, die einen Verwaltungsposten in einer Provinzstadt besetzten, allzubald in der Versenkung und wurden nicht mehr gesehen. Dann gab es einige wenige, von denen man öfter etwas vernahm. Iulia Helena beispielsweise, Didius Albinus oder auch mein Namensvetter von den Artoriern. Wobei ich gerade nicht einmal hätte sagen können, wie es um ihn stand derzeit.


    Zur Standeserhebung dachte ich mir natürlich auch meinen Teil. Viel unfähigeren Männern war es gestattet worden, die Insignien des Ritterstandes tragen zu dürfen. Doch eine Frage musste ich zwangsläufig laut stellen. "Hat er denn keinen Patron, der sich für ihn einsetzen kann?" fragte ich also verwundert.

  • Ebenso lächelte nun Callidus.


    > Der Imperator Caesar Augustus erhebt gewiss Personen aus seinem Umfeld, die ihm äußerst fähig erscheinen. Annaeus Modestus ist derzeit weit davon entfernt, dem Umfeld des princeps zugerechnet werden zu können. Nicht zuletzt deshalb kam ich zu dir. Er erhebt Personen, deren Erhebung ihm angetragen wurde. So ist es auch beim Duumvir Mantuas. Es setzte sich jemand für ihn ein. Ein Einsatz, der Iulianus augenscheinlich aber nicht genug war. Ich suchte die angesehensten unter den Senatoren auf, um mir ein Bild von dem Mann einzuholen. Man verwies mich unter anderem aber auch an dich. <


    Während er sprach versuchte Callidus seine Miene möglichst undurchlässig erscheinen zu lassen. Es war in seinem Amt stets wichtig, neutral zu bleiben, oder zumindest immer so zu erscheinen.

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • Wenn mich diese Empfehlung überraschte, zeigte ich es ebensowenig wie Callidus zeigte, was ihn in jenem Moment bewegte. Ich neigte lediglich kurz den Kopf und schmunzelte anschließend. "Dann hoffe ich, dass ich dir helfen konnte, magister", erwiderte ich. "Wenn du gestattest, würde ich den Zeitpunkt gern nutzen, um meinerseits ebenfalls etwas anzusprechen, weswegen ich dich in Kürze ohnehin aufgesucht hätte. Es geht um einen meiner Klienten und betrifft ebenfalls eine Standeserhebung", sagte ich und wartete ob, es Callidus genehm sein würde, wenn ich seine Anwesenheit gleich nutzte. Es wäre allerdings auch kein Beinbruch, sollte ihm lieber sein, dass ich ihn nochmals aufsuchen würde.

  • Callidus nickte wiederholt.


    > Bin ich in selber Angelegenheit auch zu dir gekommen, so spräche doch nichts dagegen, wenn du deine Bitte an mich heranträgst. Es wird kaum nötig sein, dass du wegen einer Sache, deine Klienten betreffend, noch zusätzlich das palatium aufsuchen musst.
    So teile mir mit, um wen es sich handelt, und ich werde es dem Augustus zukommen lassen. <


    Einer der stillschweigenden Begleiter, die das Gespräch im Hintergrund verfolgt hatten, zücke eine tabula, um sich Notizen zu den Angaben des Aureliers zu machen, so dass der procurator sich ganz auf das Lauschen konzentrieren konnte.

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • "Wie es der Zufall will, betrifft mein Anliegen erneut einen gewesenen duumvir Mantuas. Aus deiner Zeit als comes wird dir der Name Didius Albinus gewiss ein Begriff sein, und auch hernach wirst du sicherlich von ihm gehört haben, hatte er doch nach dem gescheiterten Versuch meines Onkels das Amt des italischen comes inne, bis dieses durch die lex Aelia et Octavia wegfiel. Er hat sich verdient gemacht für Mantua und auch für Rom, und ich halte ihn für bereit, die Ritterwürde zu tragen" , erwiderte ich auf Callidus' Aufforderung hin. "Daher möchte ich unseren geschätzten princeps ersuchen, ihm diese Ehre zuteil werden zu lassen. Am erforderlichen Landbesitz soll dies nicht scheitern."

  • Callidus war ob des Namens tatsächlich überrascht.


    > Ich hörte von meinem Freund Octavius Detritus, dass der Mann sich ins Privatleben zurückgezogen habe, nachdem die Curia Italica aufgelöst worden war. Zum Ende der Verwaltung hin kamen mir nur einzelne Eklats zu Ohren, die sich abgespielt haben sollen. Wenn es aber dein Wunsch ist, und du dich für diesen Mann aussprechen willst, so werde ich dein Anliegen gewissenhaft weiterleiten. Jedoch solltest du deinen Einsatz mir in schriftlicher Form darreichen. Es ist aber genug, wenn du dein Schreiben an die Verwaltung schickst. Es wird dann dort in meine Hände fallen und bearbeitet werden; oder aber, du kannst es mir gleich jetzt mit auf den Weg geben. <


    Offenbar war das Privatleben in der süßen Muße nicht das, was den Didier glücklich machte.

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • "Ja, das entsprach bis vor kurzem auch noch den Tatsachen", bestätigte ich dem procurator. "Allerdings hat er während des vergangenen Jahres festgestellt, dass der Ruhestand noch nicht erstrebenswert ist. Ihm fehlt die Arbeit. Von den Vorfällen, die du ansprichst, weiß ich allerdings nichts bisher... Möchtest du vielleicht ins Detail gehen?" fragte ich interessiert nach. Immerhin war Albinus seit kurzem mein Klient, und wenn er mir seine Patzer verschwieg, würde ich beim Kaiser gegen eine Mauer anlaufen, indem ich ihn darum bat, meinem Klienten die Ritterwürde angedeihen zu lassen. Das wäre weder für ihn gut noch für mich selbst.

  • Callidus konnte das gut nachvollziehen, wenn man einmlal in der Politik tätig war und noch nicht durch das Alter geschwächt, würde man sich wohl kaum mit seiner neugewonnenen Freizeit abfinden können. So hatte der Aelier zwar immer gut zu tun, würde aber eben diese Arbeit furchtbar missen, wäre sie plötzlich nicht mehr da.


    > Seinen Entschluss, wieder zurückzukehren, kann ich verstehen. Vielleicht war es nur das neue Gesetz, dass ihn zu einer Pause und zum nachdenken zwang. <


    Über die Vorfälle in der Kurie musste Callidus nachdenken. Lange war es bereits her, dass Detritus ihm davon erzählt hatte.


    > Didius Albinus beschleunigte damals die Wahl eines Comes, wobei der alte vom princeps ernannte, nämlich eben dein Onkel, von selbigem noch nicht abgesetzt worden war. Er und seinesgleichen machten Albinus zum Comes. Ich hörte, dass er sein Amt allzu sehr genoss. Er erhob sich, gegen die Tradition und ohne das Gremium zu befragen, selbst in den ordo decurionum, ebenso seine Mitläufer.
    Auf den Einwand des Octavius Detritus hin gegen dieses ungeheure Vorgehen entließ Didius Albinus, ohne einen Grund dafür zu nennen oder auch zu haben, außer die Feindschaft selbst, den Octavier vom Posten des rei nummariae peritus. Ein Affront, denn er besetzte den Posten mit einem Mann, der so unfähig war, dass er jenen bald auch wieder entlassen musste. All diese Vorgänge und das Brechen mit den Traditionen dieser Hallen brachten den Senat wohl umso mehr dazu, das neue Gesetz zu beschließen. Selbst Beisitzer sollen unter seiner Führung die Kurie öffentlich verlassen haben. <


    Callidus schüttelte kurz den Kopf.


    > Vielleicht hat er über seine Taten nachgedacht. Und wir beide wissen, dass da politische Geschäft nicht immer ohne Opfer zu tätigen ist. Diese Vorgehen hätte ich, und ich war Comes, aber in jeder Weise gescheut und verschmäht, war es doch geradezu rebellisch und provozierend. <


    Schon aus reiner Freundschaft zum Octavier würde Callidus eine Erhebung dieses Mannes in den Ritterstand nicht unterstützen, welche Freiheiten würde sich jener wohl nehmen, wenn er als kaiserlicher Finanzbeamter in eine Provinz geschickt werden würde. Verres wäre ein Schuljunge gegen ihn.

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

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