fauces | Ein neues Leben

  • Sie guckte Fiona fragend an. Wo sie hinwollte? "Selbstverständlich würde ich wieder nach Hause gehen." Als sie antwortete, klang sie jedoch nicht sehr überzeugt. Zweifel überkamen sie plötzlich. War das wirklich so selbstverständlich? Natürlich wollte sie wieder zurück, doch sie wusste ja nicht einmal, ob ihre Familie noch lebte. Womöglich existierte ihr heimatliches Dorf bereits gar nicht mehr. Nein, daran wollte sie nun wirklich nicht denken. Und vor allem, wie sollte sie den Weg zurück in ihre Heimat schaffen? Sie hatte keine Landkarten. Sie begann zu überlegen, ob es nicht besser wäre, die beiden zunächst zu begleiten. "Hm, wenn ich es mir recht überlege... vielleicht sollte ich auch vorerst mit euch mitgehen. Ich vermisse meine Heimat zwar schmerzlich, doch es wäre sicherlich nicht klug völlig überstürzt und planlos in Richtung Norden aufzubrechen." Und vor allem so ganz alleine. Wenn sie es gleich von Anfang am im Alleingang versuchen würde, würde sie vermutlich nicht ein paar Tage überstehen. Zudem waren ihr Fiona und Aintzane mittlerweile sehr ans Herz gewachsen. So schnell wollte sie sich nicht wieder von den beiden trennen. "Außerdem klingt das wunderschön, was du über deine Heimat berichtest, Aintzane. Das würde ich zu gerne einmal sehen." Minna lächelte sie an. Was sie wohl dazu sagen wird?

  • Fiona hörte den beiden Frauen zu, wo sie hingehen würden, wenn sie hier weg wären. Wo würde sie selbst dann hingehen wollen? Wieder nach Hause? Da gab es niemanden mehr! Wie wäre es, wenn auch sie mit ihnen gehen würde? Es klang schön, was Aintzane über ihre Heimat erzählte.
    Einen Moment überlegte sie.
    "Ich glaube, ich würde auch mit euch gehen! In Aintzanes Heimat! Wir müssen jetzt nur noch eine passende Gelegenheit abwarten."
    Verschwörerisch schaute sie die beiden an.
    "Jeder von uns sollte sich überlegen, wie wir hier raus kommen können, ob es jemanden gibt, dem wir vertrauen können der uns helfen könnte. Dann schmieden wir einen Plan! Und dann werden wir wieder frei sein!"

  • "Ihr wollt mit mir gehen? In meine Heimat?", fragte sie die beiden. "Das ist... schön.", meinte sie nach einer kurzen Pause. "Ihr werdet es sicher mögen." Sie rang sich selbst ein Lächeln ab. Sie war froh, dass sie nicht von Minna und Fiona getrennt sein würde... sie hatte die beiden sehr gern gewonnen, und es hätte ihr Leid getan, sie nach jener Flucht nie wieder zu sehen.
    "Also...", überlegte sie laut nach Fionas Vorschlag. "Wir brauchen einen plan, da muss ich dir zustimmen, Fiona. Also... ich denke, Vorschläge sind jetzt gefragt. Hmmm... wartet. Deandra in Ostia!" Sie lachte auf wie einst Archimedes, als er in seiner Badewanne sein Naturgesetz entdeckt hatte. "Das ist es!"

  • Überrascht schaute Fiona zu Aintzane hinüber. "Sag nur, du hast eine Idee! Komm, sag schon! Wie kommen wir hier weg?"
    Wollte sie etwas nach Ostia fliehen und von da aus mit einem Schiff nach Spanien gelangen?
    Gespannt wartete sie auf Aintzanes Erklärung. Mittlerweile war sie soweit, daß sie alles tun würde, nur um hier aus diesem Haus zu kommen. Alles was sie noch wollte, war ihre Freiheit wieder zu gewinnen.

  • "Also, meine Idee sieht so aus!", meinte Aintzane; ihre Augen leuchteten und sie rieb sich ihre Hände. "Ich bin schon recht lang Deandras Sklavin und kann ihre Handschrift, denke ich, nachmachen. Ich schreibe einfach einen Brief, der besagt, dass ich und ihr beiden dringend in Ostia benötigt werdet. Damit kommen wir aus Rom heraus und anch Ostia, und das sogar mit ein bisschen Proviant und Geld! In Ostia machen wir uns selbstständig und verstecken uns auf irgendeinem Schiff nach Tarraco... und wenn die Ware dort ausgeladen wird, schleichen wir heimlich an Land! Und dann... dann sind wir gerettet!"

  • Fiona hörte aufmerksam zu, was Aintzane zu sagen hatte. Sie war sehr verblüfft über ihren Pan. Einen Brief zu fälschen, um aus Rom hinaus zu gelangen. Ostia wäre sicher die beste Möglichkeit, um dann nach Spanien zu gelangen. Der Plan hörte sich für sie wirklich gut an.
    Zustimmend nickte sie Aintzane zu."Hört sich wirklich gut an! Das könnte klappen! Was denkst du, Minna?"
    Fragend hatte sie sich zu ihrer Freundin hingewandt. Ob Minna jemals auf einem Schiff gewesen war? Hoffentlich würde sie nicht seekrank werden!

  • Erstaunt blickte sie Aintzane an und konnte es kaum glauben, was sie da erzählte. Sie hatte tatsächlich einen Plan, wie sie hier herauskommen könnten. Allerdings wusste Minna nicht so recht, was sie von dem Vorhaben halten sollte. Fiona schien auf jeden Fall von der Idee begeistert zu sein. "Doch doch, das hört sich wirklich schön an..." Schön gefährlich. Glaubten die beiden denn wirklich, dass das so einfach werden würde? Oder war sie selbst einfach nur zu pessimistisch? Sie überlegte einen Moment lang. Der Teil mit dem Brief und Ostia könnte sogar klappen, wenn sie so darüber nachdachte. Aber die Sache mit dem Schiff klang dann doch etwas utopisch. Dass die drei Sklavinnen sich einfach mal auf ein Schiff schmuggeln und es anschließend wieder unbemerkt verlassen könnten, konnte sich Minna nicht vorstellen. Irgendjemand würde sie sicherlich entdecken. Oder noch schlimmer, sie würden sich durch eine Unachtsamkeit selbst verraten. Dann wäre alles aus! Nein, sterben wollte sie noch nicht. Andererseits konnte sie dieses Leben auch nicht weiterleben. Zweifel plagten sie und sie begann nervös auf der Unterlippe zu kauen. Sie war hin und hergerissen. Sollten sie es wirklich wagen und alles riskieren?

  • Während Fiona voller Optimismus war und sich wahrscheinlich schon ausmalte, wie es war, in Spanien auf freiem Fuss wieder auf festem Land zu stehen, sah Minna eindeutig so aus, als ob sie ihre Zweifel hätte. Wahrscheinlich hatte sie da auch ziemlich recht. Doch jetzt hatte es Aintzane gerade geschafft, sich aus dem Pessimismus zu retten, und so leicht würde sie jene formidable Errungenschaft nicht aufgeben.
    "Also, ich sehe eine Tour als blinde Passagiere auf einem Schiff als einzige Fluchtmöglichkeit.", rechtfertigte sie ihren Plan. "In ganz Italien sind Leute verstreut, die spezialisiert darauf sind, entlaufene Sklaven wieder einzufangen. Wir hätten kaum die Chance, über Etrurien herauszukommen... und dann sind wir in den Alpen, an deren engen und hohen Pässen schon Grössere als 3 geflohene Sklavinnen gescheitert sind. Doch wenn wir mit dem Schiff reisen, wie sollen wir an das Geld für die Passage kommen? Und überhaupt - wenn wir bezahlen und somit ersichtlich machen, dass wir an Bord sind, kann der Schiffseigentümer rauskriegen, wer wir sind, und uns zurückverfrachten."
    Sie schwieg und liess die Schulern leicht hängen. "Ich kann an keinen besseren Plan denken... ihr vielleicht?"

  • Es war absolut plausibel, was sie sagte! Es gab wirklich keinen besseren Plan! Natürlich war ihr klar, daß es kein Spaziergang werden würde.
    "Nein, Aintzane, es gibt keinen besseren Plan! Schreib den Brief! Bitte schreib ihn, so bald als möglich! Ich will nicht länger hier bleiben!"
    Fiona war Minnas skeptischer Blick nicht entgangen und sie konnte es auch gut verstehen, daß ihr nicht ganz wohl bei der Sache war.
    Sachte klopfte sie ihr auf die Schulter.
    "Keine Angst! Wir drei werden das schaffen, wenn wir immer zusammenhalten!"
    Dann schaute sich Fiona um. Sie hatten jetzt schon eine ganze Weile hier gestanden und geschwatzt. Sicher würde es auf Dauer auffallen. Wenn man sie jetzt schon beim Fluchtpläne schmieden erwischen würde, wäre alles schon verloren.
    "Laßt uns heute Abend zusammenkommen, bevor wir schlafen gehen. Der Garten ist ein guter Platz dafür. Da wird heute Nacht bestimmt niemand mehr sein. Dann können wir alles Weitere noch besprechen!"
    Sie nickte den beiden Frauen zu und ging.

  • Anscheinend hatte sie ihre Zweifel bemerkt. Denn Aintzane versuchte sie nun von diesem waghalsigen Plan zu überzeugen. Aufmerksam hörte sie ihr zu. Die Baskin schien sich absolut sicher bei diesem Vorhaben zu sein. Und je länger Minna so darüber nachdachte, gefiel auch ihr der Plan immer besser. Außerdem hatte sie keinen besseren Einfall, das musste sie sich eingestehen. Es war also die einzige Möglichkeit, die es gab hier heraus zu kommen. Entschlossen blickte sie zu ihrer Mitsklavin auf. "Aintzane, du hast Recht. Einen besseren Plan haben wir nicht. Und überhaupt, was haben wir hier noch zu verlieren? Wir müssen es zumindest versuchen." sprach sie mit entschiedener Stimme. Fionas Worte gaben ihr zusätzlichen Mut. "Stimmt, wenn wir zusammen halten, könnten wir es schaffen. Gut, dann lasst uns im Garten weiter darüber sprechen. Wir sehen uns dann." Sie erwiderte Fionas Nicken indem sie es ihr gleich tat und verschwand anschließend in den Gängen der Villa.

  • "Mach's gut, Fiona... Auf Wiedersehen, Minna...", meinte sie zu den beiden und stand noch eine Weile alleine auf dem Flur. Also heute Abend im Hortus. Sie würde da sein.
    Es gab jetzt kein Zurück mehr.
    Sie atmete nochmals tief auf, dann ging sie langsam, aber bestimmt, zur Kammer eines Mitglieds der Familie, ein Mann, der zu faul war, um seine Briefe selbst zu schreiben, und das lieber Aintzane überlassen hatte.
    Doch während sie die Stufen hinaufstieg hatte sie immer ein inneres Bild vor Augen.
    Ein Schiff mit vollen Segeln.

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