Audienz für den Philologos Theodoros Alexandreus

  • Im Versuch, seine Würde zu wahren, aber unter der Schale doch sehr unsicher, betritt Theodorus den weiten Raum und schaut sich in alle Richtungen um...

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • An der Stirnseite der Aula Regia saß der Praefectus Alexandriae et Aegypti, umringt von einigen Schreibern und Beratern.
    Als der Philologos den Saal betrat und angekündigt wurde richteten sich alle Blicke auf ihn.


    Der Praefectus ergriff das Wort: “Salve Theodoros! Ich freue mich immer über Besucher aus dem ehrwürdigen Museion. Doch du bringst mir schlechte Kunde?“
    Das war eine vergleichsweise knappe Begrüßung. Scheinbar war Germanicus Corvus begierig darauf die 'betrübliche Nachricht' ohne lange Vorrede zu hören.

  • Als Theodorus den Eparchen sieht, will er sich ihm gleich zu Boden werken um ihn mit schwülstigen Redewendungen lauthals zu loben und zu preisen, so wie er es immer gelernt hatte. Allerdings wird dieses Vorhaben schon im Keim erstickt durch die klaren Worte, die der Mann an ihn richtet und die ihm signalisieren, dass es vielleicht doch besser wäre, schnell zum Punkt zu kommen. Also verbeugt er sich nur freundlich und antwortet (natürlich auf Latein):


    "Salve, Praefecte! Auch ich freue mich, von dir empfangen werden zu dürfen."


    Was Klügeres fällt den Gelehrten, dessen Herz schnell und aufgeregt pocht, im Moment nicht ein.


    "Und tatsächlich muss ich dir eine überaus traurige Botschaft überbringen. Dein ergebendster und gehorsamster Diener, der Epistates tou Museiou Tychios von Chalkis, wurde vom Fährmann weggetragen und ruht nun in Serapis' Armen."

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • “Das ist wirklich eine äußerst betrübliche Nachricht. Möge er am jenseitigen Ufer Frieden und Glück finden.“, antwortete der Praefectus Aegypti, ohne sich eine deutlich zur Schau getragene Gefühlsregung zu erlauben.
    “War er krank? Man hat ihn schon lange nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen, habe ich mir sagen lassen.“


    Tatsächlich hatte es der Epistates sogar versäumt, ihm nach seiner Ankunft in Alexandria und bei seinem feierlichen Amtsantritt seine Aufwartung zu machen, was Corvus selbstverständlich aufgefallen war und ein wenig erbost hatte.

  • Kurz scheint der Gelehrte, der nicht weiß, dass Corvus nicht weiß, dass der Antiromanismus des Epistates in der gesamten römischen Welt seinesgleichen suchte, über die Frage des Praefectus ein wenig verwundert, dann gelingt es ihm aber doch, I und I zusammenzuzählen und er fragt nicht weiter nach und gibt sich ungerührt.


    "Hmmnein, von einer Krankheit des Epistates ist mir nichts bekannt. Eigentlich erschien er mir vor einer Woche noch recht lebendig. Heute Nacht wurde er tot in eimem Brunnen des Museions aufgefunden. Der Strategos, selbst Schüler des Museions, hat bereits Untersuchungen eingeleitet."

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Der Praefectus zeigte sich überrascht.
    “In einem Brunnen? Ein erstaunlicher Ort um zu sterben, vor allem für einen so erwürdigen Mann wie den Epistates. Es beruhigt mich zu wissen das der Strategos Alexandrinos bereits eine Untersuchung eingeleitet hat.“


    Die Überraschung war schnell wieder verflogen und einem anpackenden Pragmatismus gewichen.
    “Wer wird nach seinem Tod und bis zur Berufung eines Nachfolgers das Museion leiten?“

  • Theodorus steht mit der für einen Besuch beim Vizekönig nötigen Würde und Ernsthaftigkeit vor dem Eparchenthron, nur Jemand der ganz genau hinsieht, kann einen gewissen verwunderten Blick in der Mine des Philologen erkennen. Die Erwiderung des Präfekten lässt er dementsprechend auch unkommentiert und geht nur auf die Frage ein.


    "Eben deswegen bin ich vom Museion beauftragt worden, dich aufzusuchen. Wie du sicher weißt, wird der Epistates von Alexandria traditionell vom größten Förderer der freien Künste, dem Rex Alexandriae* Imperator Caesar Augustus persönlich ernannt. Und als sein Stellvertreter, dachten wir, dass du derjenige bist, der einen Kandidaten für die Übergangszeit wählt."


    Sim-Off:

    [SIZE=7]*Auch wenn Theodorus Latein spricht, benutzt er die in Aegyptus übliche Nomenklatur *klugscheiß*[/SIZE]

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Das war vermutlich genau das, was der Praefectus Aegypti hatte hören wollen. In seinem Gesichtsausdruck spiegelte sich Zufriedenheit.
    Anstatt aber sofort eine Entscheidung zu treffen sagte er zunächst:
    “Der Imperator Caesar Augustus ist nicht in Rom, sondern führt im Osten Krieg. Das weißt du sicherlich. Möglicherweise wird es deshalb etwas länger dauern bis ein neuer Epistates tou Mouseiou berufen werden kann. Ein kommissarischer Leiter müsste deshalb dazu bereit sein, diese Aufgabe auch über einen längeren Zeitraum zu übernehmen.“


    Dann sah er den Überbringer der 'betrüblichen' Nachricht direkt an.
    “Du bist Philologos am Museion? Mit welchen Artes Naturales befasst du dich vorzugsweise?“

  • Natürlich weiß Theodorus, dass der Kaiser derzeit vor allem damit beschäftigt ist, Legionen durch die Wüsten des Ostens zu peitschen. Aber der Gedanke, er würde dabei nicht gerne ein paar Stunden seiner Zeit opfern, um einen neuen Vorsteher fürs Museion zu finden, übersteigt seine Vorstellungskraft.
    Als Theodorus dann nach seinem Aufgabengebiet gefragt wird, steigert das seine Verwunderung umso mehr.


    "Ich? Äh... Angefangen habe ich mit Literatur, Lyrik und Philosophie, den Standards des Museion, zu welchen auch Geschichte, Geographie, Zoologie und Botanik gehören. Ich las die Werke des Aristoteles, des Erastothenes und der anderen großen Philologen der Vergangenheit. Meine Lehrmeister waren unter anderem Philo und Flavius Iosephus. In dieser Zeit habe ich allerlei Abhandlungen über diese Männer und ihr Wirken geschrieben, unter anderem über die Staatstheorie des Polybius, ein Werk, das sich noch heute gewisser Beliebtheit erfreut. Auch über die Bienenzucht verfasste ich ein Standardwerk. Später habe ich mich dann in Rom und Ostia mit der Mechanik verfasst und gerade plane ich einen längeren Vortrag über den Stand der Geographie..."

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Germanicus Corvus hörte mit Interesse zu.


    “Du kennst also nicht nur das Museion und Alexandria, sondern auch Rom und Ostia? Sehr schön. Um die Dinge dieser Welt klar und in allen Aspekten erfassen zu können ist es gut auch etwas von der Welt gesehen zu haben, es schärft die Objektivität, nicht wahr?“
    Manchmal war auch an Corvus ein kleiner Philosophos verloren gegangen. ;)


    “Zudem scheinst du innerhalb des Museions großes Vertrauen zu genießen, denn schließlich hat man dich ausersehen, mir die Nachricht vom Tode des Epistates zu überbringen und die sich daraus ergebenden Fragen zu erörtern.
    Das macht mir die Entscheidung leicht: Du wirst bis zur Ernennung von Tychios' Nachfolger das Museion kommissarisch leiten. Meinen herzlichen Glückwunsch.“

    Der Praefectus lächelte. Aber sein Blick machte auch unmissverständlich klar, dass er keinen Widerspruch gegen seine Entscheidung dulden würde.

  • Jetzt staunt Theodorus nicht schlecht. Er das Museion leiten? Großer Gott oben im Himmel, warum willst du mich mit dieser Last strafen? Wollte der Eparchos ihn damit belohnen oder bestrafen. Hoffentlich würde sich der Kaiser schnell seiner erbarmen.


    Aber bescheiden wie er ist, nickt er nur demütig und meint: "Ich danke dir für diese Ehre, die du mir zukommen lässt, O Praefecte, und verspreche dir, diese Aufgabe mit aller notwenigen Sorgfalt und umsicht zu übernehmen..."

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • “Ja, eine große Bürde, zweifellos. Aber einer muss sie schultern. Ich bin zuversichtlich das du es meistern wirst.“


    Noch immer lächelte Corvus. Aber Angesichts seiner eigenen Verantwortung als Statthalter von Ägypten sah er die Last der Verantwortung eines Epistates tou Mouseiou als eine eher geringe Bürde an. Was war schon dabei, einem Haufen Philosophen vorzustehen, die doch sowieso den ganzen Tag in ihren Studierstuben saßen und über absurde Fragen nachdachten, die außer ihnen niemand stellte, oder in ihren Werkstätten an mehr oder weniger sinnvollen Apparaturen tüftelten? Nicht das Corvus die Würde und die Bedeutung des Museions in Frage gestellt hätte, denn schließlich war er in seiner Jugend selbst einmal nach Alexandria gekommen um dort für einige Monate zu studieren. Doch die dortige Gelehrten hielt er – vielleicht auch aus dieser Erfahrung heraus – für ziemlich weltfremd und vom normalen Leben entrückt.


    Aber war die oft unerbittliche Wirklichkeit vielleicht in Gestalt eines Mörders in das Museion gekommen? Der Tod des Epistates war ein Rätsel. Eines, dass schleunigst aufgeklärt werden musste. Zumindest würde man der Öffentlichkeit bald einen Schuldigen präsentieren müssen, um den Rachdurst des Mobs zu stillen und das einfache Volk zu beruhigen.

  • "Zuversichtlich"! Der Praefectus konnte sich ja gar nicht vorstellen, was die Arbeit am Museion bedeutete. Eigentlich war Forschung nur ein Nebenbestandteil des Museions, der Rest war Bürokratie und Intrige! Na immerhin würde der Posten Theodorus die Gelegenheit bieten, die angestrebte Kooperation mit der Schola weiter auszubauen. Bezüglich der Gedanken an den Mord am Epistates (und irgendwie deutete alles darauf hin) hält es Theodorus dagegen mit den meisten Gelehrten: er ist zu weltfremd und vom normalen Leben abgerückt, um darüber eine Meinung zu haben.


    Stumm steht er da und wartet, ob der Praefectus noch was für ihn hat, oder ob er das Zeichen zur Beendigung der Audienz kriegt.

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • “Gibt es sonst noch etwas?“, fragte der Praefectus freundlich, denn er wollte den nunmehr mit der Verantwortung für das Museion Beladenen nicht fortschicken, ohne ihm Gelegenheit zu geben alles zu sagen was er zu sagen hatte.

  • Theodorus schaut etwas verlegen zum Eparchos. Natürlich fällt ihm doch noch eine Menge ein, das meiste hat mit Fördergeldern zu tun, aber das kann man den Eparchos wann anders unter die Nase reiben, vor allem sollte es jemand tun, der in den Künsten der Diplomatie besser kundig ist als Theodorus. Dann kommt ihn aber ein anderer, eigentlich für Theodorus' Bescheidenheit untypischer Geistesblitz:


    "Eine Sache hätte ich tatsächlich noch. Bin ich für die Zeit nur mit den Vollmachten des Epistates ausgestattet oder habe ich dieses Amt tatsächlich inne?"


    Dieser kleine Unterschied würde nämlich durchaus einen Unterschied in Sachen Gehalt und Lebensstil mit sich bringen...

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • "Verzeih, ich wollte nicht respektlos sein, ich habe dich sehr wohl verstanden, mir ging es nur um die juristische Handhabung...


    Ansonsten habe ich nichts mehr zu sagen..."

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • “Gut, dann wäre ja alles geklärt. Sobald es Neuigkeiten wegen der Nachfolge gibt werde ich es dich wissen lassen. Aber natürlich steht dir die Regia auch immer offen wenn du etwas auf dem Herzen hast.
    Ich danke dir für dein Kommen.“


    Mit diesen Worten beendete der Praefectus Aegypti die Audienz.

  • "Ich danke dir dafür, mich empfangen zu haben." meint Theodorus demütig und verneigt sich tief und respektvoll zum Abschied, bevor er den Saal verlässt...

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!