[Campus Martialis] Die Feier des Equus October

  • Der Morgen war aussergewöhnlich kühl für den bisherig sonst eigentlich recht gemäßigt warmen Oktober, aber dies tat der Festtagsstimmung keinerlei Abbruch. Gerade die jungen Leute Roms waren schon früh auf den Beinen, um sich für diesen Tag zu rüsten - schließlich stand ihnen ein ziemlicher Spaß bevor, der nicht immer glimpflich abging. Aber auch die etwas gereifteren Bürger der ewigen Stadt genossen die Tatsache, zuerst ein Pferderennen sehen zu können und dann kräftig zu feiern - der Equus October, einer der wichtigsten Feiertage des Mars, den günstig zu stimmen derzeit besonders wichtig war, artete gern in ein allgemeines Volksfest aus. Schon im Morgengrauen war die Priesterschaft des Mars in einem feierlichen Zug durch die Gassen und Straßen Roms gezogen, um das campus martialis anzusteuern, wo sich schon eine gute Menschenmenge wartend eingefunden hatte. Wie jedes Jahr am fünfzehnten Tag des Octobers würde hier in einem Rennen zwischen zwei Pferdestreitwagen das siegreiche Gespann ermittelt werden, um dann das rechte Tier des Gewinnergespanns zu Ehren des Mars zu opfern.


    Ein quengelnder kleiner Junge, an der festen Hand seines hochgewachsenen Vaters, wurde von diesem auch gleich über die historische Wichtigkeit dieser Feierlichkeit belehrt - einst hatten die Ahnherren der Römer, das stolze trojanische Volk, durch ein Pferd und die dahinter liegende List eine schmerzhafte Schmach erleiden müssen, welche jetzt, jedes Jahr aufs neue, durch das Pferdeopfer gesühnt werden sollte. Nicht, dass das den hungrigen Jungen wirklich interessiert hätte, aber die umstehenden älteren Leute nickten beifällig zu der Erzählung des Vaters und fühlten sich gleich ein bisschen wichtiger. Troja, das war Geschichte, Homers Sagenschatz wurde auch heute noch eifrig weitererzählt, und mit diesen Geschichten um Götter und Heroen war es leicht zu glauben, dass Rom die größte Macht auf der Welt war. Gerade zu der Zeit des Krieges gegen die Parther war dies ein willkommenes, erleichterndes Gefühl.


    Die Frauen allerdings blickten lieber auf den stattlichen flamen Martialis, dessen Erscheinung die ein oder andere sehnsuchtsvoll seufzen ließ. Überhaupt war die Konzentration schmerbäuchiger Priester bei dieser Prozession recht gering, als hätte man darauf geachtet, vor allem die jüngeren und schlankeren Männer mitziehen zu lassen, damit Mars' Virilität auch angemessen repräsentiert wurde. Einige Frauen blickten dem höchsten Marspriester und seinem Gefolge denn auch nicht in größtem Feiertagseifer nach, hier mochte eher Venus, des Mars' Geliebte, ihre Finger im Spiel gehabt haben. Aber welche Frau konnte schon die hervorstechende Attraktivität des flamenMartialis leugnen? Hochgewachsen, trainiert war er, das kahlgeschorene Haupt gab ihm eher den Anstrich der Besonderheit denn der Hässlichkeit, und die von seiner Frau gewebte tunica konnte kaum verbergen, dass der Priester anscheinend auf die Kraft seines Leibes achtete.


    Als der Zug das Marsfeld erreichte, hatten sich viele Bürger, die eben noch am Straßenrand der Prozession zugesehen hatten, dem Zug angeschlossen und die gespannte Menge wartete ungeduldig darauf, dass das Rennen beginnen möge. Die beiden Gespanne waren, wie es üblich war, besonders geschmückt, was für ein normales Rennen sehr hinderlich gewesen wäre - bei diesem Feiertag aber notwendig, um die Augen des Gottes besonders zu erfreuen. Ein Raunen ging durch die Menge, als der flamen Martialis mit seiner Gefolgschaft das für die Priester vorgesehene Podium erklomm und mit ausgestreckten Armen um Ruhe bat - und recht schnell wurde es still, allenfalls die Rufe eifriger Gerstenbreiverkäufer, die an solchen Tagen ein gutes Geschäft machten, konnte man noch vernehmen.


    "Mars, Du Behüter unserer Stadt, Du Vater Roms, Schlachtenzieher und Lebenswirker. Schenke uns an Deinem heutigen Tag die Kraft in Gestalt des Pferdes, welches Dir zu Ehren geopfert wird, wähle unter den beiden Gespannen jenes, welches Dir am Besten gefällt, denn nur für Dich haben wir uns eingefunden, Dir zu huldigen und Deinen Namen vieltausendfach zu nennen, auf dass das Echo in alle Ewigkeit erklinge!"
    Laut war die kräftige Stimme des flamen Martialis über den Platz gehallt, und als er den Arm hob, toste der Beifall der Menge auf, das Rennen hatte begonnen. In einer Staubwolke stoben die Pferde los, zogen die beiden bunt geschmückten Streitwagen hinter sich her, und hatten schneller als man es erwartet hätte, den ersten Markierungspfosten umrundet, nahmen die erste Langstrecke in Angriff. Wahrlich, als die Sonne ihren Lauf am Himmel begann und die erste Kühle vertrieb, schien es der perfekte Tag für eine Feier zu sein.

  • Wenn in Rom Wagenrennen waren, dann war Macer meistens nicht weit. Wenn es dann auch noch um den Kriegsgott ging, dann war er mit ziemlicher Sicherheit dabei. So war es auch diesmal, auch wenn seine Factio Russata weder an dem Rennen teilnahm, noch an dessen Ausrichtung beteiligt war. Die Hälfte seiner Fahrer war aber ohnehin nicht in Rom, so dass eine Teilnahme wennschon nur eingeschränkt möglich gewesen wäre. Statt sich also um Startaufstellungen und Renntaktiken zu kümmern, hatte Macer Zeit genug, sich einen guten Platz zu suchen, von dem aus er erste den Einzug der Prozession ins Stadion und dann den Verlauf des Rennens verfolgen konnte. Die Götter schienen es wieder einmal gut mit Rom zu meinen und schenkten ihm einen zwar kühlen, aber sonnigen Tag. Macer musste schon ziemlich lange überlegen, um sich an einen Festtag zu erinnern, an dem schlechtes Wetter gewesen war.

  • Diese Feier war natürlich obligatorisch für Modestus, weshalb er natürlich zusammen mit seinem Sklaven Chion und Clodius Albanus in Publikum zu finden war. Er sah sich gerne Rennen und wenn eigene Fahrer der Albata nicht daran beteiligt waren, genoß er die Rennen erst so richtig, da er sich keine Gedanken um die eigenen Fahrer, deren Strategie und anderen Dingen machen musste. Dies war solch ein Rennen, was Modestus noch etwas mehr freute, denn hier hätte er um den Verlust eines der Rennpferde bangen müssen, auch wenn er einen möglichen Fahrer der Albata nicht zu den möglichen Siegern gezählt hätte. Natürlich wäre es eine ungemeine Ehre wenn das das Opfer an Mars ein Pferd der Weißen gewesen wäre, doch Modestus würde solch ein Pferd lieber behalten um irgendwann einen weißen Fahrer bein einem Rennen in Rom siegen zu sehen. Das einzigste was Modestus an diesem Rennen störte, war dass es nach der Opferung des Siegerpferdes oft etwas ... turbulent wurde, weshalb ihn Albanus und Chion begleiteten. Er lauschte dem flamen martialis und verfolgte die Wagen gespannt als sie das erste Mal um die Markierung preschten.

  • Trotz der Nähe unserer gens zur factio Aurata hatte ich noch keinen eigenen Bezug zu den Rennen finden können, denn ich hatte noch nicht die Gelegenheit dazu gehabt, eines zu besuchen oder gar mit jemandem darüber zu fachsimpeln, der selbst leidenschaftlicher Anhänger dieser Belustigung war. Gerade dies aber hätte ich mir sehr gewünscht.


    Dass ich mich aber heute zusammen mit Maron und Trautwini zur Feier des Equus October begeben hatte, hing wenig bis gar nicht mit diesem Wunsch zusammen. Mich hatte vielmehr die Verehrung des Mars hierhergeführt und all die religiösen Hintergründe dieses Festes, die so bedeutsam waren und daher auch dringend an die Jugend und schon an Kinder weitergegeben werden mussten. Mit Befriedigung vernahm ich im Vorübergehen, wie einige Männer das Fest dazu nutzten, eben diese Erzählungen an ihre Kinder zu tradieren, und nickte beifällig. Weniger genehm war mir dagegen die Beobachtung, dass etliche Frauen diese traditiones zu vernachlässigen schienen zugunsten des flamen Martialis, dem sie sehnsüchtige Blicke zuwarfen. Nicht ohne Neid musste ich allerdings das Zugeständnis machen, dass dieser in der Tat ein ansehnlicher Mann war.


    Als dieser flamen dann allerdings seine Stimme zu einem Gebet an den Gott erhob, wandten sich meine Gedanken ganz dem göttlichen Kriegsherrn zu, zu dessen Ehre dann schon bald die beiden Streitwagen ins Rennen gingen. Nun doch ein wenig von Spannung ergriffen, verfolgte ich den weiteren Verlauf.

  • Wie schon im letzten Jahr war ich auch in diesem für die Prozession ausgewählt worden - die Gründe waren offenkundig und lagen auf der Hand: Zum einen war es ausgesprochen peinlich, wenn einige meiner fettleibigen Priesterkollegen schnaufend und schwitzend morgens durch Rom zogen, weil der Weg vom Tempel zum Marsfeld für sie zu anstrengend wurde, zum anderen hatte ich langsam aber sicher das Gefühl, dass meine Arbeit im Tempel auf ein gewisses Interesse traf. Wenige Priester bildeten aktiv aus, was zum einen am geringen Nachwuchs lag, zum anderen aber auch an oft mangelnder Eignung. Eine gewisse Geduld war schon vonnöten, und auch der Hang dazu, Dinge erklären zu können - was mir zu Anfang schwer gefallen war, funktionierte inzwischen deutlich besser und ich hatte das Gefühl, dass meine Schülerinnen durchaus ebenso profitierten. Der dritte Grund lag sicherlich auch darin, dass ich regelmäßig meinen Körper ertüchtigte und deswegen die Dimensionen meiner Priesterkollegen sicher lange nicht erreichen würde.


    Belustigt beobachtete ich die Frauen am Straßenrand, die so offensichtlich dem - glücklich verheirateten - flamen Martialis nachseufzten. Aber wer hätte es ihnen verdenken können, er wirkte wirklich wie ein rechtmäßiger Priester des Mars, und ich hatte ab und an auch das Gefühl, von der einen oder anderen genauer betrachtet zu werden. Zugegeben, ich hatte auch auf die äußere Erscheinung geachtet, gerade zu einem Marsfeiertag konnte man es sich als einer Seiner Priester nicht leisten, schlampig herumzulaufen. Die toga praetexta war frisch gereinigt, dazu eine weiße tunica, was wollte man mehr? Die erwartungsvolle Stimmung der Menge ließ auch mein Herz höher schlagen, als der Zug das Marsfeld erreichte, und die Worte des flamen Martialis zogen wie ein schneller Ruf an mir vorüber, fieberte ich nun doch dem Rennen entgegen. Und schneller, als ich es gedacht hatte, ging es auch schon los - die Pferde rasten, die Menge jubelte, ja, das war ein Feiertag ganz nach meinem Geschmack, so sollte es sein, und nicht anders. An solchen Tagen konnten alle Sorgen verblassen ...

  • Die Feier des Equus October war aus zweierlei Hinsicht für Prisca fast schon zu einer Pflichtveranstaltung geworden. Zum einen wollte sie ihrem Vorsatz treu bleiben und sich mehr um die religiösen Bräuche bemühen. Zum anderen wusste sie ja seit dem Fest der Meditrinalia, das Caius Flavius selbst Marspriester war. So wollte sie sich gerade das Fest , welches zu Ehren seiner Gottheit abgehalten wurde, auch nicht entgehen lassen. Ein dritter Grund warum sie heute hier war, hätte vielleicht der flamen Martialis sein können, den viele Frauen mit sehnsüchtigen Augen nachseufzten. Wobei Prisca die Begeisterung für diesen Priester nicht ganz teilte, was hauptäschlich an seinem kahlgeschorenen Haupt liegen mochte.


    Ansonsten war ihre Begeisterung für das Fest allerdings groß, denn von einem Wagenrennen hatte sie auch gehört und das versprach zumindest spannende Unterhaltung. So hatte sie sich also, mit Hilfe ihrer Leibwächter und Sklaven, auf dem Marsfeld einen guten Platz ganz vorne gesichert und verfolgte von dort gebannt die Prozession und das weitere Geschehen.

  • Dies war ein Festtag ganz nach Ursus' Geschmack! Und den ließ er sich dementsprechend natürlich nicht entgehen. Er liebte Wagenrennen! Und wenn sie dann noch stattfanden, um einen Gott zu ehren, dann war es doch geradezu eine heilige Pflicht, hinzugehen.


    Mars zu ehren sollte im Moment doch ohnehin jedem Römer ein Bedürfnis sein. Wie sonst konnte man den im Krieg Kämpfenden Unterstützung zukommen lassen? Ihnen das Wohlwollen des Mars zu sichern, konnte die Entscheidung herbeiführen.


    Unter den Zuschauern konnte Ursus seinen Vetter Cotta entdecken. Und stand da vorne nicht sogar Prisca? Und ein paar der Gäste vom Fest konnte Ursus ebenfalls entdecken.


    Die Prozession und der Einzug auf das Marsfeld war einfach herrlich gewesen und nun wurde Ursus' Aufmerksamkeit ganz auf den flamen Martialis gezogen, der das Wort ergriff. Es war still, als er sprach. Doch als er schließlich das Startzeichen gab, brandete der Beifall los. Die Gespanne stoben davon und Ursus war froh, so einen guten Platz ergattert zu haben, denn so konnte er das spannende Rennen gut mitverfolgen. Wie gebannt hing sein Blick auf den Gespannen und den Wagenlenkern.

  • Die beiden Streitwagen, ansonsten kenntlich durch die unterschiedlichen Farben der einzelnen factiones, hatten als Unterscheidungsmerkmal dünne Stangen mit einem Banner daran an die Seite der Wagen gebunden, je eine Fahne pro Wagen, und das Motiv darauf gehörte ebenso zum Maskult wie die Salier - eine Fahne zeigte ein Schild, die andere den Speer, die traditionellen Waffen, mit denen der Kriegsgott abgebildet wurde. So bejubelten die Menschen auf den Rängen dieses Mal nicht ihre favorisierte factio, sondern eben ein Symbol.
    Bisher sah es gut aus für den Speer-Wagen, auf der ersten Länge hatte er sich bereits ein gutes Stück vom Schild-Wagen abgesetzt und jagte die Gerade entlang, als seien die Erynnien hinter ihm her - elegant nahm er die zweite Kurve und schoss voran, während der Lenker des Schild-Wagens sein Bestes gab, unter dem Johlen der Menge den verloren gegangenen Anschluss zurückzuerobern. Hätte man den beiden Jungfahrern vorher gesagt, dass sich die Römer auch ohne ein offizielles Wagenrennen so sehr für das Rennen begeistern würden, hätten sie es wohl nicht geglaubt, aber nun wurden sie eines Besseren belehrt.


    Selbst die Marspriester, sonst ehrwürdige, erwachsene Männer, reichgesegnet mit römischer gravitas und dignitas, ließen es sich nicht nehmen, die Wagen anzufeuern und sich untereinander ein bisschen giftig anzublicken, wenn ein Schild-Freund neben einem Speer-Fan saß. Auch der flamen Martialis beobachtete das Rennen gespannt, er hatte zwar nicht gewettet, aber es war doch spannend, und offensichtlich sah es nach einem ziemlichen Vorteil für den Speer-Wagen aus, der die erste Kurve der zweiten Runde nahm und seinen Vorsprung gegenüber dem Schild-Wagen weiter ausbaute.

  • Gespannt hatte ich den Kurs des Speer-Wagens verfolgt, denn rein dem Gefühl nach jubelte ich meist eher dem Speer-Wagen zu denn dem anderen, warum auch immer - vielleicht, weil mir der angreifende Mars intuitiv näher lag als der verteidigende, genau ließ sich dies nicht sagen. Es mochte natürlich auch Römer geben, die bei diesem Spektakel Wetten abschlossen, aber mir war dies zu blasphemisch. Wenigstens an einem Feiertag sollte es doch möglich sein, sich der göttlichen Sache zu widmen, nicht der eigenen Börse - die legendäre Geschäftstüchtigkeit der Römer sollte zumindest genug Ehrerbietigkeit kennen, um Festtage zu achten. Indes, gegen die umher laufenden Wettanbieter konnte man nie wirklich etwas unternehmen, sie waren klug genug, nicht zu laut und vor allem nicht in der Nähe der Priestertribüne ihre Dienste anzubieten.


    Als wieder eine Staubwolke an einem der Pfosten die Sicht vernebelte, ließ ich meinen Blick über die nahe sitzenden Zuschauer schweifen, und musste unwillkürlich lächeln, als ich zwei bekannte Gesichter ausmachen konnte. Zu schade, dass Aurelius Cotta so weit weg saß, ich hätte gern mit ihm über die Wagen gefachsimpelt und die Chancen für den Schild-Wagen eingeschätzt, jetzt noch Boden gut zu machen. Zudem war der Aurelier ein angenehmer Gesprächspartner, und ich hatte bisher immer interessante Unterhaltungen mit ihm geführt. Allerdings erstaunte es mich, dass er nicht gleichauf mit Aurelia Prisca saß - als Verwandte wäre es wohl wahrscheinlicher gewesen, sich ähnliche Sitzplätze belegen zu lassen, aber vielleicht hatten sie sich einfach auch nur verpasst. Ich hätte es mir jedenfalls nicht nehmen lassen, ihre Nähe zu suchen - sie hatte also ihr Wort von der Meditrinalia wahr gemacht, und sich gleich am nächsten Festtag zu den entsprechenden Feiern begeben. Nun, vielleicht blieb nachher, beim Rennen der Stadtteile, noch die Gelegenheit für ein Gespräch, überlegte ich, dann kamen die Wagen schon wieder näher und rasten unter lautem Geholper vorbei.

  • Tatsächlich entwickelte sich das Rennen auch für mich ganz interessant. Besser gesagt: Da es hier ja nur zwei Wagen gab, die gegeneinander antraten, war es für mich auch leichter, dem Geschehen zu folgen. Noch spannender aber könnte es werden, fiel mir jetzt ein, wenn ich mit einem der Wagen halten würde. Ganz erfüllt von diesem Gedanken, kratzte ich mich am Kopf und betrachtete hochkonzentriert beide Wagen, doch konnte ich mich einfach nicht für einen entscheiden. Ich wandte mich an Trautwini mit der Frage, für welches Gespann er die Daumen drücke. Einen Moment lang druckte der Sklave herum, auf mein weiteres aufmunterndes Lächeln hin aber erhielt ich als Antwort: "Für das mit dem Schild, Herr, weil das linke Pferd so einen schönen weißen Fleck am rechten Ohr hat."


    Sofort schwang mein Kopf herum, und meine Augen fixierten den Schild-Wagen: Tatsächlich, das linke Pferd hatte einen kleinen weißen Fleck am rechten Ohr! Anerkennend sah ich zu dem Sklaven mit den guten Augen und war fortan ein Anhänger dieses Wagens, wenn er auch noch gegenüber dem Speer-Wagen zurücklag. Aber das konnte sich ja ändern.


    Da nun beide Gespanne sich eine wilde Jagd lieferten, dies allerdings auf der Geraden, schweifte mein Blick noch einmal ab und fand seinen Weg zu den Priestern des Mars, die gar nicht weit von den Zuschauern des Rennens entfernt saßen. Eigentlich musste dort doch auch Flavius Aquilius sitzen, dachte ich mir, doch bei der Prozession war er mir gar nicht aufgefallen. ( 8)) Ich ließ meinen Blick über die Prachtburschen auf der Priestertribüne schweifen, und da! jetzt hatte ich ihn. Aufrecht, in vollem Bewusstsein seiner priesterlichen Würde, war er nun gar nicht mehr zu übersehen. Einen Moment lang schien es mir, als hätte er auch mich erblickt, doch war ich mir dessen nicht sicher.


    Jedenfalls war ich beruhigt, den Flavier hier in so eindrucksvoller Form zu sehen - und musste plötzlich, ich wusste selbst nicht, wieso ( :D), an Prisca denken. Was, wenn sie hier war? Ich, ich hatte doch neben meinem Sklaven Maron auch Trautwini, den Leibwächter, mit mir genommen. Wer aber würde dann Prisca beschützen, wenn hier hinterher der Tumult losbrach? Sofort wandte ich mich an Maron mit der Frage, ob er nicht irgendwo meine Verwandte sehen könne - und saß nurmehr mit offenem Mund da, als ich zur Antwort bekam: "Natürlich, domine, da sitzt sie." Seelenruhig sagte Maron das, deutete mit der Hand in eine Richtung, in der ich dann Prisca auch tatsächlich erblickte, und schien sich überhaupt keine Rechenschaft darüber abzulegen, in welcher Gefahr diese schwebte. Schnell schob ich noch die Frage hinterher, ob er auch Ursus sehen könne, denn ich wusste, dass auch dieser Prozession und Rennen besuchen wollte, nur war er vor mir aus der villa Aurelia aufgebrochen. Sowohl Maron als auch Trautwini mussten diese meine Frage aber verneinen. Mich jedenfalls hielt jetzt nichts mehr auf meinem Platz, sondern ich gab den beiden Sklaven den Befehl, mich sofort zu Prisca zu geleiten. Flüche und Beschimpfungen pflasterten unseren Weg zu ihr, auf dem Maron und Trautwini das dichte Gedränge der Zuschauer lichteten, um mir den Durchgang zu ermöglichen. Zum Glück hatte sie gar nicht so weit entfernt von mir gesessen, so dass ich mich schon fast fragte, ob sie mich denn nicht gesehen hatte. Jedenfalls stand ich bald vor ihr und konnte sie freudestrahlend begrüßen:


    "Prisca! Ich wusste gar nicht, dass du auch hierher kommen wolltest! Ich habe dich gerade erst gesehen und mich dann gleich zu dir in Bewegung gesetzt; ich habe nämlich gehört, dass es hier bei der Opferung des siegreichen Pferdes ziemlich wild einhergeht, und wir wollen dich beschützen! - Für welchen Wagen schlägt denn dein Herz?"


    Die Frage, wofür ihr Herz an diesem Tag denn sonst noch so schlage, vermied ich aus Diskretion und um mich selbst nicht schon wieder so einsam zu fühlen.

  • Prisca spürte deutlich wie ihr Herz bis zum Hals schlug. Und sollte ihr Herz bereits für einen Mann schlagen, dann wären es streng genommen heute sogar Zwei. Gebannt hingen ihre Augen an den beiden jungen und athletischen Wagenlenkern, die sich einen unerbittlichen Zweikampf lieferten und damit die Zuschauermenge immer mehr anheizten. Ein Feiertag der solch spannende Unterhaltung bot, war ganz nach Priscas Geschmack und ohne groß darüber nach zu denken schickte sie einen der Sklaven los, um einen Beutel Sesterzen auf den Speer-Wagen zu wetten. Einen Favoriten hatte sie dennoch nicht. Gerade feuerte sie im Gedanken und mit geballten Fäusten sogar den Schild-Wagenlenker an, der verzweifelt versuchte den ersten Platz zurück zu erobern.


    Prisca konnte in der Tat die Augen kaum von dem Schauspiel lassen, das sich ihr bot und so nahm sie auch nicht viel von ihrer Umgebung wahr. Immer nur kurz, wenn wieder einmal eine Staubwolke von der Rennbahn her auf zog, drehte sie den Kopf um zwischen den Zuschauern nach bekannten Gesichtern Ausschau zu halten. Wenngleich das bei der Vielzahl der Anwesenden kaum möglich war, glaubte sie doch das eine oder andere Gesicht darunter zu erkennen. "Dort drüben auf der Tribüne der Priester, das ist doch Caius? ob er mich ebenfalls gesehen hat?" fragte sie sich einmal kurz und bemerkte gleich darauf noch etwas weiter entfernt Kaeso Annaeus, den ihr Onkel ihr auf der meditrinalia kurz vorgestellt hatte. Von ihren Verwandten fehlte im übrigen jede Spur oder zumindest konnte Prisca bisher niemanden aus der Familie entdecken. Prisca war das nur recht, denn nach der gemeinsamen Aufregung und Hektik der vergangenen Tage nach der meditrinalia, wollte sie zumindest dieses Fest heute alleine besuchen und genießen. Stärkte es doch mit ihr Selbstbewußtsein, sich alleine in der Öffentlichkeit zu zeigen und so konnte sich zumindest unbeobachtet fühlen bei dem, was sie so alles tat. Prisca mochte also ihre Gründe dafür haben, für ihre Sicherheit war jedenfalls gesorgt.


    Heute sogar durch insgesamt sechs kräftige Leibwächter, die ihr Onkel zur Verfügung gestellt hatte, ohne zu wissen wohin sie eigentlich wollte. Sechs Hünen, die - mit grimmiger Miene - einen regelrechten Bannkreis um sie herum aufrecht hielten angesichts des zu erwartenden Trubels. Niemand, den sie nicht kannten, kam auch nur in die Nähe der Herrin. Nur Trautwini, den kannte mittlerweile fast jeder und mit dessen Hilfe gelang es Appius doch tatsächlich, sich unbemerkt an Prisca heran zu schleichen.

    Zitat

    Original von Appius Aurelius Cotta
    Prisca! Ich wusste gar nicht, dass du auch hierher kommen wolltest! Ich habe dich gerade erst gesehen und mich dann gleich zu dir in Bewegung gesetzt; ich habe nämlich gehört, dass es hier bei der Opferung des siegreichen Pferdes ziemlich wild einhergeht, und wir wollen dich beschützen! - Für welchen Wagen schlägt denn dein Herz?"


    Prisca war von dem Duell das sich die beiden Pferdewagen dort unten auf der Bahn lieferten so fasziniert, dass sie die vertraute Stimme regelrecht aus ihren Gedanken riss. "Appius?! ..." entfuhr es ihr ganz überrascht und einen Moment lang sah sie ihn völlig verduzt an. Schnell jedoch stahl sich wieder ein Lächeln auf ihr Gesicht und mit einem einfachen Nicken bestätigte sie ihm schließlich ihre Anwesenheit. Über ihre genauen Gründe schwieg sie und ungewollt musste sie jetzt sogar schmunzeln. Wirkte sie trotz der sechs Leibwächter die sie umringten wirklich so schutzbedürftig, das Appius ihr selbstlos seine Hilfe anbot? Er machte sicher einen Scherz. „Das ist lieb von dir, das du mich beschützen willst! Komm, setzt dich doch zu mir und lass uns gemeinsam das Rennen genießen.“ ihre Worte kamen so spontan wie sie auch ehrlich gemeint waren. Prisca freute sich endlich einmal die Gelegenheit zu haben, ihren Verwandten näher kennen zu lernen, der sich sonst eigentlich immer etwas im Hintergrund hielt. Aber er schien stets aufmerksam zu sein und die Leute genau zu beobachten und das gefiel Prisca.


    „Für wen mein Herz schlägt?“ wiederholte sie im Ansatz seine Frage und musste direkt darüber nachdenken. „... eigentlich für keinen bestimmten. Meine Sesterzen gehören zumindest dem Speer-Wagen, aber mein Herz schlägt wohl für den Verlierer.“ meinte Prisca schließlich versonnen und sah kurz zu den sich duellierenden Wagen. „...auf welchen Wagenlenker hast du denn gewettet, Appius?“ fragte Prisca dann, ohne zu wissen ob er überhaupt gewettet hatte und sah ihn neugiereig dabei an. Ein weiterer Gedanke stimmte sie sogleich auch wieder nachdenklich. „... und sag, stimmt es wirklich das anschließend das Pferd des Gewinners zu Ehren des Mars geopfert wird? ... aber was passiert denn mit dem Verlierer? ...Er wird doch nicht etwa auch ...“ Prisca sprach nicht weiter, bereit sich für ihre dumme Frage von Appius belehren zu lassen. Wahrscheinlich passierte dem Verlierer nichts, schließlich waren das keine Gladiatorenkämpfe. Aber bei dem Gedanken an das Opfer, war ihr das einfach so in den Sinn gekommen.


    edit: tippEx

  • Zu den Vorzügen des Götterdaseins gehörte es, gelegentlich mal die Gestalt wechseln zu können. Da Wagenrennen nur dann richtig Spass machten, wenn man mittendrin auf der Tribüne saß, brachte Mars seinen ohnehin stattlichen Körper mal eben in eine Form, mit der auch die Menschen etwas anfangen konnten und mischte sich unter die Zuschauer. Venus war gerade einkaufen, das konnte er sogar nach den Mädels schauen. Das siegreiche Gespann konnte er später immernoch bestimmen.

  • Ah, Cotta hatte offenbar Prisca entdeckt und drängelte sich tatsächlich zu ihr durch. Na, so rücksichtslos wollte Ursus nicht sein, auch wenn er sich den beiden gerne zugesellt hätte, um mit ihnen zu plaudern. Das konnte er tun, wenn das Rennen entschieden war. Gewettet hatte er nicht, doch sein Herz schlug ganz eindeutig für den Speerwagen. War doch der Angriff auch von jeher eher seine Position gewesen als die Verteidigung. Und so jubelte er natürlich begeistert, als der Speerwagen souverän die Führung übernahm.


    Es war unglaublich, wie begeistert die Menge war. Es war fast greifbar, wie eine Kraft, die von den Menschen auf die Pferde und Wagenlenker übergehen sollte. Ja, vielleicht war das auch so. Anfeuern half eben doch. Ursus schloß sich stimmgewaltig einem Sprachchor an, der den Speerwagen weiter anfeuerte. Vielleicht trug ihn das ja als ersten durch das Ziel.

  • Zitat

    Original von Aurelia Prisca


    Nachdem ich den Wald der sechs angewurzelten Begleiter durchschritten hatte, zwischen denen Prisca wie ein zartes Pflänzchen gedieh, bestätigte mir ein einziger Blick zu Maron, dass auch er diese unbeweglichen und zweifellos reaktionsschwachen sechs für nicht geeignet hielt, ihre veilchenähnliche Herrin im Falle eines Falles vor einer gewissen veilchenfarbigen Gesichtsverzierung zu bewahren. Wir waren also noch rechtzeitig gekommen! Titus dagegen würde sich sicherlich auch in einem Kampfe spielend allein aus der Affäre ziehen. (:D)


    Prisca ihrerseits schien bei meiner Ankunft aus einer tiefen Versunkenheit gerissen zu werden. Obwohl es sich hier ja um ein religiöses Fest handelte, hielt ich es für unwahrscheinlich, dass sie jetzt schon gebetet hatte. Und ihre anschließenden Worte über Pferdewetten verrieten mir, dass ich damit Recht behalten hatte, es sei denn, sie hatte die Götter tatsächlich damit behelligt, für das von ihr bevorzugte Gespann zu beten, aber das konnte ich mir auch nicht vorstellen. Da Prisca eine Frau war, schien es mir naheliegender, dass sie wie so viele andere ihrer Geschlechtsgenossinnen hier mehr als nur einen Blick auf Wagenlenker und Marspriester riskiert hatte und anschließend ins Träumen geraten war.


    "Das ist nett von dir, Prisca, dass du mich zu dir einlädst, aber ich möchte dich auch nicht stören. Ich könnte Maron und Trautwini bei dir lassen und selbst weiterziehen, vielleicht zu Ursus, denn der muss hier auch irgendwo sein - hast du ihn vielleicht gesehen? Flavius Aquilius hast du bestimmt entdeckt; er macht ja mal wieder eine sehr gute Figur."


    Vielleicht aber war es auch eine Idee, Titus, wenn er denn gefunden werden konnte, ebenfalls zu uns herüber zu winken; ein Mann mehr könnte im Falle einer Katastrophe den Ausschlag für uns Aurelier geben. Eine immer noch nicht ganz so gute Figur wie Flavius Aquilius machte im Übrigen der von mir präferierte Schild-Wagen, wie mir ein kurzer Seitenblick bestätigte; ja, ein bisschen hatte mich das Rennfieber jetzt schon gepackt, doch ...


    "Gewettet habe ich nicht! Aber ich unterstütze den Schild-Wagen; er liegt zwar noch zurück, doch der Angriff, den er jetzt startet, liegt mir als Position näher als die Verteidigung." (:P)


    Dieses Argument war mir ganz plötzlich eingefallen, denn den wahren Grund konnte ich meiner Cousine doch nicht nennen; er kam mir einfach zu lächerlich vor. Daher hätte ich auf ihre Frage nach dem Opfer gerne auch die Rolle eines Lehrers eingenommen, allein, ich kannte die Zeremonie ja auch nur vom Hörensagen.


    "Ja, wenn ich richtig informiert bin, wird von dem siegreichen Wagen das rechte Pferd geopfert. Die Verlierer werden wohl unehrenhafterweise weiterleben müssen. Ich freue mich schon auf das Opfer."


    Dabei sah ich Prisca mit leuchtenden Augen an - und konnte jetzt doch nicht mehr an mich halten. Ich trat ein wenig näher an sie heran und sagte dann mit gedämpfter Stimme zu ihr:


    "Aber weißt du, warum ich eigentlich für den Schild-Wagen bin? Schau mal auf das linke Pferd; das hat nämlich so einen süßen weißen Fleck am rechten Ohr."

  • Die Stimmung während der ersten Runden des Rennens schien nicht ganz so aufgeheizt wie bei den großen Rennen mit vielen Factiones. Was durchaus naheliegend war, denn so fehlten die glühenden, bedingungslosen Anhänger, die ihre Gespanne vom ersten Augenblick an nach vorne schrien. Macer war das durchaus recht, konnte man so doch mit etwas mehr Ruhe und ganz objektiv das Können der Fahrer auf der Bahn beurteilen, ohne dabei ständig ein Auge auf die eigenen Fahrer oder die wichtigsten Konkurrenten haben zu müssen. Die Wagen, bei denen eher auf traditionallen Schmuck als auf neuste renntaugliche Technik geachtet wurde, verlangten den Fahrern eine Menge können ab, so dass man sich über einen Einsatz bei diesem Rennen durchaus für weitere beobachtung durch eine Factio empfehlen konnte. Wobei in der letzten zeit auch an den factiowagen kaum noch technische Neuerungen zu beobachten waren. Seit die Valerier-Brüder bei der Factio Veneta nicht mehr dabei waren, hatte die Rennszene zwei schillernde Bastler und damit ein paar spektakuläre Versuche weniger.

  • Wie so oft in den letzten Tagen schaffte es Avarus einfach nicht seiner Arbeit gerecht zu werden, um zu früher Stund das Officium zu verlassen. War es das Alter, fragte er sich immer öfter, oder einfach die Mehrarbeit, die täglich auf ihn wartete?


    Gut diese Gedanken beiseite wischen zu können. Es standen Rennen an und nichts liebte jener Senator mehr, als den Gespannen im Hypodrom zuzusehen. Leider verpasste er dabei die erste Runde, aber meist wurde es eh erst dem Ende zu spannend und so richtig Lust Wetten abzuschließen hatte Avarus eh nicht.


    Als Senator war zudem ein Platz im gerechten Klientel eh frei und so nahm er diesen ein. Nur wenig bekannte Gesichter waren zu sehen. Wohl ein Zeichen dafür, das die Sommerpause noch nicht gänzlich überstanden war und viele reiche Römer nebst Senatoren auf ihren Landgütern verweilten.

  • Zitat

    Original von Appius Aurelius Cotta


    Das ihre sechs Leibwächter sie im Falle des Falles beschützen könnten und würden, daran hatte Prisca eigentlich nicht gezweifelt. Appius schien das etwas anders zu sehen. Nicht nur sein besorgter Blick, sondern auch das Angebot Trautwini und Maron bei ihr zu lassen, stimmten Prisca etwas nachdenklich. So gut kannte sie die Gepflogenheiten des Equus October nun auch wieder nicht und eigentlich war sie davon ausgegangen, das es hier zu keinen Tumulten kommen würde. Um sich selbst machte sich Appius hingegen keine Sorgen, denn er wollte sogar alleine weiter ziehen. Wahrscheinlich, um - wie viele andere auch - die Gelegenheit zu nutzen, sich mit den typischen Männergesprächen zu solchen Anlässen zu befassen. Oder wollte er sich einfach nur in Sicherheit bringen? am Ende gar vor ihr? ...


    "Ja, Caius Flavius habe ich auch schon gesehen, aber Ursus noch nicht." erwiderte Prisca zunächst auf die Bemerkung ihres Cousins hin. Caius Flavius wüsste wahrscheinlich wie die Opferzeremonie im Allgemeinen abläuft, aber als Marspriester würde er heute sicher alle Hände voll zu tun haben. Und Ursus, wusste der auch was ihn hier erwarten könnte? Ihr Blick ging wieder suchend umher, denn Prisca war nun auch um die anderen Angehörigen der Familie etwas besorgt. "Glaubst du wirklich, das ich heute so viele Leibwächter nötig haben werde? Ich hatte eigentlich nicht angenommen, das es nach dem Rennen noch zu Ausschreitungen kommen könnte. Aber etwas verunsichert bin ich nun schon. Vielleicht sollte ich mich auch besser zurück ziehen, bevor die eigentliche Opferzeremonie beginnt." überlegte Prisca laut vor sich hin, während sie zu Appius weiteren Bemerkungen hin lediglich nickte. Irgendwie verlor sie immer mehr das Gefallen daran, sich dieses blutige Opfer mit eigenen Augen an zu sehen.


    Die letzte Bemerkung ihres Cousins riss sie allerdings noch einmal aus ihren Überlegungen heraus. Ein weißer Fleck am rechten Ohr des Pferdes sollte für ihn ausschlaggebend gewesen sein, sich für den Schildwagen zu entscheiden? Überrascht erwiderte Prisca zuerst seinen Blick und suchte dann mit ihren Augen nach der Stelle am Ohr des Pferdes. "Stimmt! das Pferd hat tatsächlich einen weißen Fleck am Ohr, wie süß! Nur gut das es das linke Pferd ist, also wird es mit Sicherheit nicht geopfert! " stellte sie mit überraschter aber freudiger Stimme fest und atmete erleichtert auf. Dieses Detail war sogar ihr nicht aufgefallen und schon blickte sie Appius wieder lächelnd an. "Du scheinst mir ein sehr guter Beobachter zu sein, lieber Cousin. Das gefällt mir! ... Achtest du immer so auf die Details?" Prisca lobte ihn mit einem Augenzwinkern denn bei ihrer Frage musste sie daran denken, welch schöne Komplimente er mit seiner Beaobachtungsgabe auch Frauen machen könnte. Zumindest schienen ihm solche Dinge auf zu fallen, die andere einfach übersahen.

  • Während die Zuschauer auf den Rängen zweifelsohne der Frage fröhnten, welcher der beiden Wagen einen entscheidenden Vorteil erringen würde, kämpften die beiden jungen Wagenlenker um die Beherrschung ihrer festlich geschmückten Streitwagen - hier war allerhand fahrerisches Können gefragt, machte die üppige Dekoration den Wagen doch schwerer und damit schwerfälliger in den Kurven. Gerade noch hatte der Speer-Wagen von dem enormen Schwung profitiert, mit dem er nach der Länge in die zweite Kurve der zweiten Runde gegangen war, so unterlief dem Lenker des Speer-Wagens doch ein folgenschwerer Fehler - er führte die Pferde zu eng an die Bande im Inneren des Runds und das Leitpferd scheute! Das schrille, unwillige Wiehern des Tiers drang gut hörbar zu den Zuschauern empor, und der Wagen begann zu schlingern, als der Wagenlenker unter Aufbietung seiner ganzen Kunst zu verhindern versuchte, mitsamt des Wagens umzukippen.


    Diesen Vorteil begann der Lenker des Schild-Wagens sofort zu nutzen, der seine Pferde antrieb, und es gelang ihm innerhalb der Länge, den Vorsprung des Speer-Wagens fast gänzlich aufzuholen - um die Kurve zur dritten Runde hatte der Speer-Wagen zwar noch die Führung inne, aber sein Leitpferd bockte immernoch und fast wären beide Wagen aneinander gerammt. Nur dem Schild-Wagenlenker und einer sehr schnellen Reaktion war es zu verdanken, dass das Rennen nicht vorzeitig enden musste, und nun kam es, wie es kommen musste: Der Schild-Wagen überholte den Speer-Wagen, und die Anhänger des Schild-Wagens drückten ihre Freude über diesen Umstand laut pfeidend und brüllend aus - es schien, als sei das Publikum durch das gewagte Manöver erst so richtig wach geworden.

  • Als er das Pferd des Speer-Wagens laut wiehern hörte, ballte Modestus die Faust und ließ sie verägert in die Handfläche der anderen klatschen. Der Speer-Fahrer musste eindeutig mehr auf die Pferde achten. Dass das ein Pferd bockt wenn es fast an die Bande gequetscht wurde, war natürlich klar und Modestus sah den Platzverlust des Speer-Wagens schon kommen. So wie von ihm vermutet wurde nutzte der Schild-Lenker das scheunde Pferd seines Konkurenten aus, wie es jeder gute Fahrer tun würde. Und auch wenn er den Speer-Wagen favorisierte so musste Modestus zugeben, dass der Schild-Wagenlenker sein Handwerk verstand.

  • Was für ein sagenhaft spannendes Rennen! Ursus ballte unwillkürlich seine Hände zu Fäusten, als er sah, in welche Bedrängnis der von ihm favorisierste Speerwagen kam. "Nein, paß doch auf, das ist zu eng!", brüllte er, obwohl das natürlich nicht das Geringste nutzte, denn der Fahrer dort vorne konnte das keinesfalls hören. Doch Ursus war auch nicht der einizge der rief.


    Es kam, wie es kommen mußte: Der Schildwagen errang, - sehr geschickt und gekonnt, das gab Ursus bewundernd zu, - die Führung und seine Anhänger überjubelten lautstark das enttäuschte Aufstöhnen der Speerwagenanhänger.


    Doch noch war nichts verloren! Es war noch alles möglich! Gebannt hielt Ursus den Blick auf die Wagen gerichtet, deren Fahrer offensichtlich durch die üppige Dekoration einige Schwierigkeiten hatten.


    Die Menge brodelte, die Stimmung war überwältigend! Was für ein herrliches Gefühl, mittendrin zu stehen und mit anderen den Favoriten anzufeuern! Ursus stand gut, inmitten einer Gruppe von Speerwagenanhängern, mit denen gemeinsam er weiter seinen Favoriten anfeuerte.

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