Forum Boarium | Die Frage aller Fragen oder: scelus et poena, 1. Akt "Der Auftrag"

  • "Aus fixen Ideen entstehen die Verbrechen"



    Die Stadt Rom war ein lärmender stinkender Moloch. An jenem Herbstabend, allerdings - die Luft war kühl, der Himmel klar, die Abendsonne sank in ein dämmriges Blau welches von helleren Wolkenschlieren durchzogen war - wirkte sie beschaulich, beinahe idyllisch. In Gedanken versunken ging der Germane, nachdem das Training in der Gladiatorenschule für heute beendet war, noch ein Stück am Tiber entlang, anstatt gleich in die Villa der Flavier zurückzukehren. Der große Strom rauschte, auf dem trüben Wasser schaukelten Abfälle vorüber, aber der heute nur etwas abgestandene Geruch des Wassers ließ sich kaum mit dem bestialischen Gestank vergleichen, den der Fluß in der Hitze des Hochsommers verströmt hatte.


    Eine schwierige Frage war es, die der große Germane in seinem strohblonden Kopf hin- und herwälzte, nachdenklich furchte er die Stirn und grübelte im Gehen so angestrengt, dass er kaum merkte, wohin ihn seine Schritte trugen. Er brauchte Geld. Eine Morgengabe musste her. Wenigsten eine kleine. Es wäre ja schäbig, wenn er seiner Bridhta gar nichts schenken würde.
    Aber woher nehmen und nicht stehlen? Zwar war er gut gekleidet - trug eine dunkle Tunika mit Mäandermuster am Saum, feste Stiefel, einen geprägten Ledergürtel und dazu passende breite Lederbänder, die seine muskulösen Arme umspannten - doch das war alles nicht seins. Nichts mehr gehörte ihm auf dieser Welt, nichts materielles jedenfalls. Seine Erscheinung war keineswegs die eines Sklaven, er wirkte eher wie ein wohlhabender Peregrinus, doch in dem Beutel an seinem Gürtel war keine einzige Sesterze, kein müdes As zu finden.


    Seine Schritte hatten ihn bis zum Forum Boarium getragen. Die meisten Händler dort packten schon zusammen. Käfige mit Federvieh wurden davongetragen, Schweine grunzen in ihrem Pferch, und ein alter Mann zog einen störrischen Ziegenbock quer über den Platz hinter sich her. Am Rande des Platzes war ein kleiner Stand, wo ein vollbusiges Weib hübschen Krimskrams, Kerzen und etwas Schmuck feilbot. Eine Kette mit glänzenden Perlmuttmuscheln und Korallen fiel ihm auf, als er da vorbeiging. Muscheln! Wie am Strand. Die würde gut zu Bridhta passen. Sie kam doch vom Meer. Er erkundigte sich mal nach dem Preis - vierzig Sesterzen. Sie hätte auch vier oder vierhundert kosten können, es hätte keinen Unterschied gemacht.


    Ärgerlich, dass er seiner Freundin so gar nichts bieten konnte, setzte sich der Germane auf eine der Stufen vor dem Portunus-Tempel am Rande des Forums. Einige Leute hatten sich dort schon niedergelassen, denn es war ein guter Ort, um zu betrachten, wie die Sonne nun langsam im Westen hinter den Dächern von TransTiberim versank. Der Horizont färbte sich rot, und auch über die bleigraue Oberfläche des Tibers zog sich ein feuriger Schein.


    Der Germane zog ein Bein an, stützte den Kopf in die Hand, und wandte nachdenklich den Blick, hinauf zu den Hängen des Aventin. Er hatte im Ludus mal die anderen gefragt, ob sie wüssten, wo man sich so auf die Schnelle was dazuverdienen könnte, und unter der Hand den Tipp bekommen, es mal da oben zu versuchen. Da gab es so eine Kneipe, hatte Lanius gemeint, und ihm beschrieben, deren Wirt den ein oder anderen lukrativen Auftrag verteilte an Leute die keine Fragen stellten. "Nasse Sachen halt.", hatte Lanius noch gesagt.
    Ob er da einfach mal vorbeigehen sollte? Allerdings wäre Aquilius bestimmt gar nicht begeistert, wenn er erführe dass sein Leibwächter nebenher "nasse Sachen" machte... Andererseits brauchte er wirklich Geld. Es war schon verzwickt.
    Es war eine Angewohnheit, die er sich im Kerker zugezogen hatte, manchmal laut mit sich selbst zu reden, und ohne es zu merken, sprach der Germane auch jetzt seine Gedanken laut aus, als er sich, tief ins Grübeln versunken, die Frage aller Fragen stellte:


    "Wie in aller Welt kommt man in dieser verdammten Stadt am besten an Geld....?!"


    Sim-Off:

    wer möchte? ;)

  • Longinus war sauer. Richtig sauer.
    Die Elefanten hatten sich insgesamt schon einen Platz in der Stadt geschaffen sie hatten sich in einer Insula eingerichtet und kontrollierten mehr oder weniger die Straßen rund um die Insula. Einige Leute hatten sich den Elefanten angeschlossen, doch sie waren noch immer zu wenige.
    Viel zu wenige, um sich dem großen Räuberbaron Arbogastus zu stellen.
    Nochmasl ging er im Kopf durch, was er über ihn wusste. Arbogastus war allgemein als der gefährlichste Bandit Roms bekannt. Noch vor Longinus. Und das grämte ihn. Es grämte ihn unglaublich.
    Außerdem grenzte Arbogastus' Gebiet in Rom direkt an das seine und stellte somit eine Gefahr da.
    Er brauchte jemanden, um Arbogastus um die Ecke zu bringen, das wusste er. Er würde keinen Elefanten dazu nehmen. Er brauchte jemanden von außerhalb. Einer, der willens ist, zu morden. Einer, von dem Arbogastus weiß, dass er kein Elefant ist. Einer, den man entbehren kann, falls er scheitert, und den man sich vom Hals schaffen kann, falls er Arbogastus umbringen kann.
    Man konnte sagen, durchstreifte die Stadt auf der Suche nach jemanden, der so verwegen und verzweifelt war, Longinus' Auftrag anzunehmen.
    Und er fand auch jemanden, der in Frage kam.
    Ein großer, muskulöser Mann, der Selbstgespräche über Geld führte. Longinus stellte sich vor ihm hin. "An schenen Tog wünsch' i'! I' waaß, es gibt immer Sorgen mit dem Geld! Es is' hoit so! Da kann ma' nix machen! Und waunn ma' nur dem Kaiser folgt, kriegt ma' nie a Geld. Anders aber, waunn ma' mir zuhert.", meinte er. "Waunn's't a Geld willst, her' her!"

  • Von den Leuten, die da auf den Tempelstufen sassen, erntete sein Selbstgespräch verwunderte Blicke. Einer schlug in spöttischem Tonfall vor: "Du könntest es mal mit Arbeit versuchen. Am Frachthafen da unten suchen sie immer kräftige Leute."
    Aufs Säckeschleppen hatte Severus aber keine Lust. Und Zeit hatte er auch nur wenig. Er brachte was, wo man schnell an viel Geld herankam. Das lief dann wohl doch auf nasse Sachen hinaus.
    "Mhm.", brummte er, und stand schon auf, um mal in dieser ominösen Kneipe vorbeizuschauen - als ein hagerer Geselle vor ihm Halt machte. Der schien Rat zu wissen. Mit schräggelegtem Kopf, die Brauen konzentriert zusammengezogen, versuchte der Germane seinen Worten zu folgen. Und auch wenn er bei diesem, irgendwie sympathisch klingenden, aber sehr fremdartigen Dialekt beileibe nicht alles verstand - das was er verstand klang sehr vernünftig!
    Er nickte tiefsinnig. Der Mann mochte ein wenig zwielichtig wirken, doch er verstand ihn! Und sein Problem. Wie von den Göttern gesandt erschien er ihm.
    "Salve! - Ja genau so ist es. Weißt Du denn da was?", erkundigte er sich, mit seinem rauhen germanischen Akzent, kratzte sich am Kinn und musterte den Fremden mit großem Interesse. Dann wies er mit dem Kopf leicht in Richtung Tiberufer, blickte sein Gegenüber fragend an und setzte sich langsam in Bewegung, weg von den vielen Menschen auf dem Forum.
    "Ich bin ganz Ohr."

  • Fast hätte Longinus mit einem heiseren Gebell aufgelacht, als der Mann der Umstehenden gewahr wurde. Es war, als ob er erst jetzt bemerkte, dass es nicht nur ihn auf der Welt gab.
    Doch tatsächlich schien der Mann seinen Worten Gehör zu schenken, und nicht dem Satz des absolut g'scherten Typen, der da auf der Treppe sass wie der Affe auf dem Schleifstein.
    Nein, der Bursche hatte Gespür für das Geschäft. Er wusste, an wen man sich wenden musste. "Waas't, wos i' glaub'? Du brauchst Geld. Schnöllstens. Sofort. Jo, da kenn' ich wos, wo du vielleicht viel, viel Zaster mochen kaunnst. Oba....", Longinus schaute um sich. "Des gaunze is' nix fiar die Effentlichkeit.", gab er der Geste des Mannes recht und bewegte sich mit ihm, ganz langsam und unmerklich, an das Tiberufer.
    Ein sehr schöner Tag war heute - fast zu schön, um Geschäfte zu machen. Doch diese Sache duldete keinen Aufschub. Im Gegenteil, das ganze musste so schnell wie möglich über die Bühne laufen.
    Endlich standen sie direkt am Ufer des Tibers - auf einer Steinplattform, wo nur vereinzelt Leute standen, und niemand in ihrem Hörbereich war. "Sog, mei' Guater... kennst du den Arbogastus?", fragte er. "Den Banditen? Den Verbrecher? Arbogastus von Noviomagus?"

  • Ja, allerdings brauchte er das Geld dringend. Er wusste ja:
    Schmeichelnd soll reden / und Geschenke bieten
    Wer des Mädchens Minne will.

    Bridthas Liebreiz zu loben, das fiel ihm leicht, war er doch heftig in sie verschossen, doch ihm war schon klar, dass er ihr auch was bieten können musste. Sonst wäre es womöglich ganz schnell wieder aus mit dem unverhofften Liebesglück. Insgeheim gab er da Aquilius recht - junge Mädchen waren doch oft etwas wankelmütig. Wenn er da an Schwanhild zurückdachte... Lang war's her.
    Auf der Plattform am Tiber blieb er stehen, hakte die Daumen in den Gürtel und fasste aufmerksam den Fremden ins Auge. Die Sonne war inzwischen fast verschwunden. Der blutigrote Himmel spiegelte sich in den schmutzigen Fluten des Flusses. Muffige Kühle stieg vom Wasser herauf, und die Dämmerung kroch aus den Schatten.
    "Mhm. Hab gehört von ihm."
    Geradezu ehrfürchtig hatte er mal im Ludus von dem Mann sprechen hören. Ein eiskalter Bandenführer, und dazu groß im Fleischhandel tätig. Angeblich warf er seine Opfer stets den Schweinen vor, mästete die Viecher damit... - Vielleicht würde Bridtha sich ja auch über was selbstgeschnitztes freuen?
    Er machte aber ein unerschrockenes zu-allem-bereit-Gesicht, spuckte zielsicher auf einen Stein am Ufer, und erkundigte sich lässig:
    "Was is mit ihm?"
    Das einzige was ihm bisher missfiel, war, dass sein Gegenüber nicht gerade so aussah, als hätte er einen Hort von Aurei bei sich zu Hause. Aber er wusste ja - in Rom waren die Leute nicht immer das wonach es aussah. Beiläufig versuchte er einzuschätzen wo der Mann womöglich eine Waffe bei sich tragen könnte. Er selbst hatte immer noch keine - wegen dem blöden Verbot - aber er konnte sich nicht vorstellen, dass das, außer weltfremden Patriziern, wirklich jemand ernst nahm.

  • Das Interesse des Mannes schien mit der Erwähnung von Geld deutlich zu steigen. Longinus war zufrieden. Er wusste, wie man Leute hervorlockt und dazu bringt, Sachen zu tun, an die sie normalerweise nicht einmal denken würden.
    "Soso. G'hört host ja schon von ihm.", lächelte Longinus. Hinter diesem Lächeln steckte aber keine Freundlichkeit, sondern eher das Lächeln eines Hais, bevor er seine Beute verspeist, oder das Lächeln eines Verwaltungsbeamten, bevor er seinen Untergebenen einen schier unmöglichen Auftrag gibt.
    Der Auftrag, der Longinus nun im Sinne hatte zu geben, hatte allerdings nichts mit Verwaltungsarbeit zu tun.
    "Wos mit ihm is'?" Longinus blickte nochmals herum. Niemand war in der Nähe. Im vergehenden Tageslicht sah er, dass die Leute weit verstreut standen. Keine Seele konnte seine Worte vernehmen. "Der Arbogastus... der muass weg. So fix wie meglich." Er fuhr sich mit seinem rechten Zeigefinger an seinem Hals entlang. "Mit aner Bedingung is' des verbunden... doch, kaunnst' des iberhaupt moch'n?", meinte er, noch bevor er dem Mann die Bedingung auftischte. Man konnte ja nie wissen. Er blickte den vor ihn stehenden schräg an. "Und... host' scho' amoi 1500... sog'ma, 1750 Sesterzen am Stick verdient?", fragte er noch nach. Das würde er jedem bieten, der Arbogastus tötete.
    Longinus wartete gespannt auf die Antwort des Germanen.

  • Im Grunde seiner Herzens war der Germane ja immer noch ein Hinterwäldler. Bei der Erwähnung der Summe klappte ihm der Mund auf, und es wurde ihm ein bisschen schwindlig. Das waren völlig andere Dimensionen, als die, in denen er gedacht hatte. Mit so einer Summe, da würde er nicht nur eine Morgengabe kaufen können, da könnte er sogar versuchen Bridtha freizukaufen! Oder sich.
    Dafür konnte man schon mal was riskieren. Er klappte den Mund wieder zu und zuckte nicht mit der Wimper, als der Fremde sich bezeichnend über die Kehle fuhr. Einen üblen Verbrecher umzulegen, der noch dazu Römer war, da hatte er nicht mal den Anflug von Skrupel.
    "Hmm...", brummte er, um Zeit zu gewinnen, und um wieder etwas professioneller zu wirken, warf er noch ein paar Floskeln ein, die er hier und dort aufgeschnappt hatte.
    "Ne nasse Sache also. Arbogastus is ja nun nich grad 'n kleiner Fisch..."
    Eine Ratte trippelte vorüber. Er folgte dem Viech mit den Augen, kratzte sich am Kinn und blickte den Fremden dann ganz direkt und offen in das verschlagene Gesicht. Entschlossenheit glomm in seinen Augen, und ein düsterer Tatendrang.
    "Ja. Ich bin Krieger. Ich kann das. Gib mir ein Sax - oder eine Sica, sag mir wo ich ihn erwischen kann, und ich bring Dir seinen Kopf. Aber ich will wissen für wen ich arbeite, und von dem Geld will ich natürlich die Hälfte vorher."
    Falls er draufging sollte seine Freundin wenigstens was davon haben. Und ganz blauäugig war er ja nun auch nicht.
    Die Frage nach dem 'Warum' verkniff er sich.

  • Die Summe schien dem Mann zu gefallen. Sehr sogar, wie man es an seinem offenen Mund sehen konnte. Innerlich war er schon sauer auf sich, dass er keinen niedrigeren Preis geboten hatte. Wenn der Germane gewusst hätte, wieviel Geld im Gangstermilieu heimlich herumfloss, hätte er den Preis als lächerlich bezeichnet.
    Doch er schien sich wieder einzukriegen und starrte nun Longinus ins gesicht. Der Blick gefiel ihm. So sah ein Mann aus, der sich nicht fürchtete vor irgendwelchen Gefahren, die das Leben darstellten. Ein Mann, der wusste, dass der Tod zum Leben dazugehört.
    "A nosse Soche, sogs't? Do host recht. Bluat is' noss.", pflichtete Longinus dem Germanen grinsend bei, konnte man doch sehen, wie sehr der Mann mit Denken beschäftigt war.
    Doch schließlich schien er sich der Sache sicher zu sein. Der Junge sah für einen Moment wie ein richtiger Bandit und ein ordentlicher, ehrlicher Schwerverbrecher aus, als er Longinus zusagte. Doch bevor Longinus einschlug, hörte er sich noch den Mann gründlich an, und schüttelte dann den Kopf. "Tja. Dann wird's wohl nix.", meinte er, mit einem Anflug von Trauer. "Die Waffen kennt' i' dir besurgen.... aber i' muass mir an ondern suachen. I' konn di net nehmen. Wei'... die Hölfte vom Geld vorher? Na. Des wird nix. Entweder olles Geld nachher, oder goa nix." Longinus war nicht bereit, ein As zu zahlen, bevor er nicht den unversehrten Kopf des Arbogastus in seinen Händen hielt. Denn auch er war nicht blauäugig. Und seinen Namen würde er ebenfalls nur ungern nennen.

  • Die Augen des Germanen wurden schmal, und die Gier nach dem Geld packte ihn heftig, als der Fremde plötzlich einen Rückzieher machte. Dummerweise hatte er ja keine Ahnung, wie hier die Gebräuche waren. Die Hälfte war möglicherweise etwas viel verlangt. Aber einfach so losziehen, dass wäre ja blödsinnig gewesen, wer sagte denn dass sich der Kerl danach noch an die Abmachung erinnerte.
    Ein abfälliges Grinsen kräuselte seine Lippen. Er besah sich sein Gegenüber kalt, und sagte, ohne die Stimme zu heben:
    "Für wie dumm hältst Du mich. Du könntest mir das Blaue vom Himmel erzählen, Fremder. Ich töte Deinen Feind, aber ich töte nicht umsonst. Einen Teil musst Du mir schon vorher geben. Sonst könnte mir der unschöne Gedanke kommen, dass Du gar nicht soviel Geld hast. Gib mir eine Anzahlung von, hm, na gut, dann eben dreihundert Sesterzen, das ist nur ein..." - Viertel? Fünftel? Achtel? - "...Bruchteil der Summe - man hat ja auch Ausgaben dabei, außerdem - und ich erledige das für Dich. Getötet hab ich oft genug. Und ich stehe zu meinem Wort. Einen besseren findest Du so schnell nicht."
    Er zuckte die Schultern um Gleichgültigkeit zu heucheln, doch der Gedanke an das Geld - das die Freiheit bedeuten könnte! - liess einen träumerischen Glanz in seine Augen treten, der diese Geste Lügen strafte.

  • Es war fast schon witzig, anzusehen, wie der Mann zusammenzuckte, als ob er eine kalte Dusche bekommen hätte. Doch er fasste sich bewundernswert schnell und pfefferte Longinus eine gut überlegte Antwort entgegen, die einen schon viel besser klingenden Vorschlag enthielt. Doch seine kühnen Worte konnten kaum verbergen, dass der gute Mann so voller Geldgier war, dass er pfeifen würde, wenn er ein Ventil hätte.
    "Nanana!", meinte Longinus und hob die linke Hand. "Des klingt jo scho' besser! Geld hob' i', kane Sorgen. I' glaub fost, mir san uns einig.", grinste er. "I' hob gaunz zufällig des Geld bei mir. Doch, vorher, mecht i' dir wos sog'n. Wo treff'ma uns wieder? I' schlog' vor, hier. Du bringst den Kopf in am Beitel. An wosserdichten. Dann: Der Kopf darf kane Verletzungen hoben! Und a' net verfault sein. Ma' muass sehen kennen, wer es is'! Und... wieviel' Zeit brauchst'? 2 Tog'? Oder 3? Oder doch a Wochen?", fragte er den Mann aus. "Und... was is' dei Name? I' mecht wissen, wer du bist, bevor i' dir des Geld gib'. So unter uns Meichelmerder." Nochmals grinste er, diesmal noch schiefer wie vorher.

  • Ah, so langsam wurde man sich einig! Der Germane grinste dreckig zurück, wobei er ein kräftiges Gebiss bleckte, und spürte, wie sich in ihm das Jagdfieber regte. Viel zu lang hatte er zwischen adretten und ach so gesitteten Menschen den gezähmten Wilden gegeben, brav seinen Herrn zum Tempel und zurück eskortiert, höchstens mal einen Übungskampf gehabt, zuletzt war er gar Überbringer zarter parfümierter Liebesbriefchen gewesen (er hatte nicht dran gerochen, aber sie waren zweifelsohne parfümiert gewesen) - aber jetzt, jetzt ging es wieder ums Jagen, ums Blutvergiessen, um Beute - eben ums ganze!
    Nur - was war ein 'Beitel'? Ach so. Ein Sack wahrscheinlich.
    "Wasserdicht. Ich verstehe. Hm - nein, nicht wieder hier. Zu viele Leute."
    So kaltblütig war er dann doch nicht, dass es ihm behagen würde, einen abgeschnittenen Kopf auf einem belebten Platz mit sich herum zu schleppen. Er überlegte und machte einen Gegenvorschlag. Der Ort war ihm mal aufgefallen, weil er sich vielleicht ganz gut für ein Schäferstündchen eignen würde. Und ebenso gut wohl für ein diskretes Treffen geschäftlicher Natur.


    "Stromabwärts, vor dem Emporium, da wo die Lagerhallen beginnen" - beiläufig wies er in die Richtung - "da gibts neben der Werft so'n wüstes Stück Brachland am Flussufer, mit Gerümpel und abgewrackten Kähnen und so - treffen wir uns doch da, bei dem alten Lastkran. In einer Woche zu Sonnenuntergang. Ich mit dem Kopf, Du mit dem Geld. Allein. In Ordnung?"
    Die Waffe würde er sich selbst besorgen, beschloss er. Es gefiel ihm nicht so recht Meuchelmörder genannt zu werden. Aber eine bessere Bezeichnung hätte er auch nicht gewusst. Er könnte das Opfer ja schlecht zum Holmgang fordern.
    "Gut ich sag Dir meinen Namen. Aber ich will auch Deinen wissen, wie gesagt. Sev heiß ich. Und wie wirst Du genannt? Ach - soll ich dem Arbogastes eigentlich noch was ausrichten von Dir, vorher? Und weisst Du wo er sich rumtreibt zur Zeit? Und hat er was besonders an sich, an dem man ihn gut erkennen kann?"
    Er lächelte grimmig. Jetzt fehlten nur noch ein paar Informationen, und das Geld, und dann konnte er sich gleich auf die Jagd begeben...

  • Das Grinsen des Germanen schien mit dem von Longinus an Grimmigkeit geradezu zu konkurrieren. Die Jagdlust eines Menschen war erweckt. Longinus hatte bei Rutger Severus etwas heraufbeschworen, was furchtbarer war wie alles andere, was in der Natur vorkam - die Mordlust.
    Offenbar verstand der Mann zwar im ersten Moment nicht, dass "Beitel" ein Beutel war, ;) aber er schien die Bedeutung erfasst zu haben, als er Longinus offenbarte, dass ihm der Sack besser bei den Lagerhallen am Emporium überhändigt werden sollte. Das war gut. Das war sogar sehr gut. Ausgezeichnet. Longinus grinste abermals. In seinem Kopf begann sich ein Plan zu formen...
    ...doch genug davon. Später hatte er noch genug Zeit, darob nachzudenken. "Guat. Moch'ma des so. Brochlaund am Tiber. Sehr guat. I' kenn' den Lastkron. Ane Woche, Sonnenuntergaung. Alles klor. I' wer's Geld haben, du wirst'n Kopf haben."
    Er erfuhr den namen seines Gegenübers. Sev... war das ein germanischer Name? "Guat, Seff.", so ähnlich klang die Abkürzung von Severus nämlich aus seiner Kehle, "ma' kennt mi' als den Schächter von Spanien. Andere nennen mi' den Tavernenassassinen oder den Stabmann. Aber mei' Name is' Longinus von Vindobona. I' wer di' erwarten. Ganz sicher." Er grinste.
    "Arbogastus wohnt in der Insula Batavica, am Quirinal. Doat is' er immer. Er hot a riesige Narben von da...", er zeigte auf seine Stirn, "bis da.", er zeigte auf sein Kinn. "Und... sog ihm... sog ihm... sog ihm: Herzliche Grüsse von den Elefanten. Er wird verstehen." Er grinste noch mehr.

  • Immer besser verstand man sich nun. Der Fremde schien ganz angetan von dem vorgeschlagenen Treffpunkt. Langsam nickte der Germane als der andere sich vorstellte. Der Schächter von Spanien... das war ein beindruckender Titel! Severus beschloss sich beim nächsten Geschäft dieser Art lieber als Die Blonde Bestie vorzustellen, anscheinend durfte man in diesem Milieu sein Licht nicht unter den Scheffel stellen. Er widerholte sich die Liste der Namen im Geiste und prägte sie sich ein. Der Stabmann, das war auch gut... klang fast wie der Titel zu einer dieser spannenden Gaius-Geschichten. Insula Batavica, Quirinal. Damit waren seine Fragen beantwortet. Herzliche Grüsse von den Elefanten.
    Von den 'Elefanten'? Etwas klingelte bei ihm, eine Erinnerung streckte die Hände aus der Dunkelheit empor und wollte an Licht hinauf kriechen. Was war da noch...? Fiel ihm gerade beim besten Willen nicht ein. Aber es hatte definitiv nichts mit den riesenhaften Fabelwesen zu tun, die er einmal auf einer Cena Libera begeistert mit Melonen gefüttert hatte.
    "Gut..." Er wollte jetzt nicht grübeln sondern das Geschäft abschliessen.
    "Alles klor soweit - äh, klar. Herzliche Grüsse von den Elefanten, werd ich ausrichten. Dann bekomm ich jetzt den Teil vom Geld von Dir, und wir sehn uns dann nach getaner Arbeit in einer Woche, Longinus von Vindobona. Hand drauf."
    Er spuckte in selbige und reichte sie dem Stabmann, um den Auftrag wie unter Ehrenmännern üblich mit einem herzhaften Handschlag zu besiegeln.

  • Na also. Dieser Sev schien sich endlich mit Longinus einig zu sein.
    "A' Wochen.", meinte Longinus. "Guuuuuuuuuuat." Er klang zutiefst befriedigt.
    Longinus holte mit seiner Hand aus und liess sie in die Hand des Germanen fallen. Der Deal war abgeschlossen. Jetzt konnte es losgehen.
    Er fuhr mit seiner Hand zu seinem Gürtel hin und zog einen kleinen Beutel hervor. "Hier drinnen san 3 Aurei. Waaßt' eh, a Aureus is' glei' vül wert wie 100 Sesterzen. Do." Er händigte Sev den Beutel aus. "Oiso, los! A Wochen!", meinte er, und grinste dem Mann zu - mit einem Grinsen, an dem man einwandfrei erkennen konnte, wie wenig Longinus von der zeitgenössischen Zahnhygiene hielt.

  • Argwöhnisch biss Severus in das Gold. Ja, war echt. Unter seiner schmuddeligen Oberfläche schien dieser Longinus ein vermögender Mann zu sein. Damit waren der Worte genug getan. Er nickte entschlossen, liess das Geld unter seinem Umhang verschwinden, und dann gingen die beiden Galgenvögel, die der Zufall zusammengeführt, und eine fixe Idee zu Geschäftspartnern gemacht hatte, wieder auseinander - einer zufriedener als der andere.
    Severus lächelte. Jetzt konnte er Bridtha endlich eine Morgengabe kaufen. Allein nur mit dem Vorschuss! Hätte er gewusst was daraus entstehen würde, so hätte er das Gold wahrscheinlich lieber im hohen Bogen in den Tiber geworfen. Aber da er es nun mal nicht wusste, schlug er ohne Zögern den Weg zu einem Schmuckhändler (und -hehler) nahe des Argiletum ein, und konnte dort tatsächlich ein schönes Stück für seine Liebste erstehen. Ein wahres Brisingamen. Er freute sich schon auf den nächsten Morgen, wo er es ihr dann überreichen würde.


    2.Akt: Eine Sica im Dunkeln
    3.Akt: Nach dem Mord
    4.Akt: Recherche...
    5.Akt : Es wird abgerechnet

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