Synodon zum Wahlvorschlag eines neuen Epistates

  • In aller Frühe, wobei der Morgen für Alexandria in dieser Jahreszeit ungewöhnlich frisch ausfällt, versammeln sich die Philologen und Philosophen des Museions, sowie alles Personal in der größten Exedra des gewaltigen Museionskomplexes. Auch Theodorus trifft hier ein und schaut sich schüchtern um. Das Reden vor einer größeren Menschenmenge war noch nie so die Spezialität des introvertierten Alexandriners gewesen aber Pflicht ist Pflicht und Wein ist Wein. Letzteren hat er vor dem Treffen auch reichlich zu sich genommen, eigentlich überreichlich für ein normales Frühstück, um seine Zunge und seinen Mut ein wenig zu beflügeln. Eilig marschiert er durch die Leute in Richtung des Stuhles des Epistates, wo er sich hinsetzt und wartet, bis sich alle eingefunden haben.

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Leutselig lächelnd und nach keiner bestimmten Richtung nickend trat Diagoras in die Exedra. Den ein oder anderen glaubte er zu kennen; bei einem Mann mit einer Narbe auf der rechten Backe war er sich sicher, daß er in Ephesos eine Schriftrolle hatte mitgehen lassen - jedenfalls war mit Ende seiner Amtszeit dort die Nachfrist schon seit einiger Zeit überschritten und angemahnt worden. Der Epistates der Kelsos-Bibliothek hatte sich nie dazu durchringen können, reklamierte Bücher durch grobschlächtige skythische Burschen bei den Säumigen eintreiben zu lassen, ein direktes und effizientes Verfahren, wie Diagoras fand.


    Er druckste ein wenig an einer korinthischen Säule herum und biß in eine Birne, denn er war vor Sonnenaufgang noch schnell zum Markt gelaufen, um seinen Tagesbedarf an Kernobst aufzufüllen. An ein mit schwelenden Kohlen gefüllten Tripod gelehnt, beobachtet er das Geschnatter der Großen Geister.


    Theodoros wehte herein und setzte sich schnurstracks auf den freie Stuhl des Epistates, ein Vorgang, der, wie Diagoras bemerkte, genau beobachtet wurde und durchaus geteilte Reaktionen hervorrief. Diagoras grinste und verbarg die Grimasse mit einem weiteren Biß in die herrliche Doppelte Philippsbirne.

  • Unter dem *übrigen Personal* hatte auch ich meinen Platz an diesem Morgen gefunden, auch wenn ich mir über den wirklichen Nutzen meines Hierseins nicht ganz im Klaren war. Aber eigentlich ging mir das auch im Bezug auf das Hiersein all der anderen, denn schliesslich war es nicht an der Belegschaft des Museions sich einen neuen Bibliothekaren zu erwählen, sondern lag dies allein in der Hand des Kaisers. Doch mein Pflichtverständnis gebot es mir, mich trotz allem hier einzufinden, wenn auch nur um mich ein wenig zu amüsieren.

  • Von schmächtig bis mächtig, dürr bis füllig, Gelehrte jeglicher Coleur, Gestalt und Alters betraten an jenem bedeutungsvollen Morgen die Exedra. Schon in der Wahl der Sitze wurde klar die einzelnen Fraktionen, Interessengemeinschaften und Gruppierungen ersichtlich. Sosimos von Korinth war einer der Ersten, der herein kam. Er nahm vorne Platz und verschränkte grimmig die Arme vor der breiten Brust, die Stühle zu seiner Rechten und Linken blieben längere Zeit unbesetzt. Der Philologos Chares, beschäftigt mit der Chimärenforschung, schlurfte mit hängenden Schultern etwas später herein. „Ich kann alleine laufen!“, eine schrille Männerstimme drang in die Exedra. „Jetzt neeehmt schon die Finger von mir...aiaiai...was HAST Du gesagt, Junge?“ Ein Greis stackste in die Räumlichkeiten, auf einem schwarzen Gehstock gestützt. Dürr und mit einer prominenten Adlernase war der Greis gezeichnet, groß gewachsen und ohne ein einziges Haar mehr auf seinem Denkerkopf. Nur zahlreiche Alterslfecken hielten die leeren Stellen besetzt. Suchend blickte der Alte hin und her und eroberte sich einen Platz in der ersten Reihe. „WER IST DENN DAS?“, keifte der Alte lautstark in den Raum. Von Schwerhörigkeit geplagt, ging er scheinbar davon aus, dass alle anderen auch von dem Leiden betroffen waren. Ein junger Mann beugte sich zu ihm herab und murmelte leise etwas. „WAS?“, plärrte der Alte. Der Mann seufzte und meinte dann lauter. „Er vertritt den toten Epistates. Das ist Theodoros aus Alexandria, ein Philologos.“ Der Alte starrte Theodoros unverhohlen an. „Aha! Und warum sitzt er auf dem Stuhl des Epistates? Ist die Wahl schon vorbei? Bei Hermes, warum sagt man mir nicht früher Bescheid?!?“ Der junge Mann rollte mit den Augen. „Die Wahl war noch nicht, werter Euphamos.“


    Und noch mehr Gelehrte kamen, sogar welche, die schon seit Jahren nicht mehr am Museion gesehen worden waren, geschweige im Unterricht von Schülern oder Forschungen, die die Schule noch bereichern könnten. Doch zur Wahl des mächtigsten Mannes des Musentempels (beziehungsweise das Vorschlagen des Selbigen) kamen sie wie die Ratten aus allen Löchern hervor geströmt, um am großen verlockenden Käse (namens Macht) doch noch teilhaben zu dürfen. Oder weil sie einen bestimmten Kandidaten unterstützen wollten. Die Sklaven des Museion blieben recht weit hinten stehen. Ein grauhaariger Mann setzte sich direkt neben Urgulania und musterte sie kurz prüfend. Gepflegt war der Man von seiner Erscheinung und in schlichtes, aber feines Tuch gekleidet. Nicht nur der große Siegelring an seinem Finger verriet, dass der Mann kein Armer war. „Chaire.“, grüßte er sie freundlich. „Grammateos?“ Eine Gruppe von Iatroi (Ärzten) betraten den Raum, unter ihnen auch Doros, und nahmen weiter hinten Platz.

  • Zitat

    Original von Prosekon tou Mouseiou
    Ein grauhaariger Mann setzte sich direkt neben Urgulania und musterte sie kurz prüfend. Gepflegt war der Man von seiner Erscheinung und in schlichtes, aber feines Tuch gekleidet. Nicht nur der große Siegelring an seinem Finger verriet, dass der Mann kein Armer war. „Chaire.“, grüßte er sie freundlich. „Grammateos?“ Eine Gruppe von Iatroi (Ärzten) betraten den Raum, unter ihnen auch Doros, und nahmen weiter hinten Platz.


    Ich war mittlerweile schon eine Weile am Museion angestellt und hatte mir schon mehrfach die Listen der Gelehrten angesehen, doch war ich schon überrascht, wie viele Menschen sich hinter der Namensliste verbargen. Interessiert betrachtete ich die Unmengen von Gelehrten und sonstigen Leuten, die hierher kamen und stellte mich schon auf eine lange und durchaus amüsante Veranstaltung ein.
    Als ein älterer Mann neben mir Platz nahm und mich ansprach, wandte ich mich ihm zu und schaute ihn an. Er kam mir nicht wirklich bekannt vor, doch war es sicherlich möglich, dass ich ihm schon mal begegnet war. Sollte ja vorkommen, dass eine alte Frau sich nicht alles merken konnte.

    Chaire erwiderte ich ebenfalls freundlich. Ja, in dieser Funktion arbeite ich hier. Iunia Urgulania ist mein Name.

  • Als sich der Tumult langsam zu legen beginnt, gibt sich der eigentlich lampenfiebrige Theodorus einen Ruck und steht auf, um die Hände als Zeichen zur Ruhe zu erheben. Nachdem eine unendliche Zeit vergangen und tatsächlich Ruhe eingekehrt ist, setzt er an, zu reden.


    "Ähm... Verehr..."


    *räusper*


    "Verehrte Philologoi und Philosophoi, Priester des Musentempels, Verehrte Gäste,
    wir haben uns heute hier in diesen heiligen Hallen zur Synode zusammengefunden, da der alte Epistates, Tychias, unter bedauerlichen Umständen verschieden und der Posten des Epistates nun vakant ist. Und wie wir alle wissen, steht es allein dem Schutzherren dieser Einrichtung, den göttlichen Basileus Autokrator Kaisar Sebastos Ulpius Iulianus, zu, einen neuen Epistates zu erküren. Allerdings ist es meiner Ansicht nach - und ich hoffe, ihr stimmt mir darin überein - Pflicht unserer ehrenwerten Gesellschaft, dem Basileus mit unserem Rat zur Seite zu stehen und Kandidaten vorzuschlagen, von denen der Basileus in seiner unendlichen Weisheit den Richtigen auswählen möge.


    Stimmberechtigt seien die Philologen und Philosophen dieser Schule, sowie die derzeit bei uns zu Gaste residierenden Gelehrten aus aller Welt und die Vertreter der übrigen großen Philosophenschulen."


    Theodorus weiß, dass der Lob auf dem Kaiser übertrieben ist und er weiß, dass auch der Großteil der Anwesenden das weiß, aber Niemals würde Jemand was anderes sagen. Einen Außenstehenden mochte das sicher absurd vorkommen, aber die Alexandriner hatten sich bereits seit langer Zeit an diese Gepflogenheiten gewöhnt.

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  • Wie erfreulich, dachte sich Diagoras, ein göttlicher Soldat mit unendlicher Weisheit gesegnet regiert uns. Oder jedenfalls Theodoros, der dem Göttlichen ja in Rom bedeutend näher gewesen war. Aber gut, ein wenig rhetorisches Ohrenschmalz für die Römerfreunde im Raum war sicherlich diplomatisch gemeint, auch wenn Theodoros leider nicht wie ein Diplomat, sondern wie ein junger Akroates aussah, der gerade seinen ersten Vortrag halten sollte. Aber auch das kann man positiv sehen ...


    Diagoras machte sich nichts vor: er wurde von den meisten Menschen als junger sophistischer Schwätzer abgetan, und Theodoros zweifellos als ein Eierkopf, der nur seine Wissenschaften in eben diesem hatte ... alles hatte seine Vorteile. Das Pferd war aus dem Stall und nun im Rennen ... das Spiel konnte beginnen ... ob wer danach Beifall klatscht? :app:

  • SimOff: Mea culpa. Keine Zeit gefunden, außerdem sollte der alte Epistates erst Mal unter die Erde.



    Mit einem ruhigen und selbstsicheren Lächeln auf den Lippen beugte sich der grauhaarige Mann näher an Urgulania. „Es freut mich sehr, Dich kennen zu lernen, werte Iunia Urgulania.“ Sein Blick wanderte wieder nach vorne, wo eine Weile lang gebanntes Starren ausgebrochen war und alle Blicke sich auf Theodoros gerichtet hatten. In diesen Moment der noch vorherrschenden Ruhe meinte der Mann noch. „Mein Name ist Midas. Midas Adrakos.“ Doch dann verstummte der Mann, denn Theodoros setzte zum Sprechen an. Um Midas Mundwinkel zuckte es einen Moment als der Stellvertreter des Epistates oder viel mehr der Interimsepistates ansetzte, seine Stimme zu erheben. Einem Mäuslein gleich, doch dann vernahm auch der Mann die Stimme des Theodoros. Er nickte beifällig als Theodoros sprach und lächelte zufrieden in sich hinein. Überhaupt, er schien von einer ruhigen Heiterkeit geprägt zu sein.


    Einige der Gelehrte und Angestellten folgten dem Beispiel und applaudierten laut. Manche schimpften leise vor sich her, andere waren wiederum recht angetan von den Worten. Sosimos räusperte sich in seinen Bart hinein und erhob sich. „Kollegen, Mitarbeiter, Museionsunterstützer. Es ist schwer einen neuen Epistates zu finden und dem göttlichen Kaiser zu empfehlen. Wohl bedacht muss der Mann sein, soll er doch der sein, der das Wissen und die Künste der Musen hegen und pflegen soll. Nicht nur weltlich muss er firm sein, nein, die Götter müssen ihm ebenso wohl gesonnen sein. Ein Glanzlicht hellenischer Schule muss er darstellen...“ Das übliche Blabla von Sosimos schien seinen Anfang zu nehmen und wenn Sosimos erst Mal in Fahrt kam, ja, da war er nicht mehr zu bremsen. Doch in dem Moment sprang einer der jüngeren Gelehrten auf. „Ich schlage Hilinos vor. Den Philosophos Hilinos.“ Empörende Rufe erntete der junge Mann. Ein Mann, dicklich und im mittleren Alter erhob sich. „Sicherlich würde ich gerne die Ehre annehmen...“ Es war wohl Hilinos, der sich da erhoben hatte, doch er wurde unterbrochen von lauten Schmährufen. Eine jüngere Frau rief lauthals: „Euphamos. Euphamos als Epistates.“ Sie erntete Gelächter und der alte Euphamos starrte in ihre Richtung. „WAS, WAS HAT SIE GESAGT?“, krakelte Euphamos. Der Sklave an seiner Seite rollte mit den Augen und wiederholte ihren Vorschlag. „Nein, nein...obwohl...“ Doch auch Euphamos Antwort ging im Getümmel unter. Denn schon wurde der nächste Kandidat vorgeschlagen, wütendes Keifen erhob sich und einige der Gelehrten sprangen auf, um hitzig aufeinander ein zusprechen. Wortfetzen wie: „So ein Idiot? Nie und nimmer.“ oder „Diesen Faulenzer doch nicht..“ „Pah, so ein Volltrottel als Epistates? Nur über meine Leiche.

  • Na endlich kam Leben in die Bude. Diagoras holte sich vor Vergnügen eine "Köstliche von Ephesos" aus seinem Beutel, die er für besondere Gelegenheiten hortete. Theodoros hatte endlos und dabei fast überhaupt nichts gesagt, er hätte auch schweigen können, so wenig Auswirkungen hatte seine Rede gehabt.


    Hört! Hört!


    rief er kauend in die Menge, als jemand rief . „Ich schlage Hilinos vor. Den Philosophos Hilinos.“ Hilnos? Hilnas? Hilnis? Ah, der Alte, der da sich ächzend vom Stuhl erhob.


    Diagoras liebte Versammlungen aller Art, das Herumgeblöke, Vondensitzengespringe, die Unflätigkeiten, die die demaskierten, die sie vorbrachten, das ganze aufregende Brimbamborum. Die Römer hatten ihre Gladiatorienkämpfe, die Griechen ihre Demokratie. Obwohl - er hatte gehört, daß man sich auch schon im Senat geprügelt hatte. Je dämlicher man sich stellte, desto leichter ließen sich die Menschen an der Nase herumführen.


    Ho! Ho!


    Wer war da jetzt aufgesprungen? Schade, daß er das Dossier nicht gelesen hatte, bevor es im Sturm bei der Überfahrt so naß geworden war, daß es nur noch ein Klumpen Pflanzenfaser war. Egal. Lassen wir die unwichtigen Kampfhähne einander verausgaben.


    Diagoras wartete ab und suchte den Blick von Theodoros. Der hatte ihn ja eingeladen, wer weiß, ob Diagoras öffentlich sprechen sollte. Und wenn nicht, würde er seinen Kandidaten anders lancieren.

  • Hilflos steht Theodorus vor den sich in aller Zwietracht zankenden Gelehrten und schaut zu, wie der Saal sich in alter Sitte (obwohl er nicht zuordnen kann ob griechischer oder gelehrter) im heillosen Chaos auflöst. Fast gleichzeitg muss er leicht schmunzeln: Er muss unwillkürlich an den philosophischen Disput zwischen Sokrates und seinen sophistischen Widersachern denken, an die Art und Weise, wie die Dialoge nach Platon verliefen und wie sie wohl in Wirklichkeit waren. Denkt man an Letzteres, so wundert es einen im Nachhinein nicht mehr so sehr, dass die Athener Sokrates zu Tode verurteilten. Wahrscheinlich gab es in Wirklichkeit keine höhere Gefährdung der offenen Ruhe in Athen als das Aufeinanderhetzen von Sokrates und einem sophistischen Lehrmeister.


    Sich so in Gedanken vor der unangenehmen Situation flüchtend, bemerkt er die Blicke des melischen Gastes und irgendwie kommt es ihn so vor, als würde dieser, wie gewöhnlich an seinem Fallobst herumkauend, gerade etwas ähnliches denken. Ein Blick von Hilflosigkeit trifft Diagoras' Augen und es macht fast den Anschein als wolle Theodorus sagen: Sag doch was! Beschütze uns vor diesem Ansturm tollwütiger Hunde!

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  • Das Chaos war mittlerweile perfekt, Ärzte stritten mit Philosophen, Mathematiker mit Botanikern, jeder versuchte seinen Liebling durchzusetzen, seinen Favoriten. Sogar eine Frau, mit Namen Nisoteia und Philologa von Profession, wurde als Vorschlag in den Raum geworfen. Was in vielen Fraktionen an Zustimmung erntete, bei manchen jedoch umso heftigere Empörung, denn noch nie war das Museion von einer Frau geleitet worden und manch ein verstaubtes Relikt wünschte sich, dass es auch nie passieren würde. Sosimos starrte vor sich hin und ließ das Wirrwarr um sich herum toben. Ein dünnes Lächeln zierte die Lippen des älteren Gelehrten und er sah fragend zu Theodoros nach vorne. Die Arme hielt der Gelehrte vor seiner Brust verschränkt. Schließlich erhob er sich. „RUHE!“, donnerte seine Stimme. „BEI ZEUS, WER JETZT NOCH SPRICHT, DER WIRD HINAUS GEWORFEN!“ Es verfehlte nicht seine Wirkung, denn die Männer um ihn herum verstummten, aber nur diese, der Rest schimpfte weiter, diskutierte oder disputierte und ließ sich von Sosimos nicht stören. Doch Sosimos fixierte Theodoros mit einem durchdringenden Blick. „Ich schlage Theodoros von Alexandria für den Posten vor.“ Einige Gesichter wandten sich zu Theodoros, der eben noch wie vergessen schien. „Theodoros?“, echote ein unscheinbarer Mann. „Aber was hat er denn schon geleistet? Er soll sprechen.“ Ein anderer Gelehrter nickte eifrig. „Ja, er soll sprechen. Von sich...“ Etwas mehr Ruhe kehrte ein, doch nicht an allen Stellen. Denn zwei Männer krämpelten schon ihre Gelehrtenkleidung hoch, um sich mit dem Ausdruck von hitzigem Zorn aufeinander zu stürzen.

  • Der Blick des Theodoros war nicht der, den er erwartet hatte. Diagoras wußte im Moment nicht, was er damit anfangen sollte, er zögerte ein wenig. Zu zögern heißt manchmal, einen kairós zu verpassen ... als er noch den Gedanken hin- und herwälzte wie einen Bissen von der einen Backe in die andere, kam ihm der alte Sosimos dazuwischen. Sosimos?


    Aber ... Sosimos das Sistrum schlug Theodoros vor! Zeichen! Wunder! Diagoras wurde ein wenig schwindelig und er rutschte aus seiner unbefangen legeren Haltung an der Säule ab, Das mühsam in den letzten wiedergewonnene Gleichgewicht schwand wie sein neu angelegter Apfel- und Birnenvorrat in einem Anfall von Heißhunger, man konnte dem jungen Mann dabei zusehen.


    Diagoras rappelte sich buchstäblich wieder auf und biß vor Nervosität in den Apfel und in Damen und Zeigefinger, die sich in das Obst gekrallt hatten, als ob ein Apfel Halt böte. Der ganze labende Krawall war über dem lauten Gekrächze der Mumie Sosimos verstummt, man starrte auf Theodoros, Diagoras betrachtete eindringlich einen feuchten Fleck, der sich von der Decke über Nordwand langsam und allmählich im Laufe der Jahre breitgemacht hatte, als erwartete er Antwort auf die Frage nach dem Wieso? der menschlichen Existenz. Wasser ... alles fließt, oh Ihr ionischen Weltweisen!

  • Hat er da gerade richtig gehört? Er soll sprechen? Vor der Synode? Er, der Jude, der ewige Außenseiter, durch Zufall vom Eparchen mit der vorläufigen Leitung der heiligen Hallen der Kunst betraut? Schüchtern blickt Theodorus um sich, dann fasst er Mut und hebt an:


    "Verehrte Anwesende, Priester der Musen und des Apollon, meine Brüder!
    Es ist mir eine große Ehre, heute vor euch sprechen zu dürfen und es ist mir eine noch größere Ehre, dass es welche unter euch gibt, die mich gerne auf dem Thron des Epistates sehen würden, des obersten Priesters des Museions. Die, die mich vorschlagen, wollen mich also einreihen in die Reihen der wohl weisesten und wagemutigsten Männer, die die Geschichte unserer Welt schenkte.


    Sie bekämpften keine Monstern, gründeten keine Städte, führten Krieg nicht mit Schild und Schwert sondern mit Tinte und Federn. Aber gegründet vom größten der Weisen, dem König Ptolemaios I. Soter, schufen sie das Museion, welches wir heute kennen: Ein Fels des Wissens und der Gelehrsamkeit in der tobenden Brandung der Unwissenheit unserer Welt! Das Museion, welches die Welt heller erleuchtet, als der Pharos, das wie in der Vergangenheit so auch heute und in Zukunft die Schranken der Dummhet zu überwinden zu vermag!


    Hier wurde etwas gebaut, das größer ist als jedes Reich auf Erden: Errichtet auf dem Fundament der Philosophien der Alten, des Homer, des Platon und des Aristoteles wurden die Mauern gebaut mit den Lehren aller Völker des Erdballs, den Lehren eines Archimdes, eines Zarathustra, eines Moses oder eines Buddha, und unsere neuen Erkenntnisse fügen jeden Tag ein weiteres Stockwerk hinzu. Das Ende des Turmes jedoch wird niemals in Sicht kommen, denn wir sind nicht so vermessen, zu denken, wir könnten die Sphären der Götter erreichen, denn für uns gilt nur: Nichts ist wahr, solange es nicht bewiesen ist!


    Seht mich an: Geboren aus dem Geschlechte des Abraham, treuer Sucher meines Gottes, den ich Jahwe, ihr aber Zeus, Serapis,Iupiter oder Ahura Madzda nennt. Meine Lehrmeister aber waren die Söhne Ägäiis, die alten Ionier und die Attiker! Während man außerhalb des Museions meiner spottet, sagt, ich wäre nicht richtig das Eine und nicht richtig das Andere, halb Fisch, halb Fleisch, wurde ich hier willkommen geheißen, habe ich hier meine Heimstätte gefunden, denn hier ist es nicht wichtig, woher man kommt und was man denkt. Unterschiede werden nicht ausgegrenzt, Unterschiede werden vereint. Wir lernen voneinander und durcheinander und streben zum Höheren und Besseren hinauf!


    Das ist die Tradition unseres Museions! Und nichts anderes sollte sie jemals sein: Freie Kunst, Freie Forschung, Freier Austausch an Meinungen und Freie Lehre auf dem Weg zur Erkenntnis der Dinge! Diesen Prinzipien war ich immer treu und diesen Prinzipien werde ich immer treu bleiben, egal was auch kommen sollte! Das Museion ist unser Werk, unser Bau, vom Basileus und den Göttern geschützt"

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  • Als Diagoras die Rede des Theodoros hörte, richtete er sich wieder auf, wurde er wieder aufgerichtet.


    Welch' ein Apell! Welch' ein Hymnos auf ... "freie Kunst, freie Forschung, freier Austausch an Meinungen und freie Lehre" - Ob Theodoros selbst glaubte, was er sagte? Diagoras war sich nicht immer klar, was nun pathos und was ehrliche Überzeugung war.


    Diagoras biß wieder vergnüglich in den Apfel, als er hörte, daß Theodoros die berühmte Leuchtfeuer-von-Pharos-Metapher, die er oft selbst in Gesprächen in Athen gebracht hatte, ebenfalls verwendete. Sogar heller als der Pharos soll das Museion die Welt erleuchten! Und "die Söhne Ägäiis, die alten Ionier und die Attiker", die manche wohl "kleinliche, provinzielle Pseudosophistik der Schulen Achaias und Asias" schmähen, nennt er seine Lehrmeister! Er konnte den Kopf nur schütteln (tat es aber nicht, sondern hörte aufmerksam zu) über die Menschen, die Theodoros nicht für einen geeigneten Kandidaten hielten.


    Aber Diagoras verstand immer noch nicht, warum man ihm in Alexandria offenbar mit Reserviertheit begnete - weil er Grieche Ioniens war? Was machte er eigentlich falsch? Oder war er etwas mimosig? Er wollte niemandem etwas Böses, hatte vorgehabt, sich niederzulassen und ein wenig in der Pomologie, seinem großen Steckenpferd, zu arbeiten. Nur, weil er stolz auf die griechische Freiheit, die griechische Autonomie war, eine Freiheit, die es in Asia und Achaia seit Jahrhunderten gab?


    Etwas mulmig wurden ihm aber doch, als Theodoros sich zu seinem Volk bekannte - Diagoras hatte, was ihn damals sehr beunruhigte, von einem Jungen gehört, Theodoros würde im jüdischen Viertel wohnen; eine Information, die er und damit auch seine Auftraggeber nicht hatten. Wie die Versammlung darauf reagieren würde, wagte er sich nicht auszudenken. Im Grunde hatte er gehofft, daß dieser Aspekt nicht öffentlich behandelt und erstmal in Vorgesprächen eruiert würde; irgendwie ärgerte ihn dieser Alleingang des Theodoros, das gab wohl ein Nachspiel. Vor allem mußte er Athen informieren, denn noch weniger als Juden waren nur die Christianer beliebt, denen ja jegliches öffentlich-politische Engagement verboten war.


    Die Offenheit war zwar umwerfend, die Rhetorik zumindest für Hellenen einleuchtend (was jedoch Juden dazu sagen würden? nicht seine Sache, zumindest jetzt nicht), und Diagoras schätzte Offenheit über alles, auch wenn offene Türen auch viel Ungebetenes ins Haus ließen: Prügel, Verfolgung und Häme zum Beispiel, aber besser so als vor Süßigkeit triefendes und völlig verschnittenes Opium für die Ohren.


    Vorsichtig kruschte Diagoras in seinem Lederbeutel und ertastete einige fruchtig-harte Wurfgeschosse, sollte es zu Tumulten kommen, an denen er sich sicherlich beteiligen wollte. Jedenfalls von seinem Logenplatz aus - und nicht im Parterre. Er ließ seine Augen über die Anwesenden streifen und suchte nach eventuellen Krawallmeiern.


    Sim-Off:

    [SIZE=7]edit:/ Auf Wunsch habe ich aufgrund eines von mir nicht beachteten Risses im Zeitkontinuum und in der Abfolge der Ereignisse den Beitrag nachträglich inhaltlich verändert und in die SimON-Chronologie eingepaßt. Ist eigentlich "No-No", ich weiß. "Kommt davon, wenn mehrere Drehbuchautoren an einem Skript arbeiten und sich nicht rechtzeitig absprechen; einer sagt: "ich dachte" - und dann ist etwas schiefgegangen. [/SIZE]

  • Gerührt seufzte Sosimos und lauschte ergriffen den Worten von Theodoros, ja, es hätte nicht viel gefehlt und Sosimos hätte sein kleines Tüchlein gezückt und sich heftig und vernehmlich geschnäuzt. Waren das nicht Worte, die von ihm hätten kommen können? Das Museion, der leuchtende Stern in dem Sumpf von Barbarei und Kleingeistigkeit, das genau meinte Sosimos aus den Worten von Theodoros raus zuhören. Er seufzte noch einmal und nickte beifällig in jede Richtung, um zu bekunden: Das war der Mann der Stunde. Auch andere Zuhörer waren sehr angetan von dem, was Theodoros von sich gab. „So ist es...gegen Dummheit!“, rief ein Philosoph von hinten. „Und gegen die Kyniker!“, rief sein Kollege, erntete darauf ein paar ärgerliche Rufe, die jedoch das weitere Reden von Theodoros nicht behinderten oder gar übertönten. Als es darum ging, die Sphären der Götter zu erreichen, klatschten sogar der Eine oder Andere, beifälliges Gemurmel machte sich breit bis es auf das Geschlecht Abrahams zu ging. Schlagartig wurde es still im Raum. Sosimos seufzte leise und seine Schultern sackten herab. Die stolzen Hellenen in diesem Raum (und davon gab es zahlreich) würden solchen Worten gewiss keine Freudezeichen schenken. Ein leises Raunen breitete sich aus, schon die letzten Worten gingen in dem aufbrandenen Stimmengewirr unter. „Ein Jude?“, - „Natürlich! Das weiß doch jeder, daß Theodoros zu den Fischessern gehört!“, - „Fischesser? Sind das nicht die Christen?“, - „Nein, das sind die Kin...“, - „So ein Unsinn!“, der Dialog mischte sich mit anderen Stimmen: „Wahr hat er gesprochen. Und wenn er ein Jude ist, ist doch egal. Er ist einer von uns. Und besser als ein Rhomäer...“, doch diese Stimme wurde von einem. „Niemals ein Jude. Das ist Blasphemie gegenüber den Göttern! Wie soll ein Mann...“. Eine anderer Gelehrte mischte sich ein. „Soso...Mesitros, dann spreche doch lauter, damit Dich alle verstehen.“


    Ein kahlköpfiger, dürrer Mann erhob sich. Seine Augen funkelten wütend und er richtete sie auf Theodoros. „Du, Theodoros, Sohn des Volkes Isaacs, stellst Dich allen Ernstes hier hin und bewirbst Dich für ein Amt eines Priesters? Eines Priesters des Apolls und der Musen? Glaubt ihr Juden nicht nur an euren Jahwe? Euren einzigen Gott und sagt, alle anderen Götter wären Götzen? Wie willst Du als Epistates die hohen Tage des Kultes wahr nehmen, die Opferungen an die Götter. UNSERE Götter? Entsagst Du Deinem Glauben? Den blasphemischen Gedankengut gegenüber unseren Göttern, das Dein Volk von sich gibt.“ Die Nasenflügel des Philosophen, Mesitros, bebten heftig. Die Philologa und Botanikerin Nisoteia rief vernehmlich in die Versammlung. „Er ist kein Christ, Mesitros. Wir wissen doch, dass die Juden sich niemandem aufdrängen mit ihrem Glauben. Sollen sie doch an das glauben, was sie möchten! Wer sind wir, sie zu urteilen?“ Mesitros wirbelte herum und durchbohrte die Frau mit den Augen wie mit Pfeilen gleichend. „Ach, und einen solchen sollen wir als Priester wählen? Das wäre skandalös. Sicherlich, sollen sie glauben, was sie wollen. Aber nicht in UNSEREN Tempeln.“ Die Frau schnaubte leise. „Komm schon, Mesitros. Seit wann wurde einer der Vorgänger wegen seinem Glauben an die Götter gewählt? Es kommt doch darauf an, ob Theodoros bereit ist, die Riten und Traditionen im Museion zu wahren. Ob er ein Jude oder ein Rhomäer wäre, das ist nicht von Bedeutung.“ Mehrmalts tönte ein lautes "Blasphemie" aus den Reihen des Museions und mischte sich in die Worte von der Gelehrten. Sosimos seufzte ein letztes Mal und wollte sich gerade erheben. „Wenn wir dann keinen anderen Kandidaten haben...“ Empörte Rufe unterbrachen ihn und einige Männer sprangen auf. „Keinen Kandidaten? Das stimmt nicht!“, rief einer laut. Sosimos Stimme erhob sich über den Pulk. „Gibt es noch jemanden, der für Theodoros sprechen möchte?“

  • "Die Götter werden uns zürnen, einen Atheisten zu wählen!" rief ein dünnes Stimmchen. Diagoras überlegte, ob er dem Zorn der Götter mit einem gezielten Wurf auf den Greis, zu dem das Krächzen gehörte, Ausdruck verleihen sollte. Ihn aber dauerte es um die saftige Frucht, die er schon am Hinterkopf des Gelehrten zerplatzen sah und versagte sich, seine Treffsicherheit unter Beweis zu stellen.


    "Solange ich lebe, wird kein Jude Epistates des Museion" erscholl es von einem anderen Wissenschaftler, dessen Körper nur durch die Trockenheit der Wüste noch zusammenzuhalten schien.


    Na, auf ein paar Tage mehr oder weniger wird es kaum ankommen! erhob der Melier seine Stimme und griff so in die Diskussion ein, während er sich von der Säule löste und in den Raum trat.


    Ich bin Diagoras von Melos, wehrte Herren, und ich möchte sprechen für Eure Kollegen in Attika und Ionien, deren Meinung ich gut kenne.


    Laßt es mich kurz machen:


    Es ist Eure Aufgabe, den besten Wissenschaftler unter Euch zu wählen, es ist aber auch an Euch, denjenigen zu wählen, der auf die moderne Zeit, das Miteinander von römischen und griechischen Gelehrten am besten vorbereitet ist.


    Es braucht einen Moderator, jemand, der die verschiedenen Interessen der Römer und der Griechen kennt, mit den alexandrinischen Verhältnissen vertraut ist und zwischen allen diesen moderieren kann. Das Museion von Alexandria ist - ob es einem gefällt oder nicht - eine nicht nur griechisch-hellenische Institution, sondern eine, in der die ganze Welt, das heißt vor allem: die römisch-griechische Welt zu Gast ist, Verehrer der unterschiedlichsten Götter und deren Epiphanien.


    Zugegeben - auch Eure Kollegen in Attika und Ionien wissen nicht, daß Theodoros ein Jude ist, sie aber wissen, daß Theodoros ein Alexandriner ist, in Rom gelebt und gearbeitet hat - und ein ausgezeichneter Wissenschaftler ist. Deswegen haben sie sich einstimmig für Theodoros als Epistates ausgesprochen und mich beauftragt, dies Euch mitzuteilen. (Was nicht völlig stimmte, aber im Kern doch richtig war.)


    Zugegeben - ein Jude als Epistates am Museion ist eine Affront, den zu verdauen man einen guten Magen benötigt.


    Zugegeben aber auch: es gibt hervorragende jüdische Wissenschaftler am Museion, in Alexandria und der ganzen Oikumene, deren Ruf ohne Fehl und Tadel ist, sowohl hinsichtlich ihrer Kenntnisse und Vernunft, wie auch hinsichtlich ihres Lebenswandels.


    Ein Epistates ist kein Herrscher, sondern ein Vorbild. Seht Euch den Menschen Theodoros an und fragt Euch, ob dieser Mensch für Euch ein Vorbild sein kann, ein Vorbild, das für die alten und traditionellen Werte des Museions steht, ein Vorbild als Wissenschaftler und als Mensch.


    Darüber entscheidet. Danke.


    Er zog sich wieder in den Schutz der Säule zurück und biß in den Apfel, der noch als Wurfgeschoß und Halt während der Rede in seiner Hand war. Im Grunde war es eine unmöliche Situation, völlig unvorbereitet sich dieser neuen Lage stellen zu müssen, einer Lage, die sorgfältig auch hinsichtlich der Meinung Roms abgewohen hätte werden müssen.


    Diagoras nahm sich vor, Theodoros in den nächsten Tagen deutlich die Meinung zu sagen: er selbst war seiner Meinung nach für hohe Diplomatie kaum geeignet, weil er im Grunde sein Herz auf seiner Zunge trug, aber so realitätsfremd, den Löwen auch noch auf einem umgehängten Schild mitzuteilen, daß er das Appetithäppchen sei, wäre er bestimmt nicht. Und Theodoros hatte sich ein großes Schild umgehängt, auf dem in Großbuchstaben stand: "Freßt mich! Ich wünsche wohl zu speisen!"

  • Der Streit wollte bereits in die heiße Runde gehen, es bildeten sich mehrere Fraktionen aus, die ihren Champion in den Ring schicken wollten, damit sie sich um die einzig richtige Entscheidung (und davon gab es mindestens ein Dutzend, so es nach jedem der Gelehrte hier ging) prügeln konnte. Aber gerade noch rechtzeitig erhob sich eine neutrale Person, die Neutralste wohl in dem Raum, mal abgesehen von einem höchst amüsierten Zuschauer am Rande, einen Mätzen, der sich das Ganze nur anschaute. Sosimos rief immer wieder kräftig: „Ruhe! Schweigt doch endlich... Bis es tatsächlich zu einem Geräuschpegel ab fiel, der die Rede von Diagoras auch zuließ. „Diagoras? Nie gehört...“ Ertönte es von hinten (wie konnte man auch annehmen, dass alle dem Mann erst zuhörten, ehe sie ihre Meinung kund tun würden!) „Sei still, vielleicht erklärt er sich noch!“, ertönte es wiederum von der anderen Seite. „Ruhe dahinten.“, donnerte Sosimos zurück. „Sprecht später...“ So konnten erstmal alle wieder Diagoras lauschen. Ein Grummeln folgte schnell, ebenso mal der ein oder andere Schmähruf, dann jedoch wieder Zustimmung, sogar Applaus an manchen Stellen, wenn einige der Gelehrten ähnlich dachten (oder so den Eindruck erwecken wollten). „So ist es!“, rief ein junger Mann am Ende. „Bravo!“, die ältere Frau, die schon einmal für Theodoros gesprochen hatte, beziehungsweise für die Juden. Sosimos erhob sich und nickte Diagoras dankbar zu. Er war wirklich froh, dass noch jemand anders für Theodoros das Wort ins Gefecht geführt hatte, denn wenn Sosimos das tat, gewann es eine andere Bedeutung und hätte Theodoros sogar schaden können. (Viele mochten den alten Sosimos nicht sonderlich, weil auch einige noch bei ihm gelernt hatten und gut den Stock in Erinnerung hatten, der an ihrem Rücken zerbrochen war.)


    „Wohl gesprochen, Diagoras. Wohl gesprochen. So wollen wir zur Wahl schreiten. Wer stellt sich oder Andere noch auf?“ Die letzten Worte murmelte Sosimos mehr, aber wohl leider nicht zu leise, denn am Schluss waren es ein gutes Dutzend, die sich dem stellen wollten. Und wie immer, wenn gewählt werden sollte, wurden Steine ausgeteilt, jeder Gelehrte stand auf und warf seine Stimme in das Behältnis für den Favoriten seiner Wahl. Klong. Klang. Kling. Es hallte durch den Raum. Die Zeit verstrich und dann saßen alle Gelehrten wieder. Sosimos und mehrere Männer traten nach vorne. „So wollen wir zählen. Vor jedermann Auge, damit keiner etwas beanstanden kann.“ Was dann auch geschah. Und oh Wunder! Die Steine für Theodoros wuchsen. Dummerweise jedoch auch für einen anderen Gelehrten. Der Gelehrte Mesitros, der sich dann doch auch aufstellen ließ, hatte sogar noch am Schluss drei Steine mehr als Theodoros. Sosimos starrte auf den Haufen, grübelnd. Schließlich zuckte ein listiger Ausdruck über seine Stirn. „Somit steht es fest, sowohl Theodoros als auch Mesitros würden den Großteil unserer Stimmen erhalten. So lassen wir den Eparchos entscheiden, auf dass zumindest einer unserer Favoriten auf dem ehrwürdigen Sitz des Epistates Platz nehmen darf.“ Sosimos drehte sich zu Theodoros um. „Ich eile zum Eparchos, wenn sich keiner von den Beiden, Theodoros oder Mesitros, es sich anders überlegen möchten?“ Einen scharfen Blick schenkte Sosimos damit Mesitros, der jedoch ungerührt die Arme vor der Brust verschränkte.

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