Cubiculum | Aelia Paulina

  • “Wundervoll. Wirklich, sehr schön. Das muss man Adria wirklich zugute halten, sie hat einen ausgezeichneten Geschmack.“
    Sie war wirklich sehr mit dem Geschenk zufrieden und auch mit sich.


    “Sehr schön... ähm...“
    An den Namen dieses Sklaven konnte sie sich beim besten Willen nicht erinnern.
    “Ja... gut, du kannst gehen.“

  • Phaeneas ließ die nächsten Bekundungen an Freude und Beglückung über sich ergehen.
    Dann kam etwas langgezogen die Aufforderung zu gehen. Phaeneas nickte also passiv, er war wie üblich in Gedanken halb woanders – und doch irgendwie hier, - und entfernte sich wie gewünscht.
    Als er die Zimmertür hinter sich zugezogen hatte, fröstelte es ihn erst einmal kräftig. Diese lästige Kälte! Eigentlich hoffte er seit geraumer Zeit, dass es jetzt wieder wärmer wurde, aber es kam ihm so vor, als würde es jetzt im Endspurt eher noch einmal ein Stück kälter. Vielleicht noch eine Tunica drüber...? Aber langsam wurde es peinlich!

  • Die Sklavenunterkunft lag am ganz genau anderen Ende der Domus als die Räumlichkeiten der Herrschaften – ach wie grausam es doch war, Lucianus in einen so unpersönlichen Begriff hineinzuquetschen - , aber Phaeneas’ rasche Schritte hatten ihn eilends durch das Haus geführt (seine zweitwilige Ruhelosigkeit als Arbeitseifer zu interpretieren wäre falsch) und so erschien der bithynische Sklave vor der Tür der Gattin seines Herrn.
    In Anbetracht dessen, dass sie nach ihm geschickt hatte, könnte man erwarten – ein gemeines Wort – dass sie sich gleich Zeit für ihn nahm. Phaeneas trat an die Tür, klopfte und trat wieder einen Schritt zurück, um in Wartestellung verharren.

  • Phaenas wurde geöffnet und eine weitere Dienerin führte ihn zu ihrer Herrin. Die war gerade damit beschäftigt, sich von einer dritten Dienerin, einem noch sehr jungen, etwas drallen Mädchen, die Haare machen zu lassen, was augenscheinlich eine sehr langwierige und ebenso wichtige wie schwierige Angelegenheit war.
    “Steck' sie mir nicht zu hoch, du dummes Ding, wie oft habe ich dir das schon gesagt!“, maßregelnte sie das Mädchen, ohne sich jedoch aus ihrer reglosen Haltung zu rühren.
    Phaenas hatte sie scheinbar noch gar nicht bemerkt.

  • Eine angenehme Überraschung: Man spekulierte auf etwas, ohne wirklich daran zu glauben, und es kam so... Phaeneas trat ein und folgte der Dienerin.
    „...du dummes Ding“ Wie lang war es her, dass ihn jemand ungeschickt, eigensinnig oder ganz einfach dumm genannt hatte? Einige Jahre - aber eigentlich eine Ewigkeit, die Maßeinheit, in der Phaeneas sein Leben zählte.
    Phaeneas meldete sich zu Wort: „Herrin, du hast mich hergebeten?“

  • Noch immer verärgert über das Ungeschick des ungeschickten Mädchens blinzelte Paulina den Mann an, der eingetreten war.
    Ein hübscher Kerl, fand sie, mit klassischen Gesichtszügen und schwarzen Haaren.
    Sie schaute etwas freundlicher und fragte:
    “Du bist Phaeneas, nach dem ich geschickt habe?“

  • Etwas umständlich, das System, wenn man gerufen wurde, fand Phaeneas. Wenn sie ihn jetzt noch nach seinem Leben ausfragte ...
    „Ja, Herrin, der bin ich“, erklärte Phaeneas, wie üblich ohne den Kopf zu senken. Was manchmal einen dezent stolzen Eindruck erwecken konnte, die Augen unbeirrt auf sein Gegenüber gerichtet.
    Er blendete das „dumme Ding“ samt dem Mädchen und allen anderen Sklaven vorübergehend aus, nahm den freundlichen Gesichtsausdruck der Gattin seines Herrn nur am Rande war und konzentrierte sich auf das Wesentliche: Was sie von ihm wollte. Allein das war ihr Recht, etwas zu wollen, das war das Recht eines Herrn gegenüber seinem Sklaven.

  • Mit einer unwilligen Geste hieß sie das Mädchen ihr Tun unterbrechen.
    “Du kennst dich hier aus, ja?“, sagte sie, wobei ihr Blick weiterhin auf Phaeneas lag.
    “In der Stadt muss es doch ein der Göttin Iuno geweihten Tempel geben. Oder zumindest einen Schrein. So etwas muss es doch selbst hier geben, oder?“

  • „Ja, Herrin“, gab Phaeneas zur Antwort. Im Allgemeinen sollte man davon ausgehen können.
    Tempel. Von Phaeneas aus mochten Tempel liegen, wo sie wollten, der Tempelbezirk war sowieso der letzte Platz dieser Stadt, der den Bithynier interessierte.
    Götter, sie hatten keinen Platz in seinem Leben. Sie mochten existieren, meinetwegen, aber nie käme er auf die Idee, sie um etwas zu bitten. Und den Grund dafür lieferte die Götterthematik auch gleich mit: die einzige, von deren Macht Phaeneas wirklich überzeugt war, das war Fortuna, das Schicksal. Ob sie auch Glück brachte, darüber sich Gedanken zu machen hatte Phaeneas bisher noch keinen Nerv gehabt.
    Und Schicksal war schlicht mächtiger als Bitten ...
    „Einen eigenen Tempel gibt es nicht. Aber im Tempelbezirk findet man ein kleineres Sacrum.“

  • Ob Paulina an die Macht der Götter glaubte, ließ sich schwer sagen. Aber ganz sicher glaubte sie an die Macht von Stand und Geld, und ganz sicher huldigte sie schöner Kleider und kostbarem Schmuck.
    Trotzdem äußerte sie den Wunsch:
    “Da will ich hin. Du wirst mich begleiten.“


    Natürlich dauerte es noch geraume Zeit, bis ihre Frisur saß, ihre Kleidung gerichtet war und sie angemessenes Geschmeide ausgewählt und angelegt hatte.
    Phaeneas, so hatte sie ihn angewiesen, sollte so lange vor der Tür warten und sich bereit halten. Vielleicht glaubte er zwischenzeitlich schon, dass sie an diesem Tag wohl doch nicht mehr aufbrechen würden, so lange dauerte es. Aber wenn er das dachte, dann täuschte er sich, denn schließlich öffnete sich die Tür dann doch und, umringt von ihren Sklavinnen, trat Paulina vor die Tür.


    “Also, was ist, können wir gehen?“

  • Ein unmissverständlicher Befehl. "Natürlich, Herrin", erwiderte Phaeneas und ließ sich gefügig vor die Tür schicken.
    Ob das Sklavenmädchen es in der Zwischenzeit wohl noch schaffte, Wunder zu wirken?
    Cephalus kam vorbei und begann: "Ah, Phaeneas, gut dass ich dir über den Weg laufe, ich brauche dich bei ..." Doch der Bithynier schüttelte nur den Kopf: "Die Herrin braucht mich." Worauf Cephalus nickte: "Nun denn" und weiter seines Weges ging.
    Nach einer Weile, in der Phaeneas darüber nachgedacht hatte, dass das Leben eigentlich größtenteils aus Sinnlosigkeit bestand, lehnte er sich an die Wand neben der Tür. Welche Malerei da hinter ihm die Wand zierte, war ihm komplett egal.
    Vielleicht war gerade das der Sinn, ein sinnloses Leben zu leben.
    Als sich die Tür öffnete, stieß er sich rasch von der Wand ab. Zu allererst fragte die Gemahlin seines Herrn allen Ernstes, ob sie gehen konnten! "Selbstverständlich, Herrin", bestätigte Phaeneas. Schließlich hatte er ja die ganze Zeit nur auf sie gewartet!

  • “Worauf wartest du dann noch? Geh' vor! Führe mich zu diesem Sacrum, von dem du gesprochen hast.“
    Ein durchaus wohlmeinendes Lächeln huschte über ihr Gesicht und es stand im Widerspruch zu ihren herrischen Worten.

  • Phaeneas sah die Gemahlin seines Herrn lächeln und hörte sie reden. Er wusste für wenige Momente nicht, was er von ihr halten sollte.


    Der bithynische Sklave nickte nur: „Folge mir, Herrin.“
    Und über Vestibulum, Porta und die restliche Regia verließen sie das Haus.

  • Einladung zur Hochzeit Von
    Tiberius Prudentius Balbus
    und
    Aelia Vespa


    Salvete Vinicius Lucianus et Aelia Paulina,


    Aelia Vespa und Tiberius Prudentius Balbus laden
    am zehnten Tag vor den Kalenden des Oktobers
    [22.09.] zur Feier ihrer Hochzeit in die Domus
    Aeliana in Rom ein.


    Es wäre uns eine Freude und Ehre, wenn ihr dieses
    Ereignis mit uns feiern würdet.
    Wir bitten um eine kurze Benachrichtigung über
    euer Kommen.


    Aelia Vespa
    Tiberius Prudentius Balbus


    Diese Einladung hatte Aelia Paulina bekommen.
    Aber sie würde nicht hin gehen! Natürlich nicht, was dachte die sich eigentlich? Das sie den weiten Weg bis Rom auf sich nehmen würde, wegen ihrer Hochzeit? Nein! Sie mochte ihre Verwandte Aelia Vespa nicht! Das Mädchen war eindeutig zu jung und zu hübsch!
    Aber sie musste ihr eine Antwort schreiben. Das gehörte sich so.


    Also rief sie einen Sklaven, der lesen und schreiben konnte und diktierte ihm einen Brief:


    An Aelia Vespa
    Domus Aeliana, Palatinum
    Rom


    Salve Vespa, meine liebste Freundin!


    Wie sehr ich mich für Dich freue. Was für eine herrliche Nachricht es ist, dass Du heiratest. Wie sehr ich Dich um diesen wundervollen Tag beneide. Ich würde viel dafür geben meine Hochzeit noch einmal erleben zu dürfen, und noch mehr, bei Deiner dabei sein zu können.
    Leider geht das nicht. Meine Verpflichtungen halten mich hier in Germania Superior fest. Leider. Es tut mir so leid.
    Ich wünsche Dir von ganzem Herzen das Allerbeste und liebe Grüße auch an Deinen Ehemann.


    Deine Aelia Paulina


    MOGONTIACUM - ANTE DIEM VI KAL OCT DCCCLVIII A.U.C.
    (26.9.2008/105 n.Chr.)


    Natürlich war das alles gelogen. Weder war Vespa ihre Freundin, noch beneidete sie das kleine blonde Ding um diesen Tag. Ihre eigene Hochzeit war schrecklich anstrengend gewesen und die Hochzeitsnacht... daran wollte sie gar nicht denken. Und überhaupt; welche Verpflichtungen?
    Egal!


    Sie rief nach Phaeneas, damit er den Brief zum Cursus Publicus bringen würde: “Phaeeeeneeeas!“

  • Da rief auch schon die Gattin des Herrn nach ihm. Mit dem Brief in der Hand, der nach Rom sollte, kam er ihrem Ruf nach und damit zu ihrem Cubiculum. Nachdem er geklopft hatte, trat er ein.


    "Ja, Herrin?", meldete er sich pflichtschuldig, in geduldiger Erwartung, was sie wollte.


    Lucianus' Brief musste dann eben warten, das konnte er später immer noch erledigen, bedachte Phaeneas bei sich, mit kurzem Blick auf die Schriftrolle. Das war das Praktische daran, wenn man Sklave war, es eilte nichts, grundsätzlich. Um seine Zeit tat es ihm nie leid, weil es ja irgendwie nicht seine war, er hielt sich ja nur für andere auf. Na ja, vielleicht lag das auch nur daran, dass ihm generell egal war, was andere von ihm wollten. Mochten sie doch alle wünschen wie sie wollten ...

  • “Phaeneas, mein lieber Phaeneas.“, schnurrte Paulina und schenkte dem Sklaven ein zauberhaftes Lächeln.
    Sie hatte einen Narren an dem Bithynier gefressen – nur die Götter wussten warum.


    “Phaeneas, ich habe hier einen Brief. Er muss nach Rom. Willst du ihn wohl für mich zum Cursus Publicus bringen, ja?“

  • Phaeneas’ erster Eindruck war: Er hörte immer wieder seinen Namen, in den Satzzusammenhang eingebettet, seinen Namen, den er eigentlich sehr mochte, weil es so ziemlich das Einzige war, was ihm noch niemand in Frage gestellt hatte.


    ‚Lieber’ Phaeneas? So hatte ihn noch nie jemand genannt, von seinen Herrschaften sicher nicht. Warum war er jetzt plötzlich der ‚liebe’ Phaeneas und vor allem, wofür?


    Grundsätzlich: Phaeneas unterstellte anderen ja nur selten Böses. Solang es ihm nicht ans Leben ging oder anderweitig für ihn gefährlich zu werden drohte, machte er sich nicht großartig Gedanken. Doch diese – geschnurrten - Töne machte sogar ihn stutzig.
    Phaeneas’ Augenbrauen schoben sich um ein kleines, winziges Stück nach oben. Wenn es nicht die Herrin wäre, die vor ihm stand, hätte er sie sicher, irritiert wie er war, ganz hochgezogen.


    Als er dann hörte, was ihr Anliegen war, war er doch überrascht, wie gut das Leben bisweilen zu planen fähig zu sein schien:
    Ach, Lucianus’ Gattin hatte auch einen Brief und der sollte ebenfalls nach Rom, sieh an. – Das traf sich nicht nur gut, das traf sich perfekt.
    „Sicherlich, Herrin“, bestätigte Phaeneas. Natürlich wollte er – aber immer doch. Gerade in diesem Moment wäre es hirnrissig nicht zu wollen, selbst für einen Sklaven-wider-Willen wäre es in diesem Fall unnötige freiwillig auf sich geladene Mühe, auf ein Nein zu bestehen.

  • “Fein, hier ist er.“
    Sie überreicht ihm den Brief und dabei berührte ihr Zeigefinger ganz kurz und wie zufällig seine Hand.
    “Aber nicht trödeln, hörst du.“, sagte sie neckisch und lächelte.




    Sim-Off:

    Postgebühr zahle ich schon jetzt. Du kannst dich dann darauf berufen.

  • Der bithynische Sklave nahm ihr den Brief ab und machte sich natürlich wenig aus den zarten, wohlgepflegten Händen der Ehefrau seines Herrn, versicherte nur: „Natürlich nicht, Herrin.“ und rief sich noch einmal ins Gedächtnis, in welcher seiner Hände, die bestenfalls etwas rau waren, er welchen Brief hielt: In der linken hatte er die Schriftrolle von Lucianus, in der rechten die seiner Gattin.
    Dann drehte er sich um und kam dem nach, was ihm in zweifacher Ausführung aufgegeben worden war: dem Abgeben der Briefe beim Cursus Publicus.

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