hortus | Süßes oder Saures - Das Samhain Fest

  • Bevor der Römer aufgetaucht war, hatte ich mir ganz unauffällig ein kleines Stückchen eines getrockneten Fliegenpilzes in den Mund gesteckt und dieses anschließend gegessen. Ich wollte seine bewustseinserweiternde Wirkung nutzen um Kontakt mit den Ahnen aufnehmen zu können. So wollte ich besser unsere Zukunft deuten können. Das hatte ich früher schon bei unseren Druiden beobachten können. Nur wußte ich nicht so genau,wieviel man davon essen mußte, um die erwünschte Wirkung zu erzielen. Naja, vielleicht war das Stückchen doch etwas zu groß geraten.
    Auf jeden Fall spürte ich schon bald eine Wirkung. Zuerst fühlte ich mich ganz entspannt, mir war warm und ich nahm alles ganz intensiv um mich herum wahr. Ich sah das Feuer, sah die Menschen, die da saßen und sich unterhielten und ich fing an zu lachen, laut zu lachen.
    Irgendwie hatte ich plötzlich den Drang nach Bewegung. Tanzen! Ja, tanzen wollte ich. Ich stand auf und tänzelte auf der Stelle. Severus war gar nicht mehr da! Wo war er denn? Meine Tanzschritte wurden immer größer und wilder, dabei lachte ich mmer noch und summte eine Melodie dabei. Ich glaubte, ich war wohl in Tír na nÓg.

  • Hmmm... das was Bridhe in den Händen hielt war bestimmt nicht für ihre Augen bestimmt gewesen. Verwirrt betrachtetsie Bridhe, die plötzlich aufstand und nun tanzte. Ähm.. was war denn jetzt los? Hicks Oh, du verdammter Schluckauf, geh weg. Tilla blickte zur der Gruppe um Ursus zurück. Der Mann hatte immer noch das Geweih auf!


    Konnte Cadhla dieses Geweih auch sehen? Sie schüttelte sich und rappelte sich auf die Beine. Hicks Mit kleinen vorsichtigen Schritten ging sie um die tanzende Bridhe herum zu Cadhla und linste neben ihr stehend und zur Sicherheit an deren Gewand festhaltend zu Ursus. Das Geweih stand ihm wahrlich gut und Ursus hatte nun auch einen Metbecher in der Hand! Tilla prostete Ursus aus spontaner Bewegung heraus zu, trank ihren Metbecher leer. Uh... was war jetzt los? Sie sah ihn plötzlich in doppelter Gestalt vor sich stehen und platzte mit einem stummem Kichern heraus. Zwei Ursusses... wie niedlich! Hicks.Hicks.

  • Es amüsierte Minna, wie Tilla ihnen zu verstehen gab, dass sie sie vor dem Römer beschützen wollte. Dazu noch dieser Schluckauf. Und es funktionierte tatsächlich. Tillas Bemühungen halfen ihr ein wenig sich zu beruhigen. "Das ist lieb von dir, Tilla." Sie lächelte die Kleine an. Inzwischen hatte auch Minna begriffen, dass das Mädchen nicht sprechen konnte. Sie fragte sich, ob sie schon immer stumm war. Nun ja, immerhin konnte sie sich sehr gut in Gebärden ausdrücken. Eine Weile noch musterte sie Tilla nachdenklich, anschließend wandte sie sich wieder zu den anderen Sklavinnen.


    "Am besten wird es sein, wenn wir uns ruhig verhalten und nicht auffallen. Der Römer ist sicher schon genug verärgert." Doch kaum hatte sie das gesagt, begann Bridhe auf einmal hysterisch zu lachen. Und als ob das nicht genug wäre, erhob sie sich schließlich und fing wild an zu tanzen! Entgeistert blickte Minna zu ihr auf. Was war denn in die plötzlich gefahren? "Bridhe, psst! Ich sagte doch nicht auffallen..." Doch das Mädchen schien sie nicht zu hören. Sie war völlig in Trance. Minna stutzte. Das konnte doch nicht alleine vom Met und Wein kommen! Dass sie zuvor von einem Fliegenpilz gekostet hatte, davon hatte Minna bei der ganzen Aufregung um den Römer nicht mitbekommen. Ach herje, der war ja auch noch da! Den hätte sie beinahe schon vergessen. Unruhig blickte sie wieder in seine Richtung. Die Sklaven diskutierten immer noch mit ihm. Was genau dort vor sich ging, konnte sie von ihrem Platz aus nicht genau erkennen. Sie hoffte einfach mal das Beste. Da bemerkte sie plötzlich, wie Tilla sich zu den anderen Sklaven aufmachte. Minna wollte sie noch aufhalten, aber es war bereits zu spät. Ein leises Seufzen entwich ihren Lippen. Hier machte jeder was er wollte! Wenigstens verhielt sich Aintzane vernünftig.


    Bridhes Lachen wurde mittlerweile immer lauter. "He, beruhig dich doch! Sobald der Römer verschwunden ist, kannst du mit deinen Ahnen feiern." Mit einem Ruck sprang sie auf und stellte sich vor Bridhe. Indem sie fest an ihre Schultern packte, zwang Minna sie zum stehen bleiben. Mit ernster Miene sah sie ihr in die Augen. Sie hatten einen glasigen Schimmer angenommen und die Pupillen waren geweitet. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr! "Sag, erkennst du mich? Was hast du alles zu dir genommen?" So langsam machte sie sich ernsthafte Sorgen um die arme Bridhe.

  • Kühl blickte Ursus Fiona an. "Du hast eine wahrhaft eigenartige Art, eine Einladung auszusprechen", bemerkte er in trockenem Tonfall und gab Becher und Honigkringel zurück, denn nach essen und trinken war ihm so gar nicht zumute.


    Natürlich hatten die Sklaven Angst. Man konnte es förmlich riechen. Das war ihnen nicht zu verdenken, immerhin hatte er es in der Hand, ihnen eine Menge Ärger zu machen.


    Auch Cadhlas Einladung lehnte er entschieden ab. "Was sollte ich bei einer Sklavenfeier? Und was wolltet ihr mit einem Römer in eurer Mitte?" Seine Augen suchten den unverschämten Sklaven und fanden ihn schließlich auch. Seitlich von ihm. Wie war er nun da hingekommen? Mißtrauisch verengten sich Ursus' Augen. "Du hast meine Frage nicht beantwortet!" Und unbeantwortete Fragen gehörten zu den Dingen, bei denen er wirklich fuchsig werden konnte.


    Zu allem Überfluß begann nun auch noch eine der Frauen durchzudrehen und wie besessen um das Feuer zu tanzen. Merkwürdige Totenfeier, das konnte man wirklich nicht anders sagen. Aber diese Frau war nun wirklich nicht sein Problem.


    Er wandte sich wieder an Cadhla. "Warum habt ihr nicht einfach gefragt?"


    Und nun kam auch noch Tilla heran. War sie etwa betrunken? Sie wirkte fast so! Dabei war sie doch praktisch noch ein Kind!

  • Fiona versuchte ihn zu beschwichtigen. Sollte dieses Fest auf diese Art und Weise enden? So versuchte sie in freundlich klingenden Worten zu erklären.
    "Dies ist keine Sklavenfeier! Wir feiern hier das keltische Samhainfest. Es ist ein Fest zu Ehren unserer Toten aber auch ein Fest des Neubeginns. Wie du siehst, befinden sich auch Germanen und eine Baskin unter uns. Alle sind uns willkommen, sogar Römer, wie du! Also gib uns die Ehre!"
    Freundlich dreinblickend versuchte sie etwas Vertrauen zu schaffen, bis ihr Blick von den sonderlichen Eskapaden Bridhes abgelenkt wurde. Verwundert sah sie erst zu Ursus, dann zu Cadhla und schließlich zu Severus.
    "Was ist denn mit der los?"
    Dann registrierte sie Tilla, die augenscheinlich auch nicht mehr ganz nüchtern war. Das waren natürlich beste Voraussetzungen, den Römer dazu zu bringen, sie nicht zu verraten.

  • Immer noch tanzte ich herum, sang etwas und lachte herzlich dabei. Was um mich herum weiter geschah, nahm ich gar nicht wahr. Bis ich in den Armen einer strahlenden jungen Frau gelandet war. Sie sprach zu mir, nannte meinen Namen. Aber in meinem Rausch erkannte ich in ihr nicht Minna. Auch das was sie sagte, kam bei mir so nicht an.
    Sie war für mich...


    DIE MORRIGAN! Du bist es wirklich! Oh große Göttin, danke für dein Erscheinen und danke für diese Gestalt!


    Die Morrigan hatte drei Erscheinungsformen. Erschien sie als altes Weib, so war sie die Botin des Todes. Als Göttin des Krieges erschien sie als Rabe. Erschien sie wiederum als junge strahlende Frau, so konnte man dies als gutes Zeichen werten, wenn es um Liebe und Frchtbarkeit ging.
    Völlig entzückt schaute ich Morrigan/Minna an und lauschte ihren süßen Worten, als mir sagte, Bridhe, erkenne den Rechten und nehme ihn zu dir.
    Überglücklich über diese Worte, löste ich mich aus ihren Armen und rief inbrünstig.


    Ja, das werde ich tun! LEANNÁN! Ich habe es immer schon gewußt, wir sind für einander bestimmt! Wo bist du Leannán?


    Ich lief umher und suchte meinen Liebsten. Schließlich fand ich ihn. Er stand da mit fremden Weibern!
    Heh, weg da, der gehört mir!, rief ich den Frauen zu.
    Dann warf ich mich meinem vermeindlichen Geliebten um den Hals. Das es sich dabei um Ursus handelte, bemerkte ich (noch) nicht.


    Leannán, die Morrigan ist mir erschienen. Sie sagte mir, wir sind füreinander bestimmt!


    Ich ließ wieder von ihm ab, nahm seine Hand und wollte ihn mit zum Feuer führen.


    Komm, Leannán ,laß uns der großen Göttin opfern!


    Noch einmal blickte ich ihn verliebt an. Beiläufig fragte ich dann
    Leannán, warum sind deine Haare plötzlich so dunkel?

  • Die einstmals friedliche Feier begann, zu etwas zu werden, das sich Cadhla nicht in ihren kühnsten - und schrecklichsten - Träumen ausgemalt hätte. Bridhe, die wie eine Verrückte tanzte, Tilla, anschenend betrunken vom Met, Severus, bereit, den Römer zu töten, und sie mittendrin, die einzige, die hier die Verantwortung würde tragen müssen für das missglückte Fest, wenn Aurelius Ursus nicht irgendwie auf ihre Seite zu ziehen war. Im Grunde war es wie eine Schlacht, nur ohne Waffen, ohne spritzendes Blut, dennoch ging es genauso um ihre Existenz, um ihre Zukunft, wie in einem Kampf gegen Feinde. Und dieser Feind hatte sie alle in der Hand.
    "Bridhe, Du kommen sofort zu mir!" sagte Cadhla scharf und versuchte, die anscheinend von einem Traumbild geleitete Irin von Ursus wegzuziehen.
    "Du träumen, das nicht Dein léannan, das dominus aus villa ist!"


    Tilla hatte sie dabei in den Arm genommen und hielt sie, damit das Mädchen nicht umkippen würde - wer auch immer ihr so viel Met gegeben hatte, mit dem würde sie später sicher noch ein ernstes Wort sprechen müssen, falls es ein später gab. Severus galt ein beschwörender Blick. Keine Gewalt, bitte jetzt keine Gewalt - sie hoffte inständig, er würde sich zurückhalten, sie selbst hatte sehr bewusst ihre Haltung gewählt, keine Kampfhaltung, kein Angriff würde von ihr drohen, und als er sie mit der Geste fragte, ob er handeln sollte, schüttelte sie unmerklich den Kopf. Nicht. Noch nicht. Noch gab es vielleicht die Hoffnung, es ohne Blut zu lösen, das Fest nicht zu entweihen und zu beflecken, das so friedlich begonnen hatte.
    "Dominus, wir verloren haben alles in Heimat durch Hand von Römern, wir nicht geglaubt, wir dürften feiern so wichtiges Fest. Wer nicht ehrt die Toten, der verdammt ist, und wird leben schlechtes Jahr, es muss feiern werden, es wichtig ist für uns. Und es für jeden gedacht, der wollen denken an Tote, die wichtig waren. Du können feiern mit uns, wenn Du wünschen."

  • Morri-was?! Jetzt war Minna vollends verwirrt. Perplex schaute sie Bridhe an, die aufgeregt sinnloses Zeug daher rief. Und ehe sie darauf reagieren konnte, lief die Keltin auch schon los. Und zwar direkt auf den Römer zu. Sie wollte dieser Verrückten schon hinterher eilen bevor diese noch etwas anrichtete, doch plötzlich fiel ihr etwas ins Auge. Am Platz, an dem zuvor Bridhe gesessen hatte, lag etwas im Gras. Ohne zu Zögern hob sie das Ding auf und betrachtete es im Feuerschein. Ein handelte sich um einen Fliegenpilz! Nicht nur das, es sah auch ganz danach aus, als ob jemand davon gegessen hatte. Es fehlte ein beträchtliches Stück. Jetzt verstand Minna so einiges. Bridhe musste vom Pilz probiert haben. Anscheinend wusste sie von der halluzinogenen Wirkung. Ob sie auf diese Weise mit ihren Ahnen in Kontakt treten wollte? Sie wusste es nicht genau, denn dafür verstand sie zu wenig von keltischen Sitten. Aber bei einer Sache war sie sich sicher: Die Portion, die sie verzehrt hatte, war zum Glück nicht tödlich. Bridhe würde nur einen wahnsinnigen Rausch erleben und so wie es aussah, tat sie das auch. "Sieh nur, Aintzane! Deswegen ist Bridhe so aufgekratzt." Wobei aufgekratzt deutlich untertrieben war, denn als sie wieder in Bridhes Richtung blickte, fiel diese gerade freudestrahlend dem Römer um den Hals und versuchte ihn zum Feuer zerren. Oha, jetzt wurde es interessant! Was der Römer dazu sagen würde? Und Severus erst mal? Bevor er das noch in den falschen Hals bekommen würde, beschloss Minna zu ihm zu eilen. Als sie bei der kleinen Gruppen ankam, zog sie ihn ein Stück zur Seite. "Bridhe hat von einem Fliegenpilz gegessen, Severus! Deshalb benimmt sie sich auch so seltsam..."


    In diesem Moment griff auch schon Cadhla ein, indem sie Bridhe scharf zurecht wies. Ob sie auf sie hören würde? Besser wäre es für sie alle, denn der Römer schien immer noch besänftigt zu sein. Bei den Göttern, der war aber auch hartnäckig! Aufmerksam hörte sie Cadhla zu, wie sie versuchte ihn zu beruhigen, und nickte dabei eifrig. Nur beim letzten Satz stutzte sie ein wenig. Hatte sie das gerade richtig verstanden? Mitfeiern? Die Vorstellung einen Römer beim Fest dabei zu haben, gefiel Minna zwar nicht besonders, aber anscheinend blieb ihnen nichts anderes übrig, wenn sie Ärger vermeiden wollten. Also setzte sie ihr freundlichstes Lächeln auf. "Bitte Herr! Dieses Fest ist uns wirklich sehr wichtig. Erweise uns die Ehre und feier mit uns." Jetzt begann sie auch noch zu betteln. Was tat man nicht alles um des lieben Friedens Willen.

  • Es waren sehr sehr viele Worte, die um sie herum fielen. Tilla konnte durch ihre vermaledeite Trunkenheit nicht alles Gesagte und Gesprochene aufnehmen. Stattdessen lachte das stumme Mädchen beinahe jeden, dessen Blick sie erhaschte, vergnügt an. Ob die anderen den doppelten Ursus sehen konnte wusste sie nicht, aber sie nahm es ungefähr an. Tanzte Bridhe deshalb so wild umher? Sie hörte die andere Frau zwar näher kommen, sah recht verdutzt drein, als Bridhe sich an den Gott heran warf. Durfte man das? Den Gott berühren?


    Tilla biss sich entsetzt auf die Lippen, hielt die Luft an und sah zu Cadhla hoch, die nun mit Bridhe schimpfte. Welch ein Glück, dass diese sie festhielt. Tilla folgte ihrem Griff hintendrein, soweit es ihr möglich war und stiess die angehaltene Luft wieder aus. Sie hörte weitere Schritte, sah die andere Frau, die mit den hellen Haaren dazukommen. Minna hatte sie auch recht freundlich aufgenommen. Tilla lächelte sie an, prostet ihr zu. Ups... wo war denn ihr Schluckauf hin? Na egal, sie vermisste ihn nicht. Mit klagendem Gesichtsausdruck zupfte sie am Gewand der aurelischen Sklavin, hielt Cadhla den leeren Metbecher hin. Becher ist leer. Ich hab Durst. Mag mehr trinken. Du auch? Sie schielte in den Becher, vielleicht war noch ein Tropfen übrig? Das Feuer knackte derweil zwei größere Holzscheite, die knirschend und knisternd in sich zusammenfielen. Ein heftiger Windstoß bauschte die Haare der anwesenden Personen und die Baumkronen auf. Tilla fröstelte unwillkürlich, verstand sich selbst und ihre Reaktionen gerade überhaupt nicht.

  • Bei allen Asen und Wanen... Alles ging drunter und drüber auf einmal. Begierig das Blut des Römers zu vergiessen, lauerte der Germane auf eine zustimmende Geste der Gastgeberin. Blind für die Gefahr in die er sich begeben hatte, schien der Feind sich in typisch römischer Vermessenheit ausgesprochen sicher zu fühlen. Beste Voraussetzungen ihn lautlos zu töten. Vielleicht waren es die dunklen Götter der Kelten, die die Schritte des Römers hier her geführt hatten, oder die rachegierigen Schatten der Verstorbenen, die in dieser Nacht zu ihren Ehren nicht ohne ein Menschenopfer sein wollten.
    Da kam auf einmal seine Liebste herangetanzt, überschwänglich und ausgelassen. "Leannán" rief sie und warf sich - nicht ihm sondern dem Römer an den Hals! Grams Grimm!
    Eine Woge der Mordlust schlug über ihm zusammen. Das war sein Mädchen! Es war doch nicht möglich, dass sie einen Römer, einen Südländer und Skräling, IHM, dem gestählten nordischen Krieger vorzog!
    Nein, was nicht sein konnte, das durfte nicht sein, erkannte Severus messerscharf - es war sicherlich alles nur ein Ablenkungsmanöver. Seine Bridtha wollte den Römer so fesseln und verwirren, damit er, Severus, ihn um so leichter erschlagen konnte. Kluges Mädchen. Nun gut.
    Mit einem grimmigen Lächeln spannte der Germane sich zum Sprung an. Doch Cadhlas beschwörender Blick, ihr abgedeutetes Kopfschütteln hielt ihn zurück. Was denn? Glaubte sie wirklich den Römer beschwatzen zu können?
    Wenigstens in einem war Severus mit dem Aurelier ganz und gar einer Meinung. Mehr als absurd wäre es gewesen, wenn dieser Kerl sich einfach zu ihnen in den Kreis gesetzt hätte. Geradezu aberwitzig.


    Seine Stammesgenossin Minna zog ihn ein Stück zur Seite, versuchte ihm die Sache zu erklären. Fliegenpilz?
    "Oh."
    Dann war das keine List? Aber nein, Severus hatte noch ein bessere Erklärung.
    "Bei Fenris Fängen!", rief er erschrocken auf Chattisch aus, und formte das Zeichen des Mjöllnir in die Luft.
    "Ich glaube gar, es ist ein Totengeist in sie gefahren!"
    Das kam davon, wenn man die Toten zu Gast lud, ohne einen Goden zur Seite zu haben, der sie im Notfall auch zu bändigen verstand. Die Sorge um seine Liebste überschattete erst einmal alles andere. Schnell trat er zu ihr. Cadhla versuchte bereits sie zu bändigen. Resolut griff Severus Bridhes Hände und löste sie von dem elenden Römer.
    "Bridtha!", sprach er eindringlich, zog sie an sich und redete beschwörend auf sie ein. "Bridtha min Skaz, komm zu Dir! Erkennst du mich nicht, ich bin es, Severus!"
    Er hielt sie ganz fest in den Armen, um sie zu beruhigen und damit sie keinen Unsinn machen konnte, und hoffte inständig, dass der Geist von selbst wieder weichen würde, dass es kein zu bösartiger Wiedergänger war, der da von ihr Besitz ergriffen hatte.


    Ein heftiger kalter Windstoss fuhr über sie alle hinweg, im Feuer knackte es, als die Scheite ineinander fielen und ein Schwall von Funken stob in den schwarzen Himmel empor. Severus sah Tilla frösteln und spürte selbst, wie ihm ein eisiger Schauer über den Rücken lief. Sie waren hier. Und sie waren nicht erfreut über den Aufruhr auf ihrem Fest.
    "Die Toten sind zornig!", warnte er mit fester Stimme, und kalt sprach er zu dem Römer:
    "Frevelhaft hast Du ihr heiliges Fest gelästert. Nun wird der Zorn der Unterirdischen Dich verfolgen."

  • Was für ein Durcheinander! Völlig perplex starrte Ursus die junge Frau an, die sich ihm einfach an den Hals warf. "Na, ich fürchte, da liegt eine Verwechslung vor", sagte er trocken und fand die Situation inzwischen einfach nur noch komisch. Doch das Lachen, das in ihm aufkeimte, unterdrückte er tapfer. Die Toten könnten sich ausgelacht fühlen und das beabsichtigte er ganz sicher nicht. Er mochte ein Römer sein, doch auch die Römer hatten Respekt vor den Toten. Sehr sogar.


    "Könnte es sein, daß eure Feier ein wenig aus den Fugen läuft?", fragte er, als dieser Sklave mit dem haßerfüllten Blick ihm die Frau abnahm, deren Arme er schon sanft von seinem Nacken gelöst hatte.


    "Paß auf, was Du sagst, Sklave", sagte er ruhig zu Rutger, der sich abermals im Ton vergriff. "Ich habe gar nichts gefrevelt. Und wenn diese Frau tatsächlich Fliegenpilz zu sich genommen hat, dann solltet ihr sehen, daß sie viel Wasser trinkt. Das verdünnt das Gift und dämpft die Wirkung." Nun kamen ihm seine jahrelangen Studien doch zugute. Denn bei den Philosophiekursen waren auch einige medizinische gewesen.


    "Wenn die Toten zornig sind, dann sicher nicht wegen mir, sondern wegen dieses Chaoses. Setzt euch ums Feuer und besinnt euch darauf, warum ihr hier seid. Und Du, Sklave, solltest Deinen Haß zügeln. Weißt Du denn nicht, daß die Toten Haß spüren können und von ihm angezogen werden? Sie werden wohl eher Dich verfolgen, denn mich." Irgendwie vergaß er ganz, daß er die ganze Bande eben noch hatte fortjagen wollen, doch auf die weitere Einladung von Minna und Cadhla ging er auch nicht ein.

  • Zitat

    Original von Minna
    .... Bridhe würde nur einen wahnsinnigen Rausch erleben und so wie es aussah, tat sie das auch. "Sieh nur, Aintzane! Deswegen ist Bridhe so aufgekratzt." ...


    "Ich... wie?", meinte Aintzane, als sie sich auf ein Mal angesprochen fühlte. Es war Minna. Der Met hatte gewirkt, da sie den Alkohol nicht gewohnt war, und ihr Grad an Aufmerksamkeit war merklich gesunken . Statt also blitzschnell auf Minna einzugehen, wie sie es sonst getan hätte, leerte sie noch ihren Becher Met. "Was... Fliegenpilz? Das gibt es ja nicht. Wieso sollte man so was essen?", fragte sie verwundert . Sie hob ein Exemplar in die Luft... da sah sie, wie sich Bridhe dem Römer um den Hals warf. Das war eigenartig, sehr eigenartig. Zwar hatte sie schon einmal so was in Gallien gesehen, doch sie hatte nie den Sinn in jener Sache gesehen.
    Was nun Severus machte, liess ihren Puls hochschnellen. Hatte dieser jetzt wirklich gerade den Römer angefallen? Sie erhob sich und hastete nach vorne... wobei man sagen musste, dass sie schon sicherere Schritte gemacht hatte. Der verfluchte Met war wirklich stark. Doch wie sie beim Römer angekommen war, sah sie, dass sich Severus nur um Bridhe kümmerte. Sie wandte sich also zum Römer hin und lächelte ihn an. Der Met, den sie getrunken hatte, gab ihr die notwendige Courage, den Mann anzusprechen. "Willst du... nicht mit uns mitfeiern? Ich meine... es würde uns freuen. Heute ist eine Nacht, die nur einmal im Jahr vorkommt. Und... der Met ist auch ganz gut."

  • Ja war das denn zu fassen? Wollte mich doch diese Rothaarige von meinem Liebsten wegreißen! Sie sagte sogar, dies sei nicht mein leannán! Ich schaute ihnmir noch einmal genau an. Naja vieleicht hatte sie ja sogar recht! Er war doch wirklich etwas dunkel geraten!


    Leannán, du bist doch mein Leannán, oder?


    Plötzich wurde ich wieder weggerissen, von einem, der meinem Liebsten doch etwas ähnlicher sah. Endlich begriff ich in meinem Rausch, daß ich sozusagen an der falschen Adresse war!


    Upps!


    Mehr brachte ich nicht heraus! Doch ja, er war der Richtige! Ich erkannte seine Stimme.


    Leannán, die Morrigan ist mir erschienen!
    Dann durchzog plötzlich ein Windstoß unseren Festplatz. Er ließ das Feuer knacken und die Holzscheite ineinanderfallen. Dieses Geräusch nahm ich als Krach wahr. Erschrocken fuhr ich zusammen. Wild schaute ich um mich. Angst und Verzweiflung machten sich bei mir breit.
    Ängstlich schaute ich Severus an.


    Die Toten, sie sind da! Sie kommen, um uns zu holen!


    Dann klammerte ich mich fest um ihn. Ich zitterte vor Angst.


    Leannán, schnell bring mich zum Feuer!

  • Fiona schüttelte nur noch den Kopf. So hatte sie sich das Fest nicht vorgestellt!
    Glücklicherweise hatte Severus Bridhe wieder unter Kontrolle gebracht und Cadhla kümmerte sich um die angetrunkene Tilla. Beinahe hätte sie fast den Römer vergessen, der immer noch neben ihr stand und keinerlei Anstalten machte, ihrer Einladung zu folgen. Aber solange er nicht Alarm schlug, sollte ihr die Situation auch recht sein.


    Der plötzlich aufkommende Winstoß war so heftig, daß er alle Kerzen auslöschte. Das konnte kein gutes Zeichen sein. Voller entsetzen rief sie den Anderen zu und hoffte so, deren Aufmerksamkeit zu gewinnen.
    "Seht nur! Der Wind hat alle unsere Kerzen ausgelöscht! Das muß ein Zeichen der Götter sein! Schnell, laßt uns zum Feuer zurückkehren!"
    Dann wandte sie sich zu dem Römer und bat ihn eindringlich.
    "Bitte komm mit uns zum Feuer! Die Toten sind heute Nacht unterwegs und suchen diejenigen heim, die nicht an den Feuern sitzen! Dort sind wir sicher!"

  • Sie hörte Rutgers Worte, sah den blonden Mann verständnislos an. Was war mit den Toten? Was würde er mit ihnen machen? Irgendwie schaffte er es Bridhe von dem geweihtragenden Gott zu lösen und an sich zu ziehen. Verwirrt und mit ängstlichem Ausdruck in den Augen suchte sie Cadhlas Blick. Wusste Cadhla vielleicht was hier von sich ging? Tilla liess den leeren Becher fallen und drückte sich näher an Cadhla heran. Diese aufkeimenden Winde... das knisternde Feuer.. die rauschenden Baumkronen.


    Dann gingen auch noch die Kerzen aus. Urplötzlich veränderte sich die feuerbeschienene Umgebung. Das war arg unheimlich trotz der Anwesenheit der anderen aurelianischen Sklavin. Irgendwie wünschte sie sich nicht hierher gekommen zu sein. Schämte sich ihrer Neugierde. Nein... hier wollte sie nicht mehr bleiben!! Die Panik überkam sie. Was ging hier nur vor? Lass mich los! Tilla riss sich panisch von Cadhla los und rannte auf den Baum zu, den sie vorhin schon mal kletternd erobert hatte. Sie erhaschte einen Ast und zog sich hinauf. Jemand rief nach ihr, rief ihren Namen. Tilla sah sich nach der Stimme um. Kam der Gott ihr nach? Oder eine von den Frauen?? Noch konnte sie deren Gesicht nicht erkennen. Die Sicht war durch die Dunkelheit schlecht. Sie kletterte einen weiteren Ast hinauf, hörte noch einen Ruf. Irritiert wandte sie den Kopf...

  • Ihr Lächeln verschwand so schnell wie es erschienen war, als der Römer ihre Bitte ausschlug. Irgendwie konnte sie es ja sogar nachvollziehen, dass er nicht an dem Fest teilnehmen wollte. Zugegeben, die Situation wäre ziemlich absurd gewesen. Dennoch. Sie fragte sich, was er stattdessen vorhatte. Wenn er die Gruppe bei den anderen Hausherren verraten wollte, hätte er es doch schon längst tun können. Nicht zu wissen, worauf er letztendlich hinauswollte, beunruhigte sie zunehmend. Sie wollte schon etwas erwidern, doch da kamen auch schon Aintzane und Fiona an und luden ihn ebenfalls zum Fest ein. Die Baskin schien dabei ganz schön betrunken zu sein. Anscheinend war sie den schweren Met nicht gewöhnt. Noch bevor der Römer antworten konnte, zog sie Aintzane kurzerhand beiseite. Sie war sich sicher, wenn noch weitere Sklaven - vor allem betrunkene Sklaven - ihn bedrängen, würde er sehr bald die Geduld verlieren. Minna wollte auf keinen Fall, dass die Lage eskalierte. Falls sie sich überhaupt noch verschlimmern konnte. Das Fest war eh bereits aus den Fugen geraten. Es gefiel ihr nicht, aber sie musste sich eingestehen, dass der Römer in diesem Punkt definitiv Recht hatte.
    Mit Aintzane am Arm, drehte sie sich zu Fiona. "Ihr habt doch gehört, was er gesagt hat. Er möchte nicht mit uns Sklaven feiern. Also, lasst uns wieder ans Feuer gehen..." Bevor sie sich aufmachte, wandte sie sich noch ein mal zum Römer."Herr, was hast du jetzt vor? Bitte lass uns dieses kleine Fest. Ich verspreche, morgen früh wird keiner mehr vermuten, dass hier etwas gefeiert wurde." Wenn er schon nicht mit ihnen feiern wollte, sollte er sie wenigstens in Ruhe lassen. Da fiel ihr Cadhla ein, die zu dieser Villa gehörte und sehr wahrscheinlich für die ganze Sache gerade stehen musste. "Herr, und bitte gib Cadhla keine Schuld. Es war nicht ihre Idee!" Eindringlich sah sie ihn an.


    In diesem Augenblick blies ein kräftiger Windstoß die Kerzen aus und Angst breitete sich unter den Sklaven aus. Auch Minna deutete dies als ein Zeichen der Götter. Sie war fest davon überzeugt, dass diese nun durch die ganze Aufruhr erzürnt waren. Bridhes vorherige Euphorie wandelte sich in Panik um. Glücklicherweise war Severus bei ihr und kümmerte sich um sie. Sogar die sonst so unerschrockene Fiona bekam es mit der Angst zutun. Minna nickte ihr zu. "Du hast recht. Lass uns wieder ans Feuer gehen!" Hoffentlich würden sich die Götter wieder beruhigen.


    Doch plötzlich stürmte Tilla an ihnen vorbei und kletterte blitzschnell auf den Baum, von dem sie vorhin gekommen war. Verwundert schaute sie dem Mädchen hinter her. Was war denn jetzt los? Vermutlich war das Ganze zu viel für sie gewesen. Mit besorgter Miene trat Minna an den Baum heran. "He Tilla, was ist mit dir?" Gleich darauf kletterte sie noch ein Stückchen höher. "Du brauchst keine Angst zu haben. Komm bitte wieder herunter, Tilla. Das ist gefährlich." Nicht das die Kleine noch aus dieser Höhe stürzte. Schließlich hatte sie einiges an Alkohol getrunken. Voller Sorge blickte Minna zu ihr hoch. Mit einer knappen Handbewegung versuchte sie Tilla vom Baum herunter zu bekommen.

  • Ignoranz schützt vor Strafe nicht, dachte sich gehässig der Germane. Er malte sich aus wie die Totengeister dem Eindringling, der ihr Fest mit lästerlichen Reden entweiht hatte, das Leben gehörig vergällen würden, und quittierte dessen Worte nur mit einem zutiefst abschätzigen Kopfschütteln. Sollten sich die beredsamen Frauen dieses römischen Ärgernisses annehmen, er hatte gerade ein grösseres Problem - seine besessene oder jedenfalls panische Liebste.
    "Schscht Bridtha, hab keine Angst", sprach er mit tiefer, ruhiger Stimme auf sie ein, "Ich gebe auf Dich acht, sie werden Dir nichts tun, komm beruhige Dich meine Liebste."
    Kurzerhand hob er sie einfach hoch, und trug sie auf seinen Armen zum Feuer zurück. Morrigan - was war das? Düster und bedrohlich klang der Name. Direkt neben den Flammen liess er sich mit Bridhe auf den Boden nieder. Der rote Feuerschein spiegelte sich in ihren Augen, in denen ein ungesunder Glanz stand. Winzig waren die Pupillen. Das selbe hatte er tatsächlich schon bei Goden gesehen, die von Wodans Fleisch - dem Fliegenpilz - gegessen hatten, und von der jenseitigen Welt überwältigt wurden. Er legte Bridhe die Hände auf die Wangen, und blickte ihr eindringlich in die Augen.


    "Ganz ruhig, meine Liebste, ganz ruhig...", murmelte er, "Runen weiss ich, Dir zu helfen", und versank in tiefer Konzentration. Leise summte er vor sich hin, und strich ihr über die Stirn, auf der kleine Schweisströpchen standen, während die Zeichen vor seinem inneren Auge Gestalt annahmen. Wie feurige Formen tauchten sie aus der Dunkelheit. Zeichen der Macht, vom Ersten der Asen gefunden und gegeben.
    "Ansuz, Asgards wortgewaltiger Fro", hub er an,
    "Den Wind fesseln keine Ketten.
    In des Hohen Halle, des Hohen Lied ist gesungen.
    Wohl ihm der es kann. Wohl ihm der es kennt -"

    Mit rauhen Fingern zeichnete er die Ansuz-Rune auf Bridhes hohe Stirn, dann Dagaz und Sowilo. Raunend und urtümlich klang sein chattisches Runenlied, mischte sich mit dem Prasseln des Feuers und dem Aufheulen des Windes zu einem rätselhaften Gesang von archaischer Kraft.
    "Sowilo, Sunna, strahlender Morgen,
    Des Tals helles Tor, vereint sich der Nacht,
    Es weichen die Schatten von schöner Stirn,
    Hel-Runen-fest, jenseits von Midgard, sind sie gebunden,
    So spreche ich, Rutger, des Thidrik Sohn, von den Hallvardungen,
    Und so soll es sein... - Erwache Schläferin."


    Langsam strich er Bridhe über die Augen, und hoffte inständig, dass die Worte der Macht genügen würden, damit sie den Bann der Toten abschütteln konnte. Er fror. Die Kälte der Toten war ihm bis ins Mark gedrungen, und die Wärme der Flammen kam da nicht dagegen an. Ein Metkrug stand noch neben dem Feuer, den nahm er und setzte ihn Bridhe an die Lippen.
    "Hier min Skaz, trink einen Schluck."
    Met war schliesslich allemal gesünder als Wasser.

  • Ein Krieger zeigt keine Angst. Dies war die erste Lektion, die Cadhla hatte bitter und lange lernen müssen, und es war die Lektion, die sie von allen am tiefsten verinnerlicht hatte. Ein Krieger war das Rückgrat einer Sippe, der starke Schild, der die Schwachen schützte, der lange Speer, der den Feind fernhielt, und zu den Kriegern blickten die Kinder auf, die Mütter waren stolz auf sie, und die Frauen umsorgten sie, damit ihre Stärke der Sippe zum Vorteil gereichte. Auch Cadhla hatte so gelebt, als Kriegerin, und sie hatte sich immer auf ihr Können als Kämpferin verlassen. Der eisige Windzug allerdings erschütterte sie bis ins Mark. Konnte es wirklich sein, dass die Totengeister zu ihnen gekommen waren, rachsüchtig und voller Wut über die Störung? Samhain sollte doch die Welt der Lebenden mit der der Toten versöhnen, und anscheinend war es gründlich schief gegangen, was sie eigentlich erhofft hatten. Stattdessen drehte Bridhe durch, Aurelius Ursus mimte den wütenden Römer, Severus war in seinem Hass auf die Römer kaum wirklich zu bändigen, die anderen Sklaven waren dabei sich zu betrinken, und jetzt zürnten ihnen auch noch die Toten. Es gab wirklich glücklichere Momente in Cadhlas Leben, sehr viele glücklichere sogar.


    Und doch: Sie hatte Angst. Sie durfte sie nur nicht zeigen. Wenigstens lenkte Bridhe den wütenden Severus ab, sodass er sich um sie kümmerte, und sie war nicht undankbar darüber. Im Kampf gegen ihn hätte sie wahrscheinlich nicht gewonnen, und sie wollte ihn auch nicht mit Gewalt an etwas hindern müssen, das sie nur zu gut verstehen konnte - auch sie war mit den Römern nicht im Reinen. Tillas ängstlichen Blick konnte sie nur unsicher erwiedern, und prompt riss sich das Mädchen auch noch los. Sie musste sich entscheiden - Problembeseitigung bei Aurelius Ursus, oder Tilla nacheilen und sie von irgendeiner Dummheit abhalten? Und wieder war das Glück mit ihr - Minna kümmerte sich um sie, zumindest schien an dieser Front erst einmal Hilfe vorhanden zu sein, was sie sehr beruhigte. Minna war ihr bisher als sehr ruhig und überlegt erschienen, vielleicht würde es ihr gelingen, Tilla zu beruhigen.
    "Dominus, bitte. Setzen zu uns, Du sehen, dass Tote zürnen schon genug. Sie nicht sollen mehr zürnen, weil Du gehen und nicht wollen feiern." Grüne Augen richteten mit aller Kraft den Blick auf den unwilligen Aurelier, und vielleicht lag auch ein Hauch von langsam aufkeimender Verzweiflung über dieses verkorkste Fest darin, zumindest, wenn man genug Phantasie besaß.

  • Ein einziger Windstoß versetzte diese Sklaven in derartigen Schrecken? Ursus war nicht ohne Furcht vor den Toten, doch schien ihm diese Angst doch ein wenig weit hergeholt. Bridhe gehörte nicht den Aureliern, daher ließ er Rutger tun, was immer er mit ihr tun wollte. Wenn sie an dem Fliegenpilz starb, weil sie zuviel davon gegessen hatte, dann war das nicht seine Schuld. Er hatte ja gesagt, wie man mit Vergiftungen umging.


    Eigentlich wollte er sich nun umdrehen und gehen. Doch da war Cadhlas flehender Blick. Auch wenn sie es eigentlich nicht verdient hatte für die Dummheit, heimlich eine solche Feier zu veranstalten, ließ er sich von ihrem Blick erweichen. Wenn auch widerwillig. "Na, schön. - Aber sobald sie sich beruhigt haben, eure Geister, werde ich gehen. Hör zu, Cadhla: Daß ich euch nicht verrate, heißt nicht, daß diese Feier nun erlaubt ist. Ich habe schlicht nicht die Befugnis, so eine Genehmigung auszusprechen. Wenn Du je wieder so etwas veranstalten willst, dann frag den Hausherrn! Hast Du mich verstanden? Und auch Deine Gäste sollten so etwas mit ihren Herren absprechen." Wenn diese Bridhe hier starb, wurde es am Ende seiner Familie zur Last gelegt.


    Bevor er allerdings mit Cadhla zum Feuer ging, trat er unter den Baum, auf dem Tilla hockte. "Tilla! Komm da runter, bevor Du Dir den Hals brichst. Na, los! Ans Feuer mit Dir! Und hör auf, dieses Zeug zu trinken, sonst wirst Du morgen vor Kopfschmerzen zu gar nichts mehr fähig sein." Er streckte ihr die Hände entgegen, um ihr beim herunterklettern zu helfen. Oder sie aufzufangen, falls sie stürzen sollte. Was ja in ihrem Zustand nicht so unwahrscheinlich wäre.

  • ...und hielt sich rechtzeitig fest. Tilla setzte sich rittlings auf den Ast, spähte nach unten. Es war die blonde Frau, die nach ihr rief. Die, die so helle Haare wie Rutger hatte. Und wie der, der das ergaunerte Geld von ihr zurückhaben wollte. Sie hiess Minna, erinnerte das stumme Sklavenmädchen sich. Tilla schüttelte den Kopf, reckte sich nach dem nächsten Ast, zog sich an ihm auf die Füße. Immer noch wehte der Wind, brachte die Blätter der Äste zum rascheln. Hier oben hörte es sich anders an als unten auf dem Boden. Mit den Sohlen ihrer Sandalen balancierte sie auf dem Ast, den ihre Füße gleich verlassen würden.


    Und so war es.. sie zog sich auf den nächsten Ast, schaffte es wieder rittlings hinzusetzen. Mit dem Rücken lehnte Tilla sich an den Baumstamm, senkte den Kopf, als ihr Name wieder gerufen wurde. Jetzt rief der Gott mit dem Geweih nach ihr. Wollte er sie nun zu sich holen? Plötzlich tropften Tränen aus ihren weit aufgerissenen Augen. Abermals schüttelte sie den Kopf. Nein. gebärdete sie. Ich will nicht. Sie hatte immer noch Angst und Panik in sich. Aus dem Baumstamm schienen neue Äste zu wachsen. Einer war ganz nah... auf diesen vermeintlich existierenden Ast stützte sie den linken Fuß ab und verlor das Gleichgewicht. Sie versuchte noch sich festzuhalten, aber sie war zu langsam. Nein heulte Tilla auf, während sie gen Boden stürzte. Alles drehte sich...

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