Atrium - Ein Magistrat zu Besuch

  • Der Ianitor führte den Magistrat ins Atrium hinein, in welchem... nichts passierte. Keine Sklavinnen, die irgendwo den Boden aufwuschen, keine Sklavenjungen, die mit den Blättern im impluvium spielten, keine Sklaven, die geschäftig irgendetwas herumtrugen. Alle Vasen waren geputzt, alle Klinen (die als Sitzgelegenheit fungierten) standen auf ihren Plätzen, das Wasser im impluvium war sauber. Eine Ordnung verbunden mit einer Stille, die sehr selten war in diesem Hause.


    Wenn ich den Herrn bitten darf zu warten, ich verständige sogleich den Senator.

  • Und eine Ordnung, die mir sogleich auffiel, da sie sich sehr von der fast fortwährend herrschenden, emsigen Geschäftigkeit in meinem Hause unterschied. Während der Sklave mich und meine beiden Anhängsel hineinführte, sah ich mich um. Die Einrichtung wirkte nicht überladen, sogar fast ein wenig spartanisch. Dennoch geschmackvoll. Der servus geleitete mich durch das blitzblanke atrium auf eine Gruppe Liegen. Er bat mich zu warten, was ich auch tat, und zwar sitzend. Es war schon mal gut, dass der Senator anwesend war. Ich hatte natürlich davon gehört, dass er als praefectus urbi den Octavier sozusagen vertrat.

  • Wie immer dauerte es seine Zeit, bis Hungi angekleidet war, erwartete er doch gerade keinen Besuch und hatte es sich daher gemütlich gemacht. Als der Ianitor die Visite des Aurelius berichtete, mußte er nicht lange überlegen, es fiel ihm sogar sofort ein, welches Amt Aurelius innehatte. Aber welchen Todesfall würde dieser ihm melden? Wenn sein Bruder gestorben wäre, hätte er das vermutlich schon mitbekommen. Sonst hatte er nur mehr Verwandte in Savaria, doch selbst da wäre er sicher vor dem Vigintivir informiert gewesen. Erst recht bei seiner Frau oder Tochter. Und während er so über diese Dinge nachdachte, ließ er sich von einer seiner Leibsklavinnen ankleiden und ging hernach ins Atrium.


    Salve Aurelius. begrüßte Hungi den Besucher. Ich hoffe, du bringst mir keine schlechte Botschaft?

  • Es dauerte eine geraume Zeit, bis der Senator überhaupt das atrium betrat. Ich legte mir daher in der Wartezeit insgeheim bereits Worte zurecht, die ich sagen wollte, doch würde ich sie wohl ohnehin wieder verwerfen, sobald Senator Vinicius eintraf. Als er dann schließlich in mein Sichtfeld kam, erhob ich mich von der cline und lächelte ob der Worte.


    "Salve, Senator Vinicius. Nein, ich bringe keine schlechten Nachrichten. Genaugenommen bin ich sogar inoffiziell hier", informierte ich den Hausherren über meinen Besuch. Gleich mit der Tür ins Haus fallen? Nein, das erschien mir unpassend und wenig höflich. "Ich hoffe, du hast dich auf dem Weinfest gut amüsiert?" fragte ich daher, um erst einmal ein Gespräch in Gang zu bekommen.

  • Bitte, bleib doch sitzen. Hungi wies mit der Hand auf die Kline, von welcher Aurelius gerade aufgestanden war, und setzte sich seinerseits. Inoffiziell also, wie interessant.


    Eine Nachfrage verkniff er sich, fragte der Magistrat schon im nächsten Augenblick. Oh doch, ich hatte in der Tat meinen Spaß. Ein leises Schmunzeln erschien auf seinem Gesicht, erinnerte er sich in diesem Moment an die Claudierin. Es war ein gelungenes Fest. versicherte er seinem Besucher.

  • "Sehr schön, das freut mich", entgegnete ich und setzte micht wieder. Die acta diurna hatte ebenfalls über das Fest berichtet, wie ich in Erfahrung gebracht hatte. Keinesfalls aber so blamabel, wie ich insgeheim befürchtet hatte, sondern recht positiv. Ich hatte darüber immer noch gestaunt, als ich den Arikel das dritte Mal gelesen hatte. "Es ist schade, dass deine Gattin nicht mitkommen konnte. Ich hoffe doch, es geht ihr und dem Kind gut?" sagte ich und versuchte mich zu erinnern, ob es nun ein Erbe oder ein Mädchen war, das die Tiberierin ihm beschert hatte. Doch es wollte mir nicht einfallen, ich hatte bisher nur gdavon gehört, dass den beiden "ein Kind" beschert worden war.


    Kurz räusperte ich mich und wollte nun auf den eigentlichen Grund meines Besuchs zu sprechen kommen. "Senator, der Grund aus dem ich hier bin, betrifft in erster Linie mich selbst. Ich habe bisher keinen Patron gehabt doch langsam ist es an der Zeit, diesen Missstand zu ändern. Kurz gesagt - es würde mich freuen, wenn du mich als deinen Klienten akzeptieren würdest." Und wie ich geahnt hatte, waren mir die ganzen zurechtgelegten Worte entfallen, und so brachte ich auf recht unspektakuläre Weise mein Anliegen vor und sah den Vinicier hernach möglichst neutral an, obwohl ich insgeheim auf die Antwort brannte. Ob er mich jetzt ausfragen würde? :D

  • Es geht ihnen gut, soweit die Ärzte mir berichteten. Das war teilweise wahr, teilweise ordentlich gelogen, aber warum sollte er seinem Gast auch die volle Wahrheit erzählen und die Stimmung drücken und Mitleid heischen? Meine Frau möchte noch eine Zeit lang in Misenum bleiben und das gute Wetter so lange ausnützen, wie es geht. Da aber die kalte Jahreszeit demnächst beginnt, wird sie wohl bald wieder mit unserer Tochter nach Rom kommen.


    Hungi dachte sich jedoch schon, daß der Aurelier nicht unbedingt an diesen Neuigkeiten groß interessiert war, zumindest was dieses ominöse "inoffizielle" anging. Allerdings war er dann doch überrascht, wie Aurelius dann sein Anliegen vor ihm ausbreitete. Dementsprechend antwortete er nicht sofort, sondern ließ einige Augenblicke verstreichen, bevor er zu einer Antwort ansetzte. Das... kommt nun doch ein wenig plötzlich. Er lehnte sich zurück und musterte den Besucher vor sich, doch freundlich war sein Gesichtsausdruck. Da du dich vorbereitet hast, was deine Wahl angeht, so bin ich gerade dir gegenüber informationsmäßig im Nachteil. Du kannst dir vorstellen, daß ich diesen Zustand keineswegs billige?

  • "Dann weilen sie gegenwärtig nicht in Rom?" fragte ich. Bereits im nächsten Satz aber folgte schon die Antwort auf diese meine verwunderte Frage. Die Familie befand sich also in Misenum. Verständig nickte ich. "Die misenische Luft trägt sicher zur Erholung nach der Geburt bei", erwiderte ich. Und der Kleinen tat es gewiss auch gut, dem römischen Mief noch eine Weile zu entgehen. Ich hatte Kinder schon immer gemocht. Sisenna war mein Goldstück. Ich ertappte mich dabei, wie ich bedauerte, die vinicische Kleine nicht bewundern zu dürfen, nahm mir jedoch vor, dies bald nachzuholen.


    Nach meiner zugegebenermaßen leicht plumpen Art der Frage, sagte der Senator ersteinmal gar nichts und schürte damit meine angespannte Erwartungshaltung. Als er seiner Verwunderung wörtlich Ausdruck verlieh, war die Anspannung nochmals weiter angewachsen. Ob des sich anschließenden, musternden Blicks kam ich mir vor wie ein Prüfling, doch nahm der von mir als durchaus positiv empfundene Gesichtsausdruck mir etwas der Ungewissheit und ich wurde innerlich ruhiger. Ein kurzes, lockerndes Lachen folgte auf seine scherzhaft gestaltete Frage, und ich neigte den Kopf. "Natürlich nicht, Senator. Aber dem kann durchaus Abhilfe geschaffen werden", erwiderte ich. Doch wo anfangen? Ein grober Abriss war sicherlich angebrachter als ein ermüdend detaillierter und langweiliger Vortrag über mein bisheriges Leben. Gegebenenfalls würde Hungi schließlich auch nachfragen können, wenn ihn etwas genauer interessierte.


    "Als Senator, der vor knapp einem Jahr anwesend gewesen ist, als ich vor dem Senat meine Kandidatur zum Vigintivirat bekannt gegeben hab, weißt du ja bereits um die Laufbahn, die ich eingeschlagen habe: Nach meinem Duumvirat in Mantua bekleidete ich das Amt eines tribunus laticlavius bei der legio secunda Germanica. Seitdem ich wieder in Rom bin, widme ich mich den Erbschaftsangelegenheiten", gab ich einen relativ kurzen Abriss meiner bisherigen Laufbahn zum Besten. "Die Amtszeit ist nun fast vorüber, und ich kann durchaus positiv darauf zurückblicken."

  • Tatsächlich, dunkel konnte sich Hungi an die Vorstellung im Senat erinnern. Er meinte sich auch daran zu erinnern, daß er die Reihenfolge Tribunat - Vigintivirat des Aurelius zwar nicht bekrittelt, aber doch etwas verwundert zur Kenntnis genommen hatte. An sich war es andersrum vorgesehen und das Tribunat war für Patrizier sowieso nur fakultativ, aber gut, jetzt war es sowieso egal.


    Du mußt deiner Sache sehr sicher sein, wenn du eventuelle Gerichtsprozesse nach deiner Amtszeit ausschließen kannst, was ich deinen Worten entnehme. Auch ihm blieb das nicht erspart, zu seiner Zeit als Prätor. Oder war das noch in seiner Amtszeit? Bona Dea, war das schon lange her. Wie sieht aber deine nähere Zukunft aus? Und erzähl mir etwas über deine Familie, ich war zwar bei euch zu Gast, aber einen Überblick habe ich nicht wirklich dabei bekommen.

  • "Nun ja", entgegnete ich und neigte den Kopf, "sicher sein kann man sich da wohl nie. Gerade jüngst hatten wir einen Fall zu bearbeiten, in welchem ein tot geglaubter Erbe plötzlich aufgetaucht und den beinahe bereits verteilten Nachlass für sich beansprucht hat. Ich bin allerdings guter Dinge, dass es nicht mehr viele solcher nachträglichen Erbansprüche geben wird." In der Tat hoffte ich, dass der Brief des Redivivers der einzige seiner Art bleiben würde, für einen Fall, in welchem ich verantwortlich gezeichnet hatte.


    Auf die zweite Frage hin musste ich schmunzeln. "Ja, es war schon ein großer Auflauf, da ist das nachzuvollziehen", pflichtete ich bei und setzte mich etwas bequemer. "Mein Ziel liegt zunächst darin, die mir übertragenen Ämter zur Zufriedenheit Roms auszufüllen, Senator. Ich arbeite natürlich dahingehend darauf hin, selbst einmal die Senatorenwürde zu erlangen. Bis dahin ist es allerdings noch ein Stück des Weges, schließlich ist erst das Ende der Amtszeit als vigintivir in Sicht. Aber ich habe es nicht eilig", erzählte ich. "Vor einigen Tagen erhielt ich die überraschende Mitteilung, zum septemvir inauguriert zu werden, was für mich eine neue Herausforderung darstellt. Noch trat das gremium seit der inauguratio zwar nicht zusammen, doch vermute ich, dass ich wohl der jüngste dort sein werde." Das stellte mich zwar vor kein Problem, würde aber sicherlich dennoch seltsam werden, wenn die Epulonen wieder zusammenkamen und ich diesmal mit von der Partie sein würde. "Zu meiner Familie gibt es im Prinzip nicht viel zu sagen. Meine Eltern weilen beide nicht mehr unter den Lebenden, ebenso meine beiden Onkel. Derzeit habe ich die Vormundschaft über meine beiden Cousinen und meine Nichte inne, eventuell zeichnet sich dort eine Verbindung mit der gens der Flavier ab. Mein Neffe Ursus beabsichtigt, in der kommenden Amtszeit ebenfalls zum decemvir zu kandidieren, mein Vetter Cotta ist sich noch uneins mit sich selbst und überlegt, zunächst weitere Kontakte zu knüpfen. Ich selbst schätze meinen derzeitigen Bekanntheitsgrad eher als gering ein, auch wenn ich diesen Umstand natürlich zu ändern versuche." Ein flüchtiges Schmunzeln zeichnete sich auf meinen Zügen ab. Um ehrlich zu sein, hatte ich keine Ahnung, ob ich bekannt in Rom war oder nicht. Gab es noch etwas Erwähnenswertes? Zumindest mir fiel auf Anhieb erst einmal nichts ein.

  • Fernziel Senator. Gut, das hatte Hungi erwartet, das war vom bisherigen Lebenslauf des jungen Aurelius eine notwendige Folge. Schlechte Nachrichten hatte Hungi bisher von ihm auch noch keine vernommen, also stand im Prinzip von dieser Seite einmal nichts entgegen. Und er war im Cultus Deorum tätig, eine wichtige Sache, eine lobenswerte Tätigkeit, wenngleich es ohnehin Pflicht eines jeden guten Römers war. Daß er selber bisher kein Amt im Cultus Deorum innehatte, verschwieg Hungi sich in Gedanken einmal selber. 8)


    Eine Verbindung zu den Flaviern? Interessant. Erzähl. setzte er bei diesen Worten nach, denn politische Verbindungen jedweder Art waren immer interessant.


    Unterschätze deinen Bekanntheitsgrad nicht, Aurelius. Bei deinem Fest waren zahlreiche Senatoren anwesend, außerdem bringt es das Amt des Decemvirs mit sich, mit vielen Menschen in Kontakt zu treten. Ich würde daher sagen, in Ordnung. Ich stehe deinem Ansinnen sehr positiv gegenüber.

  • "Flavius Aquilius", antwortete ich schmunzelnd. "Er zeigt Interesse an meiner Nichte, und ich bin durchaus geneigt, der Verbindung zuzustimmen. Die Flavia an sich ist schon eine gute Wahl, und dass mich eine Freundschaft mit ihm verbindet, festigt meine Neigung noch weiter. Zudem scheint meine Nichte recht angetan." Ich hielt einen Moment inne und grinste verhalten. "Jetzt muss ich bloß noch offiziell davon in Kenntnis gesetzt werden."


    "Aquilius wird in diesem Jahr übrigens ebenfalls zum vigintivir kandidieren", fügte ich an. Vermutlich aber war ser Senator darüber ohnehin bereits in Kenntnis gesetzt worden, sodass ich nichts Neues erzählte. Hungaricus' letzte Worte indes ließen ein Lächeln auf meine Züge treten. Die ersten erfreuten mich ebenfalls, doch entschied ich, sie unter den nicht vorhandenen Teppich zu kehren. "Das freut mich, Senator, und ich danke dir für dein Vertrauen", sagte ich. "Es mag vielleicht zu den Selbstverständlichkeiten gehören, doch schadet es gewiss nicht, dies nochmals ausdrücklich zu statieren: Falls ich dir oder den Deinen je in irgendeiner Weise behilflich sein kann, lasse es mich wissen, Patron." Da hatte ich nun also einen consularischen Patron. Einige meiner Familienmitglieder hätten mich ob dieser Entscheidung gewiss lynchen wollen, würden sie in Rom oder generell noch unter den Lebenden weilen. Aber ich hatte meine Entscheidung getroffen.

  • Flavius Aquilius... In der Tat, der Name sagte ihm etwas, doch ein Gesicht hatte er keins dazu. Aber wenn er kandideren würde, würde Hungi ihn sicher im Senat kennenlernen. Allerdings fand er eine Liebesheirat in höheren Gesellschaftsschichten etwas ungewöhnlich, aber gut, manche fanden das sogar exzentrisch. Wie auch immer.


    Das ist der Sinn und Zweck eines Patronats. ergänzte Hungi. Do ut des, dieses Prinzip ist eines der Stützpfeiler unserer Gesellschaft, im Recht wie in der Religion, aber wem sage ich das, aufgrund deines neuerworbenen Amtes kennst du besagtes Prinzip selber nur zu gut, nicht wahr? Ahja, bevor ich vergesse: auf die allmorgendliche Salutatio bestehe ich in deinem Falle nicht, nur bei wichtigen Anlässen wie Senatsabstimmungen oder Kandidaturen und dergleichen wünsche ich deine Anwesenheit.

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