Archiv der alten Casa | Die Cubicula- Themen vor dem Brand

  • Mit einem offenen Lächeln strich er über den Bauch, in dem sein Kind langsam heranreifte, drückte sich ihr entgegen und stahl sich einen sanften Kuss von ihren Lippen. Er war so froh, dass es ihr zusagte und ließ den Kuss ein wenig länger währen, um nicht sofort antworten zu müssen.


    "Der wundervollste Ort. Komm her du schöne Frau.." Damit schlang er beide Arme um ihre Hüfte, aber aus Rücksicht zog er sie nicht zu sich, sondern drehte sich mit ihr seitlich, so dass sie Angesicht zu Angesicht standen.
    "Die Möbel und dergleichen lassen wir hier, ich kaufe neue in Misenum. Nimm am besten nur mit, woran du hängst, was persönlichen Wert für dich hat. Vorerst wohnen eventuell wir in einer winzigen Casa, Insula oder dergleichen.. aber ich verspreche dir, bevor das Kind das Antlitz der Welt erblickt, werde ich für uns beide ein angemessenes Heim haben. Bis dahin lassen wir uns am besten in einer guten Herberge verwöhnen."
    Wieder folgen zwei zärtliche Küsse, um von ihren Lippen zu kosten.

  • Leise schnurrte sie, als seine Lippen sanft über die ihren strichen und sie verschränkt die Handgelenke leicht in seinem Nacken, noch einen Moment die Süße des zarten Kusses nachschmeckend, bevor sie ihn mit einem leicht verschmitzten Lächeln ansah.


    "Nur das, woran ich häge? Dann... gewöhne dich schon einmal daran, dich in eine Kiste zu zwängen."


    Nun war sie es, die sich einen weiteren Kuss stibitzte, bevor sie wieder seinen Blick suchte. "Solange wir ein Dach über dem Kopf haben und du an meiner Seite bist, ist es mir gleich, ob wir in einer Hütte oder einem Palast leben, mein Licht. Meinst du, wir können Cassio und Peia mitnehmen? Sie würden mir die Zeit vertreiben, wenn du nicht da bist..."

  • "In eine Kiste? Ohhh.. das könnte eng werden, mein Herz.", lachte er vergnügt.
    "Das versteht sich doch von selbst... als könnte ich dich zu lange von deinen Kätzchen trennen, meine kleine Raubkatze.", schmunzelte er und strich mit einer Hand durch ihr Haar. "Meinst du, es gibt noch etwas zu klären... bevor ich es der gesamten Familia sage?"

  • Ein Papyrus im Arm tragend kam Medeia in ihr Cubiculum zurück. Das Zimmer lag in völliger Dunkelheit, wieder lag ein anstrengender Tag hinter ihr. Vorsichtig legte sie den Papyrus auf ihrem Bett ab und zündete mit einem Glimmstein eine Öllampe an. Es war eine schwierige Arbeit bis es ihr gelang. Schummriges Licht erhellte den Raum. Florale Schattenmuster wurden an die Wand geworfen durch die Lücken in der Öllampe. Müde ließ Medeia die Palla von ihrer Schulter gleiten. Sie fiel herunter wie ein weiches Blütenblatt, was dem Regen des Sommers nicht mehr standhalten konnte. Barfuss, wie so oft in der Casa, ging sie zu ihrem Bett und sank auf das weiche Lacken herunter. Draußen prasselte ein leichter Regenfall und ließ es etwas behaglicher in ihrem Zimmer werden. Geschlossenen Augen lag Medeia auf ihrem Bett ehe sie zu dem Brief griff, den sie heute am Eingang gefunden hatte.


    Vorsichtig entrollte sie die Schriftrolle. Langsam glitten ihre Augen von Zeile zu Zeile. Verblüfft öffnete sich ihr weichgeschwungener Mund und sie atmete stoßweise aus. Dann hielt sie den Atem an und las weiter. Wäre jetzt jemand in dem Raum, hätte er beobachten können, wie sich Medeias Augen leicht weiteten und ihre Pupillen etwas enger wurden. Als sie den Brief gelesen hatte, las sie ihn gleich noch mal von vorne. „Ich schenke Dir eine Erinnerung...!“ hauchte Medeia, den Brief wieder gebend. „...als könntest Du wahrhaft fliegen...“ Medeias Busen wogte leicht und sie holte tief Luft, schloss die Augen. Erst nach vielen Herzschlägen wagte sie den Brief ein zweites Mal weiterzulesen. „...sei Dein ganzer Körper nur noch dazu geboren, zu fühlen, zu empfinden, sich diesem Rausch der Höhe zu überlassen ...“ Der Brief sank auf Medeias Brust herunter. Sie sah zu ihrer Decke und schwieg stumm.


    Seufzend griff sie nach einer elfenbeinernen Haarnadel und löste den Haarknoten an ihrem Haupt. Ihre Locken umflossen ihr Gesicht und ihr Blick war immer noch abwesend. „Warum?“ Ein dunkles Lachen ertönte von der Seite. Aus dem Schatten trat Quintus, ihr verstorbener Mann und nur für Medeia sichtbar. „Das weißt Du doch, Medeia!“ Medeia atmete scharf ein und sah ihren früheren Ehemann blass an. „Du? Ich dachte...“ Quintus trat an ihr Bett und setzte sich neben Medeia. „Weil Du mich nicht mehr gesehen hast? Ich schien ja zu stören! Es ist wie früher, nicht wahr? Und Du genießt es wie früher! Gib es doch zu Medeia. Du warst noch nie eine anständige Frau! Warum tust Du nun so, als wärest Du eine und würdest am liebsten den Tag mit Weben verbringen? Was meinst Du, warum Du solche Briefe bekommst?“


    Erneut pochte es in Medeias Schläfe, stöhnend griff sich an die Stirn und rieb sie. Gequält schloss sie die Augen und seufzte schwer. „Sag es mir, Quintus!“ Quintus beugte sich vor und ließ seine Hand über ihr Gesicht schweben. „Weil sie Dich wollen! Aber nicht Dich, sondern nur Deine Hülle. Selbst der Centurio und der Dir diesen Brief geschrieben hat auch. Es war schon immer so. Alle Männer erkennen sofort an Dir, was Du bist, Medeia! Das wird sich niemals ändern!“ Quintus beugte sich vor und flüsterte leise in ihr Ohr. „Vertrauen kannst Du nur mir!“ Medeia stöhnte vor Schmerz auf, ein Keuchen entrann ihr und sie krallte ihre Finger in das Lacken. Tränen des Schmerzes, ein altes Leiden und über diese Worte rannen ihr über die Wangen. Der Schmerz ließ nach, doch innerlich bohrte es weiter in ihr. „Geh! Geh...!“ murmelte Medeia und griff schwach nach einer Decke. Der Brief fiel herunter, segelte vor ihr Bett und blieb wie ein goldenes Blatt des Herbstes auf dem Boden liegen. Medeia atmete nur noch flach und schien zu schlafen.

  • Zurückgekehrt von den Märkten, strebte Corvinus mit Cicinne in der Casa schließlich zu den Unterkünften der Sklaven. Mittlerweile war es spät geworden und es roch seltsam frisch in der Nacht. Unterwegs hatte er ihr eine leichte und eine dicke Tunika gekauft, dazu ein schlichtes Kleid - falls Besuch da war und sie besser aussehen sollte - und ein neues Paar Sandalen. Er wusste zwar, dass er sie damit nicht glücklicher machen konnte, er war einfach zu... gutmütig? Nein, das konnte es nicht sein. Wenn er wollte, konnte er ein Löwe sein, stark im Gemüt und tatkräftig.


    So schob er den blauen Vorhang zur Seite, der das kleine einfache Gemach verdeckte und deutete auf die Liegestatt. "Hier wirst du heute nacht schlafen, bis wir abreisen nach Misenum. Falls du Durst hast, kannst du im Atrium trinken, aber pass auf - Rufus, unser Wachhund, irrt hier irgendwo herum."

  • Cicinne hatte nicht mehr viel mit ihrem neuen Herrn gesprochen. Es kam eh nie etwas bei raus, ausser dummes Geschwätz. Sie hasste diese Casa schon jetzt denn hier hatte ja alles seinen Anfang genommen, als sie so dumm gewesen war ihn bestehlen zu wollen. Sie hatte gelernt, vielleicht mehr als ihr bewusst war, aber so schnell würde sie sicher nicht mehr auf diese Gedanken kommen etwas zu machen. "Wann werden wir abreisen?" fragte sie ihn gleichgültig und sah sich die Stätte an auf der sie schlafen sollte. Wirklich toll war es nicht, aber auch nicht so schlimm wie sie schon so einiges kannte. Gut sie durfte sich wenigstens bewegen, das war ja schon einmal etwas und vielleicht konnte sie sich wegschleichen, aber ein Wachhund war ja mal was ganz tolles und etwas genervt verdrehte sie ihre Augen. "Ihr müsst ja Angst haben, dass hier wer einbricht" gab sie scherzhaft von sich und blieb mit der der Brust verkreuzten Armen stehen. Sie wollte hier nicht bleiben, aber das wusste er ja sicher.

  • Bei den Göttern, bei den Laren, wie konnte man nur so ein zickiges Wesen besänftigen? Hera und Iuno waren friedliche Lämmchen neben dieser kleinen Griechin! Prüfend sah er ihr einige lange Augenblicke in die Augen, ehe er lächelte und ihr zustimmend zunickte.


    "Ohja, das haben wir. Ach, wenn du Decken benötigst, sie sind in der Truhe hier."


    Mit einer saloppen Geste der rechten Hand wies er sie auf eine kleine Truhe hin, die an der Wand stand. Der Deckel stand offen und recht warm aussehende Decken "lachten" Cine entgegen.

  • Freundlich Fragen beantworten konnte er auch nur zur Hälfte, aber etwas anderes hatte sie auch nicht von ihm erwartet. "Dann könnt ihr mir aber leid tun", meinte sie furchtbar ironisch und sah in die Truhe. So eine Decke würde sich gut machen wenn man abhaute, denn Nächte konnten kalt werden, also notierte sie sich zwei der Decken im Kopf, damit sie sich welche nahm wenn sie wirklich wegging.
    "Wann geht es nach Misenum, hatte ich eben schon einmal gefragt." Wieder einmal schwand ihr Respekt vor ihm, aber das kam bekanntlich bei ihr ja öfters vor, auch wenn sie ihm heute schon einmal mehr Respekt gezollt hatte. Ihre Arme blieben vor ihrer Brust verschränkt und sie dachte nicht daran ihn anzusehen, denn der Blickwechsel von eben war schon lang genug gewesen. Sie hatte es eigentlich nicht eilig von hier weg zu kommen, also mit ihm zusammen hier weg zu kommen, denn sie wusste ja, dass sie dann bei den dämlichen Weintrauben auch arbeiten musste und das sah sie nicht ein.

  • Vor seinem inneren Auge tat sich das geistige Bild auf, wie er sie mit Weintrauben stopfen würde. Vollstopfen, wie man einem Spanferkel den Apfel in die Schnauze presst. Das würde gut tun. Ohja. Doch er beschloss, ruhig zu bleiben - die Ruhe zu wahren - und es ihr mit gleicher Münze heimzuzahlen.


    "So ist es, wenn man etwas besitzt, Cine. Aber das kannst du ja nicht wissen."


    Das tat gut. Wieder machte sich das Lächeln auf dem Gesicht des Artoriers breit.


    "Entweder morgen oder übermorgen werden wir abreisen. Verhältst du dich ruhig, darfst du auf dem Karren mitfahren. Wenn nicht, wirst du angebunden nebenher mitlaufen. Es sind ja nur 150 Meilen oder so."

  • Wenn er nur wüsste welche Bilder sie alle vor ihren inneren Auge hatte, da würde er sie lieber gleich in den dunkelsten Keller von allen stecken und nie wieder ans Tageslicht befördern, das war sicher wie in der heutigen Zeit das Amen in der Kirche. Seine Aussage saß, aber Cicinne versuchte es sich nicht anmerken zu lassen und schlug auf der Stelle ein anderes Thema ein.
    "Ich denke nicht, dass es gut ist wenn du mich Cine nennst, denn das dürfen nur meine Freunde und du bist das ganz bestimmt nicht", schnaupte sie ihm entgegen nd presste ihre Lippen zusammen. Er hatte in ihren Augen kein Respekt verdient, denn er hatte sie von zu Hause weggeholt und schleifte sie nun auch noch aus Rom weg.
    "Wer weiß, vielleicht bin ich bis dahin auch gar nicht mehr da. Ich hab eine Frage an dich." Cine sah ihn direkt an. "Was hast du davon, dass du mich von Curio gekauft hast? Was bringt es dir? Labst du dich daran und erfreust dich dann wenn du bei deiner Frau im Bett liegst?"

  • Cicinne war nicht lange in der Sklavenunterkunft geblieben, dazu war sie viel zu neugierig gewesen. Sie wollte wissen wie diese Casa hier aussah und deswegen war sie leise rausgegangen und irrte durch die Gänge und schaute mal hier und mal da in die Zimmer hinein. Die meisten waren nicht interessant, wenn auch das Bad sehr einladend aussah, aber bestimmt würde man ihr nicht gestatten dort zu baden.
    Das nächste Zimmer wo sie die Tür öffnete sah da schon vielversprechender aus und sie betrat es, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass sie alleine war. Leise schloss sie die Tür und drehte sich dann um. Ein sehr großes und geräumiges Zimmer war das und man konnte es nicht mit dem von Curio vergleichen, rein und gar nicht. Langsam schlich sie durch den Raum und sah sich das Bett an, dann den Tisch und Truhen und was sie noch vorfinden konnte. Eine kleine Kiste auf einem Sims lockte sie und so schlenderte sie ganz gemütlich dort hin. Nachdem sie einen Blick über die Schulter geworfen hatte öffnete sie das kleine Kistchen und war überrascht was sie da alles fand. Kostbarer Schmuck, wie ihn nur reiche und verwöhnte Römerinnen trugen. Ihre zierlichen Finger durchwühlten die Kostbarkeiten und suchten sich einige Stücke davon aus um sie schnell zwischen ihrer Tunika verschwinden zu lassen. Da sie vor hatte hier irgenwann noch zu verschwinden brauchte sie ja schließlich auch etwas womit sie über die Runden kommen konnte.


    Achtlos stellte sie das Kistchen wieder zurück,nachdem sie sich bereichert hatte und wendete sich dann den Kleidungsstücken zu. Wundervolle Tuniken und Kleider wie auch Stolen waren zu finden. Sie hatte die Frau des Hauses noch nicht kennenlernen können, aber sie musste sehr viel Wert auf ihr Äusseres legen bei all den Sachen die sie da fand. Ihre Finger strichen über die verschiedesten Stoffe und am liebsten hätte sie sich welche rausgenommen, aber das zu verstecken war fast unmöglich.


    Und Cicinne wühlte weiter neben dem Bett und schmiß ausversehen vom Tisch etwas runter was zerbrach. Da es in vielen Scherben auf dem Boden lag konnte man schlecht erkennen was es gewesen war, aber sie machte sich schnell daran die Scherben zu beseitigen, aber wusste nicht wohin, also schob sie alles unter das Bette, oder versuchte es zumindest.

  • Es hatte Niemand gehört, denn keiner war gekommen und so atmete sie wieder erleichtert aus. Sie hatte sich einiges an Schmuck zusammengesucht und damit würde sie bestimmt eine längere Zeit mit leben können. Ihre Gedanken waren bei Curio, dem sie das alles ja zu verdanken hattem nein wohl eher ihrem Dickkopf und weil sie sich nicht benehmen konnte, aber nun war es dafür zu spät. Hier wollte sie nicht bleiben und zu ihm zurück konnte sie auch nicht. Cicinne stand auf und schaute noch etwas weiter und hatte Glück, dass sie noch ein paar Sesterzen fand die sie natürlich auch einsteckte, wäre ja dumm gewesen wenn sie es nicht getan hätte. Sie hatte sich entschieden und würde das auch alles durchziehen.
    Nachdem sie das ganze Zimmer grünbdlich durchsucht hatte, wartete sie in den Sklavenunterkünften bis es dunkel geworden war um sich dann so leise wie es eben ging wegzuschleichen. Sie dachte dabei immer an den Wachhund von dem Corvinus gesprochen hatte, aber die Götter schienen ihr hold zu sein, denn sie wurde von ihm nicht gefunden und vielleicht hatte er es auch nur gesagt um sie davon abzuhalten flüchten zu wollen, aber er kannte sie einfach nicht gut genug. Und so gelang Cicinne die Flucht. ... ... ... ... ...

  • Die Morgensonne fiel in das Gemach hinein und beleuchtete die Fresken an den Wänden, die bezogenen Sitzkissen einer dunklen Kline, den Frisiertisch und den großen silbernen Spiegel, der die typischen Dellen des edlen Metalls aufwies und doch für eine Frau unabwendbar war, legte sie wert darauf ihr Äußeres begutachten zu können. Die einzelnen Strahlen, die sich durch die sanft bewegenden Vorhänge hindurchschlängelten brachen sich auf dem silbernen Spiegel und fielen in vielen kleinen Reflexionen auf das Gemach von Medeia. Die Tür ging auf! Das Bett war die letzte Nacht unberührt gewesen. Medeia verbrachte die letzte Zeit öfters im Magna Mater Tempel als in ihrem eigenen Bett. Barfuss wie immer schritt sie in ihr Zimmer hinein. Die einfache Tunika, die sie stets im Tempel trug, glitt von ihrem Körper herunter und landete gleich neben der Tür. Fröhlich, aber schrecklich falsch in den Noten, sang Medeia ein leises Lied. Ihre Haarnadel wurde herausgezogen und ihre Locken fielen über ihren nackten Rücken als sie sich zu ihrer Truhe umwandte und sie aufklappte. Sie betrachtete einige der Kleider darin und holte eine grünes Peplos, ein griechisches Gewand, aus feinem, fast durchsichtigen Stoff hervor. Ein nachdenkliches Lächeln huschte über ihr Gesicht.


    Kopfschüttelnd wandte sie sich um und warf das Gewand auf das Bett. Als sie sich gerade umwenden wollte, gab sie einen erschrockenen Laut von sich. Sie verharrte und holte tief Luft. Auf einem Fuß hüpfend kam sie zu der Kline und setzte sich darauf. „Au...!“ murmelte sie und besah sich ihre Fußsohle. Ein Scherbe hatte die Haut aufgeritzt und Blut tropfte aus dem Riss hervor und auf den Mosaikboden ihres Cubiculum. Medeias Blick fiel auf die Stelle, wo sie eben noch gestanden hatte. Das Corpus Delicti, eine kleine Tonscherbe, lag dort. Für einen Moment huschte Jähzorn über Medeias Gesicht. „Olympia...!“ flüsterte sie leise. „Du tollpatschiges kleines Nichtsnutz!“ Sie sah auf ihre blutende Stelle. „Olympia!“ Der Ruf hallte durch die Tür und die Gänge der Casa Artoria. In der Küche zerbrach etwas und schnell näherten sich Schritte.

  • Die Tür öffnete sich und Olympia betrat den Raum. Sie sah zu der nicht gerade freundlich schauenden Medeia, die immer noch auf der Kline saß und sich ein Stück Stoff gegen die Verletzung an der Fußsohle gepresst hatte. Olympia blinzelte. „Domina?“ Ungnädig musterte Medeia Olympia. „Was ist das?“ Anklagend hob Medeia eine Scherbe in die Höhe. Olympia schwieg verwirrt. „Eine Scherbe, Domina?“ sagte sie schließlich zögerlich. Medeias linke Augenbraue wanderte nach oben. „Willst Du mir was gestehen? Was ist dieses Mal herunter gefallen, Olympia?“ Erschrocken sah Olympia auf die Scherbe und ihre Gedanken schienen zu rasen. Schließlich schüttelte sie den Kopf. „Ich weiß es nicht, Domina. Eigentlich ist ...mir nichts hier...in...den letzten Tagen herunter gefallen. Aber ich weiß es nicht mehr...tut mir leid!“ Angst stand in ihren Augen. Medeia stand auf und legte das blutige Stück Stoff zur Seite. Olympia wich einen Schritt zurück als Medeia auf sie zutrat. Kalt sah Medeia die junge Sklavin vor sich an. Diese senkte verlegen den Blick und sah auf den Boden.


    „Nun, es geschieht ja nicht aus Bösartigkeit. Trotzdem bist Du ein tölpelhaftes Mädchen. Du kannst froh sein, dass ich nicht die Peitsche hervor hole. Also, bemüh Dich in Zukunft mehr.“ Olympia schloss die Augen und nickte langsam. Medeia wandte sich um. „Ich werde gleich wieder in den Magna Mater Tempel zurückkehren. Packe alles, damit wir morgen oder übermorgen nach Mantua aufbrechen können. Und überlass Pumilus die Planung. Hektor und Herkules kommen mit! Du kannst gehen.“ Schnell verschwand Olympia wieder, flüchtete aus dem Zimmer ihrer Herrin. Seufzend wandte sich Medeia um und griff nach ihrer Palla. Die feinen Schühchen wieder angezogen, trat sie auf die Tür zu und verließ wieder ihr Cubiculum. Ein anstrengender Tag erwartete sie wieder im Magna Mater Tempel.

  • Eine Amsel zwitscherte fröhlich vor dem Fenster des Cubiculum. Die Vorhänge bewegten sich träge im Wind, der durch die Ritzen der Fensterläden hereindrang. Die Tür wurde geöffnet. Wankend betrat Medeia ihr Cubiculum. Für einen Moment wurde ihr ganz schwarz. Mit einem schmerzhaften Keuchen kam von ihr. Die Tage des Fastens und des Betens hatten sie zu den Wunden an ihren Unterarmen geschwächt. Olympia? Ob ich sie rufen soll? Gerade wollte schon Medeia den Namen formulieren als sie eine kräftige Hand spürte, die nach ihrem Arm griff. „Domina! Alles in Ordnung? Komm, setz Dich!“ Im nächsten Augenblick saß Medeia schon auf ihrem Bett. Pumilus stand neben ihr und sah sie besorgt an. Schweigend und mit verschränkten Armen wartete er bis Medeias Kräfte wieder etwas mehr zurückkehrten. Medeia blinzelte und sah auf die Kisten, die in ihrem Zimmer bereit standen für die Reise nach Mantua.


    „Oh, ist alles bereit?“ fragte sie leise. „Bring mir etwas Wasser, Pumilus!“ Pumilus sah sie einen Moment grummelig an und holte dann einen Becher mit Wasser, den er Medeia reichte. Schluck für Schluck trank Medeia den Becher aus und leckte sich dann über ihre aufgesprungenen Lippen. „Domina, es ist etwas Merkwürdiges in deinem Cubiculum geschehen. Also, Olympia trifft keine Schuld an dem Bruch der Vase oder was es auch war. Du solltest sie nicht auspeitschen. Bitte!“ Pumilus sah Medeia mit einer Mischung aus Entrüstung und Flehen an. Er wusste doch, dass Medeia seinem Hundeblick selten wiederstehen konnte. „Weißt Du, Domina, Olympia glaubt, dass etwas von Deinem Schmuck fehlt. Oder auch einige Deiner koischen Gewänder. Und außerdem...außerdem ist die Sklavin von dem Dominus Artorius Corvinus seit zwei Tagen verschwunden.“ Pumilus wippte mit seinen Fußballen auf und ab. Erstaunt hob Medeia ihren Blick von dem Becher. Meine Kleider? Sklavin von Decimus? Mein Schmuck?


    Schweigend sah Medeia Pumilus an. Wenn dieser jetzt ein Donnerwetter oder böse Worte erwartet hatte, so täuschte er sich. Medeia sah ihn einfach nur müde an. Nach den vielen Tagen im Tempel hatte sie keine Kraft mehr für eine entflohene Sklavin. „Wenn das so ist, dann werde ich natürlich nicht Olympia auspeitschen. Keine Sorge! Außerdem wende ich das nur als allerletztes Mittel an.“ Pumilus sah sie etwas skeptisch an. Medeia klopfte auf den Platz neben sich. „Setz Dich, mein Gladiator!“ Gehorsam setzte sich Pumilus neben Medeia und sah sie aufmerksam an. Dabei fiel sein Blick auch das erste Mal auf die Verbände. „Bist Du angegriffen worden, Domina? Das ist ja unglaublich...das musst Du dem netten Centurio erzählen, der bringt all die Angreifer um...oder ich...ich kann es auch machen!“ Treuäugig sah er zu Medeia hoch, seine Beine baumelten über den Boden, was recht drollig wieder aussah. Sie lächelte leicht, tätschelte ihm die graumelierten Haare, wie bei einem kleinen Schoßhund. „Nein, ist schon gut. Hol bitte etwas Papyrus und Tinte. Ich muss einen Brief an meinen Neffen schreiben wegen seiner Sklavin. Außerdem bereite alle darauf vor, dass wir übermorgen aufbrechen. Also nach dem Bona Dea Fest.“ Pumilus nickte und hüpfte gleich wieder vom Bett herunter und machte sich an die Arbeit. Als er etwas später mit den Sachen zurückkam, fand er jedoch eine schlafende Medeia auf dem Bett vor. Sie hatte sich nur ein wenig zurück gelehnt und war gleich entschlummert. Dabei hatte sie ihre Arme um sich herum geschlungen und schien leicht zu frieren. Er musterte sie eine Weile ehe er eine Decke nahm und sie über seine Herrin legte.

  • Imperiosus stand heute sehr früh auf, denn er wollte sich auf den weiten weg nach Mantua machen. Seine Sachen waren bereits gepackt. Sicherlich war es ihm etwas mumlig gewesen, denn schließlich kam er erst vor kurzem hier in Rom an, doch sein Weg war schon etwas länger geplant und nun musste er ihn nur noch gehen.


    Imperiosus ging zur Türe, als er gerade rausgehen wollte, schaute er sich noch ein letztesmal um. Erinnerungen kamen in ihm hoch. Als Marcella sich hinter ihm stellte und er ihre anwesenheit spürte, wurde er aus der Erinnerung gerissen und lächelte sie an. " Lass uns gehen... "


    Nun gingen sie zum Atrium und verliesen die Casa... ein wenig blutete ihm sein Herz, doch er wusste, dass sein Weg der richtige war und die Götter ihn schon beschützen würden.

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