Achtlos stellte Medeia eine Schale mit schwarzen Oliven zurück auf den bemalten Mosaiktisch des Viridarium. Ihre Augen ruhten an dem Blumenmuster, das durch die vielen kleinen bunten Steine auf der Platte gebildet wurde. Das Öllicht neben ihr flackerte leicht im aufkommenden Wind. Gabriels Worte hingen nach, schienen über der kleinen trauten Cena zu schweben. Medeia schwieg. Der Wind löschte eine der Öllampen und taucht sie in den Schatten einer Säule. Leise seufzend erhob sich Medeia, sie wollte nicht Olympia herrufen wegen einer verloschenen Öllampe. Außerdem gab es ihr den Moment, um über Gabriels Worte nachzudenken. Sie trat neben Gabriels Kline und streckte sich, nahm das verloschene Lichtgefäß hinunter und drehte den warmen Ton in ihren Händen, sie spürte wie sich das Öl träge im Gefäß mitbewegte. Ihre Augen ruhten auf den schattengezeichneten Garten, blieben an dem schon längst nicht mehr blühenden Blauregen, an dem kleinen Oleanderstrauch daneben und dem großen Lorbeerbusch hängen.
In diesem kurzem Moment, als sie den Garten betrachtete, verschwand ihr leichtes Lächeln. Im Schatten und verborgen von dem Schleier der Nacht schwand für einen Bruchteil der Sekunde ihre stets gut gehütete Fassade. Enttäuschung und Bitterkeit zeigte sich bei ihr. Denn Medeia hatte im Laufe des Abends, schon in früh noch im Garten gemerkt, dass Gabriel wie die meisten Männer war. Quintus hatte wieder mal recht gehabt und wahrscheinlich würde es bei Plautius auch der Fall sein. Sie war nicht naiv? Scheinbar hatte sie jedoch einfältig in der Taberna vor langer Zeit gehandelt, als sie ihn impulsiv mit zu sich genommen hatte. Sie schloss die Augen und ihre übliche Selbstbeherrschung verhinderte ein trauriges Seufzen. Stattdessen drehte sie sich um, war wieder ganz die Gastgeberin und die freundlich lächelnde Medeia. Sie trat an eine andere Öllampe heran und entzündete die Verloschene. Eine kleine Flamme züngelte aus der Öffnung und sie stellte die Öllampe zurück. „Angst? Aber Gabriel, darum geht es doch nicht!“ Sie lächelte und glitt wieder geschmeidig auf die Kline zurück, wobei sie sich eine Locke aus dem Gesicht strich.
„ Dennoch bin ich beruhigt und ich danke Dir!“ Sie griff mit einem Lächeln wieder nach dem Becher. Natürlich war sie nicht beruhigt, im Gegenteil. Sie hatte immer noch den vagen Verdacht, dass Gabriel mit jemanden über sie gesprochen hatte. Dass der Magistrat, wer auch immer das war, aus diesem Grunde Gabriel angegriffen hatte. Doch es war nur ein Verdacht, Gabriel schwieg sich immer noch hartnäckig darüber aus, was damals passiert war. Doch die Worte von ihrem ehemaligen Kollegen, aber auch von Helena waren Medeia gut in Erinnerung geblieben. Trotzdem zeigte Medeia weder ihre Sorge, noch ihre wahre Angst- entblößt und entehrt in der Öffentlichkeit zu sein, von der Gesellschaft gemieden und geschnitten zu werden. Immer noch hielt sie den Becher und nippte nur der Tarnung halber daran, trank kaum jedoch von dem Rebensaft. „Allerdings Du hast mich neugierig gemacht, Gabriel. Verzeih, wenn ich Dir nochmalig die Frage dazu stelle. Wenn es Dir unangenehm ist, möchte ich natürlich nicht weiter in Dich dringen diesbezüglich. Aber wie kam es, dass Du zu einem Meisterdieb wurdest?“ Medeia schmunzelte und griff nach der Weinkaraffe und goss Gabriel nach. „Dass ein Mann ein Dieb wird, ist mir nicht neu, aber ein Meisterdieb?“ Sie stellte die Karaffe zurück und lehnte sich wieder an die Klinenpolsterung. Aufmerksam betrachtete sie Gabriel.