Eines der Nebengebäude | Die Räumlichkeiten des Doros von Pelusium

  • In der Tat, Doros, ich habe die letzte Zeit in Athen an der platonischen Akademie den schwerkranken Historiographen Xenophon von Anabasis vertreten und habe noch den Lehrstuhl inne, obwohl ich hierher gesandt wurde. Ich habe ein Zimmer hier im Gästetrakt bekommen, wenn Du Zeit hast, können wir uns gerne einmal in Ruhe zusammensetzen. Warst Du nicht auch schon in Athen?


    Leicht irritiert beobachtete Diagoras den jungen Mann, wie er ein immer länger werdendes Eulogion - oder was auch immer - verfaßte. Und was für ein Interesse sollte er am toten Tychios haben? Irgendwie hatte er dem Knaben garnicht genau zugehört, was wollte er jetzt - und schon wieder - beim Präfekten?


    Junger Mann, das ist ganz reizend von Dir, daß Du mich mit einem Empfehlungsschreiben für den Präfekten ausstatten nöchtest, aber einerseits habe ich ein eigenes Diplom meiner Auftraggeber aus Athen und Ephesos dabei (wonach der Präfekt aber überhaupt nicht gefragt hatte), andererseits war ich erst vor kurzem beim Präfekten.


    Diagoras lächelte und sprach wieder mehr zu Doros als zu dem Jungen :


    Ich glaube nicht, daß sich Germanicus Corvus für meine Magenbeschwerden interessiert, die ich Doros bitte, mit ein paar Kräutern zu kurieren. Etwas neues habe ich dem Präfekten nämlich seit unserer letzten Unterredung nicht zu berichten.


    Er wandte sich ganz an Doros:


    Aber vielleicht magst Du ja dem Präfekten an Deinen Erkenntnissen teilhaben lassen? Wenn Du weißt, wie er gestorben ist, dann ist das durchaus wichtig genug, um nochmals hinüber zu gehen.


    Ein wenig schalkhaft setzte er hinzu:


    Ich habe dem Präfekten gegenüber den Standpunkt vertreten, Tychios sei eines natürlichen Todes gestorben, jedenfalls habe ich gehört, sein Lebenswandel sei nicht sehr wissenschaftlich-asketisch gewesen, oder gibt es andere Befunde?

  • Cleonymus bewunderte den STrategos für seine Ruhe die er scheinbar bewarte und für die Tinte die er tatsächlich verschwenden wollte um diesem Wurm zu einer Scene zu verhelfen, aber er selbst war nicht so geduldig ...


    "Gut das reicht Diagoras! Ihr seid zu weit gegangen, ihm Namen der Obrigkeit der Stadt Alexandria, verweise ich euch hiermit dieses Ortes! Es obliegt dem momentanen Vorsteher des Museion ob er gewillt ist euch Morgen erneut hier am Museion aufzunehmen, bis zum morgigen Tag ist es euch jedoch untersagt euch hier aufzuhalten! Solltet ihr gegen diese Auflage verstoßen werde ich euch aus der Stadt werfen lassen, lasst euch gesagt sein, dass ich niemals diskutiere und auch nicht geduldig bin, wie der ehrenwerte Strategos! Solltet ihr euch dieser Maßnahme wiedersetzen werde ich Gewalt anwenden um Gesetz und Ordnung durchzusetzen!"


    Ein kühles Lächeln lag auf Cleonymus Lippen und im Gedanken hoffte er schon darauf das Diagoras so dumm sein würde sich zu wiedersetzen, während seine Hand bereits instinktiv auf dem Knauf seines Schwertes ruhte. Cleonymus machte einen Schritt zur Seite und gab so den Weg zur Ausgangstür frei, auf welche er mit seiner Linken deutete ...

  • Nikolaos gebot Cleonymus mit einer Handbewegung einhalt. "Es reicht mir, wenn Diagoras auf der Stelle diesen Raum verlässt, damit ich weiter ungestört mit Doros sprechen kann.", sagte Nikolaos äußerlich eisig und innerlich vor Wut kochend. Er steckte das Payprus ein und beschloss, mit Theodoros bald über diesen Gast des Museions zu sprechen. "Und auch den Praefekten möchte ich heute nicht mit dieser Sache belästigen." Er bedachte Diagoras mit einem vernichtenden Blick. Dann wandte er sich freundlich an Cleonymus. "Sei so gut und begleite Diagoras nach draußen. Er scheint sich von selbst nicht von diesem Ort lösen zu können."

  • Ich hatte eben gesagt, daß ich draußen warten würde, bis ich den Arzt Doros von Pelusion konsultieren kann. Im übrigen hattest Du selbst richtigerweise festgestellt, daß nicht Du, sondern einerseits der interimistische Epistates, Theodoros Alexandreus, andererseits Doros von Pelusion hier das Hausrecht besitzen. Oder?


    Diagoras fragte sich, in welchem Theater er gerade sei. Offenbar saß hinter einem Vorhang versteckt ein Publikum, das sich köngilich amüsierte und für das dieses Szenario inszeniert worden war.

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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Das Lachen verging Doros schnell, auch jeglicher Anflug von einem Lächeln. Bei Zeus, dachte er sich, noch ein paar falsche Worte und die gehen aufeinander los, wie die wilden Gladiatoren. Er sah auch, wie Cleonymos seine Hand an das Schwert legte, vernahm nur am Rande die Worte, die fragten, ob er nicht zum Eparchos wollte, um dort seine Erkenntnisse weiter zu vermitteln. „Guter Mann“, wandte sich Doros an Cleonymus. „...erst gestern wurde auf dem Gelände des Museions ein Mord begangen. Blut wurde vergossen...“ Das war etwas übertrieben, denn schließlich war der Epistates vergiftet worden, wie Doros noch vor kurzem bestätigt hatte. „..und die Musen wurden beleidigt. Vergiss nicht, das hier ist ein Tempel. Der Tempel der unsterblichen Musen. Frevel nicht an den Göttern, indem Du ein Schwert ziehst.“ Doros war ungewöhnlich ernst, denn er war zwar ein notorischer Trinker, ein Schürzenjäger und ein Faulenzer, Querkopf und eigenwilliger Forscher, dennoch respektierte er die Musen und die Traditionen durchaus. Hielt sie verinnerlicht wie viele andere im Tempel der Musen.


    Mit einem freundlichen Lächeln auf dem Gesicht wandte sich Doros an den athenischen Gelehrten. „Vielleicht würdest Du einen Moment in meinem Wohnraum warten? Das war der unordentlich Raum, den Du wohl durchqueren musstest, um hier her zu kommen.“ Doros wandte sich an seinen Sklaven. „Gehe doch mit ihm und öffne die Fensterläden. Biete dem werten Diagoras etwas zu trinken an, was er wünscht. Und auch sonst, was er möchte.“ Doros Lächeln wurde zu einem Grinsen. „Werter Diagoras, störe Dich nicht am Chaos dort. Die Umstände...sie waren reichlich ungünstig." Er deutete auf den Toten neben sich. "Ich bin in einigen Momenten dort. Wir waren schon fast fertig hier.“ Aus den Augenwinkeln bemerkte Doros, dass sein nubischer Sklave aus dem Raum heraus trat und durch den Gang in den großen Wohnbereich trat, wo Klinen standen, ein großer Korbsessel und sonst ziemliches Dämmerlicht herrschte. Die Fensterläden quietschten als der Sklave sie öffnete, was bis in den Raum mit dem toten Epistates zu hören war. Baraka zog einige alte Gewänder mit Weinflecken zur Seite, stellte die Weinkaraffe mit dem vergossenen Inhalt (was sich über ein weißes Gewand ergossen hatte) auf und begann das Notdürftigste aufzuräumen, während er darauf wartete, dass der Hellene zu ihm stieß, sollte er der Einladung nachkommen wollen.


    Doros derweil verschränkte die Arme hinter dem Rücken. „Heute morgen kam bereits ein Gelehrte, ein Philosoph namens Sosimos, er ist eine Koryphäe des Museions, und fragte darum, ob der Leichnam bald für die Bestattung frei gegeben würde. Kann ich das zulassen oder soll der Korpus noch länger hier verwahrt werden, werter Strategos? Oder besser in kühleren Gefilden, damit die Fäulnis langsamer seinen Körper zersetzt?“


  • Nikolaos brauchte eine Weile, bis er sich innerlich beruhigt hatte. Dieses Mal war es Doros gewesen, der verhindert hatte, dass Diagoras die nach Nikolaos Meinung verdiente Lektion erteilt bekam. Doch Nikolaos beschloss, das nicht auf sich sitzen zu lassen.
    Nun aber musste er seinen Geist wieder reinigen und sich seiner Pflicht widmen. Er betrachtete den Leichnahm ausgiebig und lange. "Es dürfte doch sicher Möglichkeiten geben, den Leichnahm vor dem Verfall zu bewahren und dennoch dabei alle Spuren an ihm zu erhalten?", fragte Nikolaos. "Natürlich soll der Epistates bald ein würdiges Begräbnis erhalten, doch ich zögere, da sein Leichnahm die bisher einzige Spur ist, die wir haben." Doch warum war Sosimos so begierig, den Epistates schnell unter die Erde zu bringen? Sosimos, wer war das überhaupt? Nikolaos beschloss, sich den Namen zu merken.
    "Nun denn, Doros, gibt es noch weitere Auffällligkeiten an diesem Körper?", fragte Nikolaos. "Jede Kleinigkeit könnte von Bedeutung sein. Bitte zeige mir alles, was zu sehen ist." Langsam kam Nikolaos wieder in Richtung Ausgeglichenheit. Aber noch immer schmerzte es ihn wie ein lästiger Dorn im Fleisch, dass er lächerlich gemacht wurde, oder sich gar lächerlich gemacht hatte. Ihm war das unterdrückte Lachen des Doros nicht entgangen. Im Geheimen wünschte er sich, sein etwas taktloser Untergebener hätte nicht gezögert sondern den weiteren Frevel einfach in Kauf genommen. Zwar hätte dies für Nikolaos einen Stadtwachenmann weniger sowie viele lästige Fragen bezüglich seiner Kompetenz als zuständiger Beamter für die Stadtwache bedeutet, doch es hätte seine gemeinen Gelüste gegenüber dem Gelehrten vollständig befriedigt. Die Frage, zu welchem Preis, hätte sich später schon geklärt. Jedoch war auch Nikolaos ein sehr religiöser Mensch und ein Frevel wäre auch der Frevel an einem Frevler gewesen.

  • Es kostete Cleonymus viel mentale Kraft sich zu beherschen, auch wenn er die Sache genauso sah wie Doros, schließlich gab es neben Gerechtigkeit noch Gottesfurcht in Cleonymus Gedankenwelt und er hatte stets die Regeln befolgt. Nur wäre es sicher nicht dazu gekommen das er diesen Niemand mit seinem Schwert niedergestreckt hätte diese personifizierte Respecktlosigkeit hatte allemal die Peitsche verdient ...


    "Erfreut euch an der Gnade des Strategos, Diagoras von Melos, doch lasst euch gesagt sein das ich von nun an ein Auge auf euch haben werde!"


    Cleonymus wartete bis der Mann sich aufmachte das Nebenzimmer aufzusuchen und flüsterte dem Strategos dann ins Ohr ...


    "Wir sollten die Beerdigung nicht weiter hinauszögern, Herr, das könnte einigen Unwillen bei den anderen Gelehrten des Museion hervorrufen außerdem gibt es noch andere Spuren denen es zu folgen gilt!"

  • Doros, erlaube mir, mich momentan in mein eigenes Zimmer zurückzuziehen, nicht daß ich Dein Chaos vermähe, vielmehr ziehe ich das meinige momentan vor. Ich schaue, ob vielleicht im Haus der Ärzte nicht doch etwas Anis aufzutreiben ist. Wir sehen uns - wenn nicht bei Philippi, so doch vielleicht bei mir.


    In was für eine Situation war er wieder geraten? Hätte er den jungen Mann, der ihm erst einen Geleitbrief für den Präfekten ausstellen wollte und dann doch wieder meinte, jetzt nicht, sondern später oder nie, kennen sollen? Er verband ihn nur mit den westafrikanischen Riesenkäfern, aber irgendwo, irgendwie ... er hoffte, doch noch darauf zu kommen. Daß ein Schüler am Museion sich so echauffierte, war eher ungewöhnlich. Aber gut. Und jetzt machte ihm auch noch der wütende Ägypter Avancen!


    Strategos? Der Junge? Naja, wenn der Alexandros mit 20 Lenzen König von Makedonien werden konnte, warum dann nicht auch ein bartloser Jüngling Strategos in Alexandria? In diesen Zeiten, die so überhaupt nicht heroisch waren?


    Ich bedauere, wenn ich Anlaß zur Störung war, sagte Diagoras, aber - hier blickte er den Soldaten fest aber treuherzig in die Augen - mach' Du Dir keine Hoffnungen, ich bin schon über das Alter lang' hinaus. Tut mir leid.


    Fehlte ihm noch, daß ihm ein Mann in seinem eigenen Alter einen Hahn schenkte oder erwartete, einen zu bekommen! Der bekam eher einen Korb.


    Mit einer leichten Verbeugung und einer wehend-winkenden Geste mit dem Arm drehte er sich um und ging von hinnen nach dannen.

  • Cleonymus nickte nur auf die Bemerkung des Griechen, nach Doros Kommentar bezüglich der Götter war jede Streitlust in ihm verflogen im Moment war er nur froh das er heute nichts dummes angestellt hatte und das vorerst nur ein Gelerter in seiner nähe sein würde ... Doros ... zuviele von diesem Schlag schienen Cleonymus nicht zu bekommen auch wenn er für gewöhnlich nicht so schnell aufbrauste war es ihm hier nun schon öfter passiert und der Hass den er gegenüber diesem Gelehrten gerade noch empfunden hatte, hatte sich in Scham darüber verwandelt wie schnell er doch scheinbar die Kontrolle verlor ... dahingehend sollte er vileicht noch etwas trainieren ...

  • SimOff: Tschuldigung. Die Tage flogen irgendwie so dahin. :(


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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Bereits einen Moment später kehrte der dunkelhäutige Sklave von Doros zurück in dem Raum, wo der Leichnam des Epistates aufbewahrt wurde. Doros wandte sich zuerst zu dem griechischen Gast am Museion und neigte höflich den Kopf. Ein derartiger Mann, der Humor mit Intellekt paarte, war Doros stets sehr sympathisch. Ein juveniles Lächeln zeigte sich darum auf seinen Gesichtszügen und er erwiderte: „Aber natürlich, werter Diagoras. Es war mir auf jeden Fall eine große Freude, Dich kennen zu lernen. Zumindest wäre ich sehr um die Gelegenheit eines anregenden Diskurses erfreut.“ Nachdenklich sah Doros dem Gelehrten hinter her, das war doch mal eine erfrischende Person, wenn man ihn mit jemandem wie Sosimos oder anderen alten Knochen des Museions verglich. Sein Sklave flüsterte Doros leise etwas ins Ohr, Doros nickte und wandte sich dann jedoch gleich an die beiden Männer der Polis. Doros wog den Kopf skeptisch hin und her. „Sicherlich, man kann ihn mit einigen Mitteln länger verwahren, aber ob das so gut ist? Ich habe ihn mir wirklich gründlich angesehen und ich glaube kaum, dass Du noch sehr viel mehr heraus finden kannst. Zudem erbost es sicherlich einige der schwachsinnigen, klein geistigen Männer am Museion.“ Hatte er das gerade gesagt? Doros seufzte resigniert, manchmal war seine Zunge einfach schneller als sein Tatgefühl. „Sonst noch etwas auffälliges?“ Doros sah in Nikolaos Gesicht und runzelte sinnend die Stirn. Doch dann erhellte sich das Gesicht des jungen Mannes, der erst vor wenigen Jahren auch das Mannesalter erreicht hatte, sicherlich ein paar mehr als Nikolaos. „Aber natürlich! Das hätte ich beinahe vergessen. Ich Idiot. Ein alter Narr werde ich schon.“ Doros lachte heiter und ohne die Spur davon, dass er sich dabei genierte (selbst wenn es direkt neben dem Leichnam war). Schnell eilte er auf den Tisch zu und zog das Tuch etwas zur Seite. Er ergriff etwas, trat zu den beiden Männern zurück. Dort öffnete er die Hand. Ein Stück Tuch lag auf seiner Handfläche, die er Nikolaos, aber auch Cleonymus entgegen streckte. „DAS habe ich in seiner geballten Faust gefunden. Der Epistates hat sich daran fest gekrallt, als ob es um sein Leben ginge...ähm...tat es womöglich auch. Wer weiß?!“ Das Stück Tuch war eindeutig Seide, wenn man ihn befühlte. Blau in der Farbe (also ein teures Färbemittel) und mit silbernen, exotisch anmutenden Blumen bestickt. Kunstvoll und nicht von einem einfachen Schneider hergestellt.



  • Cleonymus nickte zaghaft, solchen Stoff konnte er sich bei bestem Willen nicht leisten und das nicht nur weil er verdammt teuer war, sondern auch weil diese Art Kleidung den Strapazen seines Alltags nicht einen Tag lang trotzen konnte. Also musste es sich bei dem Besitzer um jemand betuchteren handeln, jemand der nicht fürchten musste das seine Kleidung wärend des Tragens schaden nahm, bzw. der nur sellten dem Sand und der Sonne Alexandrias ausgesetzt war ... alein das musste die Verdächtigen geradezu ausrotten schließlich bechränkte sich die Stadt nur auf wenige reiche Leute, verglichen mit der breiten Masse.


    Das ganze gepart mit dem scheinbar nötigen Wissen über Pflanzen und das dazugehörige Gift, machten den oder die Täterin zu einem Angehörigen eines kleinen Personenkreises der vorrangig hier am Museion selbst zu finden sein dürfte ....

  • "Gut.", meinte der Strategos kühl, als befürchte er, durch einen allzu warmen Tonfall der Stimme die Leiche vorschnell verwesen zu lassen. "Dann soll der verehrte Epistates seine würdige Ruhe bald finden." Er betrachtete das Stück Stoff. Dann nahm er es in die Hand. "Zu der Kleidung des Epistates gehörte es offenbar nicht. Jedoch vermutete ich, dass dieser Fetzen aus einem Kleidungsstück stammt. Es scheint ein teures Kleidungsstück zu sein. Also haben der Epistates und der Besitzer dieses Kleides miteinander gekämpft." Nikolaos notierte in Gedanken: Doch warum sollte der Epistates gekämpft haben, wenn er vergiftet wurde? Wem hat er bloß am Rock festgehalten? Ich sollte nach diesem Stoff Ausschau halten.
    "Sage mir Doros, gab es unter den Gelehrten vor dem Tod des Epistates eine Art Symposion oder eine andere Zusammenkunft? Vielleicht auch nur im kleinem Kreis? Wer gehörte zu den Freunden des Epistates?"
    Nikolaos sah den Iatros durchdringend an. Er hatte das Gefühl, der junge Mann, der kaum älter als er selbst war, verheimlichte ihm etwas. "Kommt dir das Stück Tuch bekannt vor?", schob er noch hinterher.

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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Mit verschränkten Armen stand Doros neben dem Leichnam des Epistates und lauschte den Ausführungen von Nikolaos, musterte ab und an Cleonymus und sah zurück zum Epistates. Die Augenbraue von Doros zuckte mal hoch, wanderte wieder hinab, er hob seine Hand und rieb sich am Kinn, eine Angewohnheit, die er von seinem ersten Lehrmeister übernommen hatte und warf ab und an ein interessiertes: „Aha!“ ein. Doros erwiderte den Blick ohne mit der Wimper zu zucken und dachte einen Augenblick nach. „Hm...ja, Symposien gibt es immer wieder. Wer jedoch dazu den alten Kauz dort einladen wollte und würde, das ist mir nicht bekannt. Zumindest weiß ich nicht davon, da ich mich doch eher in anderen Kreisen des Museions bewege als die Speichellecker des Epistates...des toten Epistates...Tychios.“ Zwischen zwei Fingern drehte Doros an seinem Kinn herum, eine steile Falte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen. „Freunde? Hatte Tychios Freunde? Wenn, dann nur Männer, die in seinem Gunstkreis standen oder vielleicht Geschäftsfreunde. Aber damit überfragst Du mich deutlich. Ich kann Dir mehr alle Feinde aufzählen. Mich könnte man gewiss auch dazu zählen...“ Doros ließ seine Hand sinken und grinste andeutungsweise. „...wenn es mich tangieren würde, was der Epistates treibt oder ich auf das Geld vom Museion angewiesen wäre. Was den Göttern sei Dank nicht so ist.“ Irritiert sah Doros hinab auf das kleine Stück Stoff. „Hm...Seide...blaue Seide...womöglich vom Fremdenmarkt...keine Ahnung...“ Ratslos sah Doros in das Gesicht von Nikolaos als sich sein Sklave, Baraka, zu Wort meldete. „Herr, verzeih. Darf ich?“ Doros sah zu dem dunkelhäutigen Sklaven und nickte knapp. Der Sklave wandte sich gleich an Nikolaos und Cleonymus. „Der Stoff kann nur von einem Schneider stammen, Lysander, der dicke Lysander bei der Agora. Die Stickereien sind einzigartig, bekannt für seine Schneiderei.“ Doros hob die Augenbrauen. „Ist das so?“ Der Sklave nickte eifrig. „Jawohl, ich habe für Dich, Herr, dort letzten Sommer zwei rote Seidenchitons erworben. Wenn Du Dich noch daran entsinnst?“ Doros dachte nach, konnte sich nicht erinnern und zuckte mit der Schulter. Fragend sah er zu Nikolaos.



  • Nikolaos nahm die Neuigkeiten mit wachsender Spannung auf.
    "Erlaubst du, dass ich das Stück Tuch an mich nehme?", fragte er Doros. Er ließ diese Frage wirklich wie eine Frage klingen, auch wenn eher die Absicht einer Anordnung dahinter stand. Leider hatte Nikolaos gegenüber Gelehrten des Museions wenig Befugnisse. Allerdings hatte ihm der Eparchos so etwas wie eine Vollmacht ausgestellt.
    Der Schneider wird sich hoffentlich an den Kunden erinnern, dem er ein solches Gewand geschneidert hat, sofern ihm niemand verrät, was der Grund für die Frage ist, dachte Nikolaos. Aus diesem Grund gab er Cleonymus in Doros Beisein nicht die Anweisung, mit dem Stück Stoff zu Lysander zu gehen.

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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Womöglich erstaunte den jungen Arzt die Frage, doch er ließ sich nicht sonderlich davon etwas anmerken. Nur einem prüfenden Blick schenkte er dem Strategos, ob dieser sich womöglich über ihn lustig machte, doch Doros konnte keine Anhaltspunkte dafür finden, so tat er es als reine Höflichkeit ab. Was den Iatros natürlich auch ein wenig erfreute, scheinbar hatte doch seine Hilfs- und Auskunftsbereitschaft etwas gebracht. „Natürlich. Das sind doch allesamt eure...wie würde man es wohl nennen? ...Beweismittel?“ Doros lächelte, da ihm das Ganze hier doch ziemlichen Spaß machte, es gab ihm Einblick in einer völlig andere Welt und selbst wenn Doros schon viele Tote gesehen hatte, Ermittlungen hatte der Iatros noch nie angestellt. „Kann ich Dir sonst noch behilflich sein, Strategos?“ Ein unternehmungslustiger Funke glomm in den Augen des jungen Mannes, der zu gerne kleines Mäuschen gespielt hätte oder gar als Hilfsarbeiter einspringen würde, bei den weiteren Nachforschungen (zu lange sie nicht zu anstrengend wurden und mit seiner Verabredung am heutigen Abend kollidierte!).



  • Nikolaos nahm den Fetzen entgegen und verstaute ihn sorgfältig in einer Ledertasche, die er unter seiner Chlamys trug. "Ich danke dir, Doros.", meinte er höflich. "Du warst mir bereits überaus behilflich. Momentan gibt es nichts, worum ich dich bitten würde, doch sicher werde ich bald auf dein freundliches Angebot zurückkommen." Nikolaos überlegte. "Eins fällt mir noch ein. Wäre es möglich, dem Leib des Totens den Inhalt seines Magens zu entnehmen, ohne ihn so zu beschädigen, dass es ein Frevel wäre?"

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    ~~ Doros von Pelusium ~~



    Mit einem Nicken deutete der Iatros, dass er jederzeit (sofern er im Museion war, nicht betrunken und arbeitsfähig) dem Strategos behilflich sein würde, zumindest sprach sein Ausdruck des Gesichtes in dem Moment davon. Bei der letzten Frage, die so plötzlich und unvermittelt kam, blinzelte Doros einige Male, zudem wirkte er ertappt (wie ein Lausbub, der bei einem Streich erwischt wurde von seiner Mutter). Doros Mund öffnete sich, er warf einen schnellen Blick zu dem Leichnam und meinte schließlich: „Aber...“, er räusperte sich kräftig. „Aber natürlich. Ich werde das schon auf eine Weise tun, die...ähm...nicht frevelhaft ist, wobei das natürlich von Familie zu Familie anders gesehen wird.“ Doros rechter Mundwinkel hob sich einen Augenblick lang, er faltete die Hände hinter seinem Rücken und schluckte, wobei sein Adamsapfel munter auf und ab sprang.



  • Nikolaos hatte schon davon gehört, dass das Aufschneiden von Leichnahmen in Alexandria als wenig schlimm empfungen wurde, was wohl an der alten Sitte der ägyptischen Bevölkerung lag, den Toten die Eingeweide zu entnehmen und sie in seltsame Krüge mit den Köpfen der Götter zu legen. Jedoch war er selbst in dieser Hinsicht nicht ganz frei von Skrupeln. Ganz davon abgesehen, dass er den Missmut der Musen und des Apollons fürchtete, in deren Heiligtum diese frevelähnliche Tat vonstatten gehen würde, glaubte er nicht, dass es gut wäre, wenn man die Leiche der Witwe des Tychios mit einem Loch im Bauch präsentieren würde. Außerdem würden sicher viele nichtmedizinische Gelehrte des Museions laut Frevel! und Schande! rufen.
    "Wäre es möglich, den Inhalt des Magens aus einem Loch zu entnehmen, dass die Größe der Spitze eines Daumens hätte?", fragte Nikolaos vorsichtig. "Und dieses Loch so zu vernähen, dass es niemandem auffällt, der nicht davon weiß?"

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    ~~ Doros von Pelusium ~~



    War es nur eine Täuschung oder brach der junge Arzt in Nervosität aus? Der Iatros, der sonst immer ein lockeres Sprüchlein auf den Lippen trug und stets ein gar schon unverschämtes Grinsen, selbst in Angesicht des Todes des Epistates? Doch nun war das Lächeln gänzlich verschwunden, man sah ihm an, dass er am Liebsten mit den Händen ringen wollte, aber es dann mit aller Willenkraft unterdrückte. Er warf seinem Sklaven einen schnellen Blick zu, der den erwiderte, aber im Gegensatz zu seinem Herrn eindeutig ruhig blieb. „Ein Loch? Ähm...öh...“ Doros verstummte einen Augenblick, runzelte die Stirn und dachte nach. Er sah zu dem Leichnam, dann zu Nikolaos und nickte schließlich schnell. „Aber natürlich. Ich kümmere mich darum...wo soll ich den...ähm...Inhalt...hinschicken?“, sprach er, immer wieder pausierend und etwas zögerlich. Doros trat einen Schritt zurück und stützte sich am Tisch ab, als ob er gleich das Gleichgewicht verlieren würde oder irgendwo einen Halt brauchte, womöglich musste er auch seine Hände beschäftigen, denn er rutschte an der Kante ab, wäre beinahe gestolpert und richtete sich schnell auf, dabei die Arme vor der Brust kreuzend.



  • Nikolaos war die plötzliche Unruhe des Arztes nicht entgangen. Er beschloss, Doros weiter auf die Probe zu stellen. Denn er traute dem jungen Mann nicht. Anfangs hatte er diese Einstellung Doros gegenüber für Neid gehalten. Doch nun musste er sich selbst eingestehen, er hätte wohl gute Gründe für dieses Misstrauen. Doros war wirklich seltsam geworden. Was hatte ihn so erschrocken? Die Tat, die eines Frevels ähnlich sein würde? Nun, mit besonderem Respekt vor den Musen oder vor Thanatos, in dessen Armen der Epistates nun ruhen mochte, schien Doros nicht gesegnet zu sein. Was war es? Machte ihm der Verweis auf den Inhalt des Magens des Epistates Angst? Doch weshalb? Nikolaos ging scheinbar gar nicht auf das seltsame Verhalten des Iatros ein. Gelassen antwortete er:
    "Es ist nicht nötig, dass du den Inhalt an irgendeinen Ort schicken lässt. Öffne den Leib sogleich, oder warte. Wir sollten zuvor dem Apollon ein Opfer darbringen." Er sah Doros plötzlich sehr durchdringend an.

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