Eines der Nebengebäude | Die Räumlichkeiten des Doros von Pelusium

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    ~~ Doros von Pelusium ~~



    Das Grinsen auf Doros Gesicht verschwand ganz schnell als er sah, wie der junge Mann immer mehr an Farbe im Gesicht verlor und kreideweiß wurde. Auch der Sklave schien aufmerksam genug zu sein, doch leider zu langsam. Schon fiel Nikolaos um ehe der Sklave ihn auffangen konnte. „Bei Apollon!“, fluchte Doros. Dass der Strategos dann doch so zartbeseitet war, hatte der Iatros nicht geahnt. Eilig trat er um den Tisch herum und beugte sich über den Jüngling. Eine Hand hielt er in leichtem Abstand vor dessen Mund. Er atmete noch. Doros sah zu seinem Sklaven. „Trage ihn hier heraus, lege ihn am Besten auf eine der Klinen. Ich komme sofort!“ Der Sklave tat das auch umgehend. Wie eine Feder schien Nikolaos auf den Armen von dem kräftigen Sklaven zu wirken. Dieser ging mit großen Schritten aus dem Raum, der von Todesmiasmen durchzogen war. Der Raum, der Doros als Wohnraum diente, war nun deutlich ordentlicher, nachdem der Sklave dort die Reste der vorigen, nächtlichen Orgie beseitigt hatte. Vorsichtig legte der Sklave den Strategos auf einer der weichen Klinen. Auch Doros kam hinzu und hielt eine Phiole in der Hand. Damit bewaffnet kniete er sich neben Nikolaos und hielt das scharf riechende Öl direkt unter Nikolaos' Nase.


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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Von dem voll getunkten Brot, das sich nun rosa gefärbt hatte, tropfte es beständig auf den hölzernen Tisch, denn Doros hatte das Brot noch nicht zu seinem Mund geführt, lauschte er doch aufmerksam seinem Gast. Schief grinsend zuckte Doros mit der Schulter, doch wo Diagoras Recht hatte, da hatte er nun mal Recht. Manchmal ging sogar Doros das Treiben hier im Museion gehörig auf den Geist, besonders bei all den Moralaposteln, die es doch so zahlreich am Museion gab, dabei waren jene, die am lautesten sich über die Verkommenheit der Jugend (schon Sokrates bemäkelte das Benehmen der jungen Leute) und die Dekadenz der Gesellschaft beklagten, genau solche Schimpfer waren am Ende die, die sich heimlich in Freudenhäusern herum trieben und sich mit der Feder den Gaumen kitzelten. Und genau weil Doros sie alle nicht leiden konnte, darum lebte Doros am Museion. Paradox, aber Doros machte sich ein Spaß daraus, sie zu ärgern und vorzuführen. „Ich will mich gar nicht beklagen!“, gab Doros grinsend als Antwort. „Ich habe es mir schließlich selber ausgesucht!“ Ehe das Brot sich in kleine, schwammige Brocken auflöste, stopfte es sich Doros doch noch in den Mund, kaute und nickte. Erst als er herunter geschluckt hatte, fügte Doros an: „In der Tat, so kopflos wie eine Schlange, die einem Soldaten begegnet ist. Aber bis jetzt ist noch nicht die völlige Anarchie ausgebrochen....leider!“, meinte Doros bedauernd. Er würde es sicherlich nicht nur erheiternd, sondern sehr interessant finden, aber selbst wenn sie ohne 'Herrscher' waren und es an manchen Enden und Ecken nicht reibungslos funktionierte, so konnte das Museion auch eine Zeit lang ohne einen Obermuftie auskommen.


    Doros verzog gequält das Gesicht, denn gerade Sosimos war es, der ihm so viel Ärger bereitete und dem Doros wohl ein Dorn im Auge war. „Ja, der alte Kerl will nicht von der Bühne treten. Selbst zahlreiche Krankheiten haben ihn nicht dahin raffen können. Undankbarer Kerl!“ Doros trug es Sosimos durchaus nach, daß jener nicht ein wenig milder gestimmt war, nachdem Doros ihn vor zwei Jahren zur Genesung geführt hatte, was sein weitaus älterer Kollege fast ruiniert hätte, indem er auf Sosimos stundenlang eingeredet hatte, Doros Therapieversuchen nicht zu trauen.


    Doros sah Diagoras neugierig an, das jemand freiwillig in ein Kriegsgebiet zog, war für ihn zwar etwas befremdlich, hatte aber zugleich eine abenteuerliche Note. „Dann warst Du bei den Truppen? Hast Du den Kaiser gesehen, bevor er den Styx überquert hat?“ Doros schob den Teller etwas zur Seite und lehnte sich auf der Kline zurück. „Hm, ja, der Sosimos hat seine Räumlichkeiten im Haupthaus, eine Ehrung für ihn. Aber manchmal ist er auch in den Arbeitsräumen des Epistates zu finden, Du kannst ja bei den Schreibern des Epistates mal nachfragen!“ Doros hob den Becher mit dem würzigen Wein an. „Dann möchte ich darauf hoffen, dass Du eine Anstellung am Museion findest und darauf trinken. Möge Dein Geist das Museion von dem miefigen Dunst befreien!“


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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Konzentriert beugte sich Doros über seine neueste Forschungsarbeit, in der Hand hielt er ein Skalpell, um seinen Körper hatte er eine weiße Schürze gebunden und gerade setzte er den ersten Schnitt an, Blut spritzte hervor und gegen das Weiß seines Kittels als in dem Moment laut das Klopfen zu hören war und eine kräftige Stimme. Doros richtete sich auf und runzelte die Stirn. Aufmachen...hier ist der Grammateus? Was war denn bitte das für ein Tonfall? Indigniert verzog Doros das Gesicht und legte das Skalpell zur Seite, er verließ den Raum, in dem er seine Forschung betrieb und zog die Tür hinter sich zu. Nicht allzu hastig ging er bis zu der Tür und öffnete sie. Kühl sah er nach draußen und betrachtete den forschen Schreiber. „Khaire, Grammateus.“ Ein Rüge über das laute Hämmern, als ob gleich die Welt untergehen würde, wenn Doros nicht sofort sprang oder er ein Verbrechen begangen hatte (Doros mußte tatsächlich darüber sinnen, ob nicht einige Nächte zuvor eine für ihn unangenehme Sache passiert ist), also eine Rüge darüber sprach Doros nicht aus. Sollten das doch die Moralapostel machen, über die Doros sich lange aufregen konnte. „Was gibt es?“





  • Unerwartet schnell wurde die schwere Holztür geöffnet und Eucratides erblickte einen Mann mit blutbefleckten Kittel.
    Auf dem Gesicht seines Gegenübers konnte der Grammteus deutlich ablesen, das er wohl wieder in eines der vielen Pfettnäpchen getreten war, eine Fähigkeit die er gänzlich bis zur Perfektion beherschte.
    Schnell beeilte er sich den Schaden in Grenzen zu halten, bevor er sich vielleicht noch den Zorn des angesehenen Gelehrten zuzog.
    "Salve, werter Doros von Pelusium, bitte verzeiht die späte Störung und mein unbeabsichtigt hartes Klopfen. Es liegt mir fern euch bei eurer Arbeit zu unterbrechen, doch habe ich hier zwei Besucher, die euch zu sprechen wünschen.
    Mit diesen Worten deutet er lächelnd auf seine beiden Begleiter.
    "Diese Herschaften sind Kassandros und Diagoras von Melos und sie würden gerne an unserem wundervollen Museion unterrichten."
    Nach kurzem zögern, fügt er dann noch hinzu.
    "Benötigen die edlen Herren meine Dienste nun noch, oder darf ich mich zurückziehen?"

  • So lief das also, erst war man ein Bursche und dann ein edler Herr. Ich lächelte nur höflich und sagte dazu lieber nichts... Dieser Doros sah, so blutverschmiert doch recht gefährlich aus... wirklich...

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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Anscheinend hatte Doros wohl wirklich nichts verbrochen, der kühle Ausdruck auf seinem Gesicht schwand merklich und so schnell, wie ein Eisklotz in der heißen Mittagssonne der ägyptischen Wüste dahin schmolz. Doros lächelte vergnügt und beäugte den Schreiber, den er nur mal von der Ferne gesehen hatte, wenn sich Doros recht daran entsann. Leider war ihm der Name jenes Mannes darum auch unvertraut. Doros spähte über dessen Schulter hinweg, erblickte Kassandros, den dahinter vermochte Doros noch nicht auszumachen. „Sie wollen hier unterrichten? Das ist natürlich eine gute Nachricht!“ ...sofern sie dafür überhaupt qualifiziert waren, dachte sich Doros im Stillen, behielt das aber (ausnahmsweise) mal für sich. Er hatte nur schon Händler und reiche Hellenen erlebt, die sich noch gerne den Titel eines Gelehrten vom Museion verpaßten, wie andere sich goldenen Schmuck umhängten, um zu protzen. Doros sah den Schreiber noch etwas verdutzt an, fühlte sich dann aber prompt geschmeichelt. „Oh, und dann hast Du gleich mich im Verdacht gehabt, sie in das Museion einzuführen?“ Doros lächelte erfreut, selbst wenn dies ihn etwas verwunderte. Aber scheinbar war sein schlechter Ruf bei manchen am Museion doch nicht ganz so schlecht. Aber wer Doros' Eitelkeit pflegte (wie es der Grammateus gerade getan hatte), hatte schon bei dem Iatros einige Pluspunkte gesammelt (war nur die Frage, ob diese auch jemals zu etwas gut waren, schließlich war Doros zwar in mancher Hinsicht ein auffälliger, aber kein sonderlich mächtiger Gelehrter). Doros wandte sich Kassandros zu. „Darf ich fragen, ob ihr euch schon an Sosimos oder Nisoteia gewandt habt deswegen?“





  • Nein werter Doros, der Grammateus empfahl uns zuerst dich aufzusuchen. Wie wollen wir weiter verfahren? Es gibt doch sicher eine genaue Kontrolle unserer Fähigkeiten bevor wir am hohen Museion unterreichten dürfen?


    Sicher konnte es nicht schaden etwas Initiative zu zeigen.

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    ~~ Doros von Pelusium ~~



    Doros nickte verstehend (zumindest tat Doros so, als ob er es verstehen würde) und langsam bemerkte sogar Doros, dass er immer noch die blutbefleckte Schürzte trug. Er griff an seinen Rücken um die Schleife dort aufzubinden und sich die Schürze herunter zu ziehen, worunter eine schlichte Tunika zum Vorschein kam. „Wenn das so ist, dann gehen wir am Besten gleich zu Sosimos. Ich wäre natürlich sofort bereit, euch im Museion aufzunehmen, aber leider darf ich das gar nicht...vielleicht eines Tages, wenn ich so ein alter Knochen wie Sosimos bin!“ Doros lächelte vergnügt und warf den Kittel achtlos in seinen Wohnraum, wo er sich zu der anderen Unordnung tummelte. „Wer mir folgen will zu Sosimos, der gehe gleich hinter mehr oder neben mir, nur vorne, das würde ich nicht empfehlen!“ Munter stimmte Doros ein Pfeifen an, schloss hinter sich die Tür und führte die Gesellschaft weiter. Während sie das Nebengebäude verließen, sah Doros zu den Männern. „Also, wer eine Empfehlung von mir haben möchte, kann sie natürlich haben, ich warne nur vor, Sosimos kann mich nicht sonderlich gut leiden. Nein, das ist eine Untertreibung, er kann mich nicht ausstehen!“ Was Doros wohl nicht sonderlich kümmerte, munter führte er die Männer zu den Räumlichkeiten des Sosimos.



  • Ich lachte leise in mich hinein und folgte dem vorgegebenen Weg. Nicht nur über den jugendlichen Witz von Doros, sondern auch über die internen Kabbeleien, welche hier im Museion wohl durchaus an der Tagesordnung waren, musste ich schmunzeln.

  • Zitat

    Original von Prosekon tou Mouseiou ~~ Doros von Pelusium ~~
    Von dem voll getunkten Brot[...]


    Manche Heiterkeit und mancher Gleichmut rühren her aus einem heiteren und gleichmütigen Herzen. Doros, so scheint es, gehört zu jenen glücklichen Zeitgenossen, auch wenn seine Heiterkeit die eines aufmerksam teilnehmenden Beobachters ist, der immer einen Becher Spott bei der Hand hat und hofft, ihn über jemandem ausleeren zu können. Unseres Helden Gleichmut und innere Heiterkeit ist eher durch mangelndes Einfühlungsvermögen bedingt, Diagoras 'macht's wie die Sonnenuhr - er zählt die heit'ren Stunden nur', vor allen, weil er die bewölkten nicht sieht, was, wenn es Regenwolken sind, ihn oft ziemlich in den Regel zu stellen pflegte.


    Und wie wir uns erinnern: auf seinem parthischen Abenteuer war er ziemlich in den Regen gekommen, eigentlich sogar unter die Traufe und hatte bis zum Scheitel im Regenwasserfaß gesessen. Parthien ist kein gesundes Klima, nicht einmal für diejenigen, die dort nur zur Zerstreuung hinwollen, nicht wenige hatten dort ernsthaft Schaden an ihrer Gesundheit genommen. Wenn dort ein Kaiser über, bleiben wir im Bild: über den Euphrat gehen könnte, dann mußte ein einfacher Philosoph ebenda mindestens naß werden, schon aus Gründen der Gerechtigkeit.


    "Styx?" fragte Diagoras ein wenig abgelenkt. "Nein, zwischen der Provinz Syria und dem Königeicht Parthien fließt der Euphrat ... äh" Ihm ging dann doch ein Licht auf. "Styx, ahso, ja, ja. Nein, nein: den Kaiser habe ich nicht gesprochen, ich habe auch nicht nach ihm gesucht. Obwohl ich überlegt hatte, ihn wegen der Epistates-Bestellung um Eile zu bitten." Wobei wir sicher annehmen dürfen, daß dem Imperator die Sedisvakanz am Museion im Moment so bedeutsam erschienen sein muß, wie wenn in Rom ein Sack importierter parthischer Sand umfällt.


    "Ich habe das eroberte Edessa besucht. Dort gedeiht es eine besonders robuste Apfelsorte: den "Maschanzker von Edessa". Robust, sicher. Jedenfalls solange niemand darauf herumtrampelt.


    "Ein paar Exemplare konnte ich ergattern. Dann bin ich ins nicht weitentfernte Samosata zu Lukian gegangen." Zu Fuß. (sic!)

  • Isis strich sanft ihre Schwingen über Nikolaos Gesicht. Sie lächelte wie durch einen Nebelschleier hindurch. Dann wurde es wieder schwarz. Das erste Mal, dass Nikolaos wirklich schwarz war, denn alles andere war bisher nur dunkelgrau gewesen. Wärme stieg seine Arme und Beine hinauf, um Kälte zu hinterlassen. Das Blut floß aus den Gliedmaßen in den Leib, Nikolaos war nur noch ein Torso, armlos, beinlos, kopflos, wie aus Marmor. Isis Lächeln verzog sich zu einer ernsten Miene.
    Du hast den Göttern gespottet! Hah! Hah! Hah!
    Das wr nicht Isis Stimme gewesen. Wer spottete Nikolaos? Wer lachte ihm? Wieder Schwärze. Isis war verschwunden. Nur noch ein immer leiser werdendes Echo der fremden Stimme war zu hören. Beim siebten Echo war es schließlich kaum noch zu hören, dann verstummte es ganz. Schwärze, Kälte.
    Plötzlich hob sich der Schleier. Etwas brannte in Nikolaos Augen und in seiner Nase. Ein brennender Schmerz zog von der Nase über die Schläfen. Der schwarze Vorhang wurde zu einem durchscheinenden Schleier. Nikolaos spürte ein Kitzeln in der Nase. Er konnte nicht an sich halten, denn sein Körper gehorchte ihm noch nicht. Seine Nase so Luft ein, um sie im nächsten Augenblick zusammen mit Schleim und kurzen schwarzen Haaren hinauszuschleudern, auf seinen Chiton zu schleudern. Er nieste noch zwei weitere Male. Endlich wurde sein Blick klar. Er erkannte den Iatros, der über ihn gebeugt war. Aus trüben Augen sah er ihn an, unfähig etwas zu sagen. Nun erst kehrte langsam die Erinnerung zurück. Nikolaos wäre am liebsten vor Scham versunken oder erneut in die Bewusstlosigkeit gefallen. Oder auf Isis Schwingen davongetragen.

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    ~~ Doros von Pelusium ~~



    Jegliche Gehässigkeit war von Doros gewichen als der Strategos in Ohnmacht gefallen war, sie war auch nicht wieder gekommen als Nikolaos auf die Kline gebettet wurde und nun langsam wieder zu erwachen schien. Doros hatte neben dem jungen Mann auf einem Stuhl Platz genommen, der dunkelhäutige Sklave sah von oben auf den Strategos herunter, wartend, ob Doros ihm einen Auftrag erteilte. Doch Doros zog erstmal die kleine Phiole fort und griff nach der Hand des Strategos, um dessen Herzschlag zu erfühlen. „Strategos? Kannst Du mich verstehen?“, fragte er und ertastete dabei den flatternden Puls, an dem Doros schon einiges erkennen konnte, wie es um die Befindlichkeit des Mannes stand. „Hole etwas zu Trinken, von dem starken Wein meines Vaters!“, sagte Doros zu seinem Sklaven, der nickte und davon eilte. „Strategos?“ Ihm die Wange zu tätscheln unterließ Doros jedoch aus Taktgefühl.




  • Der Strategos gab einige unverständliche Laute von sich. Ihm war übel, er wollte vermeiden, sich hier zu erbrechen, dabei verkrampfte er den Mund und spürte doch schon das Innere seines Magens an den Zähnen. "Schüssel", keuchte Nikolaos. Vor seinen Augen drehte sich das Zimmer. Er war wieder bei vollem Bewusstsein, doch er bereute es, er wollte wieder unter Isis sanfte Schwingen. "Erbrechen", fügte er hinzu und griff sich mit der Hand an die Lippen, die er aufeinanderpresste. Dabei verzog sich sein Gesicht, jegliche Anmut der Jugend wich von ihm. Wieder legte sich ein Vorhang langsam auf seine Wahrnehmung. Nikolaos bewegte die Arme und Beine unkontrolliert und ruckartig, er versuchte, dadurch wach zu bleiben. Er wälzte sich auf der Kline, doch keine Lage verhinderte den Schwindel.

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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    In mancher Hinsicht besaß Doros durchaus das Mitgefühl, was ein Arzt wohl brauchte, um sich jeden Tag mit kranken Menschen zu beschäftigen. Doch auch dieses hatte bei Doros seine Grenzen, denn er war mehr ein Forscher als ein Praxisbezogener Iatros. Und die Grenze war bei dem Übergeben erreicht. Doros verzog das Gesicht und sah sich suchend um. Eilig griff er nach einer Schüssel, die auf dem Tisch neben ihm stand. Die Reste der vortäglichen Suppe klebte am Boden, doch abgesehen davon, war die Tonschüssel leer. Nur Delphine und Fische tummelten sich als Malereien am Rande und am Boden der Schüssel. Schnell hielt Doros die Schüssel dem Strategos hin und machte sicherheitshalber eine Bewegung zurück, um nicht in die Gefahrenzone zu geraten.




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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Eine weitere Flut von Heiterkeit aus dem Meer von Unbekümmertheit klatschte gegen die Ufer von Doros' Selbst, ein Grinsen breitete sich über sein ganzes (mit übernächtigten Augenringen versehenen) Gesicht aus. Eine erquickliche Kombination zeigte sich bei dem anderen Gelehrten, eine Mischung aus ungewolltem Humor mit der üblichen Entrücktheit eines Forschers, was Ersteres wiederum bedingte. Still vor sich hin grinsend griff Doros beim Essen weiter zu und aß im Nu zwei von den gefüllten Weinblättern. „Der lange Arm des Kaisers ist bereits in Ägypten, wenn es um den Epistates geht, sollte das der Eparchos entscheiden.“ Ob dieser dann noch bei dem Kaiser anfragte, das wusste Doros nicht, aber jetzt, wo der Kaiser tot war, hing das ja noch mehr in der Schwebe. Und wer der neue Kaiser werden sollte, darüber gingen zahlreiche Gerüchte umher. Aber das Wort des Eparchos in Ägypten würde bei der Angelegenheit sicherlich auch stark ins Gewicht fallen. Doros, auch unbekümmert, was die Machtverhältnisse anging (Kaiser kamen, Kaiser gingen und waren nur noch ein Name auf Denkmälern oder Papyrus), zuckte gleichgültig mit der Schulter.


    „Apfelsorte? Willst Du sie hier in Alexandria züchten?“ Doros leckte sich seine fettigen Finger ab. „Ich meine mal gelesen zu haben, dass auch Augustus sich für solche Dinge interessierte! Aber die Römer haben sowieso eine ausgesprochen niedliche Leidenschaft für alles, was aus dem Boden sprießt oder in ihren Gewässern sich tummelt!“ Doros konnte dem Bedürfnis, alles, was mit Grund und Boden zu tun hatte, zu glorifizieren, nicht ganz nachvollziehen. Er kümmerte sich lieber um den menschlichen Korpus, wobei er durchaus in der Vergangenheit ab und an mal in dem Boden gegraben hatte (aus anderem Grund als die Römer jedoch.) „Lukian? Sollte ich den Mann kennen?“, fragte Doros und lehnte sich auf der Kline zurück. Den Weinbecher in einer Hand. Womöglich würde Doros in einem Jahrhundert eine solche Frage nicht stellen, wo ihm ein solcher Name durchaus geläufig gewesen wäre, Satiren lagen durchaus in Doros Interesse. „Und welches Gebiet möchtest Du an die undankbaren Geister, die sich hier am Museion tummeln, weiter geben, Diagoras?“


  • Nikolaos nahm die Schüssel mit etwas beinahe wie Dankbarkeit an. Der Schwindel hatte nachgelassen, doch er spürte, dass der Inhalt seines Magens nun zwischen die Zähne kroch. Schließlich gab sein Unterkiefer nach. Stinkend ergoß sich ein gelblicher Strom in die Schüssel. Die Delphine schienen sich nicht daran zu stören. Sie blieben weiter in ihrer Bewegung erstarrt. Nikolaos nahm nun die Schale selbst, riss sie dem Iatros beinahe aus den Händen. Er umklammerte sie mit allen Fingern und hielt sein Gesicht dicht darüber gebeugt. Ein weiterer Strom folgte dem ersten, dann war er gereinigt. Endlich konnte er wieder klar sehen. Doch nun wurde die Situation wirklich unerträglich für Nikolaos, denn kaum war der Schwindel und der Brechreiz verschwunden, stellte sich schon ein bohrendes Schamgefühl ein. "Verzeihung", sagte er leise und hielt den Kopf über die Schüssel gesenkt. "Bitte verzeihe mir die Unannehmlichkeiten und habe Dank für deine Hilfsbereitschaft." Dies zu sagen, demütigte den Strategos, der sich allmählich an das Befehlen gewöhnte, so sehr, dass sein bleiches, käsiges Gesicht einen roten Schatten um die Schläfen bekam. Er erhob sich, immer noch schwankend. "Ich denke, es ist besser, wenn ich nun deine Räumlichkeiten verlasse." Der Leichenduft, der auch in den Wohnraum hinüberzog, ließ die Übelkeit wieder wachsen. "Chaire, Dore.", sagte er und machte Anstalten zu gehen.

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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Doros war aufgestanden und einige Schritte an das nächste Fenster getreten, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, um dem Strategos die Gelegenheit zu geben, seine Übelkeit zu bekämpfen. Sicherlich hörte Doros die Würgegeräusche, aber seine Augen hatten sich auf den Garten hinter dem Fenster geheftet. Erst als es stiller wurde, drehte sich Doros wieder um und meinte (ohne Spott in der Stimme): „Es ist keine Entschuldigung notwendig, Strategos!“ Es hatte ihn sowieso gewundert, warum Nikolaos überhaupt so lange neben einer Leiche ausgehalten hatte, denn die Dämpfe einer Solchen waren so viele Stunden danach nicht gerade leicht zu ertragen, sofern man es nicht gewöhnt war wie Doros. Doros nickte knapp. „Natürlich, Strategos, und gern geschehen. Ich werde den Leichnam dann später den anderen Priestern übergeben.“ Doros war sowieso müde, wollte sich ein wenig hinlegen und den Körper aus seinen Räumlichkeiten haben. „Lebe wohl!“, verabschiedete Doros den jungen Mann. Nachdenklich sah Doros dem Strategos hinter her, dann wandte er sich seinem bereits zurück gekehrten Sklaven zurück. „Räume das auf! Ich muss zu den Priestern, damit sie den Toten holen!“ Der dunkelhäutige Mann nickte und machte sich schon ans Werk, während auch Doros die Räume verließ und zu dem Tempel strebte. Damit schon am Abend mit der Totenwache begonnen werden konnte.





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