• "Er braucht Wasser und eine Decke!"


    Zum Glück hatte er damals bei seinem alten Mentor in Griechenland gut aufgepasst und dieser hatte ihm alles wichtige für seinen Lebensweg vermittelt, auch ein wenig anatomische Kenntnisse, sie waren zwar nicht sehr besonders aber immerhin konnte er einen Bruch von einer Schwellung unterscheiden.


    "Wo bleibt der medicus? Seine Wunden müssen schnellstens behandelt werden..."


    Verus ließ seinen Blick über die Wunden wandern und stellte am Bein einen offenen Bruch fest, das junge Leben vom blund-jungen Nauta lag nun in den Händen der Götter. Und wo blieb dieser Medicus?

  • Labeo stand nun einfach da und starrte den schwerstverletzten Kameraden an, der anscheinend das Sagen habende Nauta, den er schon im Lager vorher gesehen hatte. Die Sekunden vergingen und kamen ihm wie Minuten oder Stunden vor und der Kamerad blutete immer weiter.


    Schließlich gab sich Labeo einen Ruck, schließlich hatte er einige Werke von Hippokrates gelesen und wollte gerade auf den Verwundeten zu gehen um das, was er von der Wundbehandlung wusste.


    Leider erinnerte er sich nur noch daran, dass er die Wunde hochlegen sollte und nahm daher einen Stein und platzierte ihn neben dem Bein des Kameraden und legte dann das selbige auf den Stein. Der Kamerad der offensichtlich noch bei Bewussstsein war, schrie auf. Labeo redete auf ihn ein:


    "Das ist nur damit Dein Lebenssaft nicht so schnell Deinen Körper verlässt! Der medicus kommt sofort und kümmert sich richtig um Dich!"


    Und nur kurze Momente darauf kam der Medicus.

  • Anchisothep war gerade mit der Aufsicht über eine andere Gruppe beschäftigt gewesen, doch der Aufruhr hatte ihn auf die Gruppe aufmerksam gemacht. Er verließ seine Untergebenen und kam eilig auf die Nautae und Probati zu, die gerade Geröll rasch wegschaufelten, das war das einzige, was Anchisothep aus der Ferne erkennen konnte. "Was ist hier los?", fragte er streng, dann sah er es. Es hatte einen Verletzten gegeben. Als Anchisothep eintraf, kam auch ein medicus auf die Gruppe zu. Gut, dann würde der Verletzte bald versorgt werden. An Anchisothep blieb es, Verwaltungsarbeit zu leisten. "Wer ist dieser Mann? Wer ist euer Vorgesetzer für die Arbeit im Steinbruch? Wer ist sein Vorgesetzter?", fragte er rasch und beugte sich zum Verletzten hinab. Anchisothep hatte keinen Offizier in der Gruppe gesehen. "Was ist in euch gefahren, das Bein zu bewegen?", herrschte er die Umstehenden an. "Seht ihr nicht, dass das Bein gebrochen ist? Seht ihr denn den Knochen nicht? Möglicherweise habt ihr es nur noch schlimmer gemacht!" Dann wandte er sich an den Verletzten. Er vergewissserte sich, dass dieser bei Bewusstsein war. Da das Bein heftig blutete, umfasste Anchisothep den Oberschenkel des verletzten Beines und drückte zu*. Doch da kam schon der Medicus. "Lass gut sein, Gubernator.", brummte der Medicus, ein älterer Offizier. "So, dann wollen wir uns dem armen Kerl mal ansehen." Er beugte sich hinab. "Dass ihr das Bein bewegt habt, um das Austreten von Blut zu verhindern, ist in der Tat nicht gut gewesen, da es, wie ihr an der seltsamen Verdrehung seht, gebrochen ist. Doch es ist kein Grund, Gubernator, die Männer deshalb so anzuschnauzen. Sie wussten es nicht besser. So, und jetzt holen zwei von euch so schnell wie möglich Holz und Seil, damit wir das Bein schienen können." Der Medicus holte einen Schlauch hervor, mit desssen Inhalt, Wasser und Essig, er die Wunde reinigte. Dann legte er einen Verband an, um den Blutfluss zu unterdrücken.



    *In der Antike wusste man noch nichts vom Blutkreislauf, man dachte, dass das Blut einfach so durch den Körper sickert. Deshalb sucht Anchisothep keine Beinarterie.

  • Labeo nahm die Kritik des Arztes an er verstand wohl den Punkt, auch wenn seine Bücher etwas anderes sagten. Um das ganze wieder gut zu machen ging Labeo schnell und holte ein paar Stücke Holz, die man als Schiene benutzen könnte und auch etwas Seil aus der Materialhütte und gab es dem Medicus.


    "Hier Holz und Seil für die Schiene", sagte er und keuchte schon wieder - er würde dringend etwas für seine Ausdauer tun müssen, dachte er bei sich.

  • Endlich war Anchisothep da, Gallicus war es wie eine halbe Ewigkeit vorgekommen. Doch die Worte des Gubernators waren nicht unbedingt erfreulich. Da hatte ihnen dieser Probatus aber Ärger eingehandelt, ach hätte er doch lieber die Finger von dem Verletzten gelassen.


    "Nun, du bist unser Vorgsetzter, Gubernator"


    erwiderte er leicht verdutzt auf die erste Frage Anchisotheps.

  • Der medicus nahm das Material wortlos entgegen und begann, daraus um das Bein eine Schiene zu bauen. "Ich werde das Bein hier noch nicht richten, sondern es lediglich zu schienen, dass wir dich ohne zusätzliche Schmerzen transportieren können.", sagte der medicus zum Verletzten. Mit einer Gelassenheit und Ruhe baute er an seiner Konstruktion. Sie bestand in je einem Brett an jeder Seite des Beins sowie einigen kürzeren Brettern unter dem Bein, die mit Seilen verbunden und an das Bein gebunden waren. So konnte das verletzte Körperteil sich nicht mehr bewegen. "Gut, Jungs. Jetzt brauche ich zwei von euch, die euren Kameraden in meine Arbeitsräume bringen, damit ich dort den Bruch richten und die Wunde noch einmal neu verbinden kann.", sagte der medicus.
    "Ich trage ihn mit.", sagte Anchisothep. "Gut, Gubernator. Und wer noch? Ihr könnt ihn auch zu dritt tragen, das wäre vielleicht sogar besser, dann könnte einer das kaputte Bein stützten."
    Anchisothep wandte sich an Gallicus. "Gehört der Verletzte auch zu unserer Einheit?", fragte er. "Dass du dazu gehörst, weiß ich, aber die anderen hier habe ich noch nie gesehen. Und wer ist der Verletzte? Das ist sehr wichtig, ich muss dem Präfekten Meldung darüber erstatten."

  • "Ich trage ihn auch!"


    rief Gallicus schnell und wandte sich dann wieder an Anchisothep, der ihm gerade eine Frage gestellt hatte.


    "Ja, er gehört auch zu unserer Einheit. Aber noch nicht solange, ich habe ihn auch erst vor kurzem getroffen. Ich glaube er wurde von der Classis Germanica hierher versetzt."

  • Auf Wink des Arztes wurde der Verletzte vorsichtig angehoben. Sie machten sich auf den Weg, dem Arzt zu seinen Arbeitsräumen zu folgen.
    "Wie heißt du?", fragte Anchisothep den Verletzten. Auf die nur aus Substantiven bestehende militärische Intonationsfrage "Name? Dienstgrad?" hatte er verzichtet. Doch der Verletzte gab keine Antwort, obgleich er bei Bewusstsein war, was daran zu erkennen war, dass er ununterbrochen Stöhnen und andere Schmerzlaute von sich gab.
    "Weißt du auch, wie sein Name ist?", fragte Anchsisothep seinen Kameraden Gallicus.

  • Gallicus packte mit an und gemeinsam hatten sie den Verletzten zum Valetudinarium gebracht. Dort begann Anchiostheo auch wieder mit seiner Fragerei. Gallicus fand das ein wenig geschmacklos, denn der Nauta war wirklich schwer verletzt und vielleicht würde er diesen Unfall nicht mal überleben! Andererseits war es auch seine Aufgabe dem Präfekten davon zu berichten...


    "Puh ... nein, aber er ist römischer Bürger so viel weiß ich"


    antwortete er schließlich.

  • Nachdem der Verletzte abtransportiert worden war, standen sie wieder alle am Steinbruch herum. Bis jetzt hatte keiner der Nautae und Probati Anstalten gemacht, sich wieder an die Arbeit zu machen. Labeo war der Sinn nach Eigenaktionen vergangen und wartete daher bis jemand anderes sich rührte.


    Er fasste aber den Entschluss sich über die wichtigsten ersten medizinischen Maßnahmen bei Notfällen, Unfällen und im Gefecht von den Medici der Einheit informieren zu lassen - notfalls in seiner wahrscheinlich allzu knapp bemessenen freien Zeit.

  • "Danke für eure Wachsamkeit, Jungs.", meinte Anchisothep etwas zerknirscht. "Und entschuldigt meinen Ausbruch vorhin." Er legte eine kurze Pause ein. "Und nun wieder rasch an die Arbeit. Wir können für unseren Kameraden nichts mehr tun."

  • Die Kameraden machten sich wieder an die schweißtreibende Arbeit, doch Labeo entschied sich trotzdem noch kurz den diensthabenden Gubernator (er war sich nicht sicher, auf welcher Ebene der Gubernator stand) darüber zu informieren, dass er es war, der den Kameraden beinahe in Gefahr gebracht hatte, das geziemte sich:


    "Gubernator, entschuldige bevor ich mich auch wieder an die Arbeit mache, wollte ich nur melden, dass ich, Probatus Iulius Labeo, auf Grund einer falschen Einschätzung der Situation den verletzen Kameraden berührt und somit beinahe in noch größere Gefahr gebracht habe. Das tut mir leid!"

  • Gallicus schüttelte entschuldigend den Kopf. Wenn das nächste mal ein neuer zu seiner Einheit stoßen würde, würde er selbigen sofort nach seinem Namen fragen und diesen hoffentlich nicht wieder vergessen.


    "Ach, ich glaub wir hätten auch nicht anders reagiert"


    meinte Publius auf die Entschuldigung des Gubernators und klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter. Dannn nahm er jedoch sofort Haltung an und salutierte zackig.


    "Zu Befehl, Gubernator!"


    gab er noch vorsichtig und dann machte er sich auch schon wieder zurück zum Steinbruch um dort weiter zu schuften.

  • "Ja, Gubernator! Zu Befehl, Gubernator!,


    sagte Labeo schneidig. Er hoffte wirklich, dass seine Unbedachtheit keinen Schaden verursacht hatte. Jedenfalls hatte er nach den vergessenen Caligae und dieser Geschichte jetzt schon einmal zwei Minuspunkte gesammelt. Die er erst einmal auswetzen musste.


    Darum ging er auch sofort wieder an die Arbeit und klopfte Steine mit vollem Einsatz - um zu zeigen wie er sich einsetzte, aber auch um nicht an den verletzen Nauta zu denken.

  • Nach einiger Zeit kam Anchisothep wieder zurück in den Steinbruch. Er wirkte sichtlich angespannt. Er begutachtete die Arbeit der Männer eine Weile. Der Probatus, der das Bein bewegt hatte (unter dieser Bezeichnung würde er in Anchisotheps Gedächtnis bleiben) schien jetzt mit besonderem Eifer Steine zu klopfen. Anchisothep beobachtete ihn eine Weile dabei.
    "Das reicht erstmal, Jungs!", rief er durch den Steinbruch. "Ihr könnt eine Pause machen."

  • Was gibt`s ? wollte Anchisothep schon fragen, doch der Probatus beantwortete diese Frage, bevor er sie aussprechen konnte. Nachdenklich sah Anchisothep den jungen Mann an. Dass dieser Anteilnahme am Schicksal seines Kameradens nahm, stimmte Anchisothep ihm gegenüber milde.
    "Der Verletzte ist zu dieser Zeit betäubt. Der Medicus kümmert sich um ihn. Mehr kann ich dazu nicht sagen, das kann nur der Medicus. Aber ich hoffe mal, dass der Junge wieder gesund wird. So, und jetzt nutze den Rest deiner Pause. Es geht gleich weiter. Allerdings werdet ihr hier im Steinbruch abgelöst. Die zweite Hälfte des Tages werdet ihr auf der Baustelle arbeiten. Einen ganzen Tag im Steinbruch kann man euch nicht antun." Daran, dass auf der Baustelle auch schwere Arbeit auf die Männer warten würde, war kein Zweifel. Jedoch blieb der Steinbruch der schwerste und in Friedenszeiten gefährlichste Arbeitsplatz der Classis-Soldaten.

  • Nach einiger Zeit war die Pause für die Männer vorbei.
    "Auf zur Baustelle! Die fabri brauchen Leute, die ihnen das Material reichen.", rief Anchisothep durch den Steinbruch. Die Ablösung für die Männer hier war schon da. Nun musste nur noch das Werkzeug übergeben werden. Der Vorgesetze der neuen Schicht größte Anchisothep knapp, Anchisothep erwiderte den Gruß ebenso knapp.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!