Das Jagdverhalten von Skorpionen

  • Ein Skorpion lauert seiner Beute auf. Er verhält sich ruhig und gibt keinen Mucks von sich. Tage, Wochen oder Monate kann ein Skorpion so verharren ohne sich offensichtlich auch nur zu rühren. Die Beute bemerkt den Skorpion erst, wenn sich dieser ihr zeigt. In diesem Moment geht es allen Tieren gleich: sie wollen fliehen. Doch egal wie sehr sie sich bemühen sie kommen von dem Skorpion nicht los, da dieser sie schon lange mit seinen Scheren festhält. Das nächste was sie spüren ist auch gleichzeitig das letzte in ihrem Leben. Sie alle spüren den Stachel des Skorpions, der sich tief in ihren Körper bohrt und dort sein tödliches Gift ausschüttet.


    Die cohortes praetoriae haben nicht ohne Grund den Skorpion als ihr Emblem. Sie haben sein Jagdverhalten genaustens studiert und wenden es auch ob der ungeschlagenen Effektivität wann immer möglich an. Sie verfolgen und spüren im Geheimen ihre Ziele auf, sammeln so viele Informationen wie nur möglich und schlagen dann, wenn sie alles nur mögliche gefunden haben, zu.


    Seit dem Mordanschlag auf den Consul war nun schon einige Zeit vergangen. Aber keineswegs ungenutzte Zeit. Informanten, Speculatores waren überall unterwegs, suchten Spuren, werteten sie aus, leiteten sie gegebenenfalls weiter oder verwarfen sie. Sobald keine brauchbaren Spuren mehr gefunden werden konnten wurden die verschiedenen Spuren in Zusammhang gebracht. Fehlende Teilstücke wurden konstruiert, andere, überflüßige wieder verworfen. Am Ende dieses ganzen Prozesses kommt ein Ergebnis heraus, welches kein eindeutiges Ziel liefert, aber eine klare Richtung vorgibt. Und diese sollte heute erforscht werden.
    Gemeinsam mit über hundert Männern hatte sich der Praefectus Praetorio höchst persönlich aufgemacht, diese Richtung zu erkunden.


    Bis jetzt war nur bekannt, dass eine den prätorianernbekannte Gemeinschaft in diesen Fall verwickelt sein soll. Diese Gemeinschaft war zuvor als nicht gefährlich eingestuft worden und wurde dementsprechend auch nie sonderlich genau beobachtet. Dies hatte sich seit Auswertung der Spuren grundlegend geändert. Es wurden sogar Trecenarii auf diese Vereinigung angesetzt. Diese besten Spione hatten eine Insula, die sich in ihrer Schäbigkeit kaum von den umliegendenden unterschieden hat, als Wohnort und Treffpunkt der Gemeinschaft ausgemacht. Und dieses Mietshaus sollte heute nun geprüft werden, um neue Spuren zu finden und einen Schritt in der Aufklärung dieses Falles weiterzugehen.


    Auf ihrem Weg durch trans tiberim hatten die Reihen der Prätorianer schon durch ihren Aufmarsch aufsehen erregt. Junge Burschen folgten den Prätorianern, erwachsene Männer machten sich schnellstens aus dem Staub und Frauen hofften, dass die Prätorianer nicht vor ihrer Wohnung stehen bleiben würden. Denn Prätorianer im Haus bedeutete nie etwas Gutes, egal ob oder wieviel man zu verbergen hatte.


    Viele, die das Schlimmste befürchtet hatten, hatten sich diese Sorgen unnötigerweise gemacht. Aber nicht alle. Denn vor dem von den Spionen ausgemachten Gebäude blieben die Prätorianer stehen. Ein Centurio sorgte gemeinsam mit seiner Centurie dafür, dass niemand mehr diese Insula verlassen würde, während der andere Centurio hervortrat und sich vor dem Haus positionierte:


    Der Praefectus Praetorio weist die Bewohner dieses Mietshauses an sich unverzüglich in dem Innehof einzufinden!


    Mit einer Delegation, bestehend aus einigen Milites, begab sich dann der Praefectus Praetorio in das Innere der Insula, auf den eben angesprochenen Innenhof.

  • [Blockierte Grafik: http://i74.photobucket.com/albums/i280/Kaetzchen1980/Avatars/Solvy.gif]


    Nicarea war bereit, die Stadt wieder zu erleben. Viel zu lange schien ihr die Zeit, in der sie untergetaucht war. Tavernen, Märkte, sämtliche Ansammlungen von Menschen hatte sie gemieden seit ihrem erfolgreichen Abschluß des Auftrages. Jetzt, da sich sicher war, daß ihr niemand auf die Schliche gekommen war, konnte sie aufatmen und nach neuen Aufträgen Ausschau halten.
    Sie wollte gerade zu einem neuen Streifzug aufbrechen, als sie die Aufforderung hörte, sich im Innenhof einzufinden. Einen Moment lang ereilte sie schiere Panik, aber kurz darauf besann sie sich eines Besseren und wagte einen Blick aus dem kleinen Fenster ihres Zimmers.
    Soldaten der Prätorianer, wohin sie sehen konnte. Sie waren offensichtlich drauf und dran die Insula zu durchsuchen. Nun galt es, ruhig und besonnen zu handeln. Die Prätorianer kannten sie nicht, dessen war sie sicher. Hierbei handelte es sich mit Sicherheit um reine Routine. Nicarae wurde ruhiger, ihr Geld wusste sie gut versteckt, das konnten selbst die Häscher des Kaisers nicht finden. Das Vernünftigste war also, der Aufforderung Folge zu leisten.
    Im Innenhof angelangt, stellte sie sich hinter einen besonders kräftigen Burschen und wartete ab, was geschehen würde.

  • Als sich abzeichnete, dass sich alle Bewohner des Mietshauses eingefunden hatten, machten sich Abteilungen der Prätorianer auf, die einzelnen Räumlichkeiten zu durchsuchen. Dabei wurde in erster Linie kontrolliert, dass sich auch wirklich alle im Innenhof versammelt hatten, und erst in zweiter Linie nach irgendwelchen Verdachtsmomenten Ausschau gehalten. Während diese Milites ihre Aufgaben gründlich und gewissenhaft erfüllten, schritt ein Centurio die Reihen ab und besah sich jeden einzelnen Bewohner aufmerksam. Während der Centurio so die Reihe abschritt, erhob Crassus, der etwas im Hintergrund blieb, das Wort:


    Ich grüße euch, Bewohner dieses Mietshauses. Macht euch um euer Hab und Gut keine Sorgen, wir führen nur eine routinemäßige Überprüfung durch, die in Zusammenhang mit einer geplanten Straftat steht. Wenn ihr euch kooperativ verhaltet, sind wir auch schnell wieder weg.


    Der Centurio hatte sich inzwischen jeden einzelnen Bewohner angesehen und hatte Crassus mit einem Nicken das entsprechende Zeichen gegeben. Dieser verstummte daraufhin und der Centurio übernahm das Wort, sobald die Prätorianer, die die Zimmer überprüft hatten, wieder zurückkamen.


    Du, du und du. der Centurio deutete auf zwei finster dreinblickende Männer und auf eine blonde Frau Ihr bleibt hier. Achja, du da auch noch. Dabei zeigte er auf Nicarea Der Rest kann sich in seine Räumlichkeiten zurückziehen und dort warten, falls wir ihn doch noch brauchen sollten.

  • Widerwillig blieb Nicarea stehen, während sich die anderen auf den Rückweg in ihre Zimmer machten. Noch wollte Nicarea an eine Routine Untersuchung glauben; es mußte ein böser Zufall sein, daß ausgerechnet sie vom Centurio ausgewählt wurde. Aber sie begann daran zu zweifeln. Während sie neben die anderen "Auserwählten" trat, dachte sie unaufhörlich daran, ob ihr ein Fehler unterlaufen war.
    Nicarea fiel ihr Streit mit Lucius, dem Handlanger ein. Sie konnte aber nicht daran glauben, daß sich dieser Feigling an die Prätorianer wenden würde. Immerhin hing er selbst mit drin, seiner Haut würde es nicht besser ergehen als ihrer. Schnell verwarf sie also den Gedanken und begnügte sich vorerst damit abzuwarten und das Spiel der Prätorianer mitzuspielen.

  • Crotilo kam mit seinen Kameraden wieder in den Innenhof marschiert. Er war heilfroh aus dieser mehr als schäbigen Insula herausgekommen zu sein ohne dass sie eingestürzt war; Seiner Meinung nach war es nur noch eine Frage der Zeit bis diese Bruchbude zusammenstürzen und ihre bedauernswerten Bewohner unter sich begraben würde. In solschen Momenten war er froh ein Soldat im Dienste des Kaisers zu sein, denn als solcher musste er sich keine Sorgen um einstürzende Wohnstuben und den nächsten Getreidebrei auf dem Frühstücksteller machen.


    Die Durchsuchung der Räumlichkeiten hatte für ihn persönlich nichts besonderes hervorgebracht, die Bewohner hatten nicht einmal irgendwelche Ersparnisse die Crotilo und seine Kameraden sich hätten in die Taschen stecken können... oder er hatte mit seinen Kameraden einfach nur die falsche Stube erwischt, möglicherweise hatte der dumme Spurius und seine Kumpels sich etwas unter den Nagel reißen können. Aber das würde er ihnen heute Abend beim Würfeln ohnehin wieder abknöpfen, das war schonmal klar.


    Schließlich kamen die Gardisten im Innenhof zum Stehen, und einer der Optios erstattete dem Centurio Bericht über die Durchsuchung. Die Bewohner durften nun wohl wieder in ihre Stuben zurückkehren, abgesehen von vier Gestalten, die sehr finster vom Centurio angestarrt wurden. Sah so aus als wären sie hier noch nicht fertig.

  • Der Centurio wartete bis die Bewohner, denen er das Weggehen erlaubt hatte, den Innenhof verlassen hatten, bevor er wieder die vier Gestalten, die jetzt noch im Hof standen, musterte. Beinahe hätte er Nicarea übersehen, da sie sich gut hinter hinter einem großen Burschen zu verstecken wusste. Doch, den Götternseisgelobt, ist ihm noch rechtzeitig das blonde Haar aufgefallen. Andereseits würde er sich schon bald den Löwen in der Arena gegenüberstehen. Denn so ein Versagen vor den Augen des Praefecten wäre nicht zu Dulden gewesen.


    Nach einer Weile blieb er vor Nicarea stehen. Von ihren Informanten wussten die Prätorianer ja nicht sehr viel über die Täterin, sie hatten nur eine grobe Beschreibung. Deswegen kam, wenn überhaupt sowohl diese als auch die andere Blondine in Frage. Aber eine spätere Gegenüberstellung würde sicherlich jeden Zwefeil ausräumen:


    Wie ist dein Name?

  • Nicarea hatte das Gefühl, daß sich die Aufmerksamkeit des Centurio auf sie und die andere Frau konzentrieren würde. Wusste er doch etwas? Noch einmal mußte sie an Lucius denken... und an den Auftraggeber. Aber der hatte keinen Grund, sie zu verraten. Vielleicht aber hatte der Centurio keine Ahnung von ihr und ihren Taten, vielleicht war er einfach nur ein lüsternes Schwein. Nicarea hoffte, daß dem so war.
    Dann stand er vor ihr und fragte sie nach ihrem Namen.


    "Niobe"


    erwiderte sie ohne zu zögern. Nicarea wagte es aber nicht, dem Centurio in die Augen zu sehen. Ihr Blick wanderte unruhig über die Rüstung des Soldaten und über den Boden. Gib ihm keinen Grund, argwöhnisch zu werden, sagte sie sich immerzu.

  • Der Centurio nickte. Er war natürlich davon ausgegangen, dass, sollte Nicarea wirklich hier dabei sein, sie sich auch nicht so dumm anstellen und gleich ihren richtigen Namen in die Welt posaunen würde. Doch einen Versuch war es wert gewesen. Deswegen stellte er sich vor die andere Blondine und fragte diese ebenso nach ihrem Namen. Sie erwiderte ebenfalls einen schönen Namen - allerdings nicht den erhofften. Der Centurio schien dann einige Momente lang nachzudenken, ehe er sich kopfschüttelnd von den vier Leuten entfernte und zu Crassus ging. Der Centurio flüsterte ihm einige Worte in das Ohr. Crassus überlegte ebenfalls einen Moment und gab dem Centurio dann sein Einverständnis. Man würde hier ja zu doch nichts mehr kommen. Während Crassus den Innenhof verließ, wandte sich der Centurio an die verbliebenen Mietshausbewohner:


    Die zwei Männer können gehen, die beiden Frauen kommen mit in die Castra.


    Und um zu Unterstreichen, dass das kein Vorschlag war, näherten sich Prätorianer den beiden Frauen.

  • Nicarea schluckte schwer, als sie die Anweisung des Centurio vernahm. Ihr Blick fiel auf die andere Frau, die neben ihr stand. Hätten die Prätorianer nur eine grobe Beschreibung ihrer Person, würde sie auch auf ihre Leidensgenossin zutreffen.
    Schreckliche Gewissheit erfasste die junge Attentäterin. Ihre Häscher wussten von ihr. Jemand hatte ihnen also einen Tipp gegeben. Es war zu spät für eine Flucht. Sie war umstellt von Soldaten, hatte keine andere Wahl als ihnen in die Castra zu folgen.


    Nicarea machte keine Anstalten sich zu wehren, als sich ihr die Soldaten näherten. Ein schrecklich langer Marsch wartete auf sie, viel Zeit um sich wieder und wieder zu fragen, was schief gelaufen war. Noch hegte sie die leise Hoffnung auf ein gutes Ende. Daß sie aber nicht mehr ungeschoren davonkommen würde, war ihr klar.

  • Die Frauen wurden von je zwei Prätorianern an jeder Seite gepackt und aus dem Innenhof geführt. Auf der Straße sammelten sich derweil die übrigen Prätorianer und nahmen wieder ihre gewohnte Aufstellung an. Die beiden Frauen aus der Insula wurden, ebenso wie eine dritte Frau, die ebenfalls blond war und unter den Zuschauern ergriffen wurde, in der Mitte geführt. So setzte sich, nach einigen lauten Befehlen des kommandierenden Centurios, der Tross ebenso unvermittelt, wie er gekommen war, wieder in Bewegung, um die Frauen in die Castra zu bringen.


    Abgesehen von einer kleineren Abteilung Prätorianer, die damit beauftragt war, die Räume der Frauen zu durchsuchen, erreichten die Centurien schon bald die Verhörräume der Castra.

  • Und so verschwand die Garde wieder, fast so schnell wie sie heranmarschiert war. Crotilo und seine Kameraden setzten grimmige Gesichter auf und bahnten sich ihren Weg durch die Straßen und Gassen, durch das Vierte udn wieder hin zur Castra Praetoria. Wieder einmal hatte man dem Volk Roms die allumfassende Präsenz der kaiserlichen Bluthunde gezeigt!

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!