[castellum] - Ein Schrei in der Dunkelheit

  • Cyrus, einer der Sklaven der städtischen Wasserversorung, hatte etwas gehört und war im anschluss direkt zu mir gekommen. Er schüttelte sich und war voller angst, als wäre er dem, dessen namen man unweigerlich nicht auszusprechen gedachte, leibhaftig begegnet. Es dauerte einige minuten bis ich ihn soweit hatte und er mir in einigermaßen verständlichen worten, aber immernoch nervös und aufgeregt bei mir sitzend, seine Erkenntnisse schilderte.


    Cyrus hatte einen Schrei gehört, einen tiefen gurgelnden schrei. Er kam direkt aus dem südlichen wasserkastell, dort wo die Wasser über die Leitungen aus Fontanetum in die stadt geleitet wurden. Es klang beinahe so, als sei jemanden in die tiefen becken gefallen und von der reißenden Strömung nach unten gezogen worden. Cyrus hatte nachgesehen. Als einer der wenigen hatte er selbst einen schlüssel zu dem gebäude, doch in dem trüben Licht des Raumes konnte er nichts sehen. Dann war ohne Zögern gleich zu mir gerannt in meine kleine Wohnung, wo ich mich gerade auf den weg in die Thermen machen wollte, um einige tiefgehenderen Informationen über die ausmaße der hiesigen wasserleitungen zu bekommen. Dem entsprechend überrascht traf er mich, kreidebleich und außer Atem - er musste gerannt sein - auf der Ballustrade im dritten Stock des fünfstöckigen Mietshauses.
    Nach einer kurzen aufbereitungsphase schlugen wir gemeinsam schließlich den weg in südlicher richtung, aus der die Schreie zu vernehmen waren ein.

  • Wir erreichten das wassercastell am südlichen Stadtrand. ich holte meinen schlüssel hervor und zog ihn durch das Schloss. die Tür öffnete sich. dabei schleifte sie über den steinboden. das permanente Rauschen, das in dem dunklen Gewölbe zu vernehmen war, hatte sich längst in meinen kopf eingebrannt, dass ich es gar nicht mehr gesondert wahrnahm. es war feucht und nass. Cyrus ging voran und führte mich zu dem hinteren becken, aus deren richtung er die schreie meinte vernommen zu haben.
    Über eine hölzerne stiege kletterte ich hinauf zum rand des Beckens. hier in der Höhe direkt unter der decke musste ich meinen Kopf einziehen, um nicht gegen die schweren querbalken, die direkt darunter angebracht waren zu stoßen. das Wasser war kalt, tief und dunkel, so ohne hilfsmittel war da nichts zu erkennen. Wenn hier ein mensch ertrunken war, so musste er zwangsläufig wieder auftauchen. doch das Wasser war ruhig, nur das permanente rauschen des sprudelnden wassers durchbrach die stille. ich zog meinen Kopf zurück und sah hinunter zu Cyrus.


    "du bist sicher, dass er hier reingefallen ist ?" Cyrus nickte. Ich überlegte. wenn nun ein Tier hier hineingefallen war, aber das war unmöglich. Wie konnte da ein Mensch...? Ich kletterte wieder die Leiter herab. "Es hilft nichts. Erkennen kann man da nichts ohne entsprechendes Gerät. Hol die langen Stäbe, die Gewichte, die Netze, wenn da etwas größeren ausmaßes reingefallen ist, finden wir es." Das war ein befehl und Cyrus beeilte sich, ihn auszuführen.

  • Das monotone Fischen in dem trüben Gewässer in der Hoffnung, etwas zu entdecken, möglicherweise war es ja auch "nur" ein tier, aber selbst das war schon eine mittleres malheur, erwies sich als äusserst mühevoll und aussichtslos. Es war viel zu dunkel und der dazugehörige platzmangel tat sein übriges dazu.


    "Cyrus, es hilft nichts. wir müssen an dieser Stelle die einlassrohre verschließen und das wasser abführen, vielleicht finden wir so etwas. Das bedeutet, dass dem südlichen Teil der stadt für eine Zeit das wasser ausgehen wird. Lauf los und informier die Duumvire ! sie müßten sich zu der Zeit in der Basilica aufhalten."


    Cyrus nickte und war schon verschwunden, während ich alles für die operation vorbereitete.

  • Vom Sklaven informiert und geführt kam ich letztendlich an der Stelle an wo der Aquarius zuletzt gewesen sein sollte und wo er noch war.


    " Salve Titus Didius, ich bin Numerius Hadrianus Capitolinus, Duumvir von Mogontiacum.
    Dein Sklave hier hat mich nur grob informiert, also worum geht es genau?
    Er meinte das das südliche Mogontiacum eine weile kein Wasser bekommen würde, warum das?
    "


    2 Wochen im Amt und schon solche Probleme, nunja, feuerproben gab es ja überall, also schauen wir dochmal was der Grund für den aufruhr ist.

  • Das war der also der Duumvir. Ich hatte ihn bisher noch nicht zu gesicht bekommen, er wirkte germanisch, mit Sicherheit kein echter römer. Ich machte einen schritt auf ihn zu, um ihn zu begrüßen.


    "Salve Duumvir ! So ist es, mein Mitarbeiter hatte was verdächtiges gehört, scheinbar ist was in die Auffangbecken geraten. Um ganz sicher zu gehen, müssen wir der sache aber auf den Grund gehen, dass heißt, wir sperren die Rohre ab und lassen die Wassermengen auslaufen. Das ganze dürfte etwa 6 - 10 Stunden dauern. es wäre gut, wenn du die Bevölkerung darauf einschwörst, dass keine unliebsamen Überraschungen geschehen."

  • Es ist was in die Auffangbecken geraten? Was ist bitte WAS?


    "Wovon sprechen wir hier, was könnte hier unten, ausser Ratten, in die Auffangbecken geraten sein?


    Ich werde die Bevölkerung vorwarnen betreffs des Wassermangels das man sich vorher Vorräte für die Stunden zulegen konnte oder halt sich was aus dem östlichen Stadtteil was besorgt.


    Wenn du weitere Männer brauchst um das schnell zu erledigen, fordere sie an, du solslt sie bekommen.


    Komme doch später wenn das erledigt ist in mein Officium, ich wollte eh bald mit dir sprechen."


    Ich sah kurz noch über das Geländer hinab in das Becken wandte mich kurz an den Aquarius erneut lies ein " Vale" verlauten und lies mich dann hinaus führen, alleine würd ich den Weg sicher nicht so schnell finden.

  • Perplex stand ich da, als sich der duumvir abdrehte und nach seinem Monolog wieder gegangen war. Ein sonderbarer Mensch, dachte ich. Er hatte gar keine fragen gestellt. um ehrlich zu sein hatte ich mit mehr bürokratischen Hemmnissen gerechnet. genaugenommen hatte ich keine Beweise, ich wußte nicht, was sich da unten in dem Bassin befand, es war eine vage vermutung, ein Verdacht, aufgrund Hörensagens meines Untergegebenen Cyrus. Dass der Duumvir da so bereitwillig in meine pläne einstimmte, verwirrte mich. einem ganzen Viertel das Wasser abzugraben, war mit sicherheit keine Leichtigkeit. das konnte Unruhe geben.
    Doch ich beschäftigte mich nicht weiter damit, sondern war froh, dass widererwarten die Sache vorab weniger probleme machen würde. Schwierigkeiten kämen noch genügend hinzu.


    "Cyrus, veni ! komm, jetzt drehen wir den Zufluss ab. bist du soweit ? Danach kann es sich nur um ein paar stunden handeln."


    Wir machten uns an den Winden und Kurbeln, Seilen und Zügen zu schaffen. da es schon dunkel wurde, beauftragte ich Cyrus, einige Fackeln zu besorgen. sie erhellten uns den raum. Mit eisernen Willen und fester Stärke zurrten wir den Automatismus in bewegung, was eine enorme Kraftanstrengung gewesen war, da wir gegen die strömung des wassers anzukämpfen hatten. Balddarauf hatten wir es geschafft und die schleusen waren verdichtet. Allmählich ebbte der geräuschpegel des rauschenden Wassers ab. die hohe Luftfeuchtigkeit und der Schweiss der anstrengenden Arbeiten setzte uns und mir im besonderen zu. Seit meiner armeezeit war ich nicht mehr der jüngste und die kräfte ließen langsam nach.


    "Das wäre geschafft..."

  • das leere Bassin, aus dem in den letzten stunden das wasser abgelaufen war, war tief und schwarz. Man konnte den aufprall einer Münze hören, die auf den Boden hinunter geworfen worden wäre. Wir ließen eine fallleiter die kahle innenwand hinab und Cyrus ging voran, und leuchtete mir den Weg hinab mit fackeln. Es gehörte zu den unangenehmen aufgaben, die in den verantwortungsbereich eines städtischen Aquarius gehörten, doch alle widerstände waren vergebens, denn hatte sich da unten wirklich etwas niedergelassen, so war höchste Eile bei der aufklärung geboten.


    "Siehst du schon etwas ?" fragte ich Cyrus, der wenige schritte unter mir bereits bodenkontakt hatte. Der grund des Beckens war aus Lehm, er war feucht und gab nach, wenn man auf ihm herumlief und wir unsere Fussabdrücke auf ihm hinterließen.
    Wir hielten die fackeln dicht über dem Boden und tasteten uns vorwärts von einer ecke in die andere. Es war ruhig, erschreckend ruhig, kein Laut drang aus den Tiefen des Castellum. nur der eigene Atem saß uns im Nacken.


    Aufeinmal stieß Cyrus auf etwas. Er blieb abrupt stehen und leuchtete mit dem lodernden feuerschwall seiner brennenden fackel direkt in das Gesicht eines Mannes, welcher regungslos im schlamm des Bodens lag. seine Augen waren geweitet, starr vor angst, ein unnatürlicher und furchterregender Anblick, sein schwarzes haar war nass und dreckig. Er lag dort zusammengekauert wie ein hund mit offenen mund. Er war tot.

  • Der Tote war offensichtlich erst vor wenigen stunden in das becken geworfen worden, irgendwann in den frühen morgenstunden, wenn es noch dunkel war und die nächtliche Patrouille in regelmäßigen abständen ihren gang durch die innerstädtischen strassen und wege machte. Es war klar, dass die Ermittlungen auch in diese richtung gehen würden.


    Der leblose Körper war völlig durchnässt. die haare klebten an seinem Kopf wie die Tunika, die er am körper trug. offensichtliche Gewalteinwirkungen auf der Leiche waren nicht zu erkennen.


    "Los, hilf mir, den Leichnam das becken hinauszuhieven."


    Leichter gesagt, als getan. Der Körper der leiche war nicht ohne Gewicht und die Leiche auf dem rücken die wackelige fallleiter hinauf war eine beinahe Unmöglichkeit. Kurzerhand ließen wir daraufhin ein zweites seil hinab, das wir an dessen ende um die Taille des toten Körpers legten, womit wir diesen dann zu zweit die drei fuss hohe Wand hochzogen.


    Nach einer kraftanstrengung hatten wir - Cyrus und ich - das auch geschafft und die Leiche lag immernoch durchnässt vor uns auf dem blanken steinboden. Dann kam mir eine Idee.


    "Los Cyrus, lauf zu dem Lager der vigiles und lass Dir Auskunft geben über den genauen verlauf der patrouillen in der letzten Nacht, wege, wachwechsel, pausen, alles, was wichtig ist ! Sag', dass du von mir kommst ! Melde dich sobald wie möglich wieder bei mir. ich werde inzwischen einen medicus verständigen."


    Damit beendete ich meinen satz und Cyrus beeilte sich, den in ihm gesetzten auftrag auszuführen.

  • Man hörte ein Geräusch im Castellum und ein leicht bekleideter Scriba oder Diener kam die Gänge hinunter.
    Er sah sich um und fand den Aquarius vor einer Leiche knien.
    Angewidert schaute er auf die Leiche und wendete sich danach an den Aquarius.


    " Salve Aquarius, der Duumvir Numerius Hadrianus Capitolinus wünscht ein Gespräch mit dir in seinem Büro und einen Bericht über den Verlauf der Arbeiten an der Wasserversorgung.


    Soll ich ihm was ausrichten?"


    Der Kerl trat nervös von einem Fuß auf den anderen, die Leiche machte ihn nervös.

  • Ich sah den Diener an. ausgerechnet jetzt, dachte ich, wo der Medicus noch nicht eingetroffen war und Cyrus jederzeit von den von mir übermittelten Auftrage zurückkommen würde.


    "In Ordnung, ich werde sobald wie möglich zu ihm kommen." gab ich dem Boten die gewünschte antwort, worauf sich jener verziehen konnte.


    Der Medicus kam. Er hieß Hortenius, war hager, dünn und von kleiner Gestalt. Er doktorte eine zeit an der Leiche herum. dann drehte er sich wieder zu mir und sprach mit einer dünnen und hohen Stimme:


    "Dieser junge Mann ist zweifelsfrei tot, ...ja, er war ein junger Mann. Sein Alter mag um die 20 gewesen sein. Zähne und Knochenbau sind in einem gesunden Zustand wie sie bei einem alten Menschen nicht mehr vorkommen."


    Er kicherte.


    "Und was kannst Du mir über die Todesursache sagen, Hortensii ?" fragte ich neugierig.


    "Das ist nicht leicht zu ermitteln. Sein Körper weist Druckstellen auf, und ein paar Knochen sind gebrochen. Vielleicht eine Schlägerei, möglicherweise auch nur die Folge eines Aufpralls, e.g. gegen den Beckenrand."


    Er schüttelte den Kopf, als er sein Instrumentarium zusammenpackte, so als wäre alles Übel gerade unvorstellbar in seinen Augen. Dann verabschiedete er sich. Doch just in dem Moment kam Cyrus herein. Man merkte ihm an, dass er gerannt war und sich beeilte, mich noch zu erwischen.


    "Und Cyrus, was gibt es ?"

  • Cyrus war immernoch außer atem. als er sich beruhigt hatte, begann er zu erzählen...


    "...und dann gaben sie mir einen Namen, Calpetanus war seiner, zweiter Optio der stadtwache und zuständig für das Gebiet südlich des praetoriums. Er hatte nachtwache während der 4. und 7. stunde der Nacht. Sie gaben mir eine adresse, dort, wo er für gewöhnlich zu finden sei, doch er machte nicht auf. Er ruhte noch von der letzten Nacht. Wir sollten versuchen, ihn am abend abzupassen, vor Beginn seiner wache. Ich habe die Anschrift eines Lokals, wo jener jeden abend eine Stärkung zu sich zu nehmen pflegt."


    Damit endete Cyrus' vortrag und ich nickte ihm zu. "Du hast gute arbeit verrichtet. Los jetzt hilf mir, den Leichnam hier wegzuschleppen. Dort hinten ist ein guter platz für ihn. Die Duovires warten, und du erkundigst dich bei den Anzeigen, ob es vermisste gibt, auf die die Beschreibung unseres toten Freundes hier passt."


    damit war alles gesagt und getan, und wir trennten uns wieder...

  • Geführt vom Aquarius Titus Didius Gordianus erreichte ich den Ort, wo der Mord stattgefunden hatte. In letzter Zeit fanden hier in Mogontiacum für meinen Geschmack viel zu viele Morde statt. Aber eventuell stand dieser Mord im Zusammenhang zu dem Mord an unserem CS, so dass ich nur einen Täter fassen müsste.

    " So, Aquarius Didius, wo genau ist denn jetzt die Leiche. Ich vermute mal das man sie zur Seite geschafft hat?"

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