cubiculum Helena | Die Aussprache

  • Eine Nacht hatte ich im Delirium verbracht, vom Tag darauf gar nicht erst zu reden. Einzig Cadhla hatte ich zu verdanken, dass mir das Gespräch noch bevorstand, welches ich nicht führen wollte und daher so lange vor mir hergeschoben hatte. Der erste Gedanke nach dem Erwachen indes hatte Helena gegolten, doch nicht ihr als Person, sondern ihren Worten, welche einer regenschwangeren Wolke gleich über mich hereingebrochen waren. Waren wir denn alle verrückt in diesem Hause? Wie lange hatte ich darüber nachgesannt, was ich ihr sagen, wie ich ihr schonend erklären sollte, dass ich scheinends einfach dazu bestimmt war, keine engeren Beziehungen zu führen. Nur ob sie mir Gehör schenkte, mir glaubte - dies stand auf einem anderen Blatt.


    Mit zunehmender Nähe zur Tür des Zimmers, hinter welcher ich Helena wähnte, wurden meine Schritte langsamer. Es war nun bereits früher Nachmittag, und vielleicht war sie auch gar nicht zugegen. Schließlich blieb ich stehen und hob die Hand, um zu klopfen, was ich jedoch noch hinauszögerte. Ich hatte ein Geräusch gehört. Was bedeutete, dass sie anwesend war. An einen Rückzieher war nun nicht mehr zu denken, ich wäre nichts weiter als ein feiger Hund, wenn ich mich nun umwandte und wieder ging. Und jemand, der eine Verlobung ohne das Wissen seiner Verlobten gelöst hatte, würde vor seiner Cousine auch keine Angst haben. So einfach war das. Ich sog die Luft ein und klopfte.


    In den auf das Klopfen folgenden, stillen Sekunden wünschte ich mir insgeheim, sie sei nicht gesellschaftsfähig und würde mich nun ihrerseits auf ein andermal vertrösten, doch dann erklang die ungewünschte Aufforderung zum Eintreten, und ich leistete - wenn auch widerstrebend - Folge. Mein Blick wanderte sogleich zum Frisiertisch, vor welchem die meisten Frauen oft und gern saßen, und tatsächlich fand mein Blick auch Helena da und kämmte sich die Haare. Ich strich geistesabwesend die dunkelgrüne, goldverzierte tunica glatt und steuerte langsam durch den Raum. "Helena", sagte ich schlicht als Begrüßung und blieb dann stehen, untätig. Mein Kopf war mit einem Mal wie leergefegt, alle sorgsam zusammensortierten und zurechtgelegten Worte und Begründungen fortgewischt. Etwas verloren stand ich in dem großzügig und edel ausgestatteten Raum, auf halber Strecke feststeckend. Ich blickte in den Spiegel und durch ihn in Helenas Antlitz. Das meine sah ich ebenfalls: Eine Mischung aus stoischer Ruhe und Ausdruckslosigkeit zierte es - den Göttern sei Dank.

  • Der Tag war bis jetzt recht ereignislos verstrichen. Helena hatte sich mit unnützen Dingen beschäftigt, um nicht zu sehr nachdenken zu müssen. Es war ihr mehr oder weniger gelungen. Schließlich hatte sie sich dazu entschloßen ein Bad zu nehmen. Eigentlich tat sie das meistens am Abend, oder aber am frühen Morgen, aber sie hoffte in dem heißen Wasser wenigstens ein bißchen Entspannung zu finden. Marina hatte ihr Bestes getan um sie aufzumuntern, aber Helena konnte ihre Nähe nicht ertragen. Schließlich hatte sie sie hinausgeschickt. So kam es auch, dass sie alleine war als es an ihrer Zimmertür klopfte. Helena, die sich gerade gedankenverloren die Haare gekämmt hatte, hielt in der Bewegung inne und seuftze genervt. Sicher war es wieder Marina oder eine der anderen Sklavinnen, die ihr etwas Gutes tun wollten. Einen Moment zögerte sie. Vielleicht war es besser so zu tun als würde sie schlafen, doch dann entschied sie sich doch anders.


    Diesen Entschluß bereute sie sofort. Auf ihren Ruf hin öffnete sich die Tür und Marcus trat ein. Helena zuckte fast unmerklich zusammen und all die Gefühle, die sie so verzweifelt versucht hatte zu unterdrücken schlugen wieder über ihr zusammen. Ihre Hand fing an zu zittern und damit er es nicht merkte fuhr sie fort ihre Haare zu kämmen. Durch den Spiegel beobachtete sie, wie Marcus näher trat. Sie wollte nicht das er hier war! Sie wollte nicht hören was er ihr zu sagen hatte! Helena kämpfte darum einen möglichst neutralen Gesichtsausdruck zu behalten. Sie war blaß geworden, dass konnte sie an ihrem eigenen Spiegelbild sehen.


    "Marcus! Was willst du?"


    Zu ihrer eigenen Überraschung klang ihre Stimme fest, wenn auch ein wenig tonlos. In seinem Gesicht war nicht zu erkennen was er gerade dachte. Ja, die römische Erziehung war in diesem Zusammenhang ein Vorteil. Helena löste ihren Blick von seinem Bild im Spiegel und starrte auf ihre Lippen. Ihre Hand krampfte sich um den Stiel der Bürste. So fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Hätte sie sich doch bloß nicht dazu hinreißen lassen ihm ihre Gefühle zu gestehen.

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  • Die Abwesenheit von Sklaven erstaunte mich zugegebenermaßen etwas, insbesondere unter dem Aspekt, dass Helena scheinbar soeben ein Bad genommen hatte. Eine Winzigkeit eher, Marcus... Plötzlich war sie aschfahl geworden, und die strähnigen, nassen Haare verstärkten den Kontrast noch. Als unsere Blicke sich im Spiegel trafen, hielt ich ihr stand, und schließlich war sie es, die den Augenkontakt löste und etwas anderes betrachtete.


    Ihre abweisende Stimme bewirkte, dass ich mich wieder auf das Wesentliche konzentrieren konnte, und schlussendlich löste ich mich von dem Platz, an dem ich kurzzeitig festgewachsen war, um mich ihr zu nähern. Bei ihrem nächsten Haarstrich griff ich nach der Bürste und nahm sie ihr schlicht und ergreifend weg, drehte sie einen Moment unschlüssig in den Händen und legte sie dann auf das Tischchen aus dunklem Holz vor sie hin. "Reden." Ich hatte überlegt, ob es nicht sinnvoller sein würde, wenn ich sie weiter kämmte, da ich ihr Gesicht nur durch den Spiegel hindurch würde betrachten können. Eine künstliche Barriere sozusagen, die eigentlich keine war. Andererseits wäre sie wohl kaum glücklich mit mir als Kämmendem, ich war darin nicht geschickt und würde sie wohl nur unnötig quälen.


    Ich sah mich kurz um, erspähte einen Stuhl und zog ihn heran, mit der Lehne zu Helena, und setzte mich darauf. Die Arme legte ich locker oben auf die Lehne, das Kinn bettete ich auf die Arme. In dieser Weise sah ich meine Base aufmerksam an. Sie hatte mir dieses Geständnis gemacht, also würde sie ganz bestimmt nun auch anfangen zu sprechen. Immerhin hatte ich mich schon dazu überwunden, überhaupt herzukommen. Ich fand, nun war sie an der Reihe.

  • Helena war nicht in der Lage dazu irgendetwas zu tun als Marcus ihr die Bürste aus der Hand nahm. Zum einen kam es sehr überraschend, zum anderen schien seine Anwesenheit sie regelrecht zu lähmen. Ihre Hände berührten sich, aber nur kurz, bevor die Bürste verschwand. Helena sah einen Moment auf diese Stelle, bevor sie die Hand sinken ließ und sie zusammen mit der anderen in ihrem Schoß verbarg. Er wollte also reden? Ihre Lippen verzogen sich zu einem sarkastischen Lächeln, doch sie schwieg, während Marcus sich einen Stuhl heranzog. Dann jedoch, als er neben ihr saß und sie seine Augen auf sich ruhen spürte, antwortete sie ihm.


    "Du wilst also reden? Interessant, wo ich doch gedacht habe, dass dieses Gespräch schon gestern hätte stattfinden sollen. War es dir vielleicht doch nicht wichtig genug? Oder warst du etwa bei deiner Verlobten? Sicherlich habt ihr euch köstlich über mich amüsiert, nicht wahr?"


    Ihre Stimme klang bissig und zeigte deutlicher als ihr lieb war, wie verletzt sie war. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, kneteten den Stoff ihres Morgenmantels. Warum sah er sie so an? Helena wandte ihre ganze Kraft auf und sah zu ihm. Zu gerne würde sie wissen, was er gerade in ihren Augen sah. Die Gefühle in ihrem Inneren spielten verrückt und sie konnte selbst nicht sagen, welches Gefühl gerade Oberhand hatte.


    "Taten sagen manchmal mehr als tausend Worte, Marcus. Reden ist also nicht mehr notwendig."


    Sie wandte den Blick wieder ab und straffte die Schultern. Zumindest nach außen hin wollte sie den Anschein wahren. Sie wollte stark sein, auch wenn sie es nicht war. Trotz war im Moment das Einzige, das ihr half diese Situation zu überstehen.

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  • Ganz allmählich runzelte sich meine Stirn. Der sarkastische Ton war mir zuwider, doch ich konnte nachvollziehen, warum sie so reagierte. Also sprang ich nicht auf dieses Pferd auf, sondern bemühte mich, ruhig und gefasst zu bleiben, was mir letztenendes nicht schwer fiel. Ich blickte auf ihre arbeitenden Hände, schloss kurz die Augen und sah sie dann neuerlich an. Ganz offensichtlich war sie aufgewühlt, zornig und vor allem verletzt. Diese Mischung ließ schließlich den Trotz hervorbrechen, den ich von damals noch kannte. Früher hatte sie oft so reagiert, ehe ich nach Griechenland geschickt worden war, um dort eine angemessene Ausbildung zu absolvieren. In letzter Zeit war mir dieser Ton fremd geworden, Helena war zur Frau gereift. Nur kurz musterte ich sie noch im Ganzen, dann legte ich den Kopf etwas schief und betrachtete nur ihr Gesicht.


    "Ich habe zu viel getrunken. Mir ging es nicht gut. Du solltest froh sein, dass Cadhla mich zurückgehalten hat, denn ich war schon halb auf dem Weg hierher, was gewiss nicht angenehm für dich geworden wäre", erwiderte ich leise und hielt kurz inne. Sollte ich von Deandra erzählen? Ich entschied mich vorerst dagegen, denn es war einfach nicht relevant. Später war immer noch Zeit. "Es erfordert Mut, jemandem das zu gestehen, was du mir gestanden hast", bemerkte ich nach einer Weile in Ermangelung besserer Worte, die den Gram aus Helenas Gesicht würden vertreiben können. "Und es tut mir leid, dass ich nicht eher zum Reden gekommen bin." Was faktisch stimmte. Immerhin war Helena stets für mich da gewesen, wenn ich jemanden gebraucht hatte.

  • Marcus ging nicht auf ihren sarkastischen Unterton ein, sondern blieb weiterhin ruhig und gelassen. Helena hasste ihn dafür! Sie spürte, wie sich ihre Kehle zuschnürte. Zuviel getrunken... Das konnte durchaus die Wahrheit sein. Immerhin war das Fest bis spät in die Nacht gegangen. Aber hätte er sich nicht ein wenig zurückhalten können? Immerhin war er es gewesen, der das Gespräch am nächsten Tag vorgeschlagen hatte. Er hatte mit Sicherheit keine Ahnung wie sie sich gefühlt hatte. Helena hatte auf ihn gewartet, hatte bei jedem Geräusch zur Tür geschaut. Eine Folter der ganz besonderen Art. Nein, er wusste es nicht und er konnte es ihr wahrscheinlich auch nicht nachfühlen.


    "Tja, und jetzt bist du hier..."


    Mit einer hastigen Bewegung stand sie auf und ging ein paar Schritte von ihm weg. Sie floh aus seiner Nähe, genauso wie bei ihrem letzten Gespräch hier im Zimmer. Sie zog den Mantel enger um ihren Körper und senkte den Kopf. Was sollte sie jetzt sagen? Er fand ihr Geständnis mutig. Und weiter? Das brachte ihr nicht viel, half ihr überhaupt nicht weiter. Der Kloß in ihrem Hals schmerzte und sie bemühte sich krampfhaft ihn hinunter zu schlucken. Die Tage an denen sie glücklich gewesen war schienen ihr weit entfernt.


    "Was willst du denn jetzt von mir hören? Das ich gelogen habe? Wäre das einfacher für dich? Das kann ich nicht, denn es ist die Wahrheit. Ich kann es nicht mehr ungeschehen machen." Plötzlich wandte sie sich ruckartig zu Marcus herum. Tränen standen in ihren Augen, doch noch konnte sie sie zurückhalten. "Sag mir was ich tun soll!"

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    Einmal editiert, zuletzt von Aurelia Helena ()

  • Stumm musterte ich meine Cousine. Sie war recht hübsch, trotz der Blässe in ihrem Gesicht und der paar Kilos, die ihr auf den Rippen vielleicht fehlen mochten. Unbehagliches Schweigen breitete sich aus, und ich warf einen Blick zu der Bürste, in der sich ein paar der dunkelbraunen Haare verfangen hatten während des Kämmens. Plötzlich entfernte sich Helena. Eine schnelle Bewegung, die man gut mit einer Flucht vergleichen konnte. Sie schien verzweifelt, ein Umstand, den ich in puncto Liebe nicht ganz nachempfinden konnte, wohl aber im Bezug auf den Tod meiner Eltern. Und plötzlich zierte eine verkniffene Miene aus Nachdenklichkeit und Mitleid mein Gesicht.


    Helenas Ausbruch traf mich, und ich musste einiges an Kraft aufbringen, um nicht ihrem Blick auszuweichen und zur Seite zu sehen. Ihr Anblick, vor allem die Tränen, berührten mich indes mehr als es ihre Worte vermochten. Ich hatte es nie leichtfertig hinnehmen können, wenn Frauen weinten, erst recht nicht durch mein Verschulden, ob beabsichtigt oder nicht. Beklommen stand ich schließlich auf, nachdem das Schweigen sich abermals im Raum ausgebreitet hatte. Für einen Moment unschlüssig, verweilte ich kurz an Ort und Stelle, dann ging ich auf Helena zu, schloss sie in meine Arme und drückte sie an mich. Eine Hand ruhte auf ihrem Hinterkopf und zwang sie mit sanfter Gewalt, den Kopf an meine Brust zu betten. Meinen eigenen lehnte ich an den ihren. Vermutlich war das nicht unbedingt die praktischste Lösung, immerhin hatte ich ihr zu sagen, dass ich nicht der sein konnte, den sie sich wünschte - meine eigenen Gedanken diesbezüglich hin oder her. Dennoch erschien mir diese Handlung als die einzig sinnige, denn wenigstens konnte ich so den Versuch starten, sie zu trösten. Selbst wenn sie jetzt fort wollte, hielt ich sie dennoch fest. Der angenehme Duft ihrer frischgewaschenen Haare stieg mir in die Nase. Erst nach einer ganzen Weile lockerte ich die Umarmung etwas. Ich wollte etwas entgegnen, doch was? Jedes Wort schien falsch zu sein, würde wie blanker Hohn in ihren Ohren klingen. Wo waren die sorgfältig zurechtgelegten Worte hin? Ich schien sie beim Eintreten abgestreift zu haben. "Ich hab dich sehr gern, Helena", flüsterte ich unbeholfen und in Ermangelung besserer Worte, froh darüber, sie dabei nicht auch noch ansehen zu müssen.

  • Hatte er Mitleid mit ihr? Helenas Augen verengten sich zu Schlitzen während sie ihn musterte. Nun endlich zeigte auch er eine Gefühlsregung, aber ob ihr das gefallen sollte wusste sie nicht. Sie wollte kein Mitleid! Aber immerhin zeigte er nun, dass ihm die Situation nicht vollkommen egal war. Als er aufstand und auf sie zukam wich sie instinktiv einen Schritt zurück. Fast hätte sie abwehrend die Hände gehoben, aber sie tat es nicht. Eine Antwort bekam sie nicht, aber stattdessen schloß er seine Arme um sie und drückte sie an sich. Helena sträubte sich. Zuviel Nähe! Wie sollte sie da einen klaren Gedanken fassen?! Doch der Widerstand hielt nur kurz. Mit geschloßenen Augen lehnte sie ihren Kopf gegen seine Schulter und sog seinen Duft ein. Innerlich jedoch war sie immer noch aufgewühlt. Mit dieser Reaktion hatte sie nicht gerechnet und sie wusste nicht wie sie damit umgehen sollte.


    Schon einmal hatten sie so dagestanden und in Helena hatte ein kleiner Hoffnungsfunke geflackert. Dann jedoch...zu genau erinnerte sie sich nach daran, dass er geglaubt hatte sie wäre schwanger. Der Hoffnungsfunke war gestorben. Deswegen weigerte sie sich jetzt in dieser Umarmung mehr zu sehen als Mitleid. Schon wollte sie sich von Marcus lösen, doch dann hörte sie eine Worte. Leise nur, fast geflüstert. Helena schnappte kurz nach Luft und schüttelte dann den Kopf. In ihr krampfte sich etwas zusammen und der Funke war wieder da. Gegen seinen Griff ankämpfend schob sie Marcus ein kleines Stück von sich fort.


    "Und was bedeutet das? Für mich?...für uns...?"


    Ihre Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Helenas Herz schlug schmerzhaft gegen ihre Rippen. Ihr Blick hing an seinen braunen Augen. Sie suchte nach etwas, was den Funken in einen Flächenbrand verwandeln würde.

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  • Es kam, wie es kommen musste. Nicht einmal annähernd so lange, wie ich gehofft hatte, hatte Helena sich Zeit gelassen für diese Frage. Dass ich sie damit mehr verwirrte als ihr half, leuchtete mir nicht ein. Ich sah zu ihr herunter, was möglich war, da sie etwas abgerückt war von mir. Die blauen Augen strahlten aus dem käsigen Gesicht wie zwei kleine Leuchtfeuer inmitten einer rabenschwarzen Nacht. Die Hoffnung darin war unschwer zu erkennen. Sie verursachte einen deftigen Kloß in meinem Hals. Ich hasste diese Situation, und ich hasste mich sogar selbst dafür, dass ich das sagte, was nur wenig später über meine Lippen kam. Lippen, die nur unwesentlich von den ihren entfernt waren. Vermutlich hätte ich diese Situation mit dem benebelten Kopf vom gestrigen Tage schlichtweg ausgenutzt, ohne an die Folgen zu denken. Es war gut, dass Cadhla mich zurückgehalten hatte. Ich sah zur Seite. Dabei konnte ich nicht in ihre Augen sehen. Die Enttäuschung, die Wut, die Trauer - all das wollte ich nicht sehen.


    "Du bist meine Base", sagte ich halbherzig, als würde das allein schon alles erklären, was es natürlich nicht tat. "Es darf nicht sein. Du weißt, welche Strafe auf Inzest steht. Helena, ich..." Ich schluckte, doch der Kloß verschwand nicht. Warum auch hatte immer ich die ganze Scheiße am Arsch! ich atmete gepresst aus und sah sie nun doch an. "Ich habe die Verlobung gelöst. Und ich weiß einfach nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Titus ist mir gram - Menecrates vermutlich ebenfalls, von Deandra ganz zu schweigen -, das Theater war ein Fiasko, die vestalis maxima ist tot... Ich habe jetzt schlichtweg keinen Kopf dafür. Es ist...verzwickt. Ich hab dich wirklich sehr gern, aber... ich möchte die Helena haben, die du, hm, vorher warst." Ein Stück meiner Deckung war dahin, ich selbst hatte sie niedergerissen, indem ich preis gab, was mich derzeit bewegte. Zumindest einen Teil davon, denn es gab noch mehr Unschönes. Hoffend sah ich zu Helena hinunter. Ich hoffte wirklich, dass sie meine Worte nicht missverstand.

  • Ihre Suche war erfolglos. Schon bevor Marcus seinen Kopf abwandte, um sie nicht mehr ansehen zu müssen, wusste sie, dass ihre Hoffnung wieder einmal umsonst gewesen war. Seine Worte drangen auf sie ein, viel zu schnell, als das ihr Geist, der irgendwie langsamer arbeitet als sonst, alles sofort fassen konnte. Doch die Aussage dahinter war mehr als verständlich. Helena wartete darauf, dass sich die Wut bemerkbar machte, die Trauer, vielleicht auch der Hass, aber alles was sie fühlte war eine schwarze, schwere Leere, die sich in ihr ausbreitete.


    Du weißt welche Strafe auf Inzest steht. Natürlich wusste Helena das. Es war ja nicht so, dass sie sich darüber keine Gedanken gemacht hatte. Aber konnte Liebe, wahre Liebe, so falsch sein?


    Ich hab die Verlobung gelöst. Helena konnte es kaum glauben. Aber warum sollte Marcus sie anlügen? Zu soetwas wäre er in dieser Situation nicht fähig. Wie lange hatte sie darauf gewartet, dass er genau das sagen würde? Mittlerweile wusste sie aber, dass Deandra nie das wirkliche Problem gewesen war.


    Ich hab jetzt schlichtweg keinen Kopf dafür. Keinen Kopf dafür....Er tat ihr Geständins damit einfach ab. Wertete es hinunter, als hätte sie ihn nur gefragt, ob sie zusammen einen Spaziergang machen könnten.


    Die Leere begann sie auszufüllen. Sog jedes Gefühl auch noch aus den letzten Winkeln ihren Körpers. Helena bekam Angst, denn soetwas hatte sie noch nie gespürt. Irgendetwas musste sie dagegen tun. Blitzartig hob sie die Hand und verpasste Marcus eine schallende Ohrfeige. Ihre Finger kribbelten, doch das war auch alles was sie fühlte. Immernoch keine Wut, keinen Zorn. Helena begann zu zittern und in ihren Augen flackerte es kurz, bevor sie Marcus an sich riss, sich auf die Zehenspitzen stellte und ihn stürmisch küsste. Sie presste ihren Körper an seinen und wartete auf das Gefühl von Liebe, von der leichten kribbelnden Erregung, die sie immer gespürt hatte in seine Nähe, aber auch das blieb aus. Schießlich ließ sie von ihm ab und trat mit einem leisen Keuchen von ihm fort. Ihr Gesicht wurde zu einer eisigen Maske, ein Spiegelbild ihres Inneren.


    "Die Helena von früher gibt es nicht mehr, Marcus. Und sie wird auch nie wiederkommen."

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    Einmal editiert, zuletzt von Aurelia Helena ()

  • Von der aufkommenden und sich ausbreitenden Leere in ihrem Inneren bemerkte ich natürlich nichts. Von außen war soetwas ja schlichtweg nicht zu erkennen. Irritiert sah ich indes den sanften Schimmer in ihren Augen erlöschen. Schweigen breitete sich aus. Ich sah die Ohrfeige nicht kommen. Sie kam so plötzlich, dass ich nur erschrocken und überrascht dastand und die Arme in vollkommener Perplexität halb seitlich erhoben hatte. Der Kopf ruckte herum, und ich fand mich wieder, wie ich die schweren Vorhänge ansah. Verständnislos wandte ich den Kopf und sah Helena an. Zu verwundert, um etwas zu sagen, starrte ich schlicht.


    Schon in der nächsten Sekunde hatte sie ihre Arme um mich geschlungen. Ihr warmer Atem strich an meiner Wange entlang, ich spürte ihre zarten Lippen und stand selbst noch gelähmt und absolut überrumpelt mitten im Raum. Mein Blick suchte den ihren, fand ihn aber ob der geschlossenen Augen nicht. Das Kribbeln, welches Helena nicht spürte, breitete sich dafür allmählich in mir aus. Sie schmeckte verboten, und ohne noch groß darüber nachzudenken, kostete ich die süße Frucht der Versuchung mit nurmehr halb geöffneten Augen, wollten sich meine Arme in begehrlicher Umarmung um den zarten Körper meiner Cousine legen. ....meiner Cousine!


    Sie löste sich bereits im gleichen Moment, als ich mir der Tatsache bewusst wurde, was ich da anrichten würde. Der eisige, abweisende Ton wollte nicht so recht zu dem passen, was eben geschehen war, und ich blinzelte irritiert, die Hände langsam sinken lassend. Frauen! Verstand die einer! "Das....ist schade", erwiderte ich ziemlich unoriginell und mit leicht angerauhter Stimme. Sie verwirrte mich, verwirrte mich über die Maßen. Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte oder was als nächstes kommen wiüde.

  • Eine unnatürliche Ruhe hatte von Helena Besitz ergriffen. Für ihr Seelenleben war das geradezu tödlich, dass wusste sie, aber momentan war sie dagegen machtlos. Dafür sorgte die Ruhe aber dafür, dass ihre Gedanken klarer wurden und sie ließ sich die letzten Augenblicke noch einmal durch den Kopf gehen. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass Marcus überhaupt nicht so abwesend reagiert hatte, wie sie nach seinen Worten vermutet hatte. Hatte er nicht sogar ihren Kuss erwiedert anstatt sie wegzustoßen? Helena legte den Kopf leicht schief und musterte Marcus. Sie zog die Vermutung in Betracht, dass er einfach zu überrascht gewesen war. Doch dann, als er sprach wusste sie, dass das nicht der Wahrheit entsprach. Zumindest nicht gänzlich. Helena hatte keine Erfahrung mit Männern, aber ihre Instinkte reagierten auf den rauhen Ton seiner Stimme. Ein kurzes, gefühlloses Lächeln huschte über ihre Lippen, bevor sie langsam wieder auf ihn zu ging und dicht vor ihm stehen blieb.


    "Schade? Ja, vielleicht..."


    Aber es war die Wahrheit. Helena hatte sich verändert. Nicht nur aufgrund dieses Gespräches. Die Veränderung hatte schon früher begonnen. Marcus hatte nur den letzten Ausschlag gegeben. Darüber wollte sie jetzt aber nicht nachdenken. Sie wusste, dass er viel auf die Ehre der Familie gab, aber war seine Moral stärker als seine Instinkte? Er war verwirrt, dass konnte sie in seinem Gesicht sehen. Wahrscheinlich war er davon ausgegangen, dass sie wieder einen Krug nach ihm werfen würde, oder ihm üble Verwünschungen an den Hals hetzte. Doch für so eine Reaktion brauchte man Gefühle. In Helena regierte momentan nur kühle Berechnung. Sie wollte ihn auf die Probe stellen. Ihren ach so ehrenwerten Cousin...


    "Deine Worte sprechen eine andere Sprache als dein Körper, Marcus...wem soll ich nun trauen?"


    Noch während sie sprach löste sie den schmalen Gürtel ihres Morgenmantels. Nach einer kurzen Bewegung ihrer Schultern rutschte der leichte Stoff hinunter, so dass sie nun gänzlich nackt vor ihm stand. Der Scham blieb aus, genauso wie das leichte Erröten, dass normalerweise immer ihre Wangen zierte, wenn ihr etwas peinlich war. Stattdessen bohrten sich ihre Augen in seine, während ihre Stimme leise erklang.


    "Sag mir, wem soll ich trauen?"

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  • Für Intuitionen mochte ich einen Sinn haben, wenn auch keinen besonders stark ausgeprägten, doch für weibliche Intuitionen fehlte mir im Grunde das Denkvermögen. Helena zog eine kurze Grimasse und näherte sich mir dann wieder. Ihre nahe Anwesenheit brachte mich aus dem Konzept. Nicht etwa wegen der Nähe an sich, sondern weil nicht wusste, was sie damit bezweckte. Ich musste aufpassen, dass es nicht nochmals zu einem Kuss kommen würde. Diesmal war ich gewappnet, doch Helena blieb nur stehen und sah mich an. Ihr Ton war nahezu emotionslos, die Mimik nichts über sie aussagend. Sie war mir schlicht ein Rätsel in jenem Moment.


    Ihre Worte klingelten gefährlich in meinen Ohren, und mein Blick fiel auf die einzige Stelle, die sich an ihr bewegte - ihre Hände, die an der Kordel nestelten, welche ihren Mantel an Ort und Stelle hielt. Meine Gedanken waren zäh wie Harz, daher tropfte nur langsam in meinen Verstand, was Helena damit beabsichtigte. Geringfügig erschrocken und weitaus mehr erstaunt weiteten sich meine Augen, als der zarte Stoff bereits fiel und meine Base entblößt vor mir stand, wie die Götter sie geschaffen hatten. Ich heftete meinen Blick auf die Vorhänge, die ich eben schon - unfreiwillig, nun freiwillig - betrachtet hatte. Ihre Worte rieselten an mir vorbei wie Regen, den man ebenfalls nicht mit bloßen Händen einfangen konnte. Meine Lippen pressten sich zu einem Strich zusammen, nur mühsam unterdrückte ich den Impuls, den makellosen Körper nicht näher in Augenschein zu nehmen. Verdammt, Marcus!


    Den Blick nun gen Boden gerichtet, bückte ich mich und nahm den dünnen Morgenmantel auf. Schweigend richtete ich mich wieder auf und knautschte den seidigen Stoff zarten Rosés einige Male. Wäre sie meine Cousine nicht gewesen, wäre sie sie nicht gewesen... So aber war sie es, sie war es leibhaftig und sie war es auch, wenn sie kein einziges Stück Stoff am Leibe trug, sie war es ebenso mit nassen Strähnen wie mit frisiertem Haar, und ich liebte sie und liebte sie doch wieder nicht, jedenfalls nicht so. Und nicht so sehr, dass mir gleich gewesen wäre, welchen Frevel ich damit an unseren Ahnen, an unserer Familie üben würde. Meine innere Unruhe, die ob der Situation entstanden war, wich einer künstlichen Ruhe, gespeist aus dem Gedanken an das, was mein Vater hätte sagen mögen über mich und das Verderben, welches ich über meine familia, über meine gens bringen würde, wenn.... Sanft legte ich ihr den kühlen Stoff um die Schultern und hielt den Mantel anschließend geschlossen, ihren Körper nicht mit einem Blick näher musternd währenddessen.


    "Traue mir. Traue der Familie. Vor allem aber traue dir selbst, Helena, denn ich vermag dir nichts zu geben, was ein anderer nicht um so vieles besser geben kann. Ich werde stets für dich da sein, so wie ich es immer war. Aber ich kann dir nicht geben, was du glaubst, nur von mir bekommen zu können." Eindringlich war der Blick, mit dem ich die unheimliche Teilnahmslosigkeit in ihren Augen zu durchdringen suchte. Dass - wenn - ich dagegen ankam, so ließ sie micht nicht merken, dass dem so war. Ich ließ sie los, hatte sie eben noch an den Schultern gehalten, den Mantel gerefft. "Ich bin nicht der, den du dir wünschst", fügte ich hinzu und trat einen Schritt zurück. Meine Wange brannte minimal, ob ein Abdruck zu sehen war, konnte ich so nicht sagen, und meine Kiefer hatte ich aufeinandergepresst. Wer hätte auch geahnt, dass dieser Besuch sich als so schwierig herausstellen würde?

  • Helena hatte den Kopf leicht geneigt und beobachtete unter ihren dunklen Wimpern hindurch seine Reaktion. Sobald der Mantel gefallen war wandte er den Kopf ab um sie nicht ansehen zu müssen. Helena folgte dieser Bewegung mit den Augen und sah dewegen, wie sich seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammenpressten. Möglicherweise gefiel sie ihm nicht? Wenn er sie doch noch nicht einmal ansehen wollte! Oder aber er traute seinem Körper nicht und fürchtete die Reaktion auf diesen Anblick. Die Antwort darauf blieb er ihr schuldig und mit einem Erschaudern stellte Helena fest, dass auch das sie nicht weiter berührte. Ihre Gefühle waren zu Eis erstarrt und auch die Möglichkeit, dass Marcus vielleicht doch nicht so standhaft war wie er es gerne wäre konnte das Eis nicht zum tauen bringen.


    Schließlich, nachdem Marcus eine ganze Weile geschwiegen hatte, beugte er sich hinunter und nahm den Morgenmantel auf. Helenas Blick fiel auf seine Hände, die den feinen Stoff unsanft kneteten. Als er anfing zu sprechen hob sie den Kopf wieder und sah ihm in die Augen. Den Ausdruck darin konnte sie nicht deuten. Dafür verstand sie aber seine Worte sehr genau. Der Stoff glitt wieder über ihre Schultern, verhüllte ihren nackten Körper. Er wies sie ab! Helenas Hände zitterten nicht als sie den Gürtel wieder verknotete. Stattdessen wischte sie sich ein paar feuchte Haarsträhnen aus der Stirn und starrte ihn an. Mehere Augenblicke sah sie ihm einfach nur reglos in die Augen, bevor sie sich abwandte und zur Tür ging. Ihre Bewegungen kamen ihr hölzern vor, aber sie wusste nicht, ob sie sich das vielleicht nur einbildete. Bei der Tür angekommen öffnete Helena sie und blieb daneben stehen.


    "Du kennst meine Wünsche nicht, Marcus. Aber ich denke es ist alles gesagt. Geh jetzt."


    Auffordernd sah Helena auf den Gang hinaus und dann wieder zu Marcus, bevor sie die Arme vor der Brust verschränkte. Sie wusste nicht was geschehen würde, mit ihr geschehen würde, wenn er nun dieses Zimmer verließ.

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  • Mechanisch waren die Bewegungen, mit denen sie ihren Mantel schloss. Geübt, doch vermutlich nicht gewollt. Oder doch? Ich wusste es nicht. Ich schien gar nichts mehr zu wissen. Frauen, Marcus. Das liegt daran, dass sie eine Frau ist. Obwohl sich das so selbstverständlich anhörte, zweifelte ich doch an meinen eigenen Gedanken. Warum kam ich denn dann mit vielen weiblichen Personen so gut zurecht, nur mit jenen nicht, bei denen Gefühle eine Rolle - welche auch immer - spielten? Rätselnd betrachtete ich Helena, die sich gürtete und mich dann ansah. Kalt. Emotionslos. Oder nur beherrscht und resigniert? Meine Augen verengten sich etwas. Sie wirkte so gefasst. Hatte sie mich nicht verstanden?


    Es schien nicht so. Sie ging schließlich zur Tür, öffnete sie und wartete darauf, dass ich ging. Noch stand ich wie angewurzelt da, nur einen Moment. Dann straffte ich mich etwas und setzte mich recht lahm in Bewegung. Auf ihrer Höhe blieb ich stehen, sah sie unverwandt an und bedauerte den Ausgang dieses, nun ja, Besuchs, denn als ein Gespräch konnte man das kaum bezeichnen. Ich hob die Hand und strich ihr flüchtig über die Wange. Eigentlich hatte ich erwartet, dass sie den Kopf wegdrehen oder zurückbiegen würde, doch sie ließ es einfach geschehen und wirkte dabei...nun, gar nicht. Ich zog eine kurze, bedauernde Grimasse, dann ließ ich sie allein.

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