Nahrungssuche im Großstadtdschungl

  • Nachdem sich Sertorio beim vilicus 'n volln Geldbeutl geholt hatte, stapfen Tilla un' er mi'm Karrn in Richtung der Märkte Roms, wo sie Viechzeug aller Artn tot oda lebendig, Obst, Gemüse, Kräuter, Gewürze, Mehl, Getreide, ezetera 'ranschaff'n könn'. So'n patrizischer Haushalt is' wie'ne große Herberge, andauern Gäste, mal kurz oder mal lang da, immer wer, der Hunger oda Durst hat, Hauf'n Personal, Hauf'n Leute zu versorgn. Vergißt ma', daß Sertorio nich' mehr täglich zum Angln geht und 's Meer weda riecht noch sieht, hat sich sein Lebn kein Deut verändert, eher verbessert, denner muß nich' Sorgn habn, morgn nix zum beißn zu habn, daß Gäste wechbleibn, niemand ißt oda trinkt, kein Geld da is'. Ob nun sein Vater oda'n Aurelius ihm anschafft und ihm die Hucke vollhaut, wenner Scheiße macht, bleibt sich im Grunde gleich. Dieses Geschwalle, das manche Sklavn un' manche Herrn draufhabn, von wegn 'armer Sklave', grausliges Schicksal, etzetera ist völlig gekwirrlte Kacke - den Sklavn der Patrizier jednfalls geht's meilenbesser als jedm angepißtn Kleinbauern, der sich durchschlagn muß. Un' wer nich' arbeitn will, ... Sertorio zuckt die Schultern. Selbstschuld.


    Sertorio zieht mit beiden Händn den Karrn durch die Gassn, Tilla klingelt un' glöckelt neb'n ihm her, beide schweigen, im Grunde gibt's auch nix zu sag'n. Der Weg zu den Märktn is' immer derselbe, jednfalls will Sertorio auch zum Hafn, manchmal kann man da den letztn Zwischenhändler ausschaltn un' direkt vom Schiffer kaufn. Eher aber erst nacher.

  • Zum Glück ist es gerade nicht so voll auf den Straßen, die sie zum Markt führen, sonst würden sie mit dem sperrigen Ziehkarren nimmer so schnell voran kommen. Tilla trägt wieder ihre moosgrüne Tunika, die sie unter einem langen dicken Umhang verbirgt, weil es schnatterkalt ist. Schnatterkalt deshalb, weil die Ledersandalen nicht gerade warm halten. Das nächste Mal könnte sie einen kleineren Stein mitnehmen und im Wasser erhitzen bevor sie außer Haus geht. Trotz des dicken Umhangs, frierend und zitternd folgte sie Sertorio hinterher, bedacht darauf ihn nicht zu verlieren. Die linke Schnur der Ledersandale beginnt sich zu lösen.


    Auf den Lippen kauend fragt Tilla sich, ob sie den Sklaven um einen kurzen Stopp bitten soll, entscheidet sich aber anders und springt kurzerhand in den Karren hinein. Sich rasch niederkauernd lupft sie den Umhang und beeilt sich die Schnur wieder festzubinden. Dadurch, dass sie so gut wie still sitzt, wird ihr endlich warm. Um so besser für ihre klammen Finger, die sich immer noch beeilen die Schnur wieder festzubinden. Dumpf klingelt ihr Glöckchen unter dem Umhang hervor. Fertig! Nur gerade ist kein Platz frei, um unbeschadet wieder auszusteigen. Fest zieht sie den Umhang um sich, wartete auf eine passende Gelegenheit, um den Karren wieder leichter zu machen.

  • Ein leichtes Rumpln un' der Karrn wird schwerer. Sertorio schaut sich um und glaubter träumt.


    "Was'n - binnich hier der Scheißsänftnnigger oda was?" Er beugt sich un' setzt den Karrn ab.


    "Is' das 'etz' witzich oda wie? Wenn'de was hast, sach' ... ach, scheiße." Die kanna garnich' red'n. Un' laufn offensichtlich auch nich. Oda wie?


    Sertorio hebt'n Karrn wieda auf un' trottet wütend weiter. Nach einer Weile bleibter stehn, setzt'n Karrn wieda ab un' drehtsich zu Tilla um:


    "Weißte, die ganze Heidschibumbeidschi-Mitleids-Scheiße kannste Dir bei mir spar'n. Die Götter ham' Dich mit ohne Red'n aufde Welt geschickt, Völlig egal, kein Grund, deswegn einen auf 'ach-ich-arma-Krüppl' zu machn.


    Sertorio nestlt an seiner Tunika 'rum, zieht die Kordl festa.


    "Bei uns daheim wer'n Krüppl, wenn'se zur Welt komm' ersäuft, taugn zu nix un' fress'n nur den Arbeitern ihr Essn weg. 'S Lebn is' kein Fest, wo jeda nu' rumhängn braucht un' ma' Schmarotza mitschleifn kann. Mach'n die Aurelier vielleich' mit, diese valogne Mitleidskacke ich wär'ma dazu zu stolz, ich will kein Mitleid. Wennich nich' mehr kann, dann hab' ich mein Ding gemacht un' ich werd' stolz drauf sein. Is' Dir wah'scheinlich egal, bimmelst halt mit Deine Glöckchn un' wartest, daß annere springn.-- Un' wenn Du blöda Arsch nich' aufhörst, herumzuglotzn, kriegste eine inne Fresse, kla???"


    Den letzn Satz seiner langn Rede richtet Sertorio nich' an Tilla, sondern an einen ältern Mann, der - mit anderen - die Szene als Gelegenheit zur Ablenkung von eigenen Geschäften nutzt.


    "Bom" sagt Sertorio, nimmt'n Karrn wieda auf un' trottet weiter, ohne auf Leute oder irgendwas um sich herum zu achtn. Er hat gesagt, waser sagn wollte un' gut is.

  • Sie kann noch nicht runterspringen, weil immer noch kein Platz für dieses Vorhaben da ist. Da wurde der Karren abgestellt und sie bekam folgendes zu hören.


    "Weißte, die ganze Heidschibumbeidschi-Mitleids-Scheiße kannste Dir bei mir spar'n. Die Götter ham' Dich mit ohne Red'n aufde Welt geschickt, Völlig egal, kein Grund, deswegn einen auf 'ach-ich-arma-Krüppl' zu machn.


    Nach Sertorios erster Tirade überlegte sie sogar einfach jemandem auf die Füße zu treten, aber das wäre viel zu viel Aufmerksamkeit. Der Karren ruckelte weiter und wurde erneut abgesetzt. Mit immer größer werdenden lauschte sie Sertorios zweiter Tirade und konnte nicht verhindern, dass ihr Tränen über die Wangen rollten. Krüppel? So hatte sie noch niemand genannt!!


    "Bei uns daheim wer'n Krüppl, wenn'se zur Welt komm' ersäuft, taugn zu nix un' fress'n nur den Arbeitern ihr Essn weg. 'S Lebn is' kein Fest, wo jeda nu' rumhängn braucht un' ma' Schmarotza mitschleifn kann. Mach'n die Aurelier vielleich' mit, diese valogne Mitleidskacke ich wär'ma dazu zu stolz, ich will kein Mitleid. Wenn ich nich' mehr kann, dann hab' ich mein Ding gemacht un' ich werd' stolz drauf sein. Is' Dir wah'scheinlich egal, bimmelst halt mit Deine Glöckchn un' wartest, daß annere springn.-- Un' wenn Du blöda Arsch nich' aufhörst, herumzuglotzn, kriegste eine inne Fresse, kla???"


    Der letzte Satz liess sie einmal mehr zusammenfahren. Der ältere Mann konnte genauso gut ihr ehemaliger Herr sein! Und Sertorio verkündete auch noch, dass sie nicht sprechen konnte. Hastig wandte sie sich ab, verbarg ihr Gesicht hinter den langen Haaren. Als der Karren zum dritten Mal losruckelte und sprang sie runter. Sie wollte instinktiv eher von ihm fortlaufen! Aber sie musste ja mit ihm einkaufen gehen... Tilla hielt unter dem Umhang das kleine Messer mit dem blauen Griff fest, welches sie von Ursus zu den Saturnalien bekommen hatte, wischte die Tränen beiseite.

  • Als Tilla vom Wagen springt, geht es nich' weniger schwer durch die Gassn, eigntlich war ihr Gewicht überhaupt nich' zu spürn. Aba sie's runta, hat also gefruchtet. Läuft jetz' wahrscheinlich hintaher wie'n beleidigter Wirsing, zeicht der Welt, wie fürchtalich se doch leidn muß. DreckSertorio, 'Uuuursus, der hat mir de Meinung gesagt! Hau' ihn, bitte!' Un' sowas. Wird sicha rumpetzn, wie alle Mädls. macht einen auf tödlich valetzt, scheiße, wenn'se außa Deckung muß, nich'?


    Hüsch is'se ja, aber Sertorio wird die nich' einwickln, mit ihre Glöckchen un' ihr'n Rehaugn un' ihrer schönen Schrift. Die nich'.


    "Hej" dreht sich Sertorio zu Tilla um und bedeutet ihr, näher zu kommen.


    "Hilft nu' ma' nix: ich kann Dich nich' ab un' Du häls' mich sicher für'n Arsch. Müss'n aba trotzdem mitananda auskomm'n. Sertorio zieht den Karrn weiter. "Heute noch un' wohl auch die näxt'n Jahre. Wir ham's geklärt un' nu' müss'ma arbeitn, denn dazu sin' ma hier." Sertorio geht im Kopf die Liste durch.


    "Erst kauf'ma die Sach'n, die nich' kühl un' feucht blei'm müssn un' keine Viecher. Denke, als erstes hol'ma Getreide, Mehl un' Gewürze. Der Rest kommt dann." Das hat zwar den blödn Effeckt, daß's gleich zu Anfang scheißschwer wird, die Säcke mit'm Getreide un'nem Mehl sin' ja nich' ohne, aber kamma nix' mach'n. Mit Hühnern un' 'n'm Kalb rennter nich' 'n ganzn halbn Tag 'rum.


    "Vastehste 'was von Gewürzn?" fragt Sertorio. Sonst steht se halt rum un' dreht sich Löckchn, wennse sich nich' dafür interessiert.

  • Abermals blieb er stehen. Tilla traute ihren Augen kaum, als sie sein Winken wahrnahm. Sie sollte zu ihm kommen? Sie umklammerte ihr Messer ein bisschen mehr und trat mit kleinen Schritte zu ihm. Tilla achtete darauf einen genügenden Abstand zu ihm zu haben, versuchte seine Hände im Auge zu behalten.


    "Hilft nu' ma' nix: ich kann Dich nich' ab un' Du häls' mich sicher für'n Arsch. Müss'n aba trotzdem mitananda auskomm'n. "Heute noch un' wohl auch die näxt'n Jahre. Wir ham's geklärt un' nu' müss'ma arbeitn, denn dazu sin' ma hier."


    Ein kurzes Nicken ihrerseits. Sertorio zog den Karren weiter und schaffte es gleichzeitig weiterzureden. Die breiter gewordene Straße ermöglichte, dass sie nebeneinander gehen konnten. Naja.. fast nebeneinander. So ganz traute sie dem Frieden nicht. Und was hätte er ihr hinterher gerufen, wenn sie vorhin weggelaufen wäre? Bestimmt noch schlimmere Bezeichnungen.


    "Erst kauf'ma die Sach'n, die nich' kühl un' feucht blei'm müssn un' keine Viecher. Denke, als erstes hol'ma Getreide, Mehl un' Gewürze. Der Rest kommt dann. Vastehste 'was von Gewürzn?"


    Mit einem weiteren Nicken stimmte Tilla dem Vorgehen zu den Einkäufen zu, schüttelte auf seine Frage den Kopf. Gewürze? Nein. Niki brachte mir gerade das Teig kneten und Brotbacken bei, bevor du kamst. Überhaupt habe ich sie nicht mehr gesehen, weil du nun in der Küche arbeitest. So.. jetzt war es raus. Tilla blieb stehen, betrachtete einen großen Vogelkäfig, in dem aufgeregt herumflatternde Finken den vorbeigehenden Passanten ein Liedchen trällerten.

  • Gut, dann nich'. Keine Ahnung, woher auch. Nie gearbeitet, nix beigetragn. Schmarotza halt. Sertorio schaut se kurz mit betont gleichültigem Blick an, zieht dan aba seine rechte Augnbraue steil nach obn. Erst fuchtlt se mit de' Hände un' Arme 'rum, dann guckt se Piepmätze an. Flattern aufgeregt herum.


    "Hör' auf miter Fuchtelei, machst ja die Viecher ganz irre." Un' Sertorio auch, der zwar denkt, das hat was zu bedeutn un' is' kein epikliptischa Anfall oda sowas, aba sonst hätt' se auch nur denkn brauchn, so wenig kapierter.


    "Wenn'de was zu sagn ... eh, wenn'de was mitteiln willst, wenn'de meinst, is' wichtich, mußtes aufschreibn, anners funzt des nich', Bom?" Sertorio schaut sich um, der Karrn steht immer noch auffer Gasse im Weg. Demonstrativ ignorierter alle Leute.

  • "Hör' auf miter Fuchtelei, machst ja die Viecher ganz irre."


    So hatte sie das noch nicht gesehen, also dass die Finken ihre Gesten nicht mochten.. genau wie die Menschen.. ganz speziell dieser Sertorio. Tilla zog ihre Hände unter den Umhang zurück, zog die Lücke zwischen den Saumrändern ihres Umhangs zu.


    "Wenn'de was zu sagn ... eh, wenn'de was mitteiln willst, wenn'de meinst, is' wichtich, mußtes aufschreibn, anners funzt des nich', Bom?"


    Nun... war es wichtig, was sie zu sagen hatte? Ihr Mut verflog mit dem kalten Wind. Tilla sah zu Boden, nickte stumm mit dem Kopf. Die Finken flatterten weiter, die Menschen zogen weiter. Ihre Stimme blieb weiterhin futsch. Immer und immer wieder würde sie auf die Tafel angewiesen sein. Die sie aber gerade nicht dabei hatte. Ganz ganz langsam hob sie den Kopf, stellte sich mit kleinen Schritten wieder neben den Karren.

  • 'S hälste ja im Kopf nich' aus! Macht'se jetz' wieda eine auf beleidigtn Wirsing oda wie? Armes kleines Krüpplchn, keina vasteht's, keina mag's - oda was? Sowas kanner nich' bein Einkaufn gebrauchn, wozu isse eigentlich dabei? Nich' redn kanner auch selber un' rumgefahrn werdn will'se auch noch, is' kein Platz für sie aufm Karrn nacher.


    "Ich weiß nich', was die Scheiße hier soll übahaupt, aba wozu bistn überhaupt da? Tust nix, kannst nix, hilfst nix. Fölliga Ballast. ... ... ... Wa'te hier sagt Sertorio, schaut sie kurz an, dreht sich um und stapft davon. Geht innen Ladn drei Häusa weita.


    Nach'ner Weile kommter wieda zurück zum Karrn un' zu Tilla.


    "Da" sagt Sertorio und hält ihr 'ne doppelte Wachstafel entgegen, in der Verbindung steckt'n Holzgriffl. Also, was war das, was'de vazähln wolltest?

  • "Ich weiß nich', was die Scheiße hier soll übahaupt, aba wozu bistn überhaupt da? Tust nix, kannst nix, hilfst nix. Fölliga Ballast. ... ... ... Wa'te hier."


    Nun schien sie gar nüxnixnadernichts mehr richtig zu machen. Mit gesenktem Kopf hörte sie sich an, was Sertorio zu sagen hatte und wartete gehorsam am Karren stehend, bis er irgendwann wiederkam. Am liebsten wäre sie fortgelaufen... aber was wäre dann mit dem Karren? Was würden die anderen über sie sagen? Etwas rechteckiges gut Bekanntes schob sich in ihr Blickfeld.


    Widerwillig nahm Tilla die Tafel entgegen, klappte sie auf und sah den Griffel an. Irgendwie verstand sie gerade gar nicht was sie nun machen sollte. Überhaupt was sollte sie nun schreiben? Wenn es eh nicht wichtig war. Immer noch mit gesenktem Kopf am Karren stehend vermied sie den Blick zu Sertorio. Niki brachte mir das Teig kneten und Brotbacken bei, bevor du kamst. Überhaupt habe ich sie nicht mehr sehen dürfen, weil du nun bei ihr in der Küche arbeitest. Wir sollen lediglich das einkaufen gehen, was in der Küche fehlt. Übrigens... dein linker Schuh ist offen und du hast Vogeldreck auf deiner rechten Schulter. Außerdem hast du recht, geh du alleine einkaufen und ich gehe zurück. Dann bist du nicht bei Niki. schrieb sie schliesslich nieder, klappte die Tafel zu und schob sie Sertorio entgegen. Den Griffel behielt sie in ihrer Hand. Immer noch sah sie nicht auf.

  • Sertorio nimmt und liest. Seine Augenbrauen ziehn sich zusammen, dann zieht er beide Brauen hochm seine Stirn schlägt Welln, er kratzt sich am Haaransatz.
    'Glaub', mich fickt'n Nega', denkt Sertorio. Dann schauter unter der Tafl auf seine Schuhe un' sein Gesicht glättet sich zu 'nem Grinsn. Er klappt die Tafl zu, klemmt'se untern Arm un' kniet sich nieda, um den Schuch zuzumachn. Während er an'nen Lederbändern herumnestlt, schauter zu Tilla hoch.


    "Sa? Backn willste, oda wie? Un' was, vafickte Scheiße hatas mit mir zu tun, dasdes nich' mehr machn tun sollst? Oda die Niki sehn? Hab' ich se geheiratet, oda wie? Ne. Ich helf' beim Kochn, nich' beim Backn, ich machn Fisch, un' hack's Holz.


    Sertorio steht auf, schielt auf seine Schulta, zuckt mit'de Axln, irgen'wo wird'n Brunn' sein um auswaschn. Sertorio versucht leicht vageblich Tilla freundlich anzulächeln, sie will arbeitn, hat gearbeitet, was'n Ding, echt. Backn macht Sauerei, Mehl, Wasser un' all das, is' sich nich' zu schade für eh'liche Arbeit.


    Un' wenn'des Backn lernen willst, dann bäckste auch vafickt nochmal, egal, was wer will oda nich' will.
    Fang'ma jetz' gleich mit an: 'N Bäcka, der keinen Peil von Gewürzn un'nem Mehl hat, is'n lausiga Bäcka, sein Brot schmeckt fad wie, wie ... frißt nichma's Viech, die Mehlpampe. Kümml, Feffer, Aniß, Honich, Salz, getrocknete Kräuta, sowas muß 'rein.


    Sertorio gibt Tilla die Klapptafl zurück.


    "Auf. Bom? Inner Küche fehlt viel, brauchn einige Säcke un' noch anneres Zeug."


    Wennse 'n Junge wär' würd' er ihr jetz auffe Schulta haun un' losgehts.

  • "Sa? Backn willste, oda wie? Un' was, vafickte Scheiße hatas mit mir zu tun, dasdes nich' mehr machn tun sollst? Oda die Niki sehn? Hab' ich se geheiratet, oda wie? Ne. Ich helf' beim Kochn, nich' beim Backn, ich machn Fisch, un' hack's Holz. Un' wenn'des Backn lernen willst, dann bäckste auch vafickt nochmal, egal, was wer will oda nich' will.


    Je mehr Sertorio zu ihr sprach, desto mehr glaubte Tilla allmählich sie müsste gleich beim nach Hause kommen unbedingt ihre Ohren putzen. Seine Sätze und diese abgehackten, sprachlich verhunzten Wörter, waren für sie schwer zu verstehen. Außerdem benutzte er Wörter, die sie am liebsten nicht hören wollte. Das Verlangen sich die Ohren zuzuhalten wurde ein bisschen größer, aber es war noch nicht so groß, dass sie es tatsächlich tun würde.


    Fang'ma jetz' gleich mit an: 'N Bäcka, der keinen Peil von Gewürzn un'nem Mehl hat, is'n lausiga Bäcka, sein Brot schmeckt fad wie, wie ... frißt nichma's Viech, die Mehlpampe. Kümml, Feffer, Aniß, Honich, Salz, getrocknete Kräuta, sowas muß 'rein.


    Wieder regte er sich darüber auf, dass sie null Ahnung von Gewürzen hatte. Nunja, vielleicht hätte sie lieber deutlich machen sollen, dass sie bisher lediglich beim Formen und Ausstechen (und Naschen) helfen durfte. Er warf mit Wörtern herum, sie noch nicht mal kannte. Einzig Honig kannte sie als heimliches Schleckermaul. Sertorios plötzliche 'Rede' gab Tilla das Gefühl regelrecht erschlagen zu werden. Fest drückte sie die Tafel an sich, hielt sich weiterhin dicht beim Karren. Puh.. das war eine viel zu große Wortlawine gewesen. Sich immer noch erschlagen fühlend, trottete Tilla hinterher, versuchte im Gehen die Fäden in Sertorios Sätzen zu entwirren.

  • Un' so trottn Tilla un' Sertorio in trauta Dißharmonie weita durchde Gassn, bis'se zum Getreidema'kt kommn. Sertorio zieht'n Karrn an 'n paar Ständn vorbei, bisser haltmacht.


    "Guck", sagt Sertorio "hier kring' ma Getreide un' Mehl, fein gemahlnes Mehl für'n Kuchn un' grobes für's Brot." Er deutet auf einige offne Säcke, in denen man vaschiedne Getreidesortn un' grobes Mehl erkennen kann.


    Sertorio nickt dem Händla zu, den er schon kennt, fährt miter Hand innen Sack un' hebt n' Haufn heraus, hält ihn Tilla hin.


    "Riech' ma', Dinklschrot, wenn's so riecht, isses frisch gemahln ... Kannst auch ma' kostn." Sertorio wirft sich einige Kö'na innen Mund und kaut prüfnd draufrum.

  • Sie hielt gehörig Abstand zu Sertorio und sah ihn kaum mehr an. Durch die Menschenmenge zu gehen war kein leichtes Unterfangen, wenn man so unscheinbar eingekleidet war wie sie mit ihrem grauen Umhang, einem Mantel ohne Knöpfe. Öfters zog sie ihren Fuß gerade noch rechtzeitig unter einem anderen Fuss zurück oder wich schlenkernden Armen und stoßenden Ellenbogen aus. Tilla blieb stehen, als der Karren auch stehen blieb und sah erstmals auf. Still folgte sie seinem Zeigefinger, nickte gehorsam. Ja, da waren die Mehlsorten die Niki, die Köchin benutzte. Den Kopf schüttelnd winkte sie das Angebot ab. Sie machte in seinen Augen schon arg viel falsch und war unnütz.


    Doch als er gerade nicht zu ihr schaute, schoß ihre Hand nach vorne und pickte ein paar Körner heraus. Mhm.. es schmeckte nicht schlecht. Und es machte Appetit. Tilla knabberte an den Körnern, mied immer noch seinen Blick. Gut. gebärdete sie mit erhobenem Daumen, verdrückte die restlichen Körner. Wenn sie an ihre Straßenzeit zurückdachte, war sie noch nie hier auf diesem Markt gewesen. Der eine oder andere Beutel blickte an den Gürteln seiner Trägern hervor. Nein, Sertorio gegenüber würde sie nicht ihr Talent offenbaren. Langsam wandte sie sich um, blickte auf die prall gefüllten Säcke. Überhaupt wusste noch niemand wie sie es geschafft hatte auf diesen Straßen zu überleben.

  • "Hm? Gut, nich?" Sertorio reckt'n Daumn auch hoch. Das is' Dinkl. Din-k-el. Wie sachste das mit'n Händn?"


    Sertorio grabblt noch'n bißchen im Sack 'rum und knabbert annem Schrot.

  • Wie sie es mit den Händen sagen würde? Tilla zog die Nase kraus, betrachtete die Körner. Keine Ahnung. Sie zuckte mit den Schultern. Körner... rundes eßbares. Mit den Fingern formte sie die Körner-Form in der Luft nach und steckte sich imagninären Dinkelschrot in den Mund. Gibt es hier auch diese anderen Körner? Die von den Blumen stammen die gelbe Blätter haben? Zögernd löste sie sich vom Ziehkarren, trat zu den Säcken. Zwei Säcke weiter entdeckte sie die Sonnenblumenkerne. Der Händler bediente einen anderen Kunden. Tilla ahmte Sertorio nach, nahm sich einen viel kleineren Haufen heraus und trat den Weg zum Karren wieder an. Körner.. von der Sonne. Gut. Wenn das nicht ein Beitrag zum Einkaufen war. Tilla linste aus den Augenwinkeln scheu zu ihm rauf.

  • Sertorio legt'n Daumn aufn Zeigefinga un' bildet so'n Koan. Un' tut so, als steckt er sich das innen Mund. Er zwinkert mit'm Auge.


    "Un' was is' wenn'de nu' Roggn ham willst? Is des desselbe, oda wie? Muß'ma doch untascheidn, nich'?" Irgn'wie unperfekt.


    Sertorio grinst. "Kla', das sin' Son-nen-blu-men-ker-ne" Sonn'blum'ke'ne halt. Er nimmt sich'n Korn bildet das Symbol für "Korn" un' fährt damit dann die Umrisse eines zackigen Dings nach.


    "Kömma echt auch brauch'n, gute Idee. Sonn'blum'brot, echt geil. - Heda, alter Knabenficka, G'schäft ruft!" Sertorio kenn'n Händla schon ganz gut un' hat seine Blicke aus Erfahrung richtig interpretiert. Griech'schen Knabn in knappn Tunikä schauter nach, 'n Mädls übahaupt nich'.


    "Je'n Sack Mehl grob un' fein, 'n Sack Dinklschrot un'n halbn Sack Sonn'blum'kerne ... " bestellt Sertorio.

  • Immer noch ganz darauf bedacht, nicht irgendwie Ärger zu machen oder unangenehm aufzufallen, sah sie zu ihm auf und beobachtete seine Hände, die fast wie die ihren durch die Luft tanzen. Grobe, eckige Bewegungen sind das. Tilla ist nun bald fünf Jahre ohne Stimme, hat die Zeichensprache vom alten Sklaven ihres ehemaligen Herrn und auch von den Straßenkindern gelernt, wenn sie auf Diebestour waren. Zeichensprache hat was an sich. Man braucht nur gut hinzuschauen und man kann sich ohne Worte und ohne zu schreien über größere Entfernungen verständigen, falls man denn die Bewegungen und seine Bedeutungen kennt. Mit einem scheuen Lächeln nickte sie, fand die Gebärde, die Sertorio da vormachte, in Ordnung. Si. Sonnenblumenkerne. erwiderte sie, seine Gebärde nach zeichnend. Er wollte einen Sack mitnehmen? Nein.. gleich drei und einen halben sogar. Tilla mümmelte eilig die Sonnenblumenkerne auf, trat zum Karren und zog die Decke auseinander, auf der die Säcke liegen sollen. Vielleicht ist war stark genug um den halben Sack zu tragen? So schwer müsste der gar nicht sein, wenn es nur ein halber ist. Sie trat beiseite, um Platz für die Männer, Sertorio und den Händler zu machen.

  • "50, 100, 150, 175 Sesterzen. Und darauf die üblichen 60 Prozent Rabatt, wenn'de mich mal wieder 'ranläßt ... also insgesamt 70 Sesterzen, in Ordnung?, sagt der Händler.


    Sertorio wird rot. Scheißkerl, was soll'n das jetz'? Nich' vor der Tilla hier, die is' stumm aba nich' taub, Du Hornoxe. Sertorio blitzt den Händler wütend an.


    "Hunnertfünfun'siebzig. Exakt. Hier haste hunnertsiebzig abgerundet. Stimmtso." Sertorio läßt nich'n geringstn Zweifl, daß da kein Diskussionsraum is'.


    Er nimmt'n erstn Sack, schultat ihn leicht ächznd, trägt ihn zum Karrn un' haut ihn auffe Fläche. Tilla hat''e Decke draufgemacht, klug, oda nich'? Er nickt, imma noch'n wenig valegn, lächlt kurz un' geht zum zweitn Sack.

  • Aufmerksam sah sie Sertorio zu, der sich inzwischen um die Bezahlung kümmerte und einen Sack hochwuchtete. Schweigend sah sie zum Händler rüber und bekam seinen Satz mit. Wie? Was? Wen ranlassen? Ihre Frage, ob sie den halben Sack hoch heben kann, verpuffte schlagartig. Mit halboffenen Mund sah sie Sertorio an und wieder zum Händler, der werwegen mit den Münzen klimperte. Aber... aber.. Hallo? Was ging denn hier ab? Sertorio sah ganz schön wütend aus und schenkte ihr beim Näherkommen wundersamerweise ein Lächeln. Sah sie gerade recht oder träumte sie? Tilla eilte Sertorio nach, zupfte an seiner Kleidung. Was hat er gesagt? Ich hab es nicht verstanden. Erklärst du es mir? Während sie auf seine Antwort wartete, nahm sie den halben Sack auf und trug ihn mit zusammengebissenen Lippen zum Karren. Uff... Hatte der Händler wirklich gesagt, er sollte Sertorio ranlassen? Seltsamer Uhu! Waren 175 Sesterzen der übliche Preis für die Bestellung? Gehörte das 'heranlassen' mit dazu?

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