Auf der einen Seite der Agora, nur ein paar Schritte vom Portikus des Isis-Plusia-Tempels entfernt, wurde eine hölzerne Bühne errichtet.
Laut hallten die Hammerschläge der Arbeiter über den weiten Platz und störten die vornehmen Alexandriner, die sich hier so gerne auf ein geschäftiges Schwätzchen trafen.
Vor der im Entstehen begriffenen Bühne gab es eine Tafel und auf der stand zu lesen, was das hektische Treiben zu bedeuten hatte:
IN NOMINE IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI
ET REGIS AEGYPTI ET DOMINUS ORBIS TERRARUM
Kraft der mir durch die Stadt Alexandria verliehenen Gerichtsbarkeit
setze ich hiermit die Hauptverhandlung gegen die beiden Beschuldigten
QUINTOS ALEXANDREUS und SABOS AUS MEPHIS
unter meinem Vorsitz für den
ANTE DIEM XII KAL FEB DCCCLVIII A.U.C.
(21.1.2008/105 n.Chr.) an.
Die Verhandlung findet auf der Agora Alexandrias statt.
Die Beschuldigten werden zu dem genannten Termin vorgeführt.
Als beisitzenden Iudex benenne ich den ehrenwerten
Agoranomos LEONIDAS PHILOTANTOS.
Die Anklage führt der ehrenwerte
Strategos Alexandrinos NIKOLAOS KERYKES.
Dieses Gericht wird auf Basis der Katastasis Alexandres und des
Strafrechtsteils des Codex Iuridicialis Recht sprechen.
Den Beschuldigten werden folgende Straftaten zur Last gelegt:
Hochverrat im Sinne von § 1 (5) Katastasis Alexandres
Mord im Sinne von § 73 Cod. Iur
Bildung einer kriminellen Gruppe im Sinne von § 104 Cod. Iur
[Blockierte Grafik: http://www.sai.uni-heidelberg.de/~harm/ImperiumRomanum/Alexandria_et_Aegyptus/Unterschrift_Corvus_PAeg_Papyrus.png]
Dazu sind vielleicht ein paar erläuternde Worte nötig:
Das hier ist eine Improvisation und der Versuch, SimOn für Alexandria eine Rechtsprechungspraxis zu entwickeln.
Die Stadt Alexandria gehört nominell nicht zum Territorium des Imperium Romanum, erkennt den römischen Kaiser aber als 'Schutzgott' mit königlichem Rang an. Darum fallen in Alexandria begangene Straftaten nur dann in die Zuständigkeit der römischen Gerichte, wenn sie von römischen Staatsbürgern begangen wurden (§ 1 (2) Cod Iur). Dieser Prozess findet darum hier statt, weil die verhandelten Straftaten von Peregrini und innerhalb der Stadtgrenzen Alexandrias begangen wurden. Andernfalls würde die Angelegenheit ganz normal zur Basilica Ulpia wandern.
Die Rechtsprechung hat die Stadt Alexandria an den Kaiser, bzw. dessen Vertreter, also den Praefectus Aegypti übertragen (§ 7 (3) Katastasis Alexandres). Es gibt darüber hinaus keine Festlegung, wie die Rechtsprechung in der Praxis auszusehen hat. Daraus leite ich einen Interpretationsspielraum für den Präfeken, also momentan mich, ab.
Es ist also der Versuch, diese (damals, als diese Provinz geschaffen wurde, durchaus bewusst in Kauf genommene) Lücke mit Leben zu füllen. Ich lehne mich dabei an die etablierten römischen Gerichte an. Eigentlich wollte ich deshalb auch ein dreiköpfiges Gericht schaffen, mit zwei alexandrinischen Würdenträgern als beisitzenden Richtern. Aber der zweite Amtsträger, den ich im Auge hatte, ist mir inzwischen abhanden gekommen, also muss einer reichen. Den absolvierten Cursus Iuris kann ich auch nicht als Voraussetzung einfordern, denn dafür gibt es in Alexandria einfach zu wenige Einwohner.
Alexandria hat kein eigenes Straf- und Zivilrecht und ich fände es auch etwas übertrieben, wenn wir alles, was bereits für das Imperium geregelt wurde, noch einmal eigens für Alexandria niederschreiben, oder gar ein im Detail davon abweichendes Recht installieren würden. Darum möchte ich mich bei diesem Prozess gerne auf den Strafrechtsteils des Codex Iuridicialis stützen.
Es ist wie gesagt ein Versuchsballon und der Vorteil ist, dass in diesem Prozess zwei NSC´s die Angeklagten sind und keine 'echten' ID´s. Es wird sich zeigen, ob es so funktioniert und ob diese Vorgehensweise die Mustervorlage für die Zukunft sein wird, oder ob Corvus wegen seiner Vorgehensweise einen auf den Deckel bekommt.