Pater et Filius - ein Gespräch

  • Brutus bat darum seinen Vater kommen zu lassen, kommen zu lassen zu einer kleinen Unterredung, die für ihn mehr war als schlichte Worte, sondern der Tag an dem er in die Freiheit entlassen werden konnte.


    So stand er neben der großen Kline im Atrium und wartete auf seinen Vater, den Senator.

  • Mencrates kam von einer Senatssitzung, als er bereits bei der Abgabe seines Mantels davon unterrichtet wurde, dass ihn sein Sohn im Atrium erwartete. Da er durchaus gerne auf andere Gedanken gebracht werden wollte, begab er sich ohne Verzögerung zum Empfangsraum und betrachtete für ein paar Momente seinen Sohn, bevor er eintrat - groß war er geworden, die Zeit wie im Fluge vergangen.


    "Du hast etwas auf dem Herzen, Junge?", fragte Claudius, als er über die Schwelle schritt und auf Lucius zuging.

  • Brutus, der sich für solch eine Entscheidung nun seit Wochen durchringen musste, stützte sich an einer Säule ab und nickte überzeugt.


    "Ja, ich habe mit dir zu sprechen, Vater."


    Nun stieß er sich ab und schritt auf jenen stolz und mutig - man wusste ja nie wie der Vater auf solcherlei Neueigkeiten reagieren würde - zu.


    "Ich bin reif nun hinaus in die Welt zu gehen und meinen Weg, den des Lucius Claudius Brutus, zu gehen. Ich verlange nicht viel von dir, keine Unterstützung, kein Amt, nicht einmal deinen Namen - nur mein mir bei Volljährigkeit zustehendes Geld. Ich brauche das Kapital, um mich zu bewähren."


    Dabei blickte der Jüngling dem Vater direkt und entschlossen in die Augen. Sein Entschluss stand fest.

  • Mit gewissem Stolz und einer Spur Amüsement betrachtete Claudius die Bemühungen seines Ältesten, wahrhaft erwachsen zu wirken. Erfahrung würde binnen kurzem die noch fehlende Sicherheit im Auftreten geben, dessen war sich der Vater sicher.


    "So, auf meinen und somit auch deinen guten Namen möchtest du also verzichten? Wolltest du dich als Peregrinus verdingen, um deine Fähigkeiten aus eigener Kraft dir und anderen beweisen zu können?"


    Menecrates überhörte geflissentlich die vorgetragene Bitte, denn er wollte zunächst über die Pläne seines Sohnes unterrichtet werden, um beurteilen zu können, ob er sie gutheißt. Er erwiderte den Blick und ließ sich von Lucius’ Entschlusskraft nicht sichtlich beeindrucken.

  • "Keine Scherze, Vater. Ich meine dies durchaus ernst."


    Ermahnte ihn Brutus sogleich und blickte einen kurzen Moment zur Seite. Wollte er das wirklich aufgeben? Ja, er musste es.


    "Ich sagte doch, den Weg des Lucius Claudius Brutus - dies ist kein Name für einen Peregrinus. Es war mehr stilistisch, Vater. Ich will damit ausdrücken, dass ich deiner Hilfe in keinster Weise bedarf und diesen Zustand auch in Zukunft so beibehalten möchte.
    Dass ich keine militärische Karriere einschlagen werde, ist wohl von der Hand, dafür kennst du mich zu gut. Und das mit dem Leben als Philosoph habe ich mir, wenn auch nicht so recht, aus dem Kopf geschlagen. Ich werde für mich sorgen können - als Priester."


    Das war ein solider Mittelweg zwischen einem Leben als Philosoph und dem Ausstieg aus der Gesellschaft. So wäre er nicht ganz mittellos und könnte zudem seiner philosophischen Veranlagung nach streben, da er als Sacerdos sicherlich genug Zeit haben würde.

  • "Als Priester, hmhm." Claudius legte die Hände hinter seinem Rücken übereinander und begann einen kurzen Spaziergang durch das Atrium. Die Bewegung gab ihm die Möglichkeit, die Informationen zu verarbeiten, was für ihn eine Notwenigkeit darstellte - Menecrates fällte nie überhastet seine Entscheidungen. Als er den Rundgang beendet hatte, stoppte er vor Lucius und musterte ihn.


    "Ich denke, das ist ein ehrenwerter Weg. Selbstverständlich erhältst du, um wirtschaften lernen zu können, einen Teil deines Erbes. Wohin werden dich deine Wege denn führen? Ich hoffe, du bleibst in Rom."

  • Brutus folgte mit seinen Augen der kleinen Wanderung des Vaters und konnte ein wenig durchschnaufen.


    "Vorerst bleibe ich in Rom, denn ich muss hier die Probationes ablegen. Danach...nun, das weiss ich nicht."


    Antwortete er ihm ruhig und besonnen. Der Vater lehnte es nicht ab, das war schonmal gut.


    "Mama hat damals erwähnt ein Onkel hätte mir Grundstücke gespendet. Wie viele sind es und wo liegen sie?"


    Fragte er sogleich mal nach.

  • Claudius durchdachte die Auskunft seines Sohnes, nickte zweimal bedächtig und sagte: "Gut." Er begrüßte die Tatsache, dass Lucius Rom zunächst nicht zu verlassen gedachte.


    Der Frage nach den Grundstücken brachte ihn jedoch in Schwierigkeiten, lagen der Kauf und die Übernahme doch weit zurück. Nach einigem Nachdenken konnte er wenigstens mit einer Teilauskunft dienen.


    "Richtig, ein Grundstück hinterließ dir der Onkel, allerdings müsste ich den Verwalter befragen, wo es überhaupt liegt. Darum habe ich mich nie gekümmert. Das von ihm hinterlassene Geld habe ich vor Jahren in zwei Grundstücke investiert, die nahe Roms liegen. Das sind begehrte Parzellen. Normalerweise sind in Rom und Umgebung keine Ländereien erwerbbar. Sie befinden sich in Richtung Ostia. Lass dir die genaue Lage von dem Verwalter beschreiben, wenn du sie einmal abschreiten möchtest. Als Eigentümer bist du bereits bei allen Grundstücken eingetragen, ich habe bis zur Liberalia lediglich als Vertreter fungiert, damit sparen wir unnötige Wege. Meines Wissens handelt es sich übrigens allesamt um unbebaute Grundstücke."


    Menecrates war gespannt, ob sein Sohn bereits Vorstellungen von der Verwendung der Ländereien hatte. Immerhin waren sowohl eine Bebauung als auch ein landwirtschaftliche Bewirtschaftung möglich.

  • "Ja, gut, dann muss ich mit dem Verwalter reden. Ahja, für die erste Probatio bräuchte ich 500 Sesterzen. Könntest du sie mir leihen? Ich zahle sie dir auch schnell wieder zurück, wenn ich erstmal Sacerdos bin."


    Nickte Brutus eifrig und hörte gebannt zu. Er spekulierte natürlich auf Grundstücke in lukrativer Gegend - und er war nicht unzufrieden.


    "Zwei Parzellen in Ostia, das ist großartig. Ich danke dir, Vater. Weißt du, ob diese fruchtbaren Boden führen? Ich meine, wenn ich dort ein Landgut aufbauen wollte?"


    Fruchtbarer Boden steigerte selbstverständlich auch den Preis.

  • "Leihen?" Claudius lachte einmal auf, schaute aber sogleich seinen Sohn wieder ernst an. "Das wäre ja noch schöner. Kommt gar nicht infrage, du bekommst das Startgeld und damit hat es sich."


    Menecrates gab mit einer Kopfbewegung einem bereitstehenden Sklaven den Auftrag, sich vom Verwalter einen Geldbeutel aushändigen zu lassen. Der dunkelhäutige Mann huschte davon.


    "Um ehrlich zu sein, hatte ich bisher selbst nicht die Möglichkeit, mir das Land anzuschauen. Ich würde dich gerne begleiten, dann komme ich auch einmal wieder aus Rom heraus. Wann gedenkst du zu reisen?"


    Während Claudius noch auf die Antwort wartete, ging er seinen Terminplan durch. Seit er nicht mehr dem Militär angehörte, hielten sich jedoch seine Verpflichtungen in Grenzen.
    Wenig später erschien der Sklave und überreichte den Geldbeutel. Claudius ging davon aus, dass die Münzen abgezählt waren. So viel Verstand traute er dem Sklaven zu, dass er die benötigte Summe dem Verwalter übermittelt hatte.


    "Viel Erfolg bei deinen Vorhaben", sagte er, als er das Geld Brutus entgegenhielt.

  • "Na wenn das so ist, würde ich dich gerne dazu einladen, Vater. Jedoch weiß ich noch keinen Termin zu bestimmen, das wird wohl nach meinen Prüfungen warten müssen."


    Sagte er freundlich und sein Gesicht erstarrte, als sein Vater den Beutel vor ihm hielt.


    "Nein, Vater, ich werde dir das Geld zurückzahlen. Ich hätte sonst ein schlechtes Gefühl."


    Im Grunde wollte er nicht, dass man ihm dann später vorwerfen könnte, er hätte es ohne das Geld seines Vaters niemals geschafft. Daher würde er es zurückzahlen müssen, er würde darauf bestehen. Brutus war ein stures Kerlchen.

  • Menecrates schmunzelte.


    "Du bist stolz, Junge. Stolz ist ein zweischneidiges Schwert. Tendiert er Richtung Würde, dann ist er eine vortreffliche Eigenschaft, neigt er zu Hochmut, wäre er nicht wünschenswert. Aber ich denke, ich muss mir über deine Entwicklung keine Sorgen machen. Komm einfach wieder auf mich zu, wenn sich bei dir die Gelegenheit ergibt, die Ländereien zu besichtigen. Dann finden wir schon einen beiderseitig passenden Termin. Die Götter mögen dich stets auf deinen Wegen begleiten!"

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