Atrium | Quirinalis et Furianus

  • Der Flavier wurde von dem Sklaven in das große Atrium geführt.
    Wenig später erschien auch Furianus, mit einer schlicht roten Tunika bekleidet, um die Ecke und wies mit der rechten Hand, ohne eine Miene zu verziehen und ohne einen Gruß, auf eine Klinengruppe.


    "Ich habe dich erwartet."


    Sagte er schließlich emotionslos, nachdem er sich auf die Kline gelegt hatte.

  • "Salve, Furianus!"


    Auch wenn Furianus mich nicht begrüßte, so gebot mir doch meine Höflichkeit dies zu tun. Ich versuchte bei der ganzen Sache ebenso emotionslos wie Furianus zu bleiben, was mir ziemlich gut gelang. Auch wenn ich nicht wusste, was mich erwartete.
    Nachdem Furianus auf einer Kline Platz genommen hatte, folgte ich seiner Aufforderung und nahm ebenfalls Platz.


    "Was verschafft mir die Ehre, Furianus?", fragte ich ihn vollkommen trocken und ohne jegliche Regung; dennoch musste ich mich innerlich sehr anstrengen, um mir einen ironischen Unterton zu verkneifen.

  • Furianus musterte den Verwandten nichtssagend und bedeutete dann den Sklaven hinaus zu gehen. Sie eilten auch sofort hinweg.


    "Du wurdest von meinem Bruder adoptiert, du hast Zuflucht im Schoße unserer Familie gefunden, du bist Klient meines Vaters und du warst mir stets sympathisch - doch merke dir eines, wenn man mir in mein Gesicht schlägt, schlage ich erbarmungslos zurück."


    Er fixierte den Mann mit seinem kalten Blick und musste notgedrungen fortfahren, da Quirinalis sich sicherlich stumm und dumm stellen würde.


    "Schon den Straßen Tarracos zugehört?"


    Fragte er süffisant und beugte sich etwas vor.


    "Ich habe, wenn ich mich recht erinnere und das tue ich zweifelsohne, vor gut ein paar Jahren fast die gesamte Villa Flavia in Tarraco sanieren lassen, habe den Weinkeller aufgefüllt und einige Sklaven eingekauft. Es steht alles, mit allem Pomp und mit aller Würde eines Patrizierhauses da und was machst du? Wie ein Bettler quartierst du dich bei einem Didier ein! Soll das belustigend sein, wenn ich mir anhören muss, dass der Verwandte das einfache Heim eines anderen dem Palast der eigenen Familie, welcher leer steht, vorzieht? Du siehst, ich lache nicht!
    Wenn dir das immer noch nicht genug ist, habe ich selbst dieses Domizil, eines, welches einzigartig in Hispania ist, wohl auch über den Grenzen dieser Provinz nicht alltäglich!
    Willst du mich diffamieren oder bist du etwa schwul und der Didier dein Partner?! Egal was es ist, du wirst sofort die Casa Didia verlassen und gefälligst so leben, wie es sich für deinen Stand und deinen Namen gehört!"

  • In Ruhe hörte ich mir Furianus' Worte an, doch als er bei "schwul" angekommen war, war es hinüber mit meiner Beherrschung.


    "SCHWUL???", fragte ich wütend.


    "Ich wohne in dieser Casa, weil mich mein bester Freund dorthin eingeladen hat, damit ich nicht allein sein muss. Die Villa Flavia ist leer, die Sklaven haben sie auch nicht richtig gepflegt. Als ich dort ankam fehlte es an vernünftigem Essen. Und wirklich gut erzogen ist der Obersklave nicht."


    Ich holte tief Luft und spürte mit einem Male ein Stechen in meiner Brust, genauer gesagt in meinem Herz. Es dauerte nicht lang, doch führte es dazu, dass ich mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Stelle auf meine Brust packte, an der sich mein Herz befand. Doch der Schmerz verschwand und langsam gewann ich wieder meine Beherrschung.


    "Lass mich in Ruhe erklären, warum ich nicht in der Villa verweile. Ich wollte und will niemanden damit beleidigen. Ich bin auch dankbar für die Sanierung der Villa Flavia. Ich bin im Moment auch nur in der Casa Didia, weil Gaius Didius Sevyciusmich eingeladen hat. Doch wenn du es lieber siehst, werde ich natürlich in die Villa Flavia zurückkehren"

  • Furianus machte eine wegwischende Bewegung.


    "Pah! Du sprichst, als wäre das Leben in einem solchen Domizil, einer Villa Quirinalis, solch eine Bürde und Farce! Als müsse dich Didius daraus erretten!"


    Schrie er noch immer wütend dem Verwandten entgegen und sprang auf.


    "Meine Güte, natürlich ist die Villa leer, aber das ist noch lange kein Grund Gerüchte zu schüren! Man lacht über dich und wenn man über dich lacht, so lacht man auch über mich! Und über mich darf keiner lachen!"


    Wütend ging er hin und her, versuchte sich zu beruhigen und massierte sich sich selbst, gar zu hastig, den Nasenrücken.


    "Ja, wenn die Sklaven die Villa nicht richtig gepflegt haben, dann tu doch etwas dagegen! Wenn du einen strengen Körpergeruch hast, so wartest du doch sicherlich nicht, bis dich jemand darauf aufmerksam macht, sondern nimmst von dir aus das Bad! Was ich damit sagen will ist, dass du gefälligst Verantwortung übernehmen musst! Wenn die Villa dir nicht sauber genug erscheint, so schreie, wenn du wütend bist, lasse alle Sklaven blutig peitschen, hänge von mir aus einige auf! Wenn vernünftiges Essen fehlt, so lasse es besorgen! Können die Küchensklaven kein richtiges Essen zubereiten, so lasse sie auspeitschen oder töten von mir aus! Das ist mir völlig egal, du hast die Mittel dazu, die Familie hat genug Geld für neue Sklaven, für Essen, für alles!"


    Er schnaufte tief durch und wurde ruhiger, setzte sich aufrecht auf die Kline und fuhr sich mit der rechten Hand durch die Haare.


    "Was ich damit sagen will, Quirinalis, ist, dass du in keiner gewöhnlichen Familie lebst. Du bist ein Teil von mir wie auch ich ein Teil von dir bin, wir sind Flavier. Nur wenn ich bestrebt bin nach den Sternen zu greifen und meine eigenen Verwandten mir die Beine wegreissen, tut dies noch mehr weh, als wenn es Fremde wären. Mit Fremden kann und darf man anders umgehen, die Verwandtschaft sucht man sich nicht aus.
    Mir ist auch aufgefallen, dass du seit geraumer Zeit untätig bist. Was ist los mit dir? Brauchst du ein Amt? Ich besorge dir eines, wenn du willst."

  • Mir wurde bewusst, dass es nichts brachte Widerworte zu geben. Also musste ich mich fügen und gab klein bei.


    "Nun gut, Furianus", entgegnete ich reuig und fast schon leise, "ich werde zurückkehren in die Villa, du hast recht. Für meinen Stand gehört es sich nicht in einer gewöhnlichen Casa zu leben, wenn 'nebenan' eine der schönsten Villen steht."
    Furianus hatte wirklich recht, das musste ich zugeben, doch Sevycius war nun mal ein sehr guter Freund.


    Als Furianus mich auf meine Untätigkeit hinwies, senkte ich meinen Blick, fast so als würde ich mich schämen. Doch musste ich mich schämen?


    "Du hast recht, viel habe ich nicht getan. Doch wenn du mir in dieser Hinsicht weiterhelfen könntest..."


    Und dann fiel mir noch etwas anderes ein... In meinem Alter und bei meinem Stand, sollte ich da nicht auch mal die passende Frau gefunden haben?


    "Also Furianus... Da wäre noch was... Aber..."


    So stotterte ich wie ein kleiner Junge vor mich hin, der gerade irgendeinen dummen Streich rechtfertigen muss und brachte kein Wort zustande.

  • "Deine Einsicht freut mich, Quirinalis."


    Sagte er kühl und nickte leicht seinem gegenüber zu. Er musste also keine Überzeugungsarbeit oder har Erpressung leisten - das war schonmal gut.


    "Ich könnte dir weiterhelfen und ich werde, Quirinalis. Wenn du dem Beispiel der anderen Familienmitglieder folgen willst, so lässt sich sicherlich etwas im Provinzkollegium für dich arrangieren. Ich dachte da an den Flamen Iulianis oder Augur, nach geraumer Zeit kann ich dich auch zum Pontifex machen, wenn du willst. Du müsstest lediglich zei Probationes ableisten, sofern du diese noch nicht hast.
    Auf der anderen Seite gäbe es diverse Tätigkeiten in der Verwaltung. Du musst mir nur sagen was du willst."


    Als Proconsul konnte Furianus ihm dies gut und gerne offerieren. Es war ein Verwandter, zudem hatte sich Quirinalis auch als Duumvir der Stadt verdient gemacht. Darüber sah auch Furianus nicht hinweg.


    "Was ist noch? Nun sag es schon..."

  • Mein Gegenüber war jetzt zwar kühl, aber nicht mehr wütend - immerhin etwas.


    "Vielen Dank, Furianus. Eine Stelle in der Verwaltung würde mir sehr zusagen."


    Jetzt kam das andere Thema... Verlegen kratzte ich mir mit meiner linken Hand an meinem Hinterkopf.


    "Nun, mir gefällt es nicht, dass ich immer noch allein bin. Ich meine, dass ich immer noch nicht, nein, also hatte ich ja schon, aber..." Jetzt musste ich mich endlich ein Mal zusammenreißen, ich wusste gar nicht, was mit mir los war. "Ich habe immer noch keine Frau gefunden. Es ist ja nicht so, dass ich noch nie eine gegabt hätte, aber ich meine eine Ehefrau. Die fehlt mir. Eine Frau unseres Standes natürlich, mit der ich für Nachwuchs, für den Fortbestand unserer Familia sorgen kann."

  • "Gut, dann werde ich schauen, was sich da machen lässt in der Verwaltung."


    Antwortete er und verfiel sogleich dem Gedanken, dass der Verwandte auf irgend einem Priesteramte doch besser aufgehoben war, schließlich war man Patirizier.
    Am Liebsten hätte Furianus diesen zum Iuridiculus oder sonstwas in der Art ernannt, aber dafür musste Quirinalis ja Senator sein. Also musste er eine andere, recht repräsentative Anstellung finden. Vielleicht sollte er ihn zum Comes machen, da hatte man nicht viel zu tun...wobei er wiederum zuerst Magister Scriniorum gewesen sein müsste. Ja, alles war kompliziert, aber irgend ein gutes Amt würde sich schon finden.


    "Ahja, eine Frau suchst du."


    Sprach Furianus erstaunt aus und ein leichtes Lächeln zeichnete sich bei ihm ab.


    "Also dabei kann ich dir wohl nicht helfen. Du müsstest in die Hochburg der Heiratswilligen und Angemessenen, also Rom selbst, reisen, um dir eine zu finden. Gute Frauen sind heutzutage rar und ich selbst weiß um das Problem, welches du hast. Zum Glück habe ich mir doch noch eine gute Verlobte abgreifen können.
    Ich empfehle dir da mit den Vertretern der anderen Familien ein wenig zu korrespondieren. Also mit Tiberius Vitamalacus, Aurelius Corvinus oder Claudius Menecrates. Diese wissen wohl besser um ihre Heiratswilligen Jungfrauen als ich."

  • Schade, Furianus konnte mir auch nicht weiterhelfen. Aber immerhin hat er mir ein paar Namen genannt. Von meiner Seite gab es nun nichts mehr zu klären.
    Allerdings war ich ein wenig erstaunt von Furianus' Lächeln. War er bis zu diesem Zeitpunkt doch immer so kühl...


    "Nun denn, Furianus. Ich danke dir für deine Hilfe! Ist noch etwas zu klären, oder kann ich mich auf den Heimweg machen?"


    Wobei ich mit Heimweg den Weg zu meiner Villa meine, nicht den zur Casa Didia.

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