atrium | Ankunft einer Aurelia

  • Leone ging voran und deutete dann auf die Bänke. "Bitte, nimm doch Platz. Sicher werden die Herrschaften sogleich erscheinen. Vielleicht möchtest Du etwas zu trinken?" Das Team war gut eingespielt. Sogleich war jemand da, um Minervina Wasser und Wein anzubieten.


    Leone hingegen ging auf seinen Posten zurück. Er wußte Minervina in den besten Händen. Und gleich würde sie auch von der Familie begrüßt werden. Er mußte sich jetzt erstmal um seine Wunde kümmern, auch wenn sie nur klein war. Ärgerlich, sowas...

  • Mit pochenden Herzen war sie dem Ianitor ins atrium gefolgt. Sie nickte ihm noch einmal zu und nahm anschließend Platz. Sogleich wurde sie von einem anderen Sklaven versorgt. Sie empfand es als angenehm, wie aufmerksam man sich um sie kümmerte. "Danke, ich nehme etwas Wasser." Eine kleine Erfrischung konnte sie nach der langen Reise gut gebrauchen. Nachdem man ihr einen Becher Wasser gereicht hatte, nahm sie einen Schluck und ließ dabei ihren Blick über das atrium schweifen. Es war elegant und luxuriös eingerichtet, dennoch wirkte es nicht zu übertrieben. Ihre Familie hatte halt Geschmack. Sie freute sich schon den Rest der Villa zu erkunden.


    Ihre Aufregung wurde immer größer und sie fragte sich, wen sie gleich als erstes zu Gesicht bekommen würde. Ihren Onkel? Oder doch ihren Bruder? Um sich etwas abzulenken und diese nervenauftreibende Warterei zu verkürzen, erhob sie sich und steuerte auf eine kunstvoll geschwungene Vase mit exotischen Blumen zu. Welch wunderschöne Farben ihre Blüten hatten! Sie nahm eine Blume in die Hand und roch mit geschlossenen Augen daran. Was für einen Namen sie wohl hatten?

  • Seine kleine Schwester war also angekommen. Ursus freute sich. Freute sich sogar sehr. Auch wenn er Minervina schon einige Jahre nicht mehr gesehen hatte und sie noch fast ein Kind gewesen war, als sie das letzte mal beeinander gewesen waren. Endlich jemand, mit dem er sich verbunden fühlen konnte. Im Grunde war er hier im Haus ja sehr einsam. Corvinus und er hatten eben ihre Differenzen, Prisca ließ sich praktisch nicht blicken, nur mit Helena hatte er seit jener Nacht etwas engeren Kontakt. Und so war die Aussicht, daß seine Schwester heimkehrte, für Ursus eine sehr erfreuliche, auch wenn er natürlich nicht wußte, ob sie sich überhaupt verstehen würden.


    Als er ins Atrium trat und eine schöne junge Frau da sitzen sah, stockte sein Schritt. "Minervina?", fragte er in ungläubigem Tonfall und staunte das Wunder an. Dann grinste er breit und frech und meinte: "Ich glaube, hier liegt ein Irrtum vor. Ich erwartete meine freche, kleine, sommersprossige Schwester. Und wer genau bist Du?" Er schritt auf sie zu und öffnete die Arme, um sie an sich zu drücken. Es war wirklich erstaunlich, wie sie sich verändert hatte. Er konnte es kaum glauben, daß es sich bei dieser Frau um Minervina handeln sollte. Doch wenn er ihr in die Augen sah, dann wußte er, daß sie es war. Noch immer funkelten sie übermütig und vorwitzig.

  • Es dauerte nicht lange, da hörte Minervina plötzlich Schritte, die sich langsam näherten. Sie staunte nicht schlecht, als ein junger attraktiver Mann das Atrium betrat. Sofort steckte sie die Blume, die sich noch in der Hand hielt, zurück in die Vase und richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihn. Fassungslos blickte sie ihn mit ihren dunklen Augen an. Sollte das etwa Ursus sein? Ihr Bruder? Sicher, es war nur natürlich, dass er sich in den ganzen Jahren, in denen sie sich nicht gesehen hatten, verändert hatte. Dennoch war sie äußerst erstaunt als sie ihn so sah. Sie erkannte ihn kaum wieder. Doch die Art, wie er mit ihr sprach, verriet ihr, dass sie zweifelsohne ihren Bruder vor sich hatte. Das waren die Sprüche von Ursus, wie sie sie noch aus früherer Zeit kannte. Ein verschmitztes Schmunzeln umspielte ihre Lippen. "Eindeutig ein Irrtum. Ich bin davon ausgegangen, dass mein vorlauter Bruder mich empfangen würde. Stattdessen treffe ich auf einen so charmanten jungen Mann."


    Dann konnte sie sich nicht länger zusammenreißen. Voller Freude eilte sie ihm entgegen. Wenn man die stürmische Begrüßung so betrachtete, hätte man meinen können, dass die jahrelange Erziehung bei Tante Matidia völlig umsonst gewesen waren. Doch in diesem Moment war es Minervina herzlich egal, ob ihr Verhalten nun damenhaft erschien oder nicht. "Ursus! Mein liebster Bruder!" Mit größter Herzlichkeit erwiderte sie seine Umarmung. War es doch ein wunderbares Gefühl ihn nach all den Jahren wieder in den Armen halten zu können. Wie sehr hatte sie sich danach gesehnt. Jetzt endlich musste sie sich nicht mehr so allein fühlen. Nicht, dass sie es bei ihrer Tante nicht gut gehabt hätte, doch hatte sie sich dort oft einsam gefühlt. "Wie schön dich endlich wiederzusehen. Sag, wie geht es dir? Und was macht der Rest der Familie?" Sie löste sich allmählich aus der Umarmung und musterte Ursus von Kopf bis Fuß. Äußerlich hatte er sich sehr verändert. Er war zu einem stattlichen jungen Mann herangewachsen. "Athen scheint dir gut getan zu haben. Du siehst blendend aus!"

  • Die stürmische Begrüßung paßte dann schon eher zu dem lebhaften Schwesterchen, das Ursus in Erinnerung hatte. Er lachte fröhlich, als sie so ungestüm und wenig damenhaft auf ihn losstürmte und umarmte sie herzlich. "Täusch Dich nicht, ich bin noch genauso vorlaut wie früher", scherzte er und betrachtete sie genauso eingehend wie sie ihn, als sie ihre Umarmung gelöst hatten.


    "Corvinus hätte Dich auch gerne begrüßt, aber er ist leider verhindert. Ich soll Dir aber Grüße und ein herzliches Willkommen von ihm ausrichten. Na, und den Rest bekommst Du schon mit. Wir sind hier momantan nur wenige. Nur Prisca und Helena sind noch anwesend. Du wirst sie sicher bald treffen." Ja, irgendwie war es sehr still geworden in der Villa Aurelia. Aber das würde sich ja nun hoffentlich endlich ändern.


    "Und mir geht es soweit ganz gut, danke übrigens für das Kompliment. Das Amt verursacht reichlich Arbeit, aber es macht auch Spaß, endlich mal richtig was tun zu können und nicht immer nur zu lernen. - Und wie ist das mit Dir? Wie geht es Dir? Ist die Reise gut verlaufen? Oder möchtest Du lieber erst ein Bad nehmen und Dich einrichten, bevor Du erzählst?" Eigentlich sah sie nicht sehr gestreßt aus von der Reise, aber da konnte er sich natürlich täuschen.


    "Ich werde Dich wohl einsperren müssen in der Villa. Eine so schöne junge Frau kann ich auf keinen Fall in diese Stadt voller finsterer Gestalten gehen lassen." Es war ein Scherz, aber er betrachtete sie immer noch voller Unglauben. War das wirklich seine kleine Minervina?

  • Zu hören, dass Corvinus verhindert war und deswegen sie nicht empfangen konnte, war schon ein wenig enttäuschend für Minervina. Hatte sie sich neben das Wiedersehen mit Ursus, doch auch sehr auf ihren Onkel gefreut. Dennoch zeigte sie Verständnis. Sicher hatte er einfach viel zu tun. "Wie bedauerlich. Nun gut, ich werde ihn ja noch früh genug begegnen, da bin ich mir sicher. Auf den Rest der Familie freue ich mich ebenfalls schon sehr." Sie war schon ganz gespannt darauf Prisca und Helena zu treffen.


    "Danke, mir geht es hervorragend, besonders jetzt, wo ich endlich wieder bei meiner Familie bin. Die Reise... nun ja, sie verlief recht angenehm, doch es kam mir so vor als wollte sie kein Ende nehmen." Was allerdings daran gelegen haben könnte, dass sie es kaum erwarten konnte in Rom anzukommen. Geduld war nämlich noch nie eine ihrer Stärken gewesen.
    "Ein Bad werde ich mir später gönnen. Zunächst würde ich aber sehr gerne die Villa besichtigen. Würdest mir die Freude machen und sie mir zeigen?" Sicherlich hatte sich nach all den Jahren so einiges geändert und das wollte sie unbedingt sehen. Ohne auf eine Antwort von Ursus zu warten – ein Nein hätte sie eh nicht akzeptiert - hakte sie sich mit einem charmanten Lächeln wie selbstverständlich bei ihm ein und marschierte los.


    "So so, einsperren willst du mich?" fragte sie beim Gehen nach. Ein wenig schmunzelnd hob Minervina ihren Kopf um ihren Bruder besser in die Augen zu schauen können. Es gefiel ihr außerordentlich gut, wie Ursus ihr Komplimente machte. "Das könnte dir so passen! Aber wenn ich mal die Villa verlassen sollte um einen ausgedehnten Einkaufsbummel über den Markt zu machen, werde ich dich als Beschützer mitnehmen." Tja, das hatte er nun davon! ;)

  • Die Enttäuschung war Minervina anzusehen und das gab Ursus einen kleinen Stich. Warum hingen nur immer alle so sehr an Corvinus? Was könnte er ihr schon sagen, was Ursus ihr nicht schon gesagt hatte? Ja, gut, Corvinus war das Familienoberhaupt. Aber war er das nicht auch eher durch Zufall geworden?


    "Ich bin sicher, er wird es sich nicht nehmen lassen, Dich bald zu begrüßen", versicherte Ursus schnell und damit war das Thema für ihn wirklich erledigt. Er wollte sich von Corvinus nicht die Petersilie verhageln lassen, wennn er nicht mal anwesend war.


    Daß sie sich einfach bei ihm einhängte, versöhnte ihn da schon wieder. Sie war tatsächlich eine charmante junge Dame geworden! Das hätte der der frechen kleinen Rotzgöre, die sie früher mal gewesen war, gar nicht zugetraut. "Natürlich zeige ich Dir gerne alles. Im Grunde ist alles wie früher, nur teilweise anders eingerichtet. Also, das atrium hast Du ja schon bewundert, da muß ich wohl nicht mehr näher drauf eingehen. Kommen wir zum triclinium..." Er machte mit dem freien Arm eine Geste zum entsprechenden Raum.


    Dann aber hielt er erschrocken inne. "Einkaufen? Das ist nicht Dein Ernst!" Schlimm genug, daß Prisca ihn schon auf so eine Aktion festgelegt hatte. Bisher war sie ja noch nicht gekommen, um das Versprechen einzulösen. Doch es konnte nicht lange dauern, bis sie es doch tat. "Also... Hektor begleitet Dich sicher gern. Und Sertorio ist auch ein ausgezeichneter Beschützer, nur den Mund darf man ihn nicht aufmachen lassen. Du mußt wissen, ich bin von meinem Amt furchtbar beansprucht." Er hüstelte ein wenig und gab sich nicht einmal die Mühe, die Übertreibung zu bemänteln.

  • Es war angenehm mit ihrem Bruder durch die Villa zu schlendern und sich alles von ihm zeigen zu lassen. In aller Ruhe sah sie sich die Räume genauestens an. Hier und da bemerkte sie die kleinen Änderungen, die man in den letzten Jahren vorgenommen hatte, doch alles in allem hatte sich in der Villa zu Minervinas Erleichterung nichts großartiges verändert. Nach dem Rundgang durch die verschiedenen Zimmer wollte sie sich aber etwas noch unbedingt ansehen. "Ursus, wir haben den hortus vergessen! Ich würde ihn mir so gerne anschauen." Den Garten zu sehen und sich davon zu überzeugen, dass er mit größter Achtsamkeit gepflegt wurde, war ihr sehr wichtig. Sie liebte die Natur und schon früher hatte sie dort viel Zeit verbracht. Ob der Garten immer noch so schön war, wie sie ihn in ihrer Erinnerung hatte?


    Ursus’ Reaktion auf das Thema Einkaufen sprach für sich. Bona dea, es war doch immer das Gleiche mit den Männern, wenn es um dieses Thema ging! Schadenfroh grinste sie ihn an, wenngleich er ihr auch ein wenig leid tat, so schockiert wie er deswegen wirkte. "Doch, und wie das mein Ernst ist!" Eigentlich war es nur ein Scherz von ihr gewesen, doch wenn er sich so dermaßen anstellte, sollte er ruhig ein wenig leiden. Belustigt hörte sie ihm zu, wie er begann sich um Kopf und Kragen zu reden und versuchte sich möglichst galant aus der Affäre zu ziehen. Ah ja natürlich, er war also zu sehr beschäftigt. Sicher. "Dann wäre ein Spaziergang mit mir über den Markt doch eine angenehme Abwechslung. Als Ausgleich zu deiner sicherlich anstrengenden Arbeit im Amt sozusagen." Sie schürzte die Lippen und machte nun einen auf Unschuldsmiene, wobei auch sie an Übertreibung nicht sparte. Anschließend setzte sie noch einen drauf. "Was soll ich denn mit den ganzen Sklaven? Ich bin mir sicher, die können mich nur halb so gut beschützen wie mein eigener Bruder." Dann aber gab sie schließlich nach. Bei dem Ärmsten lagen sicherlich schon die Nerven blank. Hatten sich da nicht auch schon kleine Schweißperlen auf Ursus' Stirn gebildet?
    Sie zwinkerte ihm zu. "Nein nein, keine Sorge Brüderchen. Das war nur ein kleiner Spaß. Für meine Einkäufe werde ich jemand anderes mitnehmen. Prisca oder Helena vielleicht, die haben sicher mehr Interesse an Mode." Aber eines Tages würde sie es schaffen und ihn mit auf den Markt zerren, ob er nun wollte oder nicht. Soviel das stand für sie schon fest.

  • Endlich hatte sie mal keinerlei Aufgaben zu erledigen, hatte endlich Zeit zum impluvium zu schleichen und dem Wasserbecken einen Besuch abzustatten. Und danach wollte sie nach den Kaninchen schauen, zugucken wie die vier Hasenbabys an Löwenzahn und Kleeblättern knabberten. Wie gewohnt zog sie für ihre Schleich-Touren die Sandalen aus und band sie an den Gürtel. Auf leisen Sohlen schlich sie durch die Gänge der Villa, immer genau wissend wo sie sich gerade befand. Matho wollte sie auf jeden Fall aus dem Weg gehen. Dieser war so schlecht gelaunt, dass man schon beinahe dachte es würde einem übel werden wenn man ihn sah. Sie schüttelte den Kopf. An Matho wollte sie jetzt nicht denken!


    Da hörte sie etwas was ihr Interesse weckte. Nämlich zwei Stimmen. Eine davon fremd! Entweder man suchte sie schon wieder nach ihr, um sie mit Arbeit zu betrauen oder sie konnte einen Blick bei den Privattätigkeiten der Hausherren werfen. Eilig sah sie sich nach Deckung um und versteckte sich hinter einer Statue, die keine Arme hatte. Tilla stellte sich dicht hinter diese auf. Die Statue war ganz kalt... brr. Eine weibliche Statue mit erkennbar weiblichen Rundungen, von denen sie dank ihrer stämmigen Figur noch weit entfernt war. Neugierig lugte sie um das Rund des Sockels herum, entdeckte Ursus mit einer ihr unbekannten Frau. Nanu! Sie hatte ihm sogar ihren Arm gegeben. Wer war denn das schon wieder? Das stumme Sklavenmädchen krauste die Nase, verfolgte die Schritte der Erwachsenen aus ihren dunklen Augen heraus. Gast oder Besuch? Brüderchen? Spaß? Einkäufe? Wenn sie das Köchin Niki erzählen würde bekam sie sicherlich einen Honigtopf geschenkt! Tilla spitzte ihre Ohren, beäugte die unbekannte Dame.


    Sim-Off:

    Tipp-Ex

  • Langsam waren sie durch die Villa geschlendert und Ursus hatte ihr alles gezeigt. Völlig neu für sie war natürlich, daß er ein eigenes officium hatte. Doch ohne ging es wirklich nicht, wenn man ein Amt inne hatte. Noch dazu eines, das so viel Papierkram mit sich brachte.


    Die meisten anderen Räume hatten sich nicht sehr verändert in den letzten Jahren. Allenfalls gab es einen neuen Anstrich oder etwas andere Dekorationen. Im großen und ganzen aber fanden sich immer noch alle wichtigen Räume dort, wo sie früher auch gewesen waren.


    "Vergessen? Nein, Schwesterchen, vergessen haben wir den hortus nicht. Das beste kommt doch immer zum Schluß, oder etwa nicht? Natürlich ist er jetzt im Winter nicht so farbenfroh wie im Sommer, aber er ist sehr schön und wird gut gepflegt. Du wirst Dich darin sicher sehr wohlfühlen. - Komm..."


    Er führte sie nach draußen und obwohl hier natürlich vieles anders war als früher, so waren doch noch die alten Kletterbäume da und auch anderes vertrautes fand sich. Der Gartenteich war fast unverändert und auch die Hecken waren noch gleich angeordnet. "Ich werde Dich gewiß mal in die Stadt begleiten, Minervina", versprach er dann leichtsinnig. "Helena und Prisca werden sicher auch gerne mit Dir einkaufen gehen. Vor wenigen Tagen erst hat auch Helena den Wunsch geäußert, sich mal wieder in die Stadt zu begeben. Es ging ihr zuletzt nicht so gut und ich habe mich sehr gefreut, daß sie wieder Lust zu Streifzügen durch die Stadt hat. Ich bin sicher, ihr werdet euch sehr gut verstehen."

  • Tatsächlich. Der Garten war immer noch genau so atemberaubend wie er es in ihrer Kindheit war. Tadellos gepflegt war er. Derjenige, der für die Pflege des Gartens verantwortlich war, verstand sein Handwerk. Minervina entzog sie ihren Arm aus dem ihres Bruders und ging bewundernd einige Schritte umher. Sie war hin und weg von der Schönheit, die sich ihr darbot. Sie fragte sich, wie schön es hier sein musste, wenn erst einmal der Frühling erwachen würde?


    Doch plötzlich wurde sie abgelenkt. Aus ihren Augenwinkeln heraus meinte sie eine kleine, unscheinbare Bewegung hinter einer Statue bemerkt zu haben. Aufmerksam dadurch geworden wandte sie ihren Kopf in die Richtung der Statue, konnte jedoch erst nichts auffälliges an ihr feststellen. Sie stutzte für einen Augenblick. Hatte sie sich das etwa eingebildet? Sie war sich ganz sicher, dass sich dort eben etwas geregt hatte. Jetzt, wo sie sich die Plastik genauer ansah, schien es ihr, als hätte die Figur mit einem Mal Arme bekommen! Neugierig wie sie nun einmal war, zögerte sie nicht lange und schritt eiligen Schrittes auf die Säule zu. Und wirklich, ein junges Mädchen kam zum Vorschein, dass sich dahinter versteckt hatte. Verdattert sah die Aurelia in ihre großen, dunklen Augen. Von ihrer Aufmachung her musste sie wohl eine Sklavin sein. Die hatte die Beiden doch nicht etwa belauscht? "Wen haben wir denn hier?" Die Verwunderung in ihrem Gesichtsausdruck wich einem argwöhnischen Blick. Sie versuchte sie einzuschätzen. Einen boshaften Eindruck machte sie ja nicht gerade, sie wirkte eher unschuldig auf sie. Und das Bild, dass das Mädchen mit der Statue abgab! Irgendwie konnte sie ihr nicht so richtig böse sein. Amüsiert begann Minervina nun zu lächeln. Anschließend wandte sie sich zu Ursus. "Sieh nur, wir haben Gesellschaft bekommen."

  • Die beiden Erwachsenen schienen sie nicht zu sehen und hören konnte Tilla ihre Stimmen auch nicht mehr. Hinter der Statue wurde es allmählich wieder langweilig. Und nun? Tilla sah sich den Rücken der Statue an, spähte zu der armlosen Frau hinauf. Warum bloß hatte sie keine Arme? Sie richtete sich auf, stellte sich auf die Zehenspitzen und 'lieh' der Statue ihre Arme. Langsam ahmte Tilla verschiedene Bewegungen nach und grinste still vor sich hin, während sie sich so einiges ausdachte: Arme ausstrecken, auf einen Vogel deuten, eine Fliege wegwedeln, mit einer imaginären Locke spielen, die Hände warmreiben...


    Fehlten nur noch die Beine und die armlose Frau aus Stein könnte mit ihr durch den Garten spazieren gehen. In ihre spielerische Beschäftigung vertieft erkannte sie zu spät, dass Minerva näher gekommen war und sie entdeckt hatte. Auf einmal blickte Tilla in deren Augen und erhaschte ihr Lächeln. Die Arme immer noch um die Statue schlingend, kratzte sie mit den Fingernägeln hinter dem steinernen Ohr der Statue, um ihre Verlegenheit auszudrücken. Betreten senkte Tilla zuerst den Blick.


    Eieiei... nun hatte sie sich aber was eingebrockt. Eben noch gespielt und schon erwischt!! Sie verschränkte ihre Hände um die Statue herum, lehnte sich an diese. Ihre Ohren hörten andere schwere Schritte näher kommen. Hallo dominus. Schöner Tag heute, nicht wahr? Darf ich Euch die (Kan)-Ninchen zeigen? gebärdete sie, sah vorsichtig zu Minerva auf. Wie würde die junge Frau reagieren, wenn sie den Tanz ihrer 'sprechenden' Hände sah?

  • Es machte richtig Spaß, sie dabei zu beobachten, wie sie voller Freude den Garten erforschte. Dabei empfand er einen gewissen Stolz, als sei der Garten sein Werk, obwohl er natürlich an dessen Schönheit nicht den geringsten Anteil hatte. Doch in ihrer Lebhaftigkeit, mit der sie den Garten durchstromerte, erinnerte ihn an früher. Sie hatte sich ja immer schon gerne hier aufgehalten.


    Doch dann fesselte eine Statue ihre Aufmerksamkeit in ungewöhnlichem Maße. Und es war bald zu sehen, warum das so war. Tilla hatte sich dahinter versteckt und anscheinend gelauscht. Davon hielt Urus ja nun überhaupt nicht viel und seine Augenbraue hob sich unwillig. "Tilla! Hat Dir denn immer noch niemand beigebracht, daß Du nicht zu lauschen hast?" Er sprach durchaus streng mit ihr. Denn auch wenn er das Mädchen wirklich gern hatte, so durfte er solche Dinge nicht durchgehen lassen. Schlimm genug, daß ihr die Saturnalienfeier bei den Flaviern nicht Lehre genug gewesen war.


    Dann wandte er sich erst einmal seiner Schwester zu. "Das ist Tilla. Sie ist stumm, daher spricht sie mit den Händen oder schreibt auf, was sie sagen möchte. Die Verständigung klappt eigentlich ganz gut. Sie möchte Dir ihre Kaninchen zeigen." Woraufhin er sich wieder an Tilla wandte. "Aber vorher schaust Du nach, ob das Zimmer für Minervina bereit und das Gepäck nach oben gebracht worden ist. Und dafür, daß Du gelauscht hast, hilfst Du meiner Schwester dann später beim auspacken und stehst ihr auch sonst zur Verfügung." Das fand er eine gerechte Strafe für's Lauschen, da sie ja offenbar sonst gerade Pause gehabt hätte. Er war wirklich ärgerlich, da es ja nicht das erste mal gewesen war.

  • Minervina legte den Kopf leicht schräg und beobachtete verwirrt das Mädchen vor ihr, wie es wild mit den Händen gestikulierte. "Hm?" Was sollte das denn werden? "Ich verstehe nicht..." meinte sie schon beinahe entschuldigend und blickte dann unsicher zu Ursus, in der Hoffnung er könne ihr weiterhelfen. Der fing auch sogleich an zu erklären. Eine stumme Sklavin. Das erklärte natürlich ihre Gesten. Sie hatte also vorgehabt ihr mit den Händen etwas mitzuteilen. Minervina seufzte leise. Sie konnte sich nicht so richtig vorstellen, dass man dauernd auf diese Weise miteinander kommunizieren kann. Wenigstens beherrschte sie das Schreiben, so konnte man sich notfalls auch damit bedienen.


    Ihr Bruder schien ihre Gebärden sehr gut verstehen. "Sie möchte mir ihre Kaninchen zeigen?" Sie hob leicht ihre Braue... ihre Kaninchen? Den Sklaven hier schien es wohl ziemlich gut zu ergehen, wenn sie schon die Tiere ihr Eigen nennen durften. Nun gut, sie beschloss nicht näher darauf einzugehen und nickte schließlich. "Von mir aus kannst du sie mir nachher zeigen, Tilla. Du hast meinen Bruder gehört. Zunächst siehst du nach meinem Zimmer." Sie war erleichtert darüber, dass Ursus sie für ihr Verhalten nicht hart bestrafte. Eine Bestrafung der unschönen Art wollte sie nicht gleich bei ihrer Ankunft erleben. "Später möchte ich noch ein Bad nehmen. Kannst du das für mich herrichten?" Eigentlich ging sie davon aus, dass sie das konnte und es war auch mehr eine Aufforderung als eine Frage gewesen, doch bevor dieses Mädchen wieder damit anfing großartig mit den Händen herumzuwirbeln, sollte sie lieber mit einem kurzen Nicken antworten. Das verstand Minervina allemal besser als 'sprechende Hände'.

  • Bei Ursus Anblick trat sie neben die Statue, senkte den Blick. Der Klang seiner Stimme war anders. Sie antwortete auf Ursus Frage mit einem beharrlichen Kopfschütteln. Nö, das hat mir keiner gesagt. erwiderte sie soviel dazu. Überhaupt waren die Saturnalien und die Feier bei den Flaviern gar kein Gesprächsthema mehr gewesen. Nicht mal mehr mit Siv, Caelyn oder Cadhla hatte sie darüber 'gesprochen' bzw geschrieben.


    Tilla hob den Blick, lauschte seiner Stimme. "Aber vorher schaust Du nach, ob das Zimmer für Minervina bereit und das Gepäck nach oben gebracht worden ist. Und dafür, daß Du gelauscht hast, hilfst Du meiner Schwester dann später beim auspacken und stehst ihr auch sonst zur Verfügung." Och.. immer dasselbe. Erst die Arbeit, dann die Dinge die sie mochte. Aber eines war klar. Sie wusste jetzt wie die fremde Frau hiess: nämlich Minerva. Und sie schien ein Gast zu sein. Wie Duccia Clara oder? Mal sehen, wie lange Minerva blieb.


    Außerdem war sie auch noch Ursus Schwester Na dann.. aber.. Moment mal? SEINE Schwester? Tilla bekam große Augen. Seit wann hatte er eine Schwester? Mit etwas Verspätung antwortete sie auf seine Anweisungen. Jetzt erschien es ihr gar nicht mehr so schlimm die Pause mit einem Auftrag ausfüllen zu müssen. In Ordnung. erwiderte sie verschmitzt lächelnd. Minerva hatte auch ein paar Aufträge und danach wollte sie die Kaninchen sehen! Au fein! Dafür bekam die Frau einen Pluspunkt. Si. Tilla nickte bloß. Ja, prima. Mach ich alles, dominus. Soll ich sie von hier abholen, wenn das Bad fertig ist. Oder bringst du sie zum Bad? Dann warte ich dort.

  • "Erwische ich Dich nochmal beim Lauschen, dann ist was los, verstanden?", wiederholte Ursus nochmal streng, damit Tilla es sich wirklich merkte. Er würde schon eine Strafe für sie finden, die sie auch wirklich empfindlich traf. Es gab ja durchaus einige Arbeiten, die sie ungern verrichtete. An Schläge dachte er erst gar nicht. Er hielt nichts von solchen Strafen. Er verabscheute Schläge. Und außerdem: Sie machten gute Sklaven zu schlechten Sklaven. Und schlechte zu noch schlechteren. Wie sollten sie je Vertrauen zu einem haben und wie sollte man ihnen vertrauen können, wenn solche Dinge zwischen einem selbst und ihnen standen? Außerdem mochte er Tilla viel zu gern, um ihr wirklich weh zu tun.


    "Hol sie bitte ab, wenn das Bad fertig ist. Du wirst uns schon finden", meinte er dann schon in versöhnlicherem Ton zu dem Sklavenmädchen. Sie würde ihn schon richtig verstehen. Nämlich daß er das Lauschen zwar wirklich nicht leiden konnte, sie persönlich aber dennoch mochte.


    Dann wandte sich Ursus wieder seiner Schwester zu. "Du bist doch sicher auch sehr hungrig. Möchtest Du eine Kleinigkeit essen, bevor Du Dein Bad nimmst oder möchtest Du bis nach dem Bad und dem normalen Abendessen warten?"

  • Ich gebe drauf acht.. erwiderte sie schlicht und fügte in Gedanken hinzu: Mich nicht mehr beim Lauschen erwischen zu lassen, das ist doch fast genauso wie Geldbeutel stehlen, nur dass es anstatt Münzen Worte sind. Sie sah von Ursus zu Minerva und zurück, versuchte irgendeine Ähnlichkeit im Gesicht herauszufinden. Die Nase stimmte so ungefähr überein... oder war es eher die Haarfarbe?


    Das stumme Mädchen lächelte scheu. Gut, ich finde Euch ganz bestimmt wieder. Unsicher ob sie noch bleiben oder gehen sollte, blieb sie vor Ursus und Minerva stehen, hörte ihnen zu. Zum Thema Mahlzeiten konnte sie auch was beitragen. Sanft zupfte sie an Ursus Ärmel, um auf sich aufmerksam zu machen. Ihr habt Hunger? Köchin Niki hat vorhin feine Backwaren in den Ofen geschoben. Nachher duftet es im ganzen großen Haus aber nicht hier im Garten. Die Backerei für heute abend zum Nachtisch. Tilla gebärdete dies und lief dann los Richtung Haus. Na, wenn das mal keine Information für Ursus war, dass sie auf Lekkereien stand bzw. es welche geben wüde.

  • Minervina musste unweigerlich ein wenig schmunzeln, als sie ihren Bruder dabei zusah, wie er die Sklavin im strengen Ton zurecht wies. Oha, dann wäre aber was los? Sie fragte sich, auf welche Art Ursus sie bestrafen wollte. Allzu hart würde die Strafe sicherlich nicht ausfallen. Sie kannte doch ihren Bruder und in dieser Hinsicht waren sie sich sehr ähnlich, denn gewaltsame Bestrafungen waren auch ihr zuwider. Rohe Gewalt brachte zu nichts, davon war sie fest überzeugt. In diesem Fall wäre sie ohnehin nicht von Nöten gewesen. Tilla schien es auch so verstanden zu haben und zeigte sich reumütig.


    In der Tat verspürte sie inzwischen leichten Hunger, daher kam das Ursus’ Angebot gerade im richtigen Moment. "Eine Kleinigkeit würde ich sehr gerne zu mir nehmen. Etwas Obst und Käse wären nicht schlecht." Das würde erst einmal genügen. Bis zum gemeinsamen Essen würde es nicht mehr lange dauern, da wollte sie sich jetzt nicht pappsatt essen. Dort würde sie auch alle anderen Familienmitglieder zu Gesicht bekommen. Hach, was freute sie sich schon darauf!
    Da meldete sich noch mal die junge Sklavin zu 'Wort'. Fasziniert beobachtete Minervina, wie sie mit ihren zarten Händen die Zeichen bildete. Jedoch verstand sie nicht alles, was Tilla ihnen mitteilte, auch wenn sie sich große Mühe gab ihre Gesten zu begreifen. Aber eins war sicher: es ging auf jeden Fall ums Essen. Aber um was beim Thema Essen ging, blieb ihr verborgen, dafür war das Mädchen mit ihren Gebärden zu schnell für Minervina gewesen. Ratlos blickte sie zu Ursus. Er hatte es sicher verstanden. Gleich darauf setzte sich das Mädchen auch schon in Bewegung und verschwand in der Villa.

  • Wenigstens schien Tilla zu verstehen, daß lauschen etwas falsches war und das verbuchte Ursus schon mal als Erfolg. Ob dieses Wissen sie allerdings davon abhalten würde, es in Zukunft zu unterlassen, würde sich noch herausstellen müssen. Er rechnete nicht damit, daß es schwer sein würde, sie zu erwischen, falls sie es doch wieder tat. Allzu geschickt hatte sie sich ja bisher nicht versteckt.


    Als sie mit fliegenden Fingern von den Backwaren berichtete, schüttelte er belustigt den Kopf. Und wandte sich wieder an Minervina. "Das sollte wirklich kein Problem sein. Aber iß nicht zuviel, Tilla hat beobachtet, daß es heute besonders leckeren Nachtisch geben wird. Sie ist eine Naschkatze, solche Dinge entgehen ihr nie." Er führte seine Schwester zurück ins atrium, denn das Triclinium fand er ja nun für einen kleinen Imbiß etwas übertrieben. Es war heute nicht kalt, da war es im atrium recht gut auszuhalten.


    "Tilla ist sehr überschwenglich und für ihr Alter noch ausgesprochen kindlich. Sie muß noch sehr viel lernen. Aber sie ist grundsätzlich sehr lieb und bemüht sich wirklich, die Dinge richtig zu machen." Er winkte eine Sklavin heran und trug ihr auf, Obst, Käse, Brot und auch Getränke zu bringen. Es dauerte nur wenige Minuten, bis sie wieder da war und das gewünschte brachte.


    "Wir haben übrigens einen Gast im Haus: Duccia Clara. - Was möchtest Du trinken? Wein, Saft? Verdünnt? Oder nur Wasser?", fragte er und ließ sich selbst verdünnten Wein einschenken. "Warum genau sie hier ist, weiß ich nicht, Marcus hat sie eingeladen. Doch sie ist sehr nett, bescheiden und höflich. Sie wird Dir bestimmt gefallen."

  • Als sie von dem Nachtisch hörte, zuckten ihre Mundwinkel. Das hörte sie doch gerne! Von leckerem Gebäck konnte sie nicht genug bekommen. Ein Glück für sie, dass sie viele Leckereien bedenkenlos naschen konnte ohne das es sich negativ auf ihre Figur auswirkte. "Die Kleine scheint eine feine Auffassungsgabe zu besitzen. Und das sie lieb ist, glaube ich dir gern." Den Eindruck hatte sie nämlich schon gleich zu Anfang gehabt.


    Im atrium wieder zurückgekehrt, ließ sich sie auf eine der nahestehenden Klinen nieder und beobachtete interessiert, wie zügig und gehorsam die junge Sklavin den Anweisung ihres Bruder befolgte. Es dauerte wirklich nicht lange, als die Speisen auf einem Silbertablett serviert wurden. "Die Sklaven in der Villa scheinen sehr wohlerzogen zu sein. Die Bewirtung klappt auf jeden Fall wunderbar." meinte sie schmunzelnd und nahm sich daraufhin etwas Obst.


    Ihre Augen wurden ein wenig größer, als Ursus von dem Besuch erzählte. "Ein Gast sagst, du? Duccia Clara? Oh, wie erfreulich." Für einen kurzen Augenblick wandte sich Minervina an die Sklavin, die soeben ihrem Bruder Wein einschenkte. "Ich nehme einen verdünnten Kirschsaft." Kaum hatte sie ihre Bitte geäußert, wurde auch schon ein Becher Saft mit Wasser eingeschenkt und ihr anschließend dargereicht. Zufrieden blickte sie wieder zu Ursus. "Du musst sie mir unbedingt bei nächster Gelegenheit vorstellen, ja? Ich bin mir sicher, wir werden uns prächtig verstehen." Sie nippte am Becher. Weibliche Gesellschaft hier in der noch so fremden Umgebung konnte sie immer gut gebrauchen. Gut, fremd war ihr der Hauhalt natürlich nicht, doch sie würde gewiss noch einige Zeit brauchen um sich einzuleben und wenn sie dabei jemanden zur Seite hatte, dem es ähnlich ging, umso besser.

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