DOMUS
DES IURIDICULUS
Lucius Aelius Claudianus Marcellus
DOMUS
DES IURIDICULUS
Lucius Aelius Claudianus Marcellus
Für Lysandra war die Reise wirklich sehr lang gewesen und irgendwie auch unheimlich anstrengend.
Das warme Wetter welches jedoch in Ägypten die Überhand hatte machte ihr nicht sonderlich viel aus.
Es schien ihr fast schon wieder so als würde sie ihrer Heimat immer näher kommen, doch momentan war genau dieser Ort ihr Zuhause. Genau an der Seite ihres Herren und von diesem würde sie sicherlich nicht so schnell weg kommen. Er würde sie sicherlich jagen lassen und dann Brandmarken, ihr Herr war eben ein Mann der genau wusste was er wollte und wie er es bekam. Das musste die junge Frau früh lernen, er ließ sich nichts von anderen Menschen gefallen sondern ging immer wieder seinen eigenen Weg. Aber ein Mann mit seinem Einfluss konnte sich dies auch definitiv erlauben. Und genau dieser Mann hatte sie auch mitgenommen, Lucius Aelius Claudianus Marcellus.
Marcellus merkte, dass sich sein Körper noch nicht ganz an das heiße und trockene Klima dieser Provinz gewöhnt hatte. Er war daher immer außerordentlich froh nach einem arbeitsreichen Tag in die kühlen und meist abgedunkelten Räume seines Domus zurück zu kehren. Soweit es möglich war, hatte er auch damit begonnen langwierige Schreibarbeiten in seinem privaten Officium hier im Haus zu erledigen. Heute hatte er jedoch den ganzen Tag in der Regia verbracht und war dementsprechend müde und auch ein wenig schlecht gelaunt, als er das Atrium betrat.
"Lysandra! ............. Lysandra!"
Lysandra vernahm schnell das Gebrüll nach ihrem Namen.
Und sehr schnell wusste sie auch das sie zu rennen hatte.
Sie rannte der Stimme genau entgegen, ehe sie dann schnell abstopte und versuchte ihre Haltung zu wahren.
Hierbei handelte es sich um Marcellus ihren Herren, worauf sie ihren Blick auch augenblicklich senkte und auf den Boden starrte.
Auch wenn sie nun gerannt war und auch wenn es draußen so unglaublich heiß war, sah man die junge Frau nie schwitzen.
Es war einfach ihr Klima und ihr Wetter, was man sehr gut an ihrer dunkel gebräunten Haut erkennen konnte.
Noch immer war ihre Haltung äußerst steif, ehe sie sich dann wagte etwas zu sagen.
"Ihr habt nach mir gerufen?"
Natürlich hatte er nach ihr gerufen, immerhin hatte das ganze Haus sicherlich ihren Namen vernommen. Und nun wartete sie einfach darauf was ihr Herr ihr zusagen hatte.
Marcellus musterte seine Sklavin als sie vor ihm trat. Die neue Umgebung tat ihr anscheinend gut, zumindest hatte er den Eindruck, dass sie seit ihrer Ankunft in Alexandria etwas aufgeblüht war. Ein Glück für sie, da er bereits auf der Überfahrt nach Alexandria mit dem Gedanken gespielt hatte, sie hier am örtlichen Sklavenmarkt wieder gewinnbringend zu verkaufen. Doch hier im neuen Domus des Aeliers konnte Lysandra nun unter Beweis stellen, dass sie doch zu etwas mehr zu gebrauchen war, als nur ein hübsches Gesicht neben ihrem Herrn zu sein. Marcellus fuhr sie schroff an
"Wie gehen die Arbeiten hier im Domus voran? Wurden die Räume bereits so eingerichtet wie es meinen Vorstellungen entspricht? Sind die Arbeiten im zweiten Stock endlich beendet? Es kann doch nicht ewig dauern ein neues Mosaik legen zu lassen!"
Lysandra hörte ihrem Herren geduldig zu.
Auch wenn sie beinahe schon wieder dazwischen geredet hätte.
Doch so langsam lernte die junge Frau sehr genau was es hieß, in einem Sklavenverhältnis zustehen.
Also wartete sie einfach ab bis ihr Herr wieder schwieg.
"Euer Domus ist so gutwie fertig, die Räume sind soweit fertig. Ihr müsst es nur noch für gut oder schlecht befinden. Die Arbeiten im zweiten Stock sollen morgen abgeschlossen werden. Ich habe den Arbeitern schon berichtet das es nicht ewig dauern kann, sie meinten sie würden so schnell arbeiten wie sie könnten."
Ihr Blick ging erneut auf den Boden zurück.
Manchmal wusste sie nicht so wirklich was sie noch zu ihrem Herren sagen sollte, denn immerhin war dieser kein einfacher Fall.
Dann jedoch meldete sich die junge Frau erneut zu Wort.
"Habt ihr sonst noch einen Wunsch? Mein Herr!"
"Ja! Wir werden in den nächsten Tagen verreisen. Eine Schiffsfahrt entlang des Nils in Richtung Landeinwärts. Ich möchte das du alle Vorbereitungen triffst, die mir eine solche Reise so angenehm wie möglich gestaltet. Die Haussklaven sollen sich in der Zwischenzeit um den Domus kümmern. Ich erwarte das bei unserer Rückkehr alles fertig ist. Die Reise wird bestimmt einige Wochen in Anspruch nehmen. Lass also alles sorgfältig packen."
Sahed stand nun vor dem Domus des Iuridiculus und klopfte an.
Es war hier so auffallend ruhig, im Gegensatz zu den Strassen des Bürgerviertels, das sie schon fast glaubte das ihr klopfen bis zur nächsten Straßenecke zu hören sein.
Vielleicht war ja auch Lysandra da, dann könnte sie gleich zwei Nachrichten überbringen.
Der Ianitor öffnete die Türe und musterte die Sklavin von oben bis unten. Sie war zwar gut gekleidet, aber dennoch konnte ein Sklave einen anderen Sklaven ziemlich eindeutig erkennen. Er selbst war mehr oder weniger schon Hausinventar und wurde von Iuridiculus zu Iuridiculus weitergegeben, so wie die meisten Haussklaven die in diesem Domus lebten. Daher kannte er das Mädchen und ihre Verbindung zum neuen Hausherrn nicht und trat dementsprechend forsch auf.
"Ja? Du wünscht?"
Sahed kannte diese mürrischen und unfreundlichen Typen genau. Zuerst verzog sie etwas das Gesicht als er sie so anblaffte, doch dann lächelte sie süß und sah ihn mit ihren dunklen großen Augen freundlich an.
„Verzeih mir dass ich dich bei etwas sicher wichtigen störe. Meine Herrin, Tiberia Sabina, schickt mich mit einer persönlichen Nachricht für den Hausherren Lucius Aelius Claudianus Marcellus."
Sie hob die Schriftrolle an und zeigte sie ihm. Eigentlich sah er gar nicht so schlecht aus aber sicherlich war er es langsam leid immer wieder sich an einen neuen Herrn zu gewöhnen. Ihr war bekannt wie die Abläufe in solchen Diensthäusern waren. Sein jetziger Herr war bestimmt auch nicht das was er sich gewünscht hatte, nur wer fragt schon danach.
Sie setzte jetzt ein etwas trauriges Gesicht auf. „ Ich muss es ihm persönlich bringen, wenn meine Herrin erfährt das ich es nicht getan habe…“ den Rest des Satzes lies sie offen und sah ihn wieder mit ihren großen Augen an.
Den Worten und Blicken der jungen Frau könnte selbstverständlich sogar der mürrischste Ianitor nicht widerstehen und daher folgte eine einladende Handgeste, die in Richtung Domus deutete. Er wartete nur darauf, dass dieses zierliche Mädchen nun an ihm vorübergehen würde und er sie nicht nur von vorne, sondern auch von hinten genauer betrachten konnte.
"Ich werde meinen Herrn sofort informieren. Warte in der Zwischenzeit im Atrium."
Sahed ging an ihm vorbei, nicht ohne noch mal darauf zu achten das sie auch wirklich einen gelungenen Hüftschwung hatte. „Danke, das werde ich gerne tun“
Kurze Zeit später erschien auch schon Marcellus im Atrium und kam auf Sahed zu. Vermutlich hatte Tiberia Sabina einem weiteren Treffen zugestimmt und ihre Sklavin geschickt, um mit Marcellus etwas zu vereinbaren. Er grüßte Sahed nicht, sondern kam sofort zur Sache.
"Du bringst Nachricht von deiner Herrin?"
Sahed neigte ihren Kopf vor ihm und reichte ihm das Schreiben ihrer Herrin.
Salve Lucius Aelius Claudianus Marcellus,
es freut mich von dir zuhören und ganz besonders freut es mich das du mich wohl nicht vergessen hast. Deine erneute Einladung ehrt mich sehr doch du wirst verstehen, dass ich sie nicht annehmen kann. Schon das erste mal war nicht richtig und ich bin ganz froh, dass niemand etwas wirklich davon mitbekam.
Ich bin nach Alexandria gekommen weil meine Mutter hier erkrankte und selbst wenn ich wollte könnte ich dich nicht besuchen. Ich bin in unserem Stadtdomus im Broucheion. Wenn es deine Zeit erlaubt und auch nicht unter deiner Ehre ist, würde ich mich freuen wenn du mich dort einmal besuchst.
Vale bene
Tiberia Sabina
Der Aelier überflog das Schreiben und nickte. Es war nicht ganz das, was er sich erwartet hatte, doch zumindest ein Anfang, mit dem er leben konnte. Er musterte kurze die Sklavin und antwortete ihr.
"Richte deiner Herrin aus, dass ich Ihre Einladung mit Freuden annehme und sie, sobald es meine Amtsgeschäfte zulassen, in der Casa Tiberia besuchen werde."
Sahed verneigte sich erneut vor ihm.
„Ich werde es ihr ausrichten Herr.“ Da sie sich sicher war das er ihr weiter nichts zu sagen hatte, verlies sie das Haus.
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