cubiculum TAU | Je später der Abend ...

  • Die Nacht war längst hereingebrochen, und in der villa Aurelia war es, wie an jedem Abend, still geworden. Irgendwann war die Arbeit im Haushalt getan und auch die Sklaven konnten Ruhe finden, konnten sich von ihrem Tagewerk erholen und Schlaf finden. Nicht alle schliefen sofort, manche würfelten noch etwas beim schwachen Schein einer Talgkerze oder Öllampe, manche steckten miteinander unter der ein oder anderen Decke, andere schwatzten noch, aber irgendwann fand die hochherrschaftliche villa auch unter der Sklavenschaft eine gewisse Ruhe. Einige waren als Wächter zwar auch des Nachts wach, die Leibsklaven, welche in der Nähe ihrer Herren nächtigten, konnten auch jederzeit geweckt werden, wenn ihren Besitzern irgendein Bedürfnis einfiel, das gestillt werden musste - aber mehr als bisweilen durch die dunklen Gänge huschende, leise Füße vernahm man auch hier nicht, damit die Herrschaft nicht gestört wurde im Schlaf oder bei anderen Tätigkeiten.
    So fiel auch vorerst niemandem der schmale Schatten auf, der sich den Korridor entlangstahl, von einer kleinen Kammer in der Nähe des cubiculums von Aurelius Corvinus hin zum cubiculum des Aurelius Ursus.


    Dass dieser Schatten rothaarig und durchtrainiert war, verbargen die vielen dunklen Flecken gnädig, und auch ihr Vorankommen. Einmal musste sich Cadhla eng an die Wand pressen, aber dem an ihr recht dicht vorbeilaufenden Wächter fiel sie nicht auf - mit einem innerlichen Kopfschütteln dachte sie daran, dass sie unbedingt Corvinus empfehlen musste, das Training der Wächter zu verschärfen, jeder Mörder hätte hier eindringen und zu den Räumen der Aurelier vorankommen können, wenn die Instinkte der Wächter nicht geschärft waren. In diesem Fall allerdings war es ein Vorteil - und erst, als sie die Schritte nicht mehr hören konnte, schob sie sich weiter auf die besagte, allzu bekannte Tür voran zu.
    Als sie diese erreicht hatte, spürte sie ihr Blut in den Ohren pochen, denn sie war nervös. Wenn er nicht alleine war, würde sie sich eine gute Ausrede ausdenken müssen ... aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Sie hob die Hand langsam an und klopfte leise an die Tür zum Schlafraum des Aurelius Ursus.

  • Ursus war bereits zu Bett gegangen, denn es war ein langer und arbeitsreicher Tag gewesen. Und auch der nächste kündigte sich nicht weniger anstrengend an. Seine Amtszeit war fast beendet und er mußte noch die Abschlußarbeiten erledigen. Die letzten Fälle mußten zuende geführt werden und dann mußte er den Abschlußbericht noch verfassen, eine Aufgabe, die ihn doch mit etwas Nervosität erfüllte. Denn auf dem Forum vor allen Leuten Rechenschaft über die Amtszeit abzulegen war eben doch nciht ganz ohne.


    Doch trotz dieser Überlegungen, ja fast Sorgen, glitt er recht bald in die Nebel des Traumes herüber. Zumindest beinahe. Bis ein leises Klopfen ihn aus dem Halbschlaf wieder heraus riß. "Hm.... ja?", brummelte er müde und etwas ungnädig. Wer wollte denn zu dieser späten Stunde noch etwas von ihm?

  • Was nach außen drang, war nicht ermutigend - ein unwilliges Gebrummel, das nur einen Schluß zuließ: Ursus freute sich gerade nicht unbedingt über Besuch. Das fing schon einmal gut an, jetzt hatte sie sich schon weggeschlichen und war vermutlich nicht einmal willkommen. Aber jetzt war sie schon hier und einfach wieder abzuhauen kam für die Keltin nicht in Frage - es wäre nie in Frage gekommen, dieser Herausforderung wieder auszuweichen. So öffnete sie leise die Tür zum Schlafraum des Aurelius Ursus und glitt in den Raum hinein, schloss die schwere Tür wieder hinter sich und legte nahezu geräuschlos den Riegel vor. Letztendlich war sie noch immer eine Kriegerin, die gern auf alle Eventualitäten vorbereitet war, auch auf mögliche, unerwünschte Störungen, wenn gerade das Haus abbrannte oder sich mal wieder ein Mitglied der Familie hinterlistig aus dem Leben stehlen wollte. Bei diesen verrückten Römern konnte man nie wissen, woran man war, und sie traute den meisten Aureliern nach wie vor nicht über den Weg. Doch dann wurde ihr Blick von den Tatsachen abgelenkt, so gründlich, wie sie es bis vor wenigen Wochen nicht für möglich gehalten hätte.


    Er lag auf seinem Bett, entspannt ausgestreckt, und bot ein Bild, das sie hätte stundenlang ansehen können. Mit einem Mal war Cadhlas Kehle wie zugeschnürt und es steckte ein so dicker Kloß darin, dass sie spüren konnte, wie die Spucke auf ihrer Zunge wegtrocknete und ihr jeglicher Elan verlorenging. Sie konnte einfach nichts anderes sinnvolles sagen außer "Äh .." und "Ich ..", allerdings blieb es für einige endlose Augenblicke lang auch dabei. Was sollte sie ihm auch sagen, nachdem sie seine Nähe zurückgewiesen und ihm aus dem Weg gegangen war? Dass die Sehnsucht nun doch größer gewesen war als die Vernunft, als die seit vielen Jahren antrainierte Sicherheit und Selbstbeherrschung? Ihre Lippen bebten, und das Halbdunkel des Raumes verbarg gnädigerweise, dass auch ihre rechte Hand zitterte, wie immer, wenn sie nicht genau wusste, was sie tun und wohin sie sich wenden sollte. So blieb sie mit dem Rücken zur Tür gewandt stehen, blickte ihn einfach nur an und erwartete die ersten spöttischen oder abweisenden Worte wie ein Krieger, der den ersten Schlag in einem Kampf erwartete - denn kommen würden sie wohl unweigerlich.

  • Noch immer nicht ganz wach hörte Ursus, wie die Tür geöffnet und geschlossen wurde. Dann eine Weile gar nichts. Dann kam ein zögerliches "Äh" und "Ich". Der Klang der Stimme war es, der Ursus vollends aus den Fängen des Schlafes befreite. Ruckartig setzte er sich auf und rieb sich die Augen. Er träumte doch nur? Oder nicht? Das konnte doch nur ein Traum sein!


    Seit jener Nacht war sie ihm aus dem Weg gegangen. Wann immer er sie auch nur angesehen hatte, war sie Augenblicke später mit wichtigen Aufträgen woanders hin verschwunden. Kein einziges Wort hatten sie mehr gewechselt seit der Begegnung auf dem Gang in jener Nacht.


    Und nun kam sie des Nachts in sein Zimmer? Ursus konnte nicht glauben, was er sah und was er hörte. Er blickte sie ungläubig an. "Cadhla?"


    Doch dann sickerte diese Tatsache langsam in seinen Verstand und ein frohes Lächeln stahl sich auf seine Züge. "Komm... komm und setz' Dich, ja?" Er klopfte auf seine Bettkante und hoffte, sie würde auf diese Einladung eingehen. So wie sie dastand, schien sie sehr unsicher zu sein. Und irgendwie auf der Hut. Aber wovor? Weil sie sich in seinem Schlafzimmer befand? Sie müßte doch mittlerweile wissen, daß er sie nie zu etwas zwingen würde. Außerdem war sie es doch gewesen, die Zeit und Ort gewählt hatte.

  • Fast konnte Cadhla die Kühle der Mauern im Rücken spüren, aber sie drückte sich nicht an die Wand, auch wenn es beruhigender gewesen wäre - die Farbe der Wände war teuer und Matho hatte den Sklaven eindringlich eingeschärft, die Wände so wenig wie möglich zu berühren, wer Fingerabdrücke oder abgeschabte Farbe zu verantworten hatte, wurde hart bestraft. Cadhla war nicht ganz klar, wieso jemand so unbedingt stolz auf blutrote Wände sein konnte, aber es sah schon eindrucksvoll aus ... aus ihren Gedanken gerissen, blickte sie zu Ursus. Hatte er sie gerade wirklich zu sich gebeten, auf sein Bett? Sein Haar war ein wenig zerwühlt, die Tunika, die er noch trug, reichlich zerknittert, offensichtlich hatte er gerade geschlafen - und er sah so vertraut, so schön aus, dass es ihr im tiefsten Inneren weh tat und sie gegen den Drang ankämpfen musste, die Hand auszustrecken, um ihn zu berühren.


    "Ich ... ich gekommen um ..." Wieder setzte sie an, wieder wollten sich die Worte dem Diktat ihrer zitternden Seele nicht so recht beugen. Wie sagte man einem Römer, einem eigentlich fremden Mann solche Dinge? Jetzt wünschte sie inständig, sie hätte mehr über die Spielereien zwischen Mann und Frau erfahren, mehr gelernt, mehr kennengelernt auf ihrem Lebensweg der letzten Jahre. Dann traf sie einen Entschluss und schritt langsam in den Raum hinein, Schritt für Schritt auf ihn zu, bis sie sich schließlich mit einigem Abstand auf seine Bettkante setzte und ihn einfach nur anblickte. Es war kein Notfall, der sie zu ihm führte, viel mehr ein Gefühlsfall, und im schmerzlich bewegten Gesicht der Sklavin konnte er dies mit ewas Phantasie auch ablesen.
    "Ich ... ich wollen sein bei Dir. Wir nicht werden sein glücklich zusammen, aber Freundin mir gesagt ich soll genießen was ist, solange geht. Und das werden tun versuchen."

  • Ursus legte den Kopf leicht schief, während er sie betrachtete, als sie so an der Wand stand und sich zunächst nicht rührte. Am liebsten wäre er einfach zu ihr gegangen und hätte sie umarmt. Doch war es das, was sie wollte? Oder wollte sie ihm vielmehr sagen, daß sie solche Zärtlichkeiten ab sofort nicht mehr wollte?


    Sie war gekommen um...? Ursus blickte sie immer noch auffordernd und prüfend an. Gekommen um... ihm etwas zu sagen? Um etwas zu tun? Um das alles zu beenden? Seine größe Furcht. Daß sie ihn für immer und ewig von sich stieß. Da hatte er einen Menschen gefunden, dem er die tiefsten Gefühle entgegen brachte, - und dieser Mensch wollte ihn nicht?


    Nun endlich setzte sie sich in Bewegung. Und setzte sich sogar auf die Bettkante. Wenn auch möglichst weit weg von ihm. Als würde er beißen. Oder hätte eine höchst ansteckende Krankheit. Für einen Augenblick hob sich seine Hand ein wenig. Zu gerne hätte er sie jetzt berührt. Doch dann ließ er die Hand wieder sinken, denn das war gewiß nicht das, was sie sich wünschte.


    Aber was wünschte sie? Er wartete noch immer, daß sie etwas sagte. Ihre Blicke trafen sich. Sie machte einen unsicheren Eindruck. Doch waurm unsicher? Dann endlich. Endlich brach sie ihr Schweigen. Und er glaubte kaum seinen Ohren trauen zu können. Hatte sie wirklich gesagt, daß sie bei ihm sein wollte?


    Erleichterung und Freude zeichneten sich auf seiner Miene ab. Und nun hob er doch die Hand, um ganz leicht über ihren Oberarm zu streicheln. "Und ich möchte bei Dir sein, Cadhla", sagte er leise und hatte in diesem Moment all die Tage vergessen, an denen sie ihm die kalte Schulter gezeigt hatte. "Deine Freundin hat recht, weißt Du? Vielleicht kann es für uns kein dauerhaftes Glück geben. Doch... ein paar glückliche Momente, die können wir uns doch stehlen?"

  • "Deswegen ich hier. Ich vielleicht bald nicht mehr hier, weil gehen an Schule von Gladiatoren für lernen Kampf besser um kämpfen gut für Freiheit. Dominus hat gesagt wenn ich kämpfen gut, dann er mir geben Freiheit wenn ich verdienen, und das ich muss tun um sein wieder Mensch mit eigenem Willen," sprudelten die Worte mit einem Mal hervor, als hätte er eine Quelle angezapft, von der beide nicht zuvor gewusst hatten, dass sie überhaupt existierte. "Ich nicht sicher ... ob ..richtig, dass ich wollen sein bei Dir. Deswegen ... machen Bogen um Dich. Du hoffentlich verstehen. Ich nicht kann tun und sein bei Dir, wenn nicht sicher, dass richtig." Ein vages, vorsichtiges Lächeln erschien auf ihren Lippen, als sie dies sagte, und gerade in jenem Moment berührten seine Finger ihre Haut, behutsam, zärtlich, sanft, so wie sie es sich in den vergangenen Nächten ausgemalt, wenn nicht erhofft hatte. Langsam legte sie die eigene Hand auf die seine und hielt sie, während er ihren Oberarm berührte - eine so schlichte, aber doch so vieles verratende Geste.


    Etwas rückte sie zu ihm, aber noch lange nicht nahe genug, dass sich beider Schenkel hätten berühren können. "Es alles neu ist, zu sein ... in Liebe zu anderem Mensch. Zu fühlen, was fühlen, wenn Du bist nahe. Zu fühlen Dinge, die sind fremd und eigenartig," flüsterten die geschwungenen Lippen der Keltin, und doch klang es sicherer, als hätte sie sich dieses Geständnis lange zurechtgelegt. Ihre Finger entließen seine Hand, dann erhob sie die ihre und strich ihm langsam über die Wange. "Ich nur weiss eine Sache sicher: Wenn ich werden Frau ganz, dann ich wollen dass Du sein bei mir, niemand sonst. Du mir hast gegeben Hoffnung und das ich nicht vergessen." Ihre ruhigen Augen suchten seinen Blick, versanken darin, als müsste sie niemals wieder aus diesem Raum herausgehen. Und insgeheim wünschte sie sich das auch, ohne es jemals offen zugeben zu wollen.

  • "Du... Du gehst fort?", fragte Ursus entsetzt und traurig. Sie ging fort. Weg von hier. Und er würde sie lange Zeit nicht mehr sehen. Gut, das wäre eh auf sie zugekommen, falls er doch noch ein Tribunat erhielt, woran er mittlerweile kaum noch glaubte. Doch dann wäre sie bei seiner Rückkehr hier gewesen. Und das... das war nun sehr unwahrscheinlich. Die Ausbildung zur Gladiatorin dauerte seine Zeit. Und dann.... dann wollte sie auch kämpfen? In der Arena? Ihr Leben riskieren? Für die Belustigung der Menschen?


    Er schluckte schwer und er rang nach Worten. Entsetzen war eigentlich alles, was er empfinden konnte. Angst. Angst, sie ganz und gar zu verlieren.


    Auf der anderen Seite konnte sie so in ihren Augen ehrenvoll ihre Freiheit erlangen. Er wußte, daß sie lieber sterben würde, als Sklavin zu bleiben. Oder die Freiheit auf für eine Schildmaid unehrenhafte Weise zu erringen. Von daher sollte er sich eigentlich für sie freuen. Aber er konnte es nicht. Er war ein Mensch, kein Heiliger. Und er war egoistisch genug, sich zu wünschen, daß sie hierbleiben würde.


    Sie rückte näher. Und ihre Blicke trafen sich. Ihre wunderbaren grünen Augen, die ihn von Anfang an bezaubert hatten. Dieser Blick. "Cadhla", seufzte er und schüttelte langsam den Kopf. "Ich liebe Dich zu sehr, um Dich dorthin gehen zu lassen. Und ich liebe Dich zu sehr, um Dich gegen Deinen Willen zu halten. Ich... ich weiß nicht... Es tut mir leid, ich sollte... sollte mir wünschen, daß Du glücklich wirst. Daß Du dort findest, was Du suchst. Ehre und Freiheit. Aber... aber... ich bin zu eigensüchtig dafür." Ihre Finger auf seinen Wangen und sie sprach davon, daß er ihr Hoffnung gegeben hatte. Hoffnung...


    Sanft hob er seine Hand und streichelte nun seinerseits über ihre Stirn und ihre Wange. "Wann... wann wirst Du gehen?"

  • Sie hätte nicht sagen können, was sie an seiner Reaktion mehr schmerzte - die Tatsache, dass er ihr sagte, dass er sie liebte, oder die Tatsache, dass er dabei keinerlei Anstalten machte, irgend etwas an dem ändern zu wollen, was ihr bevorstand. Stattdessen sprach er nur von sich, dass er sie behalten wollte, dass er eigensüchtig war. Hatte sie sich mit ihren Gefühlen so in ihm geirrt? Aber wahrscheinlich kam es bei der Verliebtheit auch nicht darauf an, wie jemand war. Oder ob dieser Mensch perfekt war. Welcher Mensch war das schließlich schon? Sie selbst war es auch nicht.
    "Ich gehen fort, Ursus. Weil es ist einziger Weg um können leben. Du mich nicht kaufen von Corvinus, also ich müssen sein hier ewig als Sklavin von anderem. Du mir nicht können geben Freiheit, und Corvinus nicht wollen mir geben Freiheit, also ich werden müssen tun, was ich können um zu bekommen eigenen Willen zurück. Was würden Du tun, wenn sein Sklave? Du wollen ewig bleiben abhängig von anderem Mensch und Launen? Laune kann sein heute gut und morgen auch, aber übermorgen ... man niemals weiss. Und Du wissen so gut wie ich, dass wir nicht haben Zukunft die ist gemeinsam. Du immer wirst sein Römer und ich immer werde sein Sklavin hier. Irgendwann Du haben Frau, oder andere Geliebte."


    Die Worte klangen tonlos, aber ein Hauch der Traurigkeit, die sie in den letzten Tagen gefühlt hatte, kehrte darin ebenso zurück. "Ich wissen nun dass ich nicht können sehen Dich mit andere Frau. Ich nicht wollen sehen, dass Du lächeln zu anderer Frau. Es wird früher oder später nur sein Unglück für mich, und dann ich werde Last für Dich und Last für meinen Herrn. Und Last man wird in Rom gerne los. So ich nicht will beenden Existenz." Cadhla atmete leise ein und seufzte dann, während sie den Kopf hängen ließ. "Ich mich habe entschieden zu sein bei Dir diese Nacht, weil ich bald fort sein. Ich nicht weiss genau, wann, aber es wohl ist bald. Also besser sein bei Dir heute als sein bei Dir morgen, und dann reisen ab morgen mittag und dann nicht sein bei Dir ..." Sie hob die Hand und strich über seine Finger, aber der Blick blieb gesenkt, als hätte die geballte Last ihrer Gedanken es geschafft, sie niederzudrücken.

  • Ursus schloß für einen Moment die Augen. Es war so schwer, sich richtig auszudrücken. "Wenn ich genug Geld hätte, um Dich zu kaufen, würde ich es versuchen. Es ist zwar unwahrscheinlich, daß Corvinus sich darauf einlassen würde, doch ich würde es versuchen. Damit ich Dir die Freiheit wiedergeben könnte, denn Du verdienst es, frei zu sein." Es war müßig, darüber nachzudenken. Seine paar hundert Sesterzen reichten nicht für eine Sklavin wie Cadhla. Und das wenige Geld, das sein kleines Stück Land abwarf, war kaum der Rede wert. Andere Einkünfte hatte er nicht, das Amt wurde nicht entlohnt.


    "Ja, eine gemeinsame Zukunft ist uns verwehrt, egal wie wir es drehen und wenden. Selbst wenn Du heute noch frei werden könntest. Sogar wenn Du das römische Bürgerrecht erhalten würdest, es wäre unmöglich, weil ich Patrizier bin. Eine Ehe ist undenkbar. Und Dich als Geliebte nebenher... Nein, das wäre Deiner nicht würdig. Also muß ich Dich gehen lassen, Cadhla. Es tut weh, schrecklich weh, - aber es bleibt mir nichts anderes übrig. Aber auch wenn ich weiß, daß es das richtige für Dich ist... Ich..." Er rang nach Worten. "Ich hoffe, daß Du eines Tages wieder glücklich sein kannst. Richtig glücklich." Es war schwer. Unendlich schwer.


    Er atmete tief durch. "Aber in einem irrst Du. Ich werde zwar sicherlich eines Tages eine Frau haben. Und ich werde sie gewiß auch anlächeln. Doch... lieben werde ich immer Dich. Egal wo Du bist." Natürlich verstand er, daß sie das nicht mit ansehen wollte. Es war ein wirklich verständlicher Wunsch. Doch sie sollte wenigstens wissen, daß sein Herz immer ihr gehören würde. "Ich verstehe Dich. Und ich könnte auch nicht mit ansehen... Ich... ich bitte Dich nur um eines: Laß hin und wieder von Dir hören, ja? Damit ich weiß, wie es Dir geht." Sie konnte ja jetzt schreiben, auch wenn es noch etwas holprig war.


    "Und diese Nacht... es würde mich sehr freuen, wenn Du sie hier mit mir verbringen würdest. Wenn uns schon nur noch so wenig Zeit bleibt, sollten wir wenigstens beeinander sein." Er war sich nur nicht sicher, ob sie meinte, die Nacht mit ihm zu verbringen, - oder... die Nacht mit ihm zu verbringen. Sie hielt ihren Blick immer noch gesenkt. Warum sah sie ihn nicht an? Fürchtete sie, daß er die Situation ausnützen würde? Kannte sie ihn so schlecht? "Cadhla", sagte er leise und legte sanft seinen Arm um sie. Mit der anderen Hand hob er leicht ihr Gesicht an. Einen Moment lang blickte er sie nur zärtlich an, dann legten sich seine Lippen sanft auf die ihren.

  • "Man immer nicht das hat was man sich wünschen," sagte Cadhla leise, als er von seinen miserablen Finanzen erzählte. "Ich nicht haben Freiheit, und Du nicht haben Gold um mir schenken Freiheit. Und wir uns nicht haben, nicht auf lange Zeit. Man sagen könnte, dass Leben ist nicht gerecht, aber es eben so ist." Sie hob die Mundwinkel ein wenig an und folgte der Berührung seiner Finger mit einem vagen Lächeln.
    "Ich nicht werde glücklich sein ohne Dich, Ursus. Ich nicht gebeten darum zu lieben Mann, aber Götter mir schenken Liebe zu Dir sicher nicht ohne Grund. Wenn ich Dich nehmen mit mir in Herz, Du nicht wirst sein alleine und ich Dir schreiben. Und irgendwann kommen zurück zu kämpfen in Rom für gewinnen Freiheit und dann .. dann ..." Sie stockte kurz, schüttelte dann sachte den Kopf. "Dann ich werde sehen was tun, ich noch nicht weiss heute." Sie drückte seine Hand leicht und fuhr dann mit einem Finger seinen Handrücken entlang, langsam und zärtlich, ohne Scheu, ohne Zurückhaltung. "Ich weiss nun, dass altes Leben ist vorbei. Dass ich nicht mehr kann sein Schildmaid, dass nur ich kann tragen mit mir, was wirklich ist. Ich möchten dass Du beginnst mit mir neues Leben."


    Sie nahm seine Hand sanft zwischen ihre Finger und führte sie zu den Lippen, küsste jede Fingerspitze einzeln, bevor sie die Hand schließlich auf ihrer Brust ablegte und mit einer ihrer Hände bedeckte, so dass er die Wärme ihrer Haut, ja selbst den Herzschlag fühlen konnte.
    "Ich Dir will geben Geschenk, einziges Geschenk dass kann ich geben für Menschen, der mir bedeutet am Meisten von allen." Was das für ein Geschenk war, mochte die Geste schon selbst sagen, doch das Leuchten ihrer grünen Augen vollendete das Angebot noch mit dem, was sie empfand. In diesem Augenblick sollte es nicht schwer sein zu glauben, dass sie für ihn wirklich so empfand, wie sie gesprochen hatte. Doch es fühlte sich so stark an, so bedeutend, dass sie nicht leugnen konnte, nicht leugnen durfte - und auch nicht mehr wollte. Dies war ihr neuer Weg.

  • Ursus schüttelte den Kopf und sagte ganz sanft. "Oh, doch. Du wirst glücklich sein. Eines Tages. Ich wünsche es mir, Cadhla. Wie Du sagst, ich werde nie allein sein. Und genauso wirst Du nie allein sein. Ein Teil von mir ist immer bei Dir. Und wenn ich weiß, daß Du glücklich bist, werde ich auch glücklich sein." Er streichelte weiter ihr Gesicht und konnte sich gar nicht sattsehen an ihr. Diesen Anblick, diesen Moment wollte er niemals in seinem Leben vergessen. Er wußte, so etwas würde vermutlich niemals wiederkommen.


    Ihre weiteren Worte zeugten davon, daß sie in der Zeit, in der sie ihm aus dem Weg gegangen war, viel nachgedacht hatte über sich und ihre Zukunft. Und das war gut so. Sie konnte nicht in ihr altes Leben zurück, das war ihr klargeworden. Jedenfalls nicht genau so, wie es früher gewesen war. Es war ein logischer Schritt, damit abzuschließen. Und doch mußte er unglaublich schwer sein.


    Es erfüllte ihn mit unglaublicher Freude, daß sie ihn ausgewählt hatte, um am Beginn ihres neuen Lebens teilzuhaben. Das bedeutete ihm sehr viel. Zu viel, um es in Worte kleiden zu können. Und nun wollte sie ihm auch noch das kostbarste Geschenk machen, das sie zu verschenken hatte.


    Natürlich wäre es gelogen, wenn er behaupten würde, daß er dieses Geschenk nicht sehr gerne annahm. Doch fragte er sich, ob sie wirklich schon so weit war. Ob er nicht den von ihr geplanten glücklichen Anfang ihres neuen Lebens zerstören würde anstatt ihn zu schaffen. Schließlich war das erste mal für eine Frau nicht nur von reiner Freude gekennzeichnet. Sie nahm ihm seine Unsicherheit durch sehr eindeutige Taten. Sie küßte seine Fingerspitzen, legte seine Hand auf ihre Brust und hielt sie dort fest. Ihr Herz pochte unter seiner Hand. Oder war es sein eigener Puls, den er in seiner Hand fühlte? Er war sich nicht mehr ganz sicher. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, im gleichen Takt wie das ihre.


    Nur schwer fand er Worte und sie schienen ihm so unzureichend, um sich auszudrücken. "Das... das ist das schönste, was je jemand zu mir gesagt hat. Und ich weiß, wie wahr diese Worte sind. Ich wünschte, ich könnte Dir ein Geschenk machen, das so groß ist wie Deines. Doch... ich habe nichts, was dem entsprechen würde. Nur mein Herz, doch das besitzt Du schon lange." Er ließ seine Hand auf ihrer Brust liegen, um weiter ihren Herzschlag zu spüren. Dann streichelte er ihr Gesicht mit der anderen Hand, küßte sie abemals auf ihre Lippen und drückte sie dabei mit den Händen sanft nach hinten, so daß sie auf dem Bett zu liegen kamen.

  • Cadhla fühlte sich, als könnte diese Augenblick ewig dauern. Nicht wegen seiner Worte, sondern wegen dem sicheren Wissen, dass in seinen Augen dieselben Worte standen, nur ungleich tiefer empfunden. Er hätte es nicht sagen müssen, und doch, die Kombination aus dem gesprochenen Wort und dem, was sie in seinen sanften Augen zu erkennen glaubte, war beruhigend und aufrüttelnd zugleich. Durfte sie von diesem Mann weggehen? Durfte sie ihren eigenen Weg suchen, wenn sie doch genau wusste, dass er in Rom war und sie vermissen würde?


    Aber diese Zweifel verblassten im Streicheln seiner Finger, in der Wärme seines plötzlich so nah wirkenden Körpers und die Welt wurde bedeutungslos. Wahrscheinlich hätten im gleichen Augenblick die Germanen Rom erobern können, sie hätte ihnen Glück gewünscht und sich nicht weiter stören lassen. Für einen flüchtigen Moment wünschte sie, dass Siv irgendwann dieses Gefühl der Leichtigkeit, der vollkommenen Richtigkeit erleben würde, das sie gerade durchströmte, aber dann verschwand auch dieser Gedanke aus Cadhlas Bewusstsein und machte allein Ursus Platz. Wenn so die Liebe war, dann war jeder Mensch ein armer Mensch, der dies nicht erlebte...


    Schneller ging ihr Atem, auch der Herzschlag schien ihr fast zu rasen, wie in einer Schlacht, ohne dass sie dabei Angst empfinden konnte. Sie wusste ja, dass es ein bisschen weh tun würde, und Schmerzen hatten sie schon lange nicht mehr geschreckt. Die Kriegerin in ihr wusste, dass Schmerzen vorüber gingen, und die junge, unerfahrene Frau in Cadhla war einfach wie gebannt von Ursus' Nähe, von seinem Geruch und den geflüsterten Liebesworten.
    "Ich habe, was ist Besonders, und nicht mehr wünschen als haben Dein Herz," flüsterte sie zurück, während sie mit ihm auf das Bett sank, sich das Haar um ihren Kopf schließlich ausbreitete wie eine kupferfarbene Aureole.


    Sanft erwiederte sie seinen Kuss, sich dabei an ihn schmiegend, damit die Nähe nicht enden würde, damit sie ihn so überwältigend auch spüren konnte, wie sie ihn tief im Herzen bereits bei sich wusste. Noch etwas kühl war ihre Haut, aber die Lippen waren weich und zart, und sie schloss die Augen, in diesen Kuss hineinsinkend wie in eine liebeolle Umarmung. Was würde nun kommen? Gleichzeitig aufgeregt und neugierig, übelief ihren trainierten Leib ein vages, kaum wahrnehmbares Zittern. "Du mir zeigen, was tun richtig," flüsterte sie, als sich beider Lippen für die Dauer eines Herzschlags trennten und blickte direkt in seine glänzenden Augen.

  • Wie wunderschön sie war, wie sie so dalag in der Flut ihrer herrlichen kupferfarbenen Haare. Ursus blickte sie an und wähnte sich in einem märchenhaften Traum. War sie wirklich hier bei ihm? Lag sie wahrhaftig in seinen Armen? Alle seine Sinne versprachen ihm, daß es so war, doch glauben konnte er es dennoch kaum.


    Zärtlich liebkoste er sie, während ihre Lippen sich fanden. Seine Hände glitten unter ihre Kleidung, erforschten Regionen, von denen er wußte, daß sie bisher für jeden Mann verboten gewesen waren. So sehr ihn diese Tatsache mit Freude und Stolz erfüllte und dazu sein Verlangen unermeßlich steigerte, wußte er doch, daß er vorsichtig sein und sich zurückhalten mußte. Ihre Lust mußte geweckt werden. So sehr, daß sie irgendwann so viel stärker war als der Schmerz, der sie erwartete, daß sie diesen hoffentlich kaum bemerkte.


    So gerne er sich in seine Gefühle fallen gelassen hätte: Er hatte nun die Verantwortung dafür, ihr erstes mal zu einem unvergeßlich schönen Erlebnis zu machen. So, wie es sein sollte.


    Sie bebte unter seinen Händen, ihr Atem ging nicht weniger schnell und schwer wie der seine. Und doch fragte sie noch unsicher, was sie tun sollte. "Tu, was immer Du möchtest. Es wird das richtige sein", flüsterte er. "Hab keine Angst. Folge einfach Deiner Lust." Ihre Blicke waren miteinander verschmolzen. Er verlor sich in der grünen Unendlichkeit ihrer neugierig fragenden Augen, in denen tiefes Vertrauen und unendliche Zärtlichkeit geschrieben standen.

  • Das schwache Licht des Raums ließ die Schatten auf den Wänden wandern, und sein vom warmen Flackern einer einsamen Öllampe erhelltes Gesicht wirkte noch vertrauter und weicher als bisher. Das Licht ließ seine Augen schimmern, und Cadhla konnte fühlen, wie ihre kurz aufgeflackerte Besorgnis ob der vielen, sicherlich nun auf sie zukommenden Dinge von ihr abfloss wie das Wasser nach einem ausgiebigen Bad. Für ihn war es nicht bedeutend, wieviel sie wusste, viel wichtiger war, was sie beide miteinander entdecken konnten. Seine Finger hinterließen Spuren brennender Intensität auf ihrer Haut, und irgendwann hielt sie es nicht mehr aus, wand sich aus seinen Armen und streifte die tunica ab, die irgendwo auf dem Boden landete, dann glitt sie in seine Arme zurück und die Zeit begann, vor ihrer inneren Einschätzung zu fliehen.


    Es mochte Stunden dauern oder nur Minuten, dass sie sich gegenseitig zu erkunden begannen, zuerst behutsam mit den Fingerkuppen, den Handflächen über die Haut des anderen zu streichen begannen, um dann mutiger zu werden, sicherer in dem, was dem anderen gefiel oder gefallen könnte - Cadhla machte die Erfahrung, dass es sehr angenehm sein konnte, sich einfach nur berühren zu lassen, die Augen geschlossen allein auf das Echo der Beührungen in ihrem Inneren lauschend, diesen hingegeben.


    Und Ursus machte das wichtigste, das ein Mann bei einer unerfahrenen Frau machen konnte - er ließ ihr auch die Zeit, sich und ihn zu erkunden, das Neue in aller Ruhe zu erfahren. Wie sehr sie zu zittern begann, als seine Lippen über ihren Bauch glitten, hätt sie selbst nicht für möglich gehalten, aber zu erkennen, dass es ihm nicht anders erging, wenn sie es ebenso tat, und dass er auf sie so reagierte, wie sie es bereits bei einem anderen Mann gesehen hatte. Nur dieses Mal hatte sie keine Scheu, ihn zu berühren, sehr vorsichtig zuerst, als könnte sie ihm durch etwas zuviel Druck der Finger Schmerzen bereiten, und dann, ermutigt durch seinen Zuspruch, mutiger und neugieriger.


    Noch niemals hatte sie die Möglichkeit gehabt, einen Menschen so gründlich, so allumfassend zu fühlen und erkunden zu dürfen, ohne sich eilen zu müssen, ohne Scham zu empfinden, und nach einer halben Ewigkeit berührten seine Finger sie auch endlich dort, wo sie noch nie zuvor berührt worden war, ohne dass sie davor zurückgezuckt wäre, nein, sie hatte es sich sogar gewünscht, ohne es formulieren zu können, schnell atmend, die Wangen gerötet von der Erregung des Augenblicks. Das Lachen war verstummt, das sie geteilt hatten, und derselbe fiebrige und verlangende Glanz, der in ihren Augen lag, spiegelte sich auch in den seinen ...

  • Es wäre gelogen gewesen zu behaupten, daß es ihm leicht fiel, sich zurückzuhalten. Ganz im Gegenteil, es wurde von Minute zu Minute schwerer. Sie mochte unerfahren sein, doch sie war auch neugierig und hatte mittlerweile ihre Scheu abgelegt, erforschte ihn, wie er noch niemals zuvor erforscht worden war. Jede noch so leichte Berührung von ihr hinterließ ein heißes Kribbeln, ließ ihn mindestens so erzittern, wie sie unter seinen kundigen Berührungen erzitterte.


    Ihre Kleidung hatte sie längst abgestreift, sie ließ zu, daß er durch seine Zärtlichkeiten bisher nicht gekannte Gefühle in ihrem Körper weckte. Und sie reagierte darauf nicht weniger intensiv wie er auf ihr Forschen und Probieren.


    Immer wieder sah er ihre leuchtend grünen Augen zwischen den wilden, kupferfarbenen Haarsträhnen auftauchen und ihn anschauen. Er erwiderte den Blick und lächelte. Er sah in dem ihren, was er selbst in seinem Inneren spürte. Erkannte, wie sehr sie ihn wollte, wie sehr sie ihn begehrte. So sehr wie er sie wollte und begehrte.


    Kein Wort hatte hier Raum, es wäre einfach zuviel. Ihr geröteten Wangen, der zärtliche Blick und der schnelle Atem sagten mehr als jedes Wort. War sie wirklich soweit? Er war sich nicht sicher, blickte ihr abermals tief in die Augen. Doch, er war sich doch sicher. Seine Lippen senkten sich ein weiteres mal auf die ihren und er hoffte innig, daß sie von ihren Gefühlen ebenso davongetragen würde, wie er von den seinen...

  • Zum ersten Mal konnte Cadhla Stuten verstehen. Rossige Stuten, um genau zu sein. Sie hatte zwar noch nie zuvor einen Mann in sich gespürt, aber der Drang danach, ihn ganz mit sich vereint zu wissen, war trotz ihrer Unerfahrenheit entstanden und von Augenblick zu Augenblick gestiegen, bis die Anspannung fast unerträglich wurde. Im Grunde musste es mit den Stuten dasselbe Prinzip sein, nur dass die Menschen dabei eben noch die Liebe hatten - oder, wenn sie sich an Sivs Worte erinnerte, war nicht einmal diese wirklich entscheidend. Aber ganz so sehr an das alleinige Prinzip Lust konnte sie sich nicht gewöhnen, und dafür blieb auch gar keine eit, dafür waren ihre Sinne zu angespannt, zu sehr auf Ursus ausgerichtet, zu vereinnahmt von dem, was er tat und dem, was er zu tun im Begriff war.


    Geschmeidig war er über sie geglitten, dann empfing sie ihn, wie schon viele Frauen einen Mann empfangen hatten, und der Schmerz pochte für einige Momente lang merklich an die Tür ihres Unterbewusstseins, wurde aber genauso gekonnt ignoriert wie eine Pfeilwunde oder sonstige Blessuren auf dem Schlachtfeld. Ein gewisses Zusammenzucken konnte sie dennoch nicht unterdrücken, aber ihre Finger bedeuteten ihm schnell, einfach weiter zu machen, nicht darauf zu achten, sie wusste, dass es irgendwann aufhören würde zu schmerzen - und dann, als er sich weiter bewegte, sich Mühe gab, ihren Empfindungen entgegen zu steuern und sie langsam, aber sicher wieder zu erwecken, wurde ihr auch der letzte Rest dessen klar, was sie sich zuvor noch über das zwischenmenschliche Zusammensein ausgemalt hatte.


    Und auch, warum es Spaß machte, wie Siv gesagt hatte. Beider Körper bewegten sich im Gleichtakt, einer Wellenglut gleich, die sich stets gegenseitig aufs Neue anzufachen imstande war, und als ein Seufzen über ihre Lippen glitt, war es eines der Erregung, nicht mehr des Schmerzes, ihre Hände legten sich auf seine Hüften, bedeuteten ihm, schneller zu werden, dann schlossen sich ihre Augen und sie genoss es einfach, ihn zu fühlen, ab und an von einem winzigen Stich Schmerz daran gemahnt, dass dieser Ritt ihr allererster war und sie es nicht übertreiben durfte. Sie verlor den Zusammenhang mit der Welt, ihre Wahrnehmung konzentrierte sich nun allein noch auf sein Atmen, seinen sich bewegenden Leib, das Echo, das sein Rhytmus in ihrem Körper hinterließ, immer wieder aufs neue befeuert, und es hätte ewig so weitergehen können, dieses unbändige Kribbeln, das mehr zu werden schien und sich nicht fassen lassen wollte ...

  • Sie wollte ihn. Wollte ihn ganz und gar, daran gab es gar keinen Zweifel mehr. Er hatte lange genug gezögert, sich lange genug zurückgehalten. So lange, daß es schon zur Qual geworden war. Doch nun war sie schon soweit, daß sie die Vereinigung einforderte. Und so gab er ihrem Drängen nach, erleichtert, seinem eigenen Drang endlich feien Lauf lassen zu können.


    Doch ihr Schmerz ließ ihn dann doch innehalten. Sie war deutlich spürbar zusammengezuckt. War er doch noch zu schnell gewesen? Schon wollte er sich zurückziehen, so qualvoll dies auch für ihn gewesen wäre, doch sie drängte ihn, weiterzumachen. Vorsichtig versuchte er, ihre Gefühle abermals zu wecken. Hoffte, daß sie die gleiche unbändige Lust in sich spürte wie er.


    Es war unglaublich, daß sie ihn noch anstachelte und es kam der Zeitpunkt, an dem er auf keinen Fall mehr zurück gekonnt hätte. Doch auch sie konnte nicht mehr zurück. Er konnte es spüren, sie waren eins, sie bewegten sich im gleichen Rhythmus, ließen nahezu gleichzeitig die Wellen der Lust über sich zusammenschlagen. Es gab kein Zurückhalten mehr, er ließ jetzt völlig los, da er wußte, daß sie bei ihm war und es gleichermaßen genoß.


    Als die Wellen wohligen Schauers langsam verebbten, küßte er sie zärtlich und streichelte ihr die Haare aus dem Gesicht. Nein, sie war nicht die erste Frau, die in seinen Armen lag. Ganz und gar nicht. Jedoch hatte er zum ersten mal Vollkommenheit erlebt.


    Er hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen. Aber es kamen keine Worte über seine Lippen. Wäre nicht irgendwie alles fehl am Platze? Würden Worte nicht diesen wunderbaren Moment zerstören? Also blickte er sie einfach an. Schaute in diese tiefgrünen, seelenvollen Augen, um zu ergründen, was sie empfand.

  • Es war wie ein Rausch, ein Wirbelstrom der Gefühle, der über einen Menschen hinwegbranden konnte, um einen dann vollends mitzureißen und vollkommen mitzunehmen. So und nicht anders stellte Cadhla für sich die Wahrheit über dieses körperliche Beisammensein fest, denn auch wenn sie sich nun seltsam matt fühlte, war sie doch unendlich zufrieden, als könnte zumindest jetzt nichts mehr geschehen, das sie unglücklich machen würde. Die Welt war für die Keltin in Ordnung, sie lag ganz nah bei Ursus, fühlte die Hitze, die sein Körper abstrahlte, hörte seinen langsamer werdenden Atem, konnte tief in ihrem Leib den Nachhall der gemeinsamen Leidenschaft wahrnehmen und jenen winzigen, noch immer vorhandenen Schmerz ob der ungewohnten Bewegungsabäufe und war damit vollkommen zufrieden.


    In diesem Moment hätte sich für ihren Geschmack die Zeit ins unendliche ausdehnen können und sie hätte es nicht einmal bemerkt, sondern wäre wahrscheinlich glücklich verhungert und verdurstet. Wenn nur er bei ihr war. Sie schmiegte sich langsam an ihn an, in seinen Arm, und er war auch der erste Mensch, bei dem ihr diese Nähe nicht unangenehm war oder falsch vorkam. Richtiger hätte es nicht sein können - nun, abgesehen von ihrem Sklaventum und der Tatsache, dass sie bald abreisen würde, um ihre Ausbildung zu verfeinern.


    Sollte sie wirklich gehen? Durfte sie gehen, jetzt, da sie einander ganz gehört hatten, da er ihr dieses unbändige Flattern im Bauch beschert hatte, dieses Emporbrennen, welches sie noch immer nicht so recht mit Worten fassen konnte? Langsam fuhr sie mit den Fingerspitzen die Wange Ursus' nach und betrachtete ihn lange, als müsste sie sich dieses Bild für eine Ewigkeit einprägen. Er war ihre erste Liebe, eine Liebe, die doch gesiegt hatte, obwohl sie versucht hatte, ihm aus dem Weg zu gehen, ihn zu vergessen und aus ihrem Herzen zu verbannen. Und nun lag sie in seinem Arm und schämte sich nicht einmal dafür, konnte nichts falsches daran finden, bei dem Mann zu sein, für den sie so vieles empfand.


    "Ich Dich werde vermissen," flüsterte sie leise, aber es war auch das einzige was sie sagen konnte, jedes Wort schien nicht genug Gewicht zu besitzen, um wirklich auszudrücken, was sie meinte und was sie ihm sagen wollte. Es war so ungerecht, dass es für sie beide keinen Weg geben würde, der glücklich enden konnte, dass sie so sehr voneinander getrennt waren, obwohl sie doch gleich fühlten. Aber was blieb ihr, ausser es zu akzeptieren, als mit dieser Ungerechtigkeit zu leben? Lieben würde sie ihn, und nur ihn ...

  • Es war in diesem Moment alles gut und richtig so, wie es war. Wie sie so Arm in Arm dalagen und jeweils die Nähe des anderen einfach genossen. Ursus spürte ihre Wärme. Und es war nicht nur die Wärme ihres Körpers, sondern auch eine innerliche Wärme, wie er sie bisher nicht gekannt hatte.


    Er blickte sie aufmerksam an, während ihre Fingerspitzen über sein Gesicht fuhren. Sie schien sich sein Gesicht einprägen zu wollen. Und auch er wollte ihr Gesicht auf immer im Gedächtnis behalten. So wie es jetzt war. Leicht erhitzt, doch mit glücklichem Ausdruck. Umrahmt von wilden Kupferlocken. Ein wunderbarer Anblick.


    Ihre Worte erinnerten ihn an die bevorstehende Trennung. "Und ich werde Dich vermissen", gestand er ihr heiser. Das Leben war ungerecht. Ihre Liebe nur für diese kurzen Stunden erfüllt. Doch immerhin waren ihnen diese Stunden geschenkt. Und Ursus genoß sie in vollen Zügen. Die Trennung würde nur allzu schnell kommen.


    Die Nacht schritt schnell voran. Zu schnell für Ursus. Ab dem Morgen würden sie wieder getrennt sein. Und es würde Jahre dauern, bis sie sich wiedersahen. Hoffentlich wiedersahen. Er wünschte es sich. Doch er sprach es nicht aus. Manche Wünsche gingen nicht in Erfüllung, wenn man sie aussprach...


    Während sie einander hielten und leise liebevolle Worte austauschten, brach draußen der neue Tag an. Langsam wurde es heller im Zimmer. Immer heller, unaufhaltsam. Bald schon würde die Sonne sich über den Horizont erheben. Es gab keinen Aufschub, keine Verzögerung, niemand hatte die Zeit für sie angehalten.

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