Schulstunden für junge Duccii

  • Milarocix:
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    Na wunderbar. Hatte dieser Bursche schonmal etwas vom "Ersteindruck" gehört? Der war hiermit dahin. "Du willst also von mir unterrichtet werden? Das ist ja herzallerliebst, aber dazu solltest du auch pünktlich erscheinen." Der Alte überlegte, ob er den Jungen einfach wieder rauswerfen sollte, entschied sich dann jedoch dagegen. "Nimm Platz. Wir fangen sofort an. Ich will von dir in allen Einzelheiten hören, was du bereits beherrschst. Lateinkenntnisse? Rechnen? Geschichte? Was weißt du über das römische Reich? Ach und zuallererst: Wie ist dein römischer Name?" Das alles feuerte seine strenge Zunge ab wie eine Maschinenpistole. Der Bursche war nun sicherlich erst einmal überfordert.



    Edit: SimOff

    Sim-Off:

    1. Antwort-Button!!!


    2. Man duzt sich. Alles andere war im römischen Reich noch nicht bekannt. Außerdem bezeichnest du als Germane niemanden als "Herr", höchstens mit seinem Titel. In diesem Fall kannst du den Lehrer zum Beispiel mit "Magister" anreden. Klar soweit?

  • Äußerlich schien die Schelte von Ratbald abzuprallen, doch innerlich ertrank er gerade im Grundwasser, so versank er im Boden. Doch Ratbald beherrschte es sich zu verschließen, wenn er wollte. Und er wollte oft.


    "Ich bitte um Entschuldigung Magister. "


    Ratbald nahm Platz und begann zu erzählen.


    "Ich lasse mich Cossus Squillus rufen lassen, habe ich beschlossen. Ich weiß nicht viel, nur dass das Römische Reich vom Kaiser gelenkt wird..... und sein Sitz in Rom hat. Außerdem ist es sehr groß. And Geschichte und großartigem Mathematischem hatten unsere früheren Mitmenschen kein Interesse. Deshalb wurden auch wir damit nicht großartig belastet."



    Sim-Off:

    Alles klar, danke.

  • Milarocix:
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    "Cossus Duccius Squillus also. Hmhm. Nun, dann hast du ja jetzt die einzigartige Möglichkeit, dein Wissen zu vermehren! Heute bekommt ihr getrennte Aufgaben, in der nächsten Stunde möchte ich euch beide auf dem selben Wissensstand sehen. Das heißt, dass du Ratbald eine Extrastunde einlegen wirst, um die Dinge, die Ragin heute lernt, nachzuholen."
    Er holte eine Tabula heraus und legte sie Ratbald hin.



    A B C D E F H I K L M N O P Q R S T V X



    "Das ist das lateinische Alphabet. Schreib es fünfmal ab und lies dabei jeden Buchstaben, sodass du dir auch dir Aussprache einprägst."
    Er las die Buchstaben langsam vor und reichte Ratbald dann einen Griffel.



    Und an Ragin gewandt sagte er. "Kommen wir zu dir. Ich hoffe du hast bereits fleißig gelernt, denn du wirst heute deine ersten lateinischen Sätze übersetzen. Wir beginnen mit etwas einfachem."



    Roma magna est.
    Hic forum romanum est.
    Rufus et Squillus veniunt ad forum romanum.
    Mercator hic res vendit.

  • Natürlich hatte Ragin geübt. Also machte er sich gleich ans Übersetzen:




    Roma magna est.
    Rom ist groß.
    Hic forum romanum est.
    Hier ist der römische Markt.
    Rufus et Squillus veniunt ad forum romanum.
    Rufus und Squillus sind auf den römischen Markt gekommen/gegangen.
    Mercator hic res vendit.
    Der Händler (hier) verkauft Sachen.

  • A B C D E F H I K L M N O P Q R S T V X


    A B C D E F H I K L M N O P Q R S T V X


    A B C D E F H I K L M N O P Q R S T V X


    A B C D E F H I K L M N O P Q R S T V X


    Jedes Mal las Ratbald die Buchstaben laut vor. Was anfangs aussah wie ein Strichmännchen - ein sehr schlechtes noch dazu - nahm langsam die Gestalt eines Buchstabens an. Stolz hielt Ratbald es dem Magister hin.

  • Milarocix:
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    Ragin war zuerst fertig, so dass Milarocix die Übersetzungen überfliegen konnte. "Das sieht soweit gut aus. Du kannst allerdings das lateinische forum auch als Forum übersetzen. Auch wenn es nicht mit dem mercatus urbis, also dem Markt der Stadt, zu verwechseln ist."


    Dann nahm er Ratbalds Abschriften entgegen und nickte anerkennend.


    "Gut. Hier ist nun ein Übungstext, den ihr bis zur nächsten Stunde abschreibt und auswendig lernt. Ihr müsst ihn noch nicht verstehen, es dient nur zur besseren Aussprache des Lateinischen."
    Er reichte den beiden eine Tafel.



    Adventus Aeneae in Italiam et res gestae. Ascani regnum Albae et deinceps Silviorum. Numitoris filia a Marte compressa nati Romulus et Remus. Amulius obtruncatus. Urbs a Romulo condita. Senatus lectus. Cum Sabinis bellatum. Spolia opima Feretrio Iovi lata. In curias populus divisus. Fidenates, Veientes victi. Romulus consecratus.


    Numa Pompilius ritus sacrorum tradidit. Porta Iani clausa.


    Tullus Hostilius Albanos diripuit. Trigeminorum pugna. Metti Fufeti supplicium. Tullus fulmine consumptus.


    Ancus Marcius Latinos devicit, Ostiam condidit.


    Tarquinius Priscus Latinos superavit, circum fecit, finitimos devicit, muros et cloacas fecit.


    Servio Tullio caput arsit. Servius Tullius Veientes devicit et populum in classes divisit, aedem Dianae dedicavit.


    Tarquinius Superbus occiso Tullio regnum invasit. Tulliae scelus in patrem. Turnus Herdonius per Tarquinium occisus. Bellum cum Vulscis. Fraude Sex. Tarquini Gabi direpti. Capitolium inchoatum. Termonis et Iuventae arae moveri non potuerunt. Lucretia se occidit. Superbi expulsio. Regnatum est annis CCLV.



    "So. Ragin, kannst du Zahlen multiplizieren?"


    Ratbald allerdings reichte er eine neue Tabula. "Dies sind die römischen Zahlen von eins bis zwanzig. Da du das Alphabet ja jetzt kennst, kannst du sie abschreiben und aussprechen. Versuch es."




  • Milarocix:
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    "Multiplizieren. Miteinander mal nehmen." sagte Milarocix geduldig.
    "Hier, ich zeige es dir. Du hast vier Äpfel. Die nimmst du mit drei Äpfeln mal. Also vier mal drei. Du hast also vier mal drei Äpfel. Verstehst du? Wie viel macht das?"
    Zur Hilfe zeichnete der Magister noch eine Skizze an auf die Tabula.



    IV mala* mal III:


    1. IV mala +
    2. IV mala +
    3. IV mala =


    ?



    *lat. malum = Apfel

  • "Habe ich dann drei mal vier Äpfel oder vier mal drei Äpfel?" Ragin überlegte kurz mit Einsatz seiner Finger. Drei und drei waren sechs, und drei waren neun und drei waren-verdammt zu wenig Finger!- zwölf. So und vier und vier waren acht und vier waren-hä?- auch zwölf?
    Er rechnete das noch dreimal nach, aber egal wie herum er die Zahlen drehte, es war immer zwölf!


    "Da kommt immer zwölf heraus! Ist es egal, wie herrum man die Zahlen beim mal nehmen dreht?"

  • Milarocix:
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    Milarocix lächelte schelmisch. "So ist es. Es spielt keine Rolle, wie du die Zahlen herumdrehst, es kommt immer das selbe Ergebnis heraus. Nun versuche die hier."
    Der Magister schrieb ein paar Aufgaben auf und legte sie dann seinem jungen Discipulus vor.



    III x III =


    II x X =


    VI x II =


    V x III =


    X x II =


    VIII x I =

  • Ragin machte sich sofort ans Werk



    III x III = IX


    II x X = XX


    VI x II = VIII


    V x III = XV


    X x II = XX


    VIII x I = VIII



    Der alte Magister schien sich etwas dabei gedacht zu haben, denn zwei Aufgaben waren die Selben, nur mit verdrehten Zahlen, wie sie es eben besprochen hatten. Ein paar Mal benutzte er seine Hände und zählte seine Finger ab und bei der dritten Rechnung schrieb er die VIII zuerst falsch, denn er adierte nicht zu V sondern zog von X ab. Allerdings stockte der junge Duccier kurz vor der letzten Aufgabe. Zu einfach schien die Lösung: Wenn ich etwas einmal habe, dan ist es einmal da. Wenn ich also einmal einen Apfel habe, dann habe ich einen Apfel. Und wenn ich eine VIII habe habe ich eben VIII-so musste es einfach stimmen. "Fertig!"

  • An diesem Morgen war es wieder einmal soweit. Ein Kind des Stammes Wolfriks sollte sowohl in Latein, als auch Mathematik und Geschichte unterwiesen war. Diesmal traf es Sontje und deshalb hatte Albin sie von Lanthilda schon früh morgens aus dem Bett werfen lassen.


    Auch Milarcorix stand schon bereit, der in einem Sessel saß und noch einmal herzlich gähnte, bevor die junge Duccia eintraf.
    Ungeduldig schaute Albin zur Tür.

  • "Uaaahhh....." Mit diesem Laut betrat sie das Schulzimmer udn klappte sofort den Mund zu, als sie sah wer da stand. "Guten Morgen..." stammelte sie errötend und lächelte die Männer entschuldigend an."Ich bin Sontje!" stellte sie sich dem anderen Mann vor, der wohl ihr zukündtiger Lateinlehrer sein sollte. Nicht nur Latein sollte es sein, auch andere Fächer, von denen sie noch keine Ahnung hatte. Mit leisen Geräuschen nahm sie Platz, sah die Männer erwartungsvoll an.

  • Diese Jugend, Albin hätte sich schon wieder ohne Ende aufregen können, diese abschätzige Gähnerei..aber er wollte nicht seine wenigen Nerven davon reizen lassen, immerhin musste sich ja Milarocix mit ihr befassen, so nickte er Sontje nur zu und wandelte brummig aus dem Kaminzimmer.


    Milarocix:
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    Ach herrje, dachte sich der alte Lehrer, der schon so manche Schüler durch die Welt des Wissens gebracht hatte, stand auf und begrüßte das junge Mädchen.


    "Guten Morgen mein Kind, ich bin Milarocix und werde dich in Latein, mit dem wir auch sofort anfangen werden, Mathematik und römischer Geschichte lehren. Nimm Platz und schnapp dir bitte eine von den bereit gelegten Wachstafeln." er deutete auf ihren Platz.
    Mal schauen ob sie so gut lernen kann, wie sie müde sein kann.

  • Albin verliess das Zimmer und sie war mit dem Lehrer allein. Milawer? Ein netter Name. dachte sie bei sich und nickte eifrig. Gehorsam nahm sie eine der Wachstafeln an sich, klappte sie auf und nahm den Griffel in die Schreibhand. Jetzt sollte es wohl Latein geben.. oder.. "Herr Lehrer... Was ist denn Mathe.. matik? Die römische Geschichten kann ich doch auch so lesen lernen.. oder nicht?" Vielleicht hatte ihr Bruder ein paar Schriftrollen mitgebracht von denen sie nichts wusste. "Stimmt es, dass die Römer mit den Buchstaben 'V', 'X' und 'L' und 'I' Zahlen machen?"

  • http://www.kulueke.net/pics/ir…z-spezielle/milacorix.pngSeit er sechs war, lernte Audaod bei Milacorix all das, was ein Junge aus gutem Hause wissen und können musste. Als wichtigste Voraussetzungen waren da zunächst die lateinische Sprache in ihrer schriftlichen Ausführung, gefolgt von einfacher Mathematik. Aber nicht nur dieses Wissen sollte Audaod über die Jahre hinweg sich aneignen. Nein, vielmehr lehrte Milacorix ihn auch jene Werte, die schon Cicero als wichtige Erziehungsinhalte hervorgehoben hatte: Gravitas, auf dass Audaod würdevoll durchs Leben gehe. Constantia für die notwendige Standhaftigkeit gegenüber den Widrigkeiten und Wendungen des Schicksals. Magnitudo animi, die Geistesgröße, sollte aus ihm zudem einen intelligenten Mann machen, der andere zu lenken imstande ist und in die karrieretechnischen Fußstapfen seines Vaters treten konnte. Probitas wurde ihm zudem beigebracht, damit er rechtschaffen Urteile fällen könne. Zudem bläute Milacorix Audaod auch fides und virtus ein, die Zuverlässigkeit und Vortrefflichkeit, wobei es zumindest im Rahmen der Pünktlichkeit gelegentlich noch an Zuverlässigkeit mangelte.


    "Repetitio est mater studiorum", sagte Milacorix immer wieder und erntete dafür von seinem Schüler meist nur ein genervtes Stöhnen, wofür dieser wiederum ein verärgertes Schnaufen hörte. "Denk daran, Audaod. Sei fleißig und wissbegierig. Ehre die Götter, die Res Publica und deine Eltern und Ahnen. Dann steht dir der Weg offen in ein Leben, das von Ruhm und Reichtum gezeichnet sein wird." Milacorix schwang gern solche pathetischen Reden, um seinen jungen Schüler auf das Leben vorzubereiten, das ihm bevorstand.


    Mit von der Partie war auch immer Landulf, der nur wenig jüngere Vetter. Sie saßen häufig zusammen bei Milacorix und büffelten auch vor oder nach den täglichen Lehrstunden für die Aufgaben, die der Magister ihnen stellte. Die Lehrstunden begannen immer schon kurz nach dem Frühstück, das wiederum selbst schon kurz nach Sonnenaufgang stattfand. Dann übten sie sich in Lesen und Schreiben und Rechnen und mussten auch lernen, sich vernünftig auszudrücken, Haltung zu bewahren und sich nicht albern oder unvernünftig zu verhalten. Und derlei Lektionen sind für kleine Jungen üblicherweise nur schwerstens zu bewältigen.


    Nachdem in den ersten zwei Jahren der Grundstein in Schrift und Zahl gelegt worden war, wurden diese präzisiert und praxisbezogen auf zukünftige Notwendigkeiten zugeschnitten. Aus Mathemaik wurde Buchführung, aus Latein in Wort und Schrift wurden erste Schritte zur selbstbewussten Rede, geschwungenen Formulierungen und dem Diktat formgerechter Briefe. Ganz zu schweigen vom Kennenlernen und Verinnerlichen römischer-griechischer Geschichte, die von Milacorix nicht selten auch um diverse Schwankerl aus der keltisch-germanischen Überlieferung ergänzt wurde, besonders aus den Tagen des ersten größeren Zusammentreffen von Gaius Iulius Caesars Legionen mit Kelten und Germanen in dessen kriegsbestimmten Jahren in Gallia. Stichwort Caesar: Literatur wie 'De bello gallico' zählte zu den Standardwerken in Milacorix' Repertoire, das auswendig gelernt, rezitiert, analysiert und verstanden werden musste. Milacorix nannte das Grammatik. Audaod nannte es ätzend. Aber mit den Jahren weckten die Berichte und Erzählungen über die römische Historie, über die Anfänge der Republik und ihre inneren Konflikte und schließlich über den Aufstieg des Prinzipats das flammende Interesse des Burschen, der sich immer besser in die Geschehnisse hineinlesen und sich von ihnen einfangen lassen konnte. Schillernde Geschichten von Senatoren, Feldherren, Verrätern und Todfeinden konnten eben jeden Jungen in ihren Bann schlagen.


    Was folgte war zudem das Erlernen des Griechischen. Für Kinder vornehmer Familien - und dazu zählten die Duccii seit einigen Jahren nun schon selbstredend - war es überlebensnotwendig auch das Griechische zu beherrschen, wurde es doch als Modesprache besonders in vornehmen Kreisen gesprochen (und im Osten des Reiches auch häufig eher als zweite Amtssprache denn als reine Modesprache) und so zum unvermeidbaren Überlebenswerkzeug in der Elite des Reiches.


    Mit zwölf Sommern war Audaod schließlich so weit, dass er fließend Latein, noch ein bisschen holprig Griechisch und als Vatersprache den ubischen Dialekt beherrschte sowie in der grundlegenden Mathematik halbwegs als wissend zu bezeichnen war. Nun war er bereit für höhere Weihen, für Rhetorik und für die Ausformung seiner noch eher geringen Mathematikkenntnisse. Die von Milacorix so genannte Dialektik war Audaod dazu ebenfalls in groben Ansätzen eingetrichtert worden, war allerdings noch in großem Umfang ausbaufähig. Darauf jedenfalls, so meinte Milacorix zu Audaods Vater, konnte ein Rhetor aufbauen.


    Mit den Worten "Junger Herr Audaod, dir kann ich ab heute nichts mehr beibringen. Du wirst jetzt einem gelehrteren Magister entgegen treten, der dich über die wirklich schwierigen Hürden deiner Bildung führen wird. Mach mich stolz" entließ Milacorix seinen Schüler aus der letzten Lehrstunde. Er lächelte bei diesen Worten, doch Audaod meinte auch eine Spur von Wehmut in des Magisters Zügen erkennen zu können. Wie dem auch war, Audaod war zu dem Zeitpunkt sehr froh gewesen, endlich die "Schule" hinter sich zu lassen und sich den "Studien" zu widmen. Was auch immer das genau heißen mochte, er würde es jedenfalls sehr bald erfahren.

  • Die weiterführende Bildung war tatsächlich keine sonderliche Erlösung für Audaod gewesen. Statt eines Magisters unterrichtete ihn nun ein Grammaticus, der ihm noch geschliffenere Redekünste beibringen sollte. Abgesehen davon ließ Audaods Vater zweimal die Woche auch einen anderen Lehrer kommen, der ihm Grundlagen der Geometrie näher bringen sollte und auch einen kurzen Einblick in die Astronomie gewährte - wofür Audaod allerdings so gar kein Interesse zeigte, wenn nicht gar nur völlige Langeweile dafür übrig hatte.


    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/03.jpg "Du wirst jedenfalls verstehen, junger Duccius, dass eine gewisse Redegewandtheit und ein selbstbewusstes Auftreten deine Erscheinung weitaus eindrucksvoller und überzeugender wirken lässt, als hängende Schultern, eine leise Stimme und ein unkontrolliertes Geplapper, das keines Menschen Verstandes zugänglich ist, nicht wahr?"
    Der Grammaticus Cinadon, ein Freigelassener, der ursprünglich nach eigener Aussage aus dem hochwohlberühmten Thebae in Achaia kam, pflegte stets seine Lehrsätze in derartige Fragen zu verpacken, die Audaod langsam zu langweilen begannen. Der junge Duccius hatte keine Ahnung, wo Thebae lag. Er konnte aber genau sagen, wo Achaia zu lokalisieren war, denn die Geographie lag ihm sehr und Landkarten begeisterten ihn schon seit er auf den eigenen Füßen stehen konnte.


    "Ja, Grammaticus", sagte er monoton und unterdrückte ein Gähnen. "Sehr gut", sagte der so zufrieden Gestellte und machte weiter im Text. Bla, bla, blablabla - ausgefeilter Sprachgebrauch - laber blabel blub - effektives Durchsetzen in der Politik - lubbel wubbel blabel wabel... Audaod war heute definitiv zu müde, um die Worte seines Grammaticus nicht nur zu hören, sondern auch zu verstehen und sich zu merken. Er blinzelte angestrengt und versuchte sich wieder auf seinen Lehrer zu konzentrieren, was ihm auch für einige Minuten gelang.


    Audaods Vater hielt viel von Cinadon. Und er erwartete auch, dass sein Sohn viel und gut bei dem Grammaticus lernte. Und das war verdammt viel, was er da von seinem Sohn erwartete, denn dieser war mit fortschreitendem Alter bald eher der körperlichen Ertüchtigung, also besonders dem Schwertkampf und dem Ringen, zugetan. Schule fand er lästig und ermüdend, Sport dafür umso erquickender und darum umso sinnvoller. Den logischen Argumenten seines Vaters, dass eine rhetorische Ausbildung noch um einiges wichtiger war, wenn Audaod später einmal erfolgreich sein wollte - egal ob als Politiker, Kaufmann, Gelehrter - konnte der junge Bursche natürlich argumentativ nichts entgegen setzen. Vielmehr war da ein grundlegender Unwille gegenüber dem weiteren Auswendiglernen von Lektionen und Übungen, gegen das wiederholte Wiederholen der Wiederholung, gegen die ständige Schelte, wenn eine Wiederholung mal nicht so klang wie die Wiederholung klingen sollte und gegen alles andere, was dieser lästige Grammaticus noch so verkörperte. Audaod wollte nicht mehr nur lernen. Er wollte endlich etwas tun! Aber Audaod war auch erst dreizehn Jahre alt. Zu jung also, für die Toga Virilis, die ihn zum Erwachsenen machte. Und auch das folgende Jahr ließen ihm keine Ruhe, denn der Grammaticus löste sich nicht wie gehofft in Luft auf und Audaods Unlust verschwand auch nicht. Und immerzu dachte er an den Sport, die Kraftübungen, das Laufen, das Ringen, das Schwitzen und das leiden, wenn die Muskeln schmerzten und schwer wie Blei wurden.


    Und eines Tages war es so weit, als Audaod endlich vierzehn Sommer alt war, dass sein Vater ihn aus der (meist ja nur verbalen) Gewalt des Grammaticus entließ ... und ihn zu einem Rhetor schickte! Vom Regen in die Traufe, dachte Audaod sich missgelaunt und machte sich daran den Mann aufzusuchen, der nach Aussage seines Vaters noch ein weiteres Jahr lang Audaods Redekünste auf ein (momentan zumindest zu erreichendes) Maximum bringen sollte: Den Rhetor Eumenius.

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