Auf Beutezug

  • Hagnon war vor einer Bruichbude angekommen, die nicht einmal diesen schändlichen Titel verdient hatte. Stirnrunzelnd sah er Schuhabdrücke auf dem staubigen Holzboden. Als er jemaden in den oberen Stockwerken brüllen hörte hastete er die Treppe hinauf.


    "Hallo?"


    Dann sah er den einen Soldaten, der ihm von Anfang an unsympathisch erschienen war. Er redete die Sklavin an und hatte ein kleines Säckchen in der Hand, in welchem eindeutig Münzen waren. Scheinbar hatte alles ein gutes Ende gefunden.

  • He? Was? Wie bitte? War das die neue Definition von laufen lassen? Ich starrte ihn mit offenem Mund an, so als hätte ich ´nen Geist geseh´n! Vercingetorix´ Geist höchtspersönlich! Scheiße Mann, der Typ hätte mich angeschmiert! "Du hast doch gesagt, du lässt mich laufen?", rief ich vorwurfsvoll.

  • "Nicht du noch," wandte er sich an den Tagelöhner. "Verschwinde einfach...inordnung?"


    Er beachtete ihn nicht weiter und schaute wieder zur Sklavin:


    "Ich lasse dich auch laufen. Glaubst du wir können dich gehen lassen? - Ohne eine Strafe? Du musst lernen für dein Tun Verantwortung zu übernehmen. Du hast das Risiko akzeptiert als du gestohlen hast, also stehe aufrecht und siehe deiner Tat ins Gesicht. Sieh es so, wir übergeben dich nicht der Cohortes. Du endest nicht am Kreuz und dein Herr scheint dir viel Vertrauen zu schenken, wenn er dich frei laufen lässt. Er scheint ein netter Mann zu sein. Man kann es quasi als "laufen lassen" sehen, Serva."

  • Ja natürlich, ich lege die Sachen von deinem Freund nur hier hin.


    Ich lud die Klamotten auf einem, vom Staub befreiten Tisch ab und ging langsam rückwärts.

  • Fragte sich nur, wie lange Ursus denn dann auch nett blieb, wenn er erst ma erfahren hatte, was ich für´n Bockmist gebaut hatte!
    "Hör ma, können wir das nich irgendwie anderes regeln?" Hilfesuchend schaute ich zu den Typen. Der Dritte, der mir helfen wollte war jetzt auch noch da.

  • "Wirklich nich?" fagte ich flehend und sah an mir herab. Na schön, meine Klamotten war´n reif für die Tonne, aber ansonsten... Obwohl, wenn ich mir die Kerle so betrachtete. Nee, igitt! Bloß nich!

  • Labeo hatte kaum gehört, dass Verus ins Haus gegangen war, nur das Poltern auf der Treppe war ihm nicht verborgen geblieben. Als sein Freund dann auch noch rief, dass er die Sklavin gefunden hatte, drehte er sich rum und ging zur Treppe. Diese stieg er hinauf und versuchte dabei nicht die morschen Stufen zu zerbrechen.


    Oben angekommen bot sich ihm eine interessante Szene dar. Verus und die Sklavin waren in ein Gespräch vertieft, dessen Inhalt sich nicht erschließen ließ, außer das Verus das Beweisstück - Labeos Geldbeutel - in der Hand hielt. Der dritte Mann bewegte sich rückwärts in Richtung Labeo.


    "Verus! Großartig. Die Frage ist nur - was machen wir jetzt mit ihr?"


    Dann sah er seine Toga und sagte zu dem dritten Mann: "Oh und da ist ja meine Toga. Danke Fremder!"


    Danach näherte er sich Verus und der Sklavin:


    "Was sollen wir jetzt mit Dir machen, Kleine?"

  • Verus schaute zu Labeo.


    "Erstmal solltest du dein Geld verstauen. Noch einmal mache ich so eine Hetzjagd nicht mit, Labeo," scherzte Verus, wie immer in solchen Situationen. :D


    Danach wurde sein Gesicht wieder ernster und sein Blick finsterer.


    "Wir sollten sie zu ihrem Herren bringen, er soll sich ihr annehmen."

  • Das ist eine gute Idee, also vor allem das erstere.,


    sagte Labeo und ergriff den Geldbeutel, der irgendwie mit Unrat beschmiert war.


    "Aber auch mit dem letzteren hast Du recht. Wir sollten sie zu ihrem Herrn bringen. Schließlich muss der ja auch die Verantwortung dafür tragen, was seine Sklaven so anstellen. Also, serva: Wer ist Dein Herr?


    Irgendwie hatte Labeo ein Deja-vu - hatte er sie das nicht erst vor kurzem gefragt?

  • Na toll, jetzt kam auch noch der Dritte im Bunde, der eigentlich die Hauptperson in diesem Drama war. Der steckte mal schnell seine Kohle weg, bevor, naja... Jetzt fing der auch noch davon an, rumzulabern, man müsste mich wieder zu meinem Herrn bringen! Mist!
    Flehend blickte ich jetzt die drei Typen an. Mensch, das konnten die doch nich mit mir machen! Ursus würd´ Hackfleisch aus mir machen. Dann wär bis zum Stanktnimmerleinstag Latrine putzen angesagt! Nee!
    "Hör ma, es tut mir ja echt leid, dass ich ausgerechnet deine Kohle, öhm dein Geld mitgeh´n lassen hab. Echt, ich tu´s nie wieder! Ehrlich! Aber bitte, sagt mein´m dominus nix davon! Der bringt mich garantiert um! Ihr wisst doch, wie bescheuert diese Patrizier so sind!" Hoffentlich war keiner von denen´n Patrizier! Das fiel mir erst hinterher ein! Aber nee, die drei sah´n nich aus, wie diese Oberklasseheinis.
    Wie hatte der eine den andern Typen genannt, der mein Versteck entdeckt hatte? Verus!
    "Hey Verus, bitte! Lass uns das anders regeln, ja? Ich lad euch auf ´nen Wein ein, oder so!"
    Als letzte Druckmittel setzte ich noch die ultimative weibliche Geheimwaffe Nr. 1 ein, Tränen! Tränen war´n immer gut! Wenn ´ne Frau weinte, auch wenn sie was geklaut hatte, ey da konnte doch so Kerle, wie die nich wiedersteh´n!

  • Sie versuchte zu verhandeln - und begann zu weinen. Bevor Labeos Herz sich erweichen konnte, sagte:


    "Du musst ja ganz schöne Angst vor Deinem Dominus haben. Und wenn ich ehrlich und es nur um mich ginge, würde ich Dich ja laufen lassen. Das Problem ist es geht nicht nur um mich - oder nur um meinen Freund. Wenn Du heute mich bestiehlst, bestiehlst du morgen jemand anderes. Und das können wir nicht zu lassen."


    Labeo schaute sie an, wahrscheinlich würde sie als nächstes das Blaue vom Himmel versprechen, dass sie nie nie nie wieder stehlen würde. Dabei würde sie weiter weinen und irgendwann würde Labeo schwach werden - um das zu verhindern redete er weiter:


    "Du brauchst jetzt gar nicht mit dem Versprechen oder Schwören anfangen. Ich werde es Dir jedenfalls nicht glauben. Außerdem wird er Dich nicht umbringen, das wäre dumm, Du wirst ihn eine schöne Stange gekostet haben."

  • "Ja, hab ich auch!", begann ich zu schluchz´n. "Ihr kennt den nich! Wenn er mich nich umbringt, dann schlägt er mich halb tot, das kommt dann auf´s gleiche raus!" Die Tränen quoll´n nur so aus mein´n Aug´n!
    "Ich mach ja so was eigentlich gar nich! So was hab ich früher immer gemacht, als ich noch auf der Strasse gelebt hab. Nur heut, da hat´s mich eb´n so in´nen Fingern gejuck, versteht ihr! Bitte, lasst mich lauf´n, ja? Ich tu so was nieee wieder! Echt!"
    Oh Mann, ´n Königreich für´n Taschentuch!

  • Sie weinte herzzerreißend - und wenn Labeo alleine hier wäre - hätte er sie sicherlich weggeschickt, aber mit Verus im Rücken konnte er sagen:


    "Das ist ja nicht zum Aushalten. Du spielst uns hier ganz schön was vor. Es ist ja nicht so, dass wir Dir keine Chance gegeben haben - DU hättest es ja einfach fallen lassen können und ich hätte es gefunden. Du hast diese Möglichkeit ausgeschlagen - das nenne ich dumm gelaufen. Also komm jetzt - bring uns zu Deinem Herrn!"

  • Mann, wie kann man denn nur so stur sein? Mir geh´n langsam die Argumente aus!
    "Wenn ich den Beutel fall´n gelass´n hätt, dann hättet ihr mich doch auch nich laufen lassen, oder? ", blaffte ich ihm schluchzend entgegen. Wie konnte man denn nur diese Typen davon überzeug´n, dass sie mich nich zu Ursus schleppten und ihm alles brühwarm erzählten, was ich so angestellt hatte?
    So langsam kriegte ich mich wieder ein und wischte mir ma die Trän´n aus´m Gesicht.
    "Hört ma, ihr könnt mit mir mach´n, was ihr wollt! Aber bitte sagt mein´m dominus nix! Echt, dann bin ich geliefert!" Langsam streifte ich mein´n Umhang ab, ohne jedoch die Kerle aus´n Augen zu verlier´n.

  • Die Sklavin schien es mit allen Mitteln versuchen zu wollen. Sie zog ihren Umhang aus, Labeo hatte eine Ahnung, was ihr nächster Versuch wäre. Er hatte sich aber schon entschieden:


    "Jetzt hör auf Dich so zu zieren. Ich habe eigentlich nicht viel Lust noch mehr Zeit mir Dir zu verschwenden. Wir gehen jetzt, zu Deinem Herrn - und je mehr Zeit DU jetzt noch vertrödelst, desto wütender werden wir sein, wenn wir ankommen! Also auf jetzt!"


    Er ging auf sie zu, bereit sie mit Gewalt abzutransportieren, sogar ihm dem gutmütigen wurde es jetzt nämlich zuviel - auch wenn sie ihm einiges anzubieten hätte, war jetzt zu nichts in der Stimmung, außere langsam lauter zu werden:


    "Und ich würde Dir raten, jetzt endlich Vernunft anzunehmen. Wenn Du uns nicht sagst, wer Dein Herr ist und wo Du wohnst, dann bringen wir Dich vielleicht doch besser zu den Urbanern, die werden herausfinden, wer Dein Herr ist - aber mit anderen Mitteln. Also: ABMARSCH!"

  • Verus packte die Sklavin und hob sie spielend in die Luft.


    "Wir haben keine Zeit für so etwas."


    Er schleifte sie zur Treppe und schaute sie böse an.


    "Du hast die Wahl. Bringe uns zu deinem Dominus oder ende bei der Cohortes Urbanae und dort mit Sicherheit am Kreuz. Ich habe kein Problem damit eine Diebin ihrer Strafe zuzuführen. Es erfordert das römische Gesetz und als Römer folge ich diesem, denn es hält die res publica zusammen."

  • Mit den Typen is echt kein Blumentopf zu gewinnen! Ich musste mich wohl oder übel geschlagen geben. So´n Mist! Ursus wird sich kaum halten können, vor Verzückung!
    Der eine, der Verus hieß, schleifte mich schon zur Treppe und sah richtig ungemütlich aus. Ob Ursus auch so sein wird?
    Ich seufzte und ließ den Kopf häng´n. Gekreuzigt zu werd´n, fand ich jetzt auch nich so prickelnd.
    "Aurelius Ursus", sagte ich leise, ohne einen der beiden anzuguck´n. Der Dritte hatte sich eh schon aus´m Stau gemacht. So, jetzt könnt ihr mich die Treppe runterschupsen, dann war´s das. Aber so wie ich die kannte, machten die das eh nich. Was soll´s, ich bin eh geliefert!

  • "Aurelius Ursus? Der Vigintivir? Na der wird sich freuen. Auf Verus. Ich weiß wo die Villa Aurelia ist."


    Labeo hatte sich nämlich von dem Boten, der seinen Brief an eben diesen Aurelius Ursus abgeliefert hatte den Weg erklären lassen, falls es Probleme geben würde. Dass diese "Probleme" etwas mit dieser diebischen Elster zu tun haben würden, hatte er natürlich nicht geahnt.


    Labeo stapfte voraus die Treppe hinunter und aus dem Haus raus, er schaute sich zu Verus um, der die Sklavin immer noch trug.


    "Meinst Du sie hat uns den richtigen Namen gesagt, wenn ja könnte sie ja auch alleine laufen - außer es gefällt Dir sie herumzutragen.", scherzte Labeo, da er langsam wieder guter Stimmung wurde.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!