Im Kräutergarten

  • Dagny strich durch die Gänge, ihre Laune war nicht deutlich gestiegen. Sie brütete vor sich hin wie sie den ganzen Schlamassel wieder hinbekommen würde.
    Ihr Herz war schwer und sie fühlte sich allein und mit dem ganzen überfordert. Wenn doch nur jemand da wäre mit dem sie reden könnte, der ihr half mit dem ganzen zurecht zu kommen. Sie seufzte und ging in den kleinen Kräutergarten, es war wärmer geworden und sie wollte nachsehen ob etwas hier für sie zu tun war um sie auf andere Gedanken zu bringen.


    Es hatte vor ein paar Tagen geregnet und ein Sturm war in der Nacht über das Haus gezogen. Noch lagen abgerissene Zweige von Sträuchern herum, ein paar Pflanzen waren arg zerzaust und sogar war ein Busch fast aus dem Boden gerissen worden. Sie machte sich daran ein wenig aufzuräumen.




    Sim-Off:

    Reserviert sorry :)

  • Marga:
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    Marga hatte wieder einmal ein gutes Essen auf dem Herd zu stehen und benötigte nun einige Kräuter, die sie holen wollte. Außerdem wollte sie sich den Garten nach den Geschehnissen der letzten Tage einmal ansehen und richten was es zu richten gab.
    Allerdings war ihr da jemand zuvor gekommen und Marga ging lächelnd auf Dagny zu.


    "Heilsa, es frreut mich, dass du dich ein wenig nach unserem Garten umsiehst. Es hat ihn ja wirklich arg getroffen."


    Dass die junge Frau scheinbar und ziemich offensichtlich ein Problem hatte, sah Marga sehr wohl, aber sie wollte dies erst im Laufe des Gespräches herausbekommen und nicht mit dem Holzhammer vorgehen.

  • Dagny sah auf, eine kleine Schichte Erde klebte auf einer ihrer Wangen, sie hatte sich wohl ihre Haare aus dem Gesicht gestrichen.


    „Oh ja und es ist so schade um ihn. Zuhause habe ich das auch immer gemacht und hir sind sogar noch einige Pflanzen dabei die ich so gar nicht kenne, es wäre schade wenn sie kaputt gingen.“


    Fast schon liebvoll macht sie sich wieder daran die mitgenommen Pflanzen wieder an den Ort ihrer Bestimmung zu bringen. Sie war froh etwas tun zu können und somit auch auf andere Gedanken zu kommen.


    „Ich würde mich sehr gern weiter um den Garten kümmern.“


    Mit den Händen drückte sie die Erde um ein Kräuterbündel wieder fest.

  • In den vergangenen vier Monaten hatte Elfleda sich mit jedem Eckchen des Hauses so gut es geht vertraut gemacht. Sie war schließlich die Hausherrin – auch wenn Marga in der Küche das anders sah und sie das auch besser nicht vor Eila so direkt aussprach. Aber sie fühlte sich doch schon verantwortlich, und schließlich hatte sie es auch so gelernt. Und jetzt, da sie endlich ein lebendes Zeugnis ihrer Verbindung zu dieser Sippe in sich trug, noch viel mehr. Schließlich ging es jetzt auch darum, für ihren Sohn alles zu bereiten.
    Es würde bestimmt ein Sohn werden. Elfleda glaubte einfach daran, dass es einer würde. Es wäre einfach perfekt, wenn es einer würde. Natürlich war sie sich sicher, dass sich Lando auch über eine Tochter freuen würde, aber ein Sohn, ein Stammhalter… ihre Stellung hier wäre vollkommen gesichert und unanfechtbar mit einem Mal. Es musste einfach ein Sohn sein. Die Götter liebten sie, das hatten sie ihr schon bewiesen, sie würden ihr einen schönen Sohn schenken.


    Und so machte sich Elfleda daran, das, was sie verbessern konnte, auch emsig zu verbessern. In den Teil der Einrichtung, der römisch geprägt war, wollte sie sich nicht einmischen. Auch wenn sie das Balneum noch immer misstrauisch betrachtete, vor allem bei dem Wetter. Ein ordentlicher Waschzuber erfüllte ihrer Meinung nach denselben Zweck. Es war ja nicht so, als seien Germanen alles ungewaschene, wilde Barbaren, die fröhlich im eigenen Schweiß vor sich hin stanken. Natürlich wusch man sich, schon allein, um den immer mal auftauchenden Läusen oder Flöhen, die ja auch in der römischen Gesellschaft trotz ihrer Bäder immer wieder auftauchten, Herr zu werden. Natürlich badete man – allerdings meistens eben im Fluss oder eben in einem Zuber mit nicht von unten beheiztem Wasser.


    Aber Elfleda hatte etwas gefunden, mit dem sie sich bestens auskannte und was sie machen konnte, ohne dass ihr irgendwer dabei hineinreden könnte: Einen Kräutergarten. Nun, oder etwas, das mal einer hätte werden sollen, so sie Marga glaubte.
    Die verstorbene Dagny hatte wohl damit begonnen, hier allerlei Kräuter anzubauen, aber als sie krank geworden war, verfiel das alles wieder und wucherte wild durcheinander, so dass nun in dem dafür angelegten Beet alles mögliche wuchs, nur eben nicht die gewünschten Kräuter.
    Allerdings war so ein Kräutergarten ja ungemein praktisch. Von den Wäldern hier hatte Elfleda keine Ahnung, außerdem wollte sie Lando nicht bitten, sie zu begleiten, nur weil sie ein wenig Huflattich für einen Tee pflücken wollte. Warum also nicht hier ein wenig aufräumen und noch mal vernünftig pflanzen?


    So hatte sie sich mit einer kleinen Hacke aus Holz und einer ebenso kleinen Schaufel bewaffnet und war hinaus in den Garten gegangen, in die Ecke, wo der Duft der wilden Kräuter in der Luft lag. Wenn man einiges aussortierte und einiges zurückschnitt, sollte das Beet bald alles nützliche hervorbringen können. Und so machte sie sich an die Arbeit.

  • Auch Callista hatte sich vertraut gemacht mit diesem Fleckchen Erde, dass nun ihre Heimat darstellte und an dem sie sich gerne aufhielt. Die Duccier waren alle freundlich zu ihr, der eine mehr, der andere weniger doch im Grunde war sie sehr froh. Balbus hatte ihr einen jungen, attraktiven und netten Ehemann ausgesucht, sie konnte ihre Ausbildung vollenden und sie hatte einen großen Haushalt um sich, so dass ihr eigentlich nie Langweilig war. Wenn sie nichts mit Sontje unternahm, war sie mit Ragin zusammen, der ihr germanisch beibrachte oder sie und Witjon waren unterwegs. Ansonsten war sie oft und gerne im Tempel, lernte dort mit Phelan oder betete und besprach sich mit den anderen Priestern. Ihr Leben hatte sich eingespielt, in vielen Dinge war bereits eine Routine entstanden und wäre da nicht die kleine große Sache mit ihrer Kinderlosigkeit, hätte sie sich als rundherum glücklich bezeichnet. Diese Tatsache allerdings machte ihr mehr und mehr zu schaffen, zumal es nun Elfleda war, die ihre Schwangerschaft verkündet hatte. Aber bei sich selbst hatte sie noch keine Anzeichen feststellen können und es war nicht so, als würden ihr Ehemann und sie nicht alles nötige dafür tun. Angst beschlich sich ihrer, ganz langsam, aber sie war da und wurde immer drängender. Was, wenn sie unfruchtbar war? Witjon würde sich sicherlich scheiden lassen. Sie wäre auf Ewigkeit gebrandmarkt. Würde Schande über Balbus bringen. Das Verhältnis ihrer beider Familie schwächen oder vielleicht sogar so schädigen, dass es nicht mehr zu überbrücken ging. Nein, das wäre das Ende. Und genau diese Gedanken sorgten für etwas, dass man ihr vielleicht nicht sofort anmerkte, aber sie wurde immer stiller. Da sie aber so oder so schon ein sehr ruhiger und stiller Mensch war, fiel es kaum jemanden in der Casa sonderlich auf. Zumal sich die junge Römerin nichts anmerken lassen wollte. Es bestand ja Hoffnung. Oder war Iuno gekränkt, die germanische Verlobung, die germanischen Riten? War das zuviel?


    Nachdenklich schlenderte Callista durch den Garten, hing ihren eigenen, düsteren Gedanken nach und war sich erst bewußt, dass sie hier nicht alleine war, als sie schon auf einige Meter an Elfleda dran war. Einfach weggehen ging jetzt nicht mehr, auch wenn ihr das lieber wäre. Was tat die Germanin denn da? Gartenarbeit? Und das in ihrem Zustand? Hatte sie denn keine Angst das junge Leben in sich zu gefährden? Verwundert beobachtete sie die andere Rothaarige einen Moment und begrüßte sie dann freundlich auf germanisch. Auch wenn sie fand, dass es sich immer noch viel seltsamer anhörte als bei den anderen. Man würde wohl immer hören, dass sie keine Germanin war.


    "Heilsa Elfleda. Was du tun? Machen Garten neu?"

  • Sie hörte die Schritte durch den Garten und sah nur kurz hoch, wer da kam. Im Dorf, wo sie aufwuchs, war ständig irgendwer immer in der Nähe und kam vorbei, da schaute man nicht erst lange oder fragte, wer das wohl sein könnte. Da wäre man den ganzen Tag nur mit gucken beschäftigt gewesen. So registrierte sie kurz Callista und widmete sich dann wieder dem Löwenzahn, der hier tiefe Wurzeln geschlagen hatte, zwischen Eisenkraut und Salbei aber nichts zu suchen hatte.
    Doch dann kam Callista schüchtern wie immer zu ihr heran und begrüßte sie mit ihrem etwas holperigen Germanisch. Andererseits war Elfledas Latein auch nicht viel besser, und dabei hatte sie schon Vorkenntnisse mit hierher gebracht. Das würde wohl noch ein oder zwei Jahre dauern, bis sie es wirklich konnte.


    “Heilsa, Callista. Ja, ich pflege ein wenig den Kräutergarten. Hier wächst alles so durcheinander, da findet man ja nichts mehr, wenn man es braucht. Und das Unkraut erstickt die anderen Pflanzen.“
    Sie rupfte noch beherzt eine weitere Pflanze heraus und warf sie auf den Haufen von Unkraut, den sie schon herausgerissen hatte. Die Kaninchen, die zum Schlachten wie in jedem Haus einen Verschlag hatten, würden sich nachher sicher freuen.
    Sie besah sich kurz ihre schmutzigen Hände und schaute dann zu Callista hoch. Eigentlich war diese Arbeit unter ihrem Stand, und sicher auch unter Callistas. Und außerdem wollte Elfleda dem Gesinde nicht zuviel auftragen, immerhin hatten sie auch nicht so viel. Und man musste auch immer gut mit denen sein, die unter dem Schutz der Sippe standen, so hatte sie es gelernt. Also machte sie sich auch nicht zuviel daraus, trotz ihrer adeligen Herkunft auf dem Boden zu sitzen und Unkraut zu zupfen.
    “Willst du mir helfen?“ fragte sie also freundlich und leicht lächelnd. Callista schien immer so schüchtern. Vielleicht tat ihr ein wenig Nähe zu Freya gut, indem sie in der Erde etwas zum wachsen brachte. Die fröhliche Fruchtbarkeitsgottheit würde ihr vielleicht ein wenig Kraft geben. Und ansonsten hatte Elfleda ein wenig Gesellschaft, die mit ihr in der Erde buddelte.

  • Mit einer anerzogenen Selbstverständlichkeit erwiderte Callista das Lächeln und versuchte angestrengt alles zu verstehen. Es fiel ihr einfacher das Gesagte zu verstehen, wenn man es langsam und deutlich aussprach, aber selber reden war etwas schwieriger. Auch wenn die meisten verstanden, was sie sagen wollte, so legte sie viel Wert darauf es auch richtig zu sagen. Elfleda allerdings nahm keine besondere Rücksicht und das forderte die Römerin etwas, was ihr aber gut gefiel. Sontje neigte ab und zu dazu, in der selben vereinfachenden und teilweise falschen Weise zu reden wie es Callista tat, nur damit diese verstand. Als sich Elfleda ihre Hände ansah, blickte auch Callista dahin und lächelte matt. Nicht alle dunklen Gedanken waren vertrieben und so brauchte sie noch einen Moment sich voll auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.


    "Oh ... ja ... gerne. Du mir zeigen?" sagte sie schüchtern und blickte hinab zu der vor ihren knieenden Frau. Dann sah sie an sich herunter. Auch wenn ihre Garderobe sich schon viel an Germanien angepasst hatte, das richtige Kleid um damit im Dreck rumzuwühlen. Sollte sie sich umziehen gehen? Oder würde Elfleda sie dann für pingelig halten? Sie hatte als Kind mehr im Garten mitgeholfen und sich später etwas damit beschäftigt, aber im Grunde hatten das immer die Sklaven in Mantua gemacht. Ob Elfleda das freiwillig tat? Hatte sie Langeweile? Oder war es üblich, dass sie als Herrin des Hauses den Garten bestellte. Immer noch stehend entschloß sich Callista dann, ihr Kleid einfach anzubehalten und aufzupassen, das würde schon klappen, sie war ja kein Dreckspatz. Als kniete sie sich hin, das Kleid vorsichtig hochschiebend, so dass es nicht im Weg war und lächelte dann Elfleda an. Sie schaute zu, was ihre Hände taten und machte es dann nach. Erst zögerlich, aber da keine Korrektur kam, dann auch etwas handfester zupackend. "Wie es dir geht? Bist du gerne draußen?" fragte sie, das schleppende Gespräch aufrecht erhaltend.

  • Nach „gerne“ sah Callistas Reaktion jetzt zwar nicht unbedingt aus, aber Elfleda tat so, als hätte sie von der Schüchternheit gar nichts bemerkt. Es gab Personen, die wurden nur immer schüchterner und verlegener, wenn man merkte, wie sie sich fühlten, und am Ende stotterte Callista noch oder redete gar nichts mehr. Da war Elfleda Politikerin genug, da einfach drüber hinwegzusehen, als wäre nichts weiter, und wartete lächelnd, bis Callista auch saß. Dann zeigte sie ihr den Löwenzahn und buddelte ihrerseits wieder eine Wurzel frei, um das Unkraut herauszurupfen. Callista machte es ihr nach, und der Grundstein schien gelegt.


    “Danke, mir geht es sehr gut. Nur die Übelkeit ist manchmal ein wenig schlimm, aber das sollte sich bald erledigt haben.“
    Normalerweise hielt die Übelkeit nur die ersten fünf Monde an, danach schwand sie zusehens. Außerdem tat Elfleda jetzt schon alles ihr mögliche, um sie auf ein Minimum zu beschränken.
    Über das gerne draußen sein musste sie aber ein wenig schmunzeln. Natürlich war sie gerne draußen, auch wenn es im Haus wirklich schön war. Aber da war ihre Herkunft und ihre Gewohnheit einfach zu stark.
    “Ich weiß, Ragin erzählt dir vieles über unsere Sprache und unsere Sitten. Hat er dir auch mal erzählt, wie germanische Häuser so sind?“
    Elfleda wartete kurz, ob Callista das verstanden hatte oder nicht, und ob sie etwas wusste. Aber scheinbar hatte sie nur wenig Ahnung.
    “Unsere Häuser sind nicht so groß wie die römischen. Und es leben mehr Menschen darin. In so einem großen Haus wie diesem hier würde bei mir das halbe Dorf wohnen. Bestimmt hundert Menschen.“
    Elfleda lächelte freundlich. Vielleicht konnte sich Callista jetzt etwas besser alles vorstellen. “Deshalb ist jeder froh über die Freiheit außerhalb eines Hauses. Oh, wir lieben unsere Häuser, aber die Natur lieben wir mehr.“
    Und noch eine tiefe Löwenzahnwurzel fand ihr Ende auf dem Haufen mit den anderen.


    Elfleda wusste, dass Callista nur langsam germanisch sprach, aber deshalb nahm sie auf sie wenig Rücksicht. Sie kannte es ja von sich selbst, und wenn alle um sie herum nur einfaches Latein sprachen, wurde sie nie besser. Wenn man gezwungen war, besser zuzuhören, lernte man viel besser und schneller. Das war wie mit Medizin: Würde sie gut schmecken, hätte man keinen Grund, schnell gesund zu werden. Je ekeliger sie schmeckte, umso besser wirkte sie.
    Daher wartete sie auch nicht allzu lange, ehe sie nun die Gegenfrage stellte.
    “Und du? Wie geht es dir?“
    Gerne hätte Elfleda direkt gefragt, ob Callista auch schwanger ist, aber das schien ihr ein wenig zu forsch bei der schüchternen Römerin. Vielleicht erzählte sie es ja von sich aus, und wenn nicht, konnte Elfleda immer noch mehr nachhaken.

  • Sie nickte, als würde sie verstehen und verbarg damit, dass sie eigentlich keine Ahnung hatte. Natürlich wußte sie, dass eine Schwangerschaft meistens auch eine morgendliche Übelkeit mit sich brachte, neben vielen anderen Dingen. Allerdings konnte sie das, im Gegensatz zu ihrem Gegenüber, nicht am eigenen Leib erfahren. Dann schüttelte sie den Kopf, über typisch germanische Bauten hatte sie noch nichts gelernt. Dabei dachte sie, dass die Casa schon sehr germanisch war, mit dem vielen Holz, den Schnitzereien und sonstigen Kleinigkeiten. Daran, dass dieses Haus für Elfleda sehr römisch aussah, hatte sie nie gedacht. Aber 100 Menschen? Sie guckte mit großen Augen und staunte. "100!? Aber nicht sehr eng mit so vielen? Wie viele ihr seid in deinem Dorf? Meine Mutter und ich wohnten in Casa, größer als hier, mit zwei und Sklaven. Das war viel zu groß." Sie erinnerte sich gerne in Mantua, der Schmerz über den Verlust der Mutter war natürlich noch da, aber die Intensität hatte nachgelassen und sie dachte nicht mehr so oft darüber nach. Entweder ihr blieb dazu keine Zeit und wirklich einsam fühlte sie sich hier ja auch nicht. "Bei Mutter gab es auch Garten, hatte alte Sklavin die kümmerte. Hatten Lebensmittel selber, Mutter nicht gerne zu Markt. Markt weit weg." Sie zog die Augenbrauen zusammen und dachte über das Gesagte nach, nein, sie musste sich mehr anstrengen. Das war ja peinlich. "Der Markt war weit weg." Ja, das klang doch schon viel besser. Und vor allem erschien es richtiger. Sie lächelte und schaute, ob Elfleda es bemerkte. Es war ihr keineswegs peinlich sich selbst vor der Anderen zu korrigieren.


    "Gut. Alles sehr schön, Witjon nett und lieb und Phelan und Ragin und Sontje gut kümmern um mich. Alle nett und freundlich." Nun ja, eine sehr löbliche, aber auch recht allgemein gehaltene Antwort. Ob Elfleda auf etwas anderes gezielt hatte? Nun, dann würde sie nachfragen müssen, denn bisher hatte Callista nur Sontje erzählt, dass sie immer noch nicht schwanger war. Allerdings hatte sie das Gefühl, je mehr sie selbst darüber nachdachte, desto mehr dachten auch alle anderen daran. Und daher bezog sie die Frage der Germanin gedanklich sofort auf dieses Thema. Obwohl sie wußte, dass es auch einfach nur Höflichkeit sein konnte, die Elfleda fragen ließ. Sie seufzte kurz und konzentrierte sich wieder auf das Unkraut. "Du kennen ... nein ... Kennst du dich aus mit Kräutern?"

  • “Als ich gegangen bin, mit Kindern und Gesinde, lebten 137 Menschen in der Siedlung und noch mal etwa 50 auf den Gehöften etwas außerhalb“, beantwortete Elfleda ruhig die ungläubige Frage. “Dazu noch das Kleinvieh, die Rinder und die Pferde. Alles verteilt auf fünfzehn Gebäude. Und die Höfe außerhalb.“


    Sie lächelte leicht und hörte sich an, was Callista erzählte. Ihr Lächeln blieb offen und freundlich, auch wenn sie innerlich dachte, wie schrecklich dekadent das doch war, soviel Platz für nur zwei Frauen. Überhaupt, was machten zwei Frauen allein mit Gesinde auf einem Hof? Natürlich gab es auch edle Witwen, die sich nicht mehr verheirateten, aber normalerweise war doch immer irgendwo noch die eigene Sippe oder die des Mannes, so dass ein Mann im Haus war. Man musste ja nicht miteinander das Lager teilen, aber wer verteidigte denn die Frauen, wenn kein Mann da war? Römer waren sehr seltsam.
    Allerdings wurde ihr Lächeln viel wärmer, als Callista anfing, die Sätze endlich richtig zu sagen. Elfleda blickte kurz anerkennend zu ihr herüber, lobte aber nicht direkt. Ein Kind musste man loben, wenn es richtig sprach, eine erwachsene Frau brauchte da kein besonderes Lob. Immerhin war sie kein Hund, der Kunststückchen lernte. Da würde sie ihre Anerkennung anders zeigen.


    Doch dann find Callista wieder an, etwas herumzudrucksen, und schließlich fragte sie nach den Kräutern.
    “Ja, ich kenne mich gut aus mit den Kräutern. Ich habe bei der Heilerin bei uns im Dorf gelernt, welches Kraut wofür gut ist. Fieber, Kopfschmerzen, Magenverstimmung, aber auch wie man Wunden richtig behandelt, oder auch zu starke oder zu schwache Blutungen bei Frauen…“
    Elfleda beobachtete Callistas Reaktion nur aus den Augenwinkeln, während sie den Salbei ein wenig versetzte, damit er mehr Licht bekam. Sie wollte wissen, ob sie auf das letztere eine Reaktion zeigte.

  • "Das ist viel. 187 Menschen. Du kanntest alle? Alle Verwandte?" Sie fand es sehr interessant mehr über die Germanin zu erfahren. Im Grunde steckten sie beiden in der gleichen Situation, denn sie waren nicht nur gleichalt und hatten diesselbe Haarfarbe, nein, sie waren beide in diese Familie verheiratet worden und kannten niemanden in Mogontiacum. Allerdings hatten sie ein komplett unterschiedliches Leben geführt bis dahin und die kulturellen Unterschiede waren enorm. Da war ein gelegentlicher Vergleich nicht schlecht, wie Callista fand und sie lächelte. Zumal sie den anerkennenden Blick genau gesehen hatte, was sie freute. Fortschritte waren nicht nur wünschenswert, sondern diesen Blick wirklich wert. Auch Witjon schaute gelegentlich so, wenn sie etwas sagte, dass er so von ihr nicht erwartet hatte. Und dann war sei sehr glücklich, ein richtiges Lob brauchte sie nicht, die kleine Anerkennung der anderen reichte völlig.


    Mit einem sanften Ruck zog sie einige Wurzeln aus der Erde und begann richtig Spaß an der Arbeit zu finden, so monoton sie auch war. Es beruhigte den Geist und lenkte sie gleichzeitig von den immer wiederkehrenden Gedanken ab. Allerdings gab es da eine Frage, die sie unbedingt los werden wollte und sie setzte sich auf und sah zu Elfleda.


    "Du vielleicht wissen Kraut für ..." Wie war nochmal das Wort? Sontje hatte es ihr doch gesagt!? "schwanger. Kraut das hilft das ich werde schwanger schnell." Zum Schluß flüsterte sie beinahe nur und blickte wieder sofort nach unten. Da war es raus. Hoffentlich reagierte Elfleda verständnisvoll. Und weckte keine schlafenden Hunde. Für den morgigen Tag hatte sie alles für ein großes opfer geplant um Iuno um ein Kind anzuflehen, aber vielleicht waren Kräuter auch eine Methode. Gab es sowas? Sie wußte es gab Kräuter eine Schwangerschaft abzubrechen. Oder würde ihre Göttin ihr das übel nehmen, wenn sie auf germanische Kräuterweiber hörte? Während ihr Tränen in die Augen traten rupfte sie an einem Löwenzahn herum, der sich als besonders störrisch erwies. "Egal was tue ich werde einfach nicht schwanger!" flüsterte sie weiter und zog mit aller Kraft an dem Unkraut, welches dann mit einem lauten Geräusch aus der Erde ploppte und Sand und Dreck verteilte, der größtenteils auf dem schönen Kleid landete. Callista seufzte und schnippste den Dreck langsam von ihrem Kleid.

  • Elfleda lachte. Ihre Verwandtschaft war zwar groß, aber so groß nun auch wieder nicht.
    “Nein, natürlich nicht. Eng blutsverwandt bin ich etwa mit 30, der Rest ist größtenteils Gesinde. Von den Freien bin ich mit etwa noch mal 50 über ein paar Ecken verwandt, aber das ist dann schon sehr verworren. Und ich kenn auch nicht alle persönlich. Die auf den Höfen außerhalb kenn ich nicht alle. Die meisten schon, aber vor allem bei den Kindern kenn ich eigentlich kaum jemanden.“
    Sie schaute Callista kurz an und erklärte dann einfach weiter. “Weißt du, mein Onkel, Rodewini, ist ein Fürst. Ein wichtiger Mann von Adel, und das bringt auch für seine Familie Verpflichtungen. Es ist nicht so, dass die Leute auf unserem Land ihm und meinem Vater nur Gefolgschaft schulden. Er schuldet ihnen im Gegenzug genauso seinen Schutz. Und ich bin seine Nichte. Wenn jemand zu uns ins Dorf kommt für seinen Schutz, dann muss ich ihn genauso gewähren, wenn er nicht da ist. Daher muss ich auch die kennen, die ihm folgen.
    Und bei denen, die im Dorf wohnen, ist das ja sowieso was anderes. Die seh ich ja auch jeden Tag, da kennt man natürlich jeden, wenn man fast jeden Tag gemeinsam an den Tafeln isst.“


    Elfleda hatte keine Ahnung, ob Callista das verstanden hatte, aber das war auch nicht weiter wichtig, als das Gespräch auf die Kräuter kam und Callista heulend gestand, dass sie nicht schwanger wurde. Elfleda warf das Unkraut, dass sie noch in Händen hatte, auf den Haufen, wischte sich den gröbsten Schmutz von den Händen und legte dann Callista tröstend ihren Arm um die Schulter, zog die Römerin leicht zu sich her. Für eine Frau war sowas natürlich nicht leicht, und das erste war erstmal, sie zu beruhigen und ein wenig zu trösten.
    “Das wird schon noch. Es funktioniert nicht immer gleich, und wenn man sich fremd fühlt, verspannt man sich. Dann funktioniert es auch nicht so gut.“
    Elfleda kannte viele Mädchen, die in ihre Sippe eingeheiratet hatten, wo es auch zwei oder drei Monate gedauert hatte, bis sie schwanger waren, einfach, weil sie zu viel geheult und sich verkrochen hatten. Nun, vier Monate war da schon etwas härter und ein Problem, und Elfleda würde es auf jeden Fall im Hinterkopf behalten.
    Vielleicht sollte sie auch Lando einweihen? Immerhin war es eine wichtige Sache, und wenn Callista gar nicht empfangen konnte, war eine Scheidung der einzig gangbare Weg. Aber die Verbindung zu ihrer Sippe war wichtig, soviel wusste Elfleda schon. Und außerdem wollte sie nicht vorschnell sein und die Information lieber für später dann taktisch einsetzen.


    Aber zunächst einmal galt es, herauszufinden, was man denn wirklich tun konnte.
    “Und ja, es gibt viele Kräuter die helfen können. Und auch andere Mittel, die man anwenden kann. Aber erstmal muss ich dir dann ein paar Fragen stellen, damit wir auch das richtige Kraut nehmen. Soll ich es einmal versuchen?“
    Sie ah Callista zuversichtlich und aufmunternd an. Vielleicht war es ja wirklich nur die Verspannung, die die junge Frau noch immer nicht abgelegt hatte.

  • Tatsächlich hatte Callista den Großteil nicht verstanden, aber das war ihr in diesem Moment auch nicht so wichtig. Und Elfleda schien es auch nicht schlimm zu finden, denn nun gab es ein viel wichtigeres Thema. Der Trost tat gut, auch wenn die sehr abgeklärte Art der Germanin Callista verunsicherte. Sie empfand es bei ihr besonders, dass ihr Geständnis eine zweischneidige Sache war. Wenn sie Pech hatte, rannte Elfleda direkt zu Lando, der es Witjon und vielleicht auch ihrem Onkel sagen würde. Dann wäre das Geschrei groß und eine Scheidung ein möglicher Weg, wenn sie tatsächlich keine Kinder kriegen konnte. Sie schluchzte laut und wischte sich die Tränen ab, wobei sie nun Dreck im Gesicht hatte, was sie aber nicht bemerkte. Andererseits konnte ihr Elfleda mit ihrer Kräuterkunde helfen, so es denn wirklich daran lag. Sie war also darauf angewiesen, dass ihre neu gewonnene Verwandte ihr half und sah sie herzerweichend an.


    "Aber ich mich fühlen willkommen und heimisch, nicht fremd. Nicht verspannt. Ich liebe Marsus. Und ich will sein Kind tragen … austragen."


    Selbst unter den sanften Tränen schaffte sie es noch sich selbst zu korrigieren, woraufhin sie schmunzeln musste. Sie atmete ein, zweimal tief durch und erlangte ihre Fassung wieder, während sie weiterhin Elfleda zuhörte, die sie aufzumuntern versuchte.


    "Will gerne versuchen. Ich würde alles versuchen zu werden schwanger. Wenn nicht kommen Kind bald, Witjon vielleicht schicken mich zurück in Rom. Ich muss gehen zu Onkel und bringe große Schande mit mir. Niemals finde neue Mann wenn nicht kann kriegen Kind und dann Onkel kümmern sich um mich. Ich nicht will Scheidung. Ich nicht will zurück in Rom. Witjon guter, lieber Mann und verdient guten, lieben Sohn. Verdient gute, liebe Frau auch und ich bin wirklich gerne mit ihm verheiratet. Ich liebe ihn sehr." Sie lächelte oder versuchte es zumindestens und schaute Elfleda in die Augen. "Was musst du wissen?" fragte sie neugierig, bereit, ihr alles zu sagen, damit sie ihr auch half.

  • Callista überschlug sich beinahe darin, Elfleda zu erklären, wie dringend sie sich ein Kind wünschte. Sie konnte es ja eigentlich gut verstehen, denn auch ihre Stellung hier hing in gewisser Weise davon ab, dass sie ein gesundes Kind zur Welt brachte. Da ging es Callista nicht anders, und auch ihre Stellung wäre erst gesichert, wenn ein lebendiger Nachwuchs da war. Das war reine Politik, dass Gefühle dabei auch eine Rolle spielten, war dabei sogar fast Nebensache. Auch wenn Elfleda Callista wirklich glaubte, dass diese Witjon wirklich liebte, so wie sie Lando auch wirklich liebte.
    “Keine Sorge, er wird dich nicht wegschicken“, beruhigte Elfleda erst einmal. Sie kannte ihre neue Sippe zwar noch nicht so gut, aber Witjon schien ihr eher eine Spur zu weich als eine zu hart. Sie glaubte nicht, dass er seine Frau gleich verstoßen würde, ohne es vorher nicht mindestens zwei Jahre doch mit dem Kinderkriegen zu versuchen. Daher kam ihr der Satz auch völlig ohne Anstrengung über die Lippen.
    “Dann wollen wir mal herausfinden, woran es liegt. Also, er macht alles richtig? Er zieht sich nicht zu früh zurück oder sowas?“
    Das galt es erst einmal als erstes zu klären. Callista würde hoffentlich verstehen, was Elfleda meinte, denn allzu bildlich wollte sie eigentlich nicht erklären.
    “Und es tut dabei auch nichts weh? Es ist gut?“
    Von der Geräuschkulisse, die Elfleda ja zwangsläufig mitbekam, schienen die beiden alles richtig zu machen. Und auch fleißig es zu versuchen.
    “Und du blutest zu Neumond? Kommt dann viel Blut, oder eher wenig? Wie viele Tage blutest du?“
    Vielleicht gab es ja auch ein Problem, das auf zu wenig oder gar zu viel Blut zurückzuführen war. Manche Frauen wurden schwanger, aber das Blut drängte dann so aus ihnen heraus, dass sie die Kinder nach einem oder zwei Monaten wieder blutend verloren. Oder sie bluteten zu zaghaft und wurden deshalb nicht schwanger. Das alles galt es abzuklären.


    Nebenbei überlegte Elfleda schon einmal, was sie noch machen könnte. Ein bisschen was entspannendes sollte sie Callista auf jeden Fall geben. Bei so viel Verzweiflung, die sie ihrer neuen Cousine ja durchaus glaubte, war das auf jeden Fall angeraten.

  • Eifrig begann Callista nachzudenken als ihr diese Fragen gestellt wurden und ihr kam dabei nicht in den Sinn, sich vor der anderen Frau zu schämen. In diesem Moment ging es, genau wie auch Elfleda dachte, in erster Linie um eine gesicherte Stellung in der Familie, ein Stammhalter musste her. Für sie beide, auch hier waren sie sich sehr ähnlich. Denn auch wenn Elfleda bereits schwanger war, konnte noch vieles schief gehen, was Callista aber nicht hoffte. Sie wäre niemals so niederträchtig gewesen ihrer Cousine so etwas zu wünschen, auch wenn sie einen kleinen Stich von Neid nicht hatte vermeiden können, als Elfleda die frohe Botschaft beim allabendlichen Essen verkündet hatte. Aber das war jetzt nicht so wichtig, es galt ihre Fragen genau und richtig zu beantworten.


    "Nein, er ist richtig. Nicht gehen zu früh, meistens bleibt liegen, nicht trennen sofort." Ihr war bewußt, welche Wichtigkeit dieses Detail hatte und auf was genau es ankam. Sie war unerfahren, wenn nicht sogar vollkommen unwissend gewesen, als sie geheiratet hatte, doch zumindestens in der Theorie war sie schon aufgeklärt. "Ja, es ist schön. Nichts tut weh." Sie hielt ihre Antworten kurz und präzise, denn sie glaubte nicht, dass Elfleda unbedingt wissen wollte ob es den beiden Spaß machte oder nicht. Da die beiden Pärchen sowieso sehr nah beieinander wohnten, bekam man es doch mit, was und wann und wieviel beim jeweils anderen vonstatten ging. Holzwände hatten nun mal den Nachteil, die entsprechende nächtliche Geräuschkulisse nicht unbedingt zu verbergen und auch wenn sich Callista zurückhielt, manchmal war sie doch lauter als ihr lieb war. "Ich blute Anfang Monat, man nennt Neulicht*. Blute erste Tag sehr viel und habe Schmerzen, nicht viel Schmerzen, das war immer so. Dann wird weniger Blut, ungefähr vier Tage, manchmal fünf. Letzter Tag wird nur noch sehr sehr wenig Blut."



    *Das ist der Zeitpunkt zu dem vor und nach einem Neumond letztmals ( = Altlicht ) beziehungsweise erstmals ( = Neulicht ) die schmale Mondsichel über dem Horizont sichtbar ist. Zwischen zwei Neulicht-, Altlichtzeitpunkten liegen mindestens 29,2 Tage und maximal 29,8 Tage.

  • Elfleda hörte alles mit an und nickte dabei vor sich hin. Also lag es nicht an der Methode und es gab auch keine Geschwulst oder Zyste, die hinderlich war. Gut, das war doch schonmal was. Dass Callista nicht gleich zu Neumond blutete, konnte eigentlich auch keine Auswirkungen haben. Es schien regelmäßig zu sein, das war das wichtigste. Auch wenn sie damit nicht zu Vollmond am empfangsbereitesten war, was allgemein eigentlich ein gutes Zeichen gewesen wäre, aber die paar Tage sollten keinen Unterschied machen. Sorgen hätte sich Elfleda erst gemacht, wenn sie gesagt hätte, sie würde zu Vollmond bluten, und damit völlig gegen den natürlichen Rhythmus. Zu Neumond zu empfangen war ein eher schlechtes Zeichen, wenn die Welt im Dunkeln nachts lag.


    Elfleda schaute und überlegte, was sie am besten machen konnten. Die wirklich harten Mittel wollte sie nicht gleich zu Beginn anwenden, das wäre eher kontraproduktiv gewesen. Alles in allem hörte es sich für sie eher so an, als würde ihr Becken einfach nicht genug Entspannung finden und daher nicht empfangen.
    “Wir werden folgendes machen“, entwickelte sie also einen Plan, das Problem bald aus der Welt zu schaffen. “Ich werde dir eine Veilchensalbe machen, die kannst du auf deinen Bauch reiben zwischen Vollmond und Neumond. Die entspannt etwas deinen Leib, und auch, wenn du nicht empfängst, sollte das Bluten dann wenigstens weniger schmerzen.
    Wir sollten zu Marga gehen, dass sie mehr Dinkel im Brot verwendet. Hat Alrik nicht einen Getreidehof? Die sollten mehr Dinkel und weniger Weizen ab jetzt anbauen.“

    Auch wenn es Alriks Hof war, beschloss Elfleda das einfach. Sie war die Frau des Sippenführers, und Entscheidungen zu Haus und Hof und zu den Vorräten waren ihr Resort. Daher dachte sie da nicht einmal eine Sekunde an irgendwelche Eigentumsverhältnisse, ehe sie das entschied. Aber um Callista besser zu entspannen, war eine Diät mit viel Dinkel gut. Dinkel hob allgemein die Laune und war gut für den gesamten Bauchraum.
    “Und dann schauen wir mal, ob wir nicht etwas Hauswurz finden. Hauswurz ist denke ich genau das richtige, ja…“
    Sie überlegte, wo sie die Pflanze hier wohl finden konnte. Bei ihnen gab es einen sonnigen Felsen in der Nähe des Dorfes, wo die Pflanze wuchs. Sie mochte es sonnig und steinig. Aber hier kannte Elfleda sich nicht aus. Doch das würde sich bestimmt finden lassen.
    “Das kriegen wir schon hin. Es dauert vielleicht zwei oder drei Monate, aber das kriegen wir hin. Für heute schauen wir erstmal, ob wir einen Dinkelbrei für dich kochen. Und Veilchen für die Salbe.“

  • Das alles hörte sich ganz wunderbar an und Callista atmete erleichtert auf. Auch wenn ihr die Namen von den Kräutern nicht wirklich viel sagten und sie nicht ganz mitkam, bei den Gedankensprüngen die Elfleda machte. Aber es gab einen Plan, einen handfesten Plan und jemanden, der ihr sagte was sie tun sollte. Ein klitzekleiner Hoffnungsschimmer, dass immer noch nicht alles verloren war. Keine Scheidung, keine Schande. Vielleicht hatte sie den Stress nur unterschätzt, dem sie ausgesetzt war, vielleicht machte sie sich zuviel Druck, weil sie immer gut sein wollte und es immer allen recht zu machen hatte. Diesen Anspruch stellte sie an sich und sie konnte es nicht leiden, sich selbst zu enttäuschen. Jeden Monat, wenn der Mond immer dünner wurde und schließlich nicht mehr zu sehen war, kamen die Blutungen und jedesmal hatte sie sich gegrämt. Weil es zeigte, dass sie wieder und wieder nicht schwanger war.


    "Du sagen Witjon?" flüsterte Callista leise und sah zu Elfleda, die sie immer noch im Arm hielt. Das war, abgesehen von der Tatsache, dass man vielleicht noch zwei oder drei Monate zu warten hatte, ihre allergrößte Sorge. Nicht, dass sie Angst vor ihm gehabt hätte, aber allein die Aussicht ihn und seine Familie und damit auch ihren Onkel zu enttäuschen und zu beschämen sorgte dafür, dass sich ihr Magen schmerzlich zusammenzog. Wobei ihr die Idee, weniger Schmerzen beim Bluten zu haben, wirklich gefiel. "Du machen dir viel Mühe, vielen Dank Elfleda." Callista lächelte schwach und schaute treuherzig zu der Kräuterkundigen neben sich. Es war so eine Erleichterung, dass sie bereit war ihr zu helfen. Vielleicht bekamen sie das Problem tatsächlich in den Griff, vielleicht halfen die Salben und die Essensumstellung. Vielleicht half es auch nur, noch jemanden davon erzählt zu haben. Jemanden, der sie mit neuer Hoffnung und einer gehörigen Portion Tatendrang ansteckte.

  • Bei Callistas Frage schaute Elfleda kurz skeptisch zurück. Was sollte sie Witjon denn sagen? Dass er sich keine Sorgen machen brauchte, weil sie Callista nun ein wenig helfen würde? Oh nein, am Ende fiel es noch auf sie zurück, wenn es doch nicht klappte. Und außerdem sollte das wenn dann seine Ehefrau mal schön selbst erledigen, immerhin musste die sich ja auch irgendwann gegen ihren Mann durchsetzen lernen. Elfleda gab da eher Hilfe zur Selbsthilfe.
    “Wenn du meinst, er sollte etwas wissen, dann sagst du es ihm am besten selber. Er ist dein Mann, nicht meiner.“
    Und dann dankte Callista Elfleda auf einmal mit einem Unterton, der jemanden mit weniger Selbstbewusstsein wohl verlegen gemacht hätte. Elfleda verwunderte es nur ein wenig.
    “Natürlich helf ich dir. Wir sind in einer Sippe“, meinte sie etwas verwirrt, und bevor die Situation noch peinlich wurde, widmete sie sich wieder dem Unkraut. Sehr sorgfältig begann sie damit, wild wuchernde Rauke zurückzuzupfen.
    “Du brauchst mir nicht dafür zu danken. Dahei… ich meine, in meinem alten Dorf habe ich das viel mehr gemacht. Da hatte ich richtig zu tun, wenn irgendwo jemand krank war oder sich nicht gut gefühlt hat. Hier… sitz ich eigentlich nur rum und warte darauf, dass die Zeit vergeht. Ich sag dir, untätig herumzusitzen ist ein furchtbarer Fluch. Eigentlich sollte ich dir dankbar sein, jetzt hab ich eine Aufgabe.“

  • Callista nickte dankbar und lächelte sanft. Sie hatte sich anscheinend nicht in Elfleda getäuscht und war wirklich froh, dass diese nicht sofort zu Witjon rennen würde. Noch hoffte die Römerin, dass die Kräuter und die Gebete zu Iuno ihr den Kinderwunsch erfüllen würden, noch konnte sie eine Scheidung hinauszögern. Wie auch ihre Gesprächspartnerin wandte sie sich wieder der eigentlichen Arbeit zu und zupfte an dem Unkraut. "Dann du bist Langeweile?" fragte sie beiläufig und versuchte sich vorzustellen, wie es war in einem solchen Dort aufzuwachsen. Mit einer intakten Familie und einer richtigen Beschäftigung. Irgendwie eine sehr schöne Vorstellung und Callista lächelte bei diesem Tagtraum, denn wenn sie es richtig anstellte, dann könnte sie sowas auch bald haben. "Ich froh, habe Phelan und kann gehn Tempel und lernen. Nicht sitzen zu hause und nur warten Kind. Witjon guter Mann, dass Frau machen dürfen Aufgabe. Ich bin gerne Priesterin." plauderte sie weiter.

  • “Habe, nicht bin“, korrigierte Elfleda eher beiläufig und nicht im mindesten tadelnd. Aber Callista sollte sich die falsche Wortwendung nicht angewöhnen. Sie wusste selbst, wie schnell man sich sowas falsch einprägte, und dann in einem unpassenden Moment sagte man dann zu jemand wirklich wichtigem totalen Blödsinn. Nein, lieber gleich berichtigen.
    “Und ja, mir ist ziemlich langweilig. Lando bemüht sich zwar das zu ändern, aber weil ich nicht so gut Latein spreche und die Römer nur seltsame oder schwere Arbeiten haben, gibt es nichts, was ich wirklich tun könnte. Nicht wie daheim. Da hatte ich allein mit meinen Geschwistern jede Menge zu tun.“
    So ein wenig bedauerte Elfleda es, dass sie niemanden mehr zum herumscheuchen hatte. Sie gab sich gern wissend und gönnerhaft, aber hier ging das absolut nicht. Hier hatte es für jeden eine Aufgabe, die derjenige auch perfekt beherrschte, nur für sie nicht. Sie fragte sich, ob sich das vielleicht mit dem Kind dann ändern würde. Auf jeden Fall brauchte sie auf lange Sicht mehr zu tun als nur den Kräutergarten.


    Und dann kam das Gespräch auf Götter, und Elfleda verzog etwas missmutig das Gesicht. “Ja, in den Tempeln aus Stein…“ murmelte sie fast schon mehr zu sich. Sie fragte sich, warum Lando das erlaubt hatte, dass Phelan das machte. Für sie war es gegen die Natur der Dinge, Götter in Stein zu hauen. Was waren das für komische, kleine Götter, die sich in Häusern aus Stein einsperren ließen? Die Götter wirkten an heiligen Plätzen in der Natur, die sie selbst erschaffen hatten! Nicht in irgendwelchen Häusern, die Menschen gebaut hatten. Auch wenn es schöne Häuser aus teurem Stein waren.

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