Gleich auf den ersten Tagesordnungspunkt wurde das Anliegen des Proconsuls festgesetzt. Dieser erschien auch, prachtvoll gekleidet, in dem großen Plenarsaal.
In gewohnter Rednerpose erhob er sogleich beide Arme in die Höhe, um die Menge zum Stillschweigen anzuregen. Nachdem auch die letzte Stimme verstummen war, griff er mit der linken Hand nach einer Togafalter an seiner rechten Brust und erhob die rechte Hand mit seinem berühmten Zeigefinger nach oben.
"Sodales, ehrenwerte Bürger dieser Provint, ich habe euch etwas zu sagen!
Und dies ist nichts geringer als Verrat!"
Er ließ eine Pause, um diese Worte erst einmal sickern zu lassen. Die ersten unsicheren Gesichter, panische Suchen worauf man am besten den Blick richten sollte, waren gut zu beobachten.
"Und wer hat uns, diese Stadt, ja diese Provinz höchstselbst verraten?!
O, ich sage es euch.
Kein Geringerer als unser geschätzter Duumvir und Sodalis Curiae, Caius Redivivus Evander!
Wie ihr alle wisst herrscht im ganzen Reich die Vorsicht und das Mißtrauen, denn, meine Freunde, wir haben noch keinen Kaiser und der Nachfolger immer noch nicht in Rom angekommen! Gerade in solch einer dunklen Zeit des Ungewissen bedarf es verlässlicher Kräfte, verlässlicher Manner!
Und das seid ihr! Ja, ihr alle, alle, bis auf Caius Redivivus Evander!
Einige werden verblüfft sein und ja, ich war es selbst.
Vor ein paar Tagen lag ich ruhig beim Essen in meinem Triclinium, als sich mein Freund, Klient und Duumvir Tarracos, eben dieses Caiuser Redivivus Evander, bei mir vorstellig wurde. Ich empfing ihn freundlich und herzlich, lud ihn ein an meinem Tisch zu speisen.
Und ich wurde getroffen.
Getroffen von einer maßlosen Selbstüberschätzung und einer schier unglaublichen Dreistigkeit!
Redivivus Evander kam zu mir, um mir, dem Proconsul und Patron, anzukündigen, dass er Hispania in einer so dunklen und ungewissen Zeit verlassen werde. Oh ja, er lässt seine Stadt und die ihm Anvertrauten einfach so zurück!
Und warum?!
Weil der gute Evander nach dem Geld und den Würden eines ihm scheinbar besseren Amtes strebt, nämlich nach dem des Architectus in Italia!
Er hat mich nicht nur als Proconsul vor vollendete Tatsachen gestellt, sondern auch mich, den Patronus!
Ich habe ihn natürlich beschworen sich so einen Schritt gut durch den Kopf gehen zu lassen und ihn anschließend aus Enttäuschung und ja, auch Ablehnung solch einem Verhalten gegenüber, gebeten mein Haus zu verlassen.
Und was habe ich gestern am Abend erfahren?! Unser Duumvir, Caius Redivivus Evander ist heimlich mit all seinem Hab und Gut Richtung Italia abgehauen!
Oh ja, er hat nicht nur uns, sondern auch die guten Bürger Tarracos im Stich gelassen!
Sodales, die letzte Amtshandlung eines Duumvirs ist nicht heimlich die Koffer zu packen, sondern seinen Nachfolger in Amt und Würden zu setzen!
Tarraco soll trauern um einen Duumvir und gleichzeitig in Jubelschreien ergehen, weil ein solcher Mann, solch ein falscher Charakter, dort ist, wo er hingehört, nämlich auf dem Meer und nicht in diesem schönen Land!
Daher verurteile ich den ehemaligen Duumvir Tarracos, Caius Redivivus Evander aufgrund seines unverantwortlichen, unbedachten und geradezu schier dreisten Verhaltens der Stadt und uns gegenüber!
Ich schlage daher vor ihn nicht nur der Curia Provincialis zu verweisen, sondern eben diesem auch den Ordo Decurionum abzuerkennen!
Dieser Mann verdient solch eine Ehre nicht, solange ich hier stehe!
Ich habe nicht nur einen Duumvir verloren, sondern auch einen Klienten!"
Und er blickte durch die Reihen, um erste Reaktionen zu erkennen.