Im Auftrag des Herrn unterwegs III oder: Tribun auf dem Vormarsch

  • Ursus blickte Fhionn an und schüttelte den Kopf. "Du hast recht, sie braucht Wärme. Aber Steine am Feuer zu erhitzen dauert viel zu lange. Bis dahin haben wir den Gasthof schon fast erreicht. Caelyn wird der heiße Stein für Merit sein. Du könntest ihr natürlich helfen. - Macht alles bereit, steigt wieder auf. Weiter geht's!"


    Hektor und Siv ritten bereits los und er sah auch, wie Caelyn Kleidung aus dem Gepäck suchte und dann zu Merit auf den Wagen stieg. Halt Moment. Was war das? Hatte sie da etwa die gute neue Tunika in der Hand? Leicht verärgert biß er sich auf die Lippen. So wenig waren ihr seine Geschenke also wert! Na, bitte, da erwies es sich wieder einmal: Wenn man zu nachgiebig zu seinen Sklaven war, wußten sie nichts mehr zu schätzen.


    Er sagte nichts dazu, sondern setzte sich schweigend und mit finsterem Gesichtsausdruck wieder an die Spitze des Zuges. Mit einem kurzen Blick zurück vergewisserte er sich, daß alles soweit waren, dann ritt er los.


    Sie versuchten, so schnell zu reisen, wie es der Karren erlaubte. Und trotzdem brach langsam die Dämmerung herein. Warum war immer noch kein Gasthaus zu sehen? Wo blieben Hektor und Siv?

  • Fhionn nickte, obwohl sie nicht alles verstanden hatte, was der Römer sagte. Caelyn heiße Stein für Merit? Was meinte er denn damit bloß? Doch, um sich lange den Kopf darüber zu zerbrechen, war die Zeit einfach zu kurz. Als sie dann zum Wagen hinüberschaute, begriff sie, was er wohl damit gemeint hatte. So band sie auch ihr Pferd am Wagen fest und stieg zu Caelyn und Merit auf. Die beiden saßen dicht beieinander unter einer Decke. „Wie geht, Merit?“, fragte sie und sah dabei beide Frauen an.
    Inzwischen bewegt sich der Zug wieder weiter. Fhionn versuchte zu tun, was sie konnte. Aus ihrem Bündel holte sie eine Flasche hervor, in der noch etwas Wasser war. „Hier du müssen trinken! Ist gut gegen Fieber!“ Sanft hob sie Merits Kopf an und versucht ihr langsam die Flüssigkeit einzuflößen. Ihr war die Anspannung des Römer nicht entgangen. Es schien, als mache er sich große Sorgen. Vielleicht plagte ihn sogar die Angst, mit der Verantwortung, die er über sie alle hatte, überfordert zu sein. Eine Tatsache, die für Fhionn auch neu war und die in ihr so etwas wie Sympathie für ihn hervor rief.
    Endlich, es war schon fast ganz dunkel, erreichten sie einen Gasthof. Die Reiter und der Wagen hielten an. "Caelyn, Merit! Wir da! Jetzt wird gut!", rief sie freudig aus.
    Fhion sprang als erste vom Wagen und hielt nach Siv und Hektor Ausschau.

  • Als Fhionn, die Neue zu uns auf´n Wag´n stieg, ging die Fahrt endlich weiter. Ich fand, sie war irgendwie´n bisschen eigenartig. Ganz selten, dass sie mal was sagte und wenn sie mal was sagte, war´s nich viel. Vielleicht lag´s ja einfach dran, dass sie nich so gut Latein konnte. Ich fand auch, sie konnte´n Römern so gar nichts abgewinn´n, was ja auch nich so verwunderlich war, denn so wie ich gehört hatte, hatten die ihr ganzes Dorf platt gemacht. Na ja, jetzt saß sie erst ma bei uns.
    "Ja, Merit geht´s recht gut, sie zittert wenigstens nich mehr so", beruhigte ich sie.
    ´Ne ganze Weile saß´n wir auf´m Wag´n und schwieg´n uns an. Na, viel zu erzähl´n hatten wir eh nich. Ich half Fhionn dann noch , als sie Merit was zu trink´n geb´n wollt. Zum Glück musst´n wir sie nich nochma umziehn.
    Als Fhionn schließlich rief, wir sei´n endlich da, war ich richtig erleichtert. Nachdem sie vom Wag´n gesprung´n war, wollt ich Merit helf´n, auch vom Wag´n runter zu komm´n. Aber das war leichter gesagt, als getan.
    "Fhionn, komm hilf mir ma, wir müss´n Merit vom Wagen holen!"
    Wo war´n jetzt Siv und Hektor? Hatt´n die schon ´n Zimmer für Merrit fertig gemacht. "Hey, wart ma hier mit Merit, ich geh und such ma Siv!" Mit den Worten ließ ich die beiden stehn und machte mich auf die Suche nach Siv und Hektor.
    "Siv, Hektor, wo seid ihr?" rief ich.

  • Weder die skeptischen noch nie zweifelnden Blicke hatte Merit gespürt, so sehr hatte ihr Gebet sie vereinnahmt. Mit glasigen Augen und fiebriger Haut ließ sie sich schließlich zurückziehen. Man zog ihr die tunica über den Kopf, kleidete sie in eine neue und wickelte sie hernach in eine Decke ein. Von alledem bekam Merit jedoch nicht mehr viel mit. Sie war in einen tranceähnlichen Zustand geglitten und nahm alles um sie herum nur noch wie durch dichten Nebel wahr. Auch, dass der Tross sich allmählich wieder in Bewegung setzte, entging ihr.


    Während des weiteren Weges, erhöhte sich Merits Temperatur sogar noch. Längst war ihre tunica wieder durchgeschwitzt, das Haar klebte an ihrem Kopf und die Augen - so Merit einen wachen Moment hatte - waren glasig und blickten sowohl müde als auch teilnahmslos aus ihren Höhlen. Hin und wieder stammelte sie einige ägyptische Worte, die niemand verstand, nicht einmal sie selbst, denn es waren wahllos aneinander gereihte Verben ohne jeglichen Zusammenhang. Schließlich verlangsamte sich die Reisegruppe, die Zeit zwischen den Hufschlägen erhöhte sich, und schließlich hielten sie an. Fiebrig sah sich hinauf zu Siv und Caelyn, blinzelte einige Male und fragte schließlich matt: "Wir....wir da?"

  • Die Herberge war zwar für diese Nacht soweit ganz gut, doch einen Medicus fanden sie hier nicht. Und es wurde bald klar, daß sie hier weder die nötigen Mittel, noch die nötige Ruhe für Merit erhalten würden. Also kaufte Ursus den Wirtsleuten noch ein paar Decken und Felle und auch ein paar einfache Kleidungsstücke ab. Damit bewaffnet machten sie sich also am nächsten Tag wieder auf den Weg. Hoffentlich überlebte die Ägypterin bis zum nächsten Tag!

  • Nachdem Siv fertig war mit den Zimmern, ging sie wieder hinunter in den Hauptraum und setzte sich zu den beiden Germanen, während sie darauf wartete, dass die anderen kommen würden. Ihre Gedanken kreisten um Merit, daher war sie kaum eine gute Gesprächspartnerin, aber eine große Rolle spielte das nicht, da sich die beiden Männer ähnlich wie der Wirt als eher wortkarg erwiesen. Trotzdem war es eine angenehme Atmosphäre, die Siv an ihre Heimat erinnerte und in der sie sich wohl fühlte.


    Als die Germanin schließlich Hufschlag vernahm, lächelte sie den beiden Männern kurz zu und verschwand dann nach draußen, wo ihr Caelyn bereits entgegen kam. Gemeinsam gingen sie zum Wagen, auf der die Ägypterin lag und sie anblinzelte. Siv strich ihr kurz über die Haare und nickte, auch wenn Merit-Amun das vermutlich kaum wahrnahm. "Ja, wir da sind." Sie brachten Merit in das Gasthaus und trugen sie in das Zimmer, das Siv vorbereitet hatte, während der Wirt Ursus das seine zeigte. Vorsichtig verfrachteten sie die Ägypterin in das Bett, wo sie zunächst wuschen und ihr trockene Sachen anzogen, dann positionierten sie die warmen, in Stoffe eingehüllten Steine um sie und hüllten sie in Decken ein. Danach setzte Siv sich ans Kopfende und hob Merits Oberkörper leicht an, legte den Arm um deren Schultern und lehnte sie leicht an sich. "Caelyn, du… kannst bitte, das, das…" Mit der freien Hand gestikulierte Siv zu dem heißen Kräuter-Met-Gemisch, das auf dem Tisch stand. "Merit das… einflößen? Merit trinken muss das. Du kannst geben sie, bitte?"

  • Zitat

    "Siv, Hektor, wo seid ihr?"


    Wo ich war?… Im Land der Träume! … Kein Wunder. Der Tag war anstrengend genug gewesen. Zuerst der schleppende Ritt im Tross voran …. Dann der rasend schnelle Galopp neben Siv her bis zu dieser Herberge … und wieder alleine die halbe Strecke zurück zu den anderen … nur um letztendlich wieder im zähem Tempo zurück zu dem Gasthaus zu reiten … Also ich für meinen Teil hatte genug für heute! … Schon ein paar Meilen vor dem Rasthaus entschlief ich selig auf dem Rücken von Ikarus, gehüllt in die Decke die ich mir wieder umgelegt hatte und so verpasste ich unsere Ankunft und alles andere völlig. "chrrrrrrrrrrr … chrrrr … chrrr"


    … Und ich lag auf einer grünen Wiese und über mir die strahlende Sonne, die mich wärmte. .. In meinen Händen hielt ich den hölzernen Delfin, den ich immer wieder zwischen meinen Fingern drehte…. Eine Erinnerung zurück an schöne Tage am Meer …


    Jedenfalls war ich weit weg von all dem, was augenblicklich um mich herum geschah! Weit weg von der Reisegruppe, die eben die Herberge erreichten und auch weit weg von den Stallburschen, die sich augenblicklich daran machten, die Pferde der Aurelier auszuspannen, um sie in den Stall zu führen.


    "Wo sollen die Pferde denn hin, Bruno?", fragte der Eine.


    "Ganz nach hinten in die letzte Box, Ansger. Dort regnet es nicht durchs Dach. Die gehören nämlich dem Römer! Muss ein Adeliger sein, oder so was ähnliches. Irgend ein hohes Tier aus Rom jedenfalls, denn er reist mit einem ganzen Harem … hast du gesehen? ", erklärte Bruno ganz geschäftig ohne zu wissen von wem oder was er eigentlich sprach.


    "Nee hab ich nicht, aber was anderes Bruno!", meldete sich Ansger wieder. "Ich glaub, da auf dem Pferd sitzt noch Einer!"


    "Was ist los?", fragte Bruno zurück und glaubte sich verhört zu haben.


    "Na da sitzt noch einer drauf und schläft!", bestätigte Ansger seine Entdeckung und deutete auf Ikarus.


    "Stimmt! … gibt’s denn sowas? Der schläft tatsächlich! ...", konnte Bruno nur kopfschüttelnd darauf erwidern und rüttelte ergebnislos an meinem Bein. "chrrrrrrrrrrr … chrrrr … chrrr"


    "Und was machen wir jetzt mit ihm? Tragen wir ihn in die Herberge?", schlug Ansger vor und kratzte sich am Kopf.


    "Spinnst du?! So schwer wie der Kerl aussieht, verrenk ich mir doch nicht den Rücken! Lass ihn einfach drauf sitzen! Den finden die schon, wenn sie nach ihm suchen.", entschied Bruno einfach und winkte ab.


    "Wie du meinst Bruno", erwiderte Ansger achselzuckend und griff nach den Zügeln von Ikarus, um ihn zu den anderen Pferden zu führen.


    So wanderte ich also zusammen mit den Pferden in den Stall der Herberge … selig träumend und unbewusst in der Gewissheit, dass ich am nächsten Morgen wohl von allen der Erste im Sattel sein würde …

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