Kompetenzanmaßung

  • "Römer !


    Ich frage euch, wie weit reichen unsere Sitten und Gebote ? Welche Geltungskraft erfahren sie ? Ist der Senat alles und der Kaiser nichts ohne den Senat ?


    Stellt es nicht eine ungeheure Anmaßung der Kompetenzen dar, wenn der Senat einer Domäne des Kaisers vorweggreift, und auch wenn wir derzeit noch keinen beeidigten Imperator Caesar Augustus haben, so stellt es nicht minder einen Affront gegen den designierten Kaiser, den amtierenden Caesar, dar, wenn man meint, ohne dessen Willen in seinen Amtsbereich zu pfuschen ?


    War es nicht der göttliche Augustus einst, der in weiser Vorraussicht, die Ritter als starkes Gegengewicht zum Senat aufbaute, Männer, auf deren Loyalität er zählen konnte und die ihm deswegen zu unbedingten Gehorsam und Treue verpflichtet waren ?
    Er stärkte jene in der Absicht, einen starken und selbstbewussten Stand gegen die verkalkten Strukturen des Senats aufzubauen, einem Senat, der beherrscht wurde und wird von alten Seilschaften, Machenschaften und Familien, die in ihrer Tradition die Geschicke Roms immer beherrschten und sich in ihrer ekstatischen Gier nach Macht die Finger wund leckten.


    Wie kann da gerade dieser Senat, die Grenzen aufweichen, und über die Einsetzung von ritterlichen Beamten debattieren ? Ich nenne sowas Kompetenzanmaßung !!!"

  • "Ich würde eher sagen Fremder, sowas nennt man Kompetenztrennung, aber wenn du das wüßtest könntest du wohl nicht mehr hier rumschreien wie."
    Man mußte es in Rom langweilig geworden sein. während er im Krieg gewesen war

  • Auch heute war Ticinius wie jeden Tag auf dem Forum und wurde so des Redners auf der Rostra gewahr, der gegen den Senat hetzte. Ticinius hatte nichts vor und beschloss deshalb, seine rhetorischen Fähigkeiten etwas zu üben, indem er diesem Unruhestifter antwortete:


    "Ist es nicht eher Kompetenzanmaßung, wenn ein Ritter meint, dem Senat irgendwelche Vorschriften machen zu dürfen? Du beleidigst den gesamten Senat, wenn du ihn als Ort düsterer Machenschaften bezeichnest, dessen Mitglieder nichts anderes zu tun hätten, als sich Macht anzuhäufen.


    Ist dir nicht bekannt, dass der erste Augustus einst neue Ämter schuf, darunter auch das des Procurators, der nun in der Provinz Hispania eingesetzt werden soll? Ist dir außerdem bekannt, dass der erste Augustus die Provinzen in senatorische und kaiserliche aufteilte? Und ist dir auch bekannt, dass der Kaiser die Ämter in den kaiserlichen Provinzen besetzt und der Senat die in den senatorischen, zu der auch Hispania gehört?


    Wie es das Recht des Kaisers ist, einen Legatus Augusti pro Praetore in einer kaiserlichen Provinz einzusetzen, so ist es das Recht des Senates, einen Proconsul in einer senatorischen Provinz einzusetzen. Warum sollte dies bei einem Procurator anders sein? Wie sonst will der Senat die Provinz verwalten? Der Procurator ist für die Steuererhebung zuständig. Kannst du mir sagen, wie der Senat eine Provinz verwalten will, wenn er nicht über die Steuern dieser Provinz verfügen kann?


    Die Trennung der Provinzen in senatorische und kaiserliche ist seit 133 Jahre eine gute Tradition und wurde von vierzehn Kaisern und fünf Generationen Senatoren akzeptiert. Und nun willst du, ein Ritter, diese Tradition brechen, obwohl die eben noch darüber beschwert hast, unsere Sitten und Gebote würden zu wenig beachtet? Es scheint, als würdest du dich selber in den mos maiorum zu wenig auskennen. Deshalb schlage ich dir vor, diese erst einmal zu lernen, bevor du auf der Rostra große Reden schwingst!"

    statim sapiunt, statim sciunt omnia, neminem verentur, imitantur neminem atque ipsi sibi exempla sunt

  • Der Octavier kam nur zufällig vorbei und blieb stehen. Schmunzelnd hörte er sich die Reden an.


    Doch dann wurde er sich bewusst, dass es hier um ihn ging. Doch woher hatten diese Männer ihre Informationen? Sowohl der auf der Rosta, als auch der andere, der fast neben ihm stand, redeten von Procuratoren und von der Entsendung nach Hispania. Er kratzte sich am Kopf, rückte seine Prunktoga mit den Purpurstreifen zurecht und sagte laut.


    "Eques, bevor in in eure Diskussion einsteige. Woher habt ihr eure Informationen? Es gibt keine neuen Senatsedikte oder sonstige Aushänge. Die Sitzungen sind nicht öffentlich, daher frage ich dich: Woher, bei den unsterblichen Göttern, hast du deine Informationen und die Berechtigung über unsere Väter, den Senat zu Urteilen?"

  • Manius Tiberius Durus, Praetorius, Pontifex und Senator, ließ sich gerade in einer Sänfte über das Forum tragen, als er seinen angeblichen Vicarius auf der Rostra entdeckte, wo er offensichtlich Reden schwang. Er gab einem Mann aus seiner Klienten-Schar einen Wink, woraufhin dieser sich aufmachte, herauszufinden, worum es ging. Kurz darauf kam er wieder


    "Es geht um die Besetzung ritterlicher Posten durch den Senat. Der da scheint etwas dagegen zu haben, Domine!"


    Der Tiberier zog eine Augenbraue hoch und blickte zweifelnd abwechselnd zu seinem Klienten und dem Redner. Ferrius Minor kämpfte gegen den Senat an?


    "Finde mehr heraus!"


    befahl der Senator. Mit diesem spärlichen Wissen konnte man wohl kaum in die Debatte einsteigen. Daher wartete er ab und ließ sich währenddessen von einem Sklaven etwas Wein bringen. Schließlich kehrte der Klient zurück.


    "Scheinbar geht es um einen Procurator und Steuern. Der Redner wettert scheinbar ziemlich gegen den Senat. Er behauptet, er würde machtversessen sein oder so."


    Der Klient versuchte, alles eher beiläufig klingen zu lassen, doch Durus war erzürnt. Was erdreistete sich dieser Bursche? Der Senat war seit jeher die Führung des Staates. Die Familien dort hatten über Generationen bewiesen, dass sie die Lenkung des Staates hervorragend beherrschten! Und dann kam dieser Niemand hier!


    Er kletterte aus seinem Tragestuhl und scharte seine Klienten und Sklaven um sich, dann trat er näher an die Rostra heran, um das Gespräch weiter zu verfolgen...

  • Zitat

    Original von Appius Terentius Cyprianus
    "Ich würde eher sagen Fremder, sowas nennt man Kompetenztrennung, aber wenn du das wüßtest könntest du wohl nicht mehr hier rumschreien wie."


    Ich sah den Tribunen an.


    [I"Du bezeichnest Kompetenztrennung, wo eine Vermischung derselbigen stattfindet ? Kannst Du das auch erklären ? Der Ritterstand ist der Loyalität des Kaisers unterworfen und nur des Kaisers. Das solltest Du doch wissen. Der Procurator ist ein ritterlicher Beamter im kaiserlichen Auftrag, im Gegensatz zB der Iuridiculus, der noch zwar vor wenigen Jahren ebenso ein ritterlicher Beamter nunmehr ein senatorischer Gesandter im Auftrag des Senats ist."[/I]


    Zitat

    Original von Marcus Matinius Ticinius
    (...) Wie es das Recht des Kaisers ist, einen Legatus Augusti pro Praetore in einer kaiserlichen Provinz einzusetzen, so ist es das Recht des Senates, einen Proconsul in einer senatorischen Provinz einzusetzen. Warum sollte dies bei einem Procurator anders sein? Wie sonst will der Senat die Provinz verwalten? Der Procurator ist für die Steuererhebung zuständig. Kannst du mir sagen, wie der Senat eine Provinz verwalten will, wenn er nicht über die Steuern dieser Provinz verfügen kann? (...)


    "In der Tat, der Senat setzt den Statthalter in einer senatorischen Provinz ein. Das habe ich und will ich auch gar nicht bestreiten. Du fragst, was den Procurator unterscheidet ?


    Nun, er ist ein ritterlicher Beamter, und als solcher handelt er im Auftrag des Kaisers. Von daher hat auch nur der Imperator das Recht, ihn zu ernennen, so wie das Recht des Kaisers ist, römischen Bürgern, den Ritterstand zu verleihen.
    Deine Argumentation offenbart einen Fehler. Nur weil des der Kaiser ist, der den für die Steuererhebung zuständigen Beamten ernennt, so heißt das doch nicht, daß diese steuerlichen Mittel zuteilen der Provinz zufließen."

  • Offensichtlich saß Ferrius Minor einem kleinen Irrtum auf, wie Durus bei der Verfolgung des Gesprächs feststellte. Ein leider allzu verbreitetes Übel unserer Zeiten: Der Kaiser war für alles zuständig, der Senat zu einem Kronrat herabgewürdigt. Natürlich wurde dies durch die unsäglichen Gesetze des Iulianus untermauert, dennoch musste er eingreifen, ehe ein falscher Eindruck entstand.


    "Du irrst dich, Ferrius! Der Status eines Eques hat in erster Linie nichts mit dem Imperator Caesar Augustus zu tun, was du allein daran erkennen kannst, dass es bereits vor dem göttlichen Octavianus Augustus solche gab. Zwar hast du recht, wenn du behauptest, die Kaiser hätten ihnen mehr politisches Gewicht gegeben - wie beispielsweise als Steuerbeamte - , dennoch hat das nichts damit zu tun, wer sie einsetzt.


    Der Imperator Caesar Augustus steht lediglich aufgrund seiner Auctoritas teilweise über den Proconsuln, ansonsten hat er dem Senat jedoch wenig in der Verwaltung der Provinzen, in denen er nicht Proconsul ist, hereinzureden. Du kannst das ganze auch im Codex Universalis nachschlagen. Paragraph Neun, wenn ich mich nicht irre."


    Als Jurist hatte Durus natürlich einige Gesetze im Kopf, dennoch war sein Gedächtnis beim Staatsrecht weniger vertieft - es gab praktisch keine Verhandlungen zu diesen Gesetzen. Überhaupt waren sie gänzlich überflüssig: Jedes Kind wusste, wie eine Provinz zu verwalten war. Und wenn nicht, konnte es nachschauen, wie es die Väter getan hatten.

  • "Wieso muß ein Procurator unbedingt im kaiserlichen Auftrag unterwegs sein? Solange die Provinz nicht dem Kaiser untersteht oder der Finanzbeamte nicht für kaiserliche Domänen zuständig ist, sehe ich keinen Grund, daß nicht auch der Staat bzw. der Senat einen Finanzbeamten schicken kann. Ich meine irgendwer muß ja die Finanzen betreuen, die nicht direkt dem Kaiser unterstehen oder etwa nicht?"


    Sim-Off:

    ok hat sich erledigt:D

  • Zu dem Vorwurf, seine Argumentation habe einen Fehler, musste Ticinius einfach etwas erwiedern:


    "Auch deine Argumentation hat einen logischen Fehler. Der Kaiser hat nicht nur das Recht, römischen Bürgern den Ritterstand zu verleihen, sondern auch das Recht, römischen Bürgern den Ordo Senatorius zu verleihen. Nach deiner Argumentation dürfte er alleine die Posten, die für den der Ordo Senatorius notwendig ist, nämlich das Vigintivirat und die Quaestur, ernennen. Doch dies macht er bekanntlich nicht, diese wählt der Senat. Du siehst, dass Recht, einen Stand zu verleihen, schließt nicht das Recht ein, die Ämter, für die dieser Stand notwendig ist, zu ernennen."


    [SIZE=7]Edit: Farbe eingefügt[/SIZE]

    statim sapiunt, statim sciunt omnia, neminem verentur, imitantur neminem atque ipsi sibi exempla sunt

    Einmal editiert, zuletzt von Marcus Matinius Ticinius ()

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