Arbjons Zimmer

  • Quintus sah sich in seinem neuen Reich um. Hier konnte er also bleiben, wenn er ab und an seine freie Zeit bei seiner Familie verbringen würde. Sicherlich würde er auch hin und wieder zu seiner Mutter und seinen Schwestern nach Brogilus reiten, aber Mogontiacum war schon etwas anderes. Weit von dem entfernt, was man als ländlich bezeichnen konnte, war die Stadt aber auch noch keine Metropole wie die Colonia Agrippina. Nein, Mogontiacum war zwar groß, geschäftig und ein lärmender Quell des Lebens, aber immer noch übersichtlich und ruhig im Vergleich zu den überfüllten Straßen der CCAA.


    Das Zimmer selbst war gemütlich und sogar nach seinem Geschmack eingerichtet, schlicht und funktional, aber dennoch bequem und gastfreundlich. Albin schien ein Händchen dafür zu haben, was die Bewohner der Casa in ihren Stuben brauchten. Der junge Duccier lächelte.


    Dann sah er aus dem Fenster und konnte nicht anders, als den Ausblick genießen. Es war wirklich schön hier!


    Schließlich nahm er das Bündel, welches er aus Confluentes mitgebracht hatte und holte seine einfache, germanische Kleidung daraus hervor: eine lederne Hose, ein wollenes Obergewand und ein Paar weiche Halbstiefel, die ebenfalls aus Leder gefertigt waren.
    Er zog sich aus und wusch sich kurz, ehe er die Zivilkleidung überstreifte. Jetzt nur noch das Gewand an der rechten Stelle... Verdammt, wo war der Gürtel? Er musste ihn in seiner Kiste im Kastell vergessen haben!
    Quintus sah sich um und entdeckte den cingulum militare seiner Uniform. Eigentlich war es ohnehin Usus, dass Soldaten diesen Gürtel immer trugen und sich dadurch als das auswiesen, was sie waren. Er gürtete sich also damit und befestigte auch noch den germanischen Dolch an der Seite.


    So gerüstet konnte er sich trauen, unter seine Verwandten zu gehen...

  • Mit dem Kopf voll Gedanken fand sich Loki bei Arbjon ein, kurz nach Sonnenuntergang. Der Flur war erhellt vom schwachen Licht flackernder Öllampen, und in den ersten Minuten machte sich immer eine fast andächtige Stille im Haus breit... eigentlich schon fast klischeehaft geheimnisvolle Atmosphäre...


    *klopfklopf*

  • CHIIINK... CHIIINK...


    Das schleifende Geräusch des Wetzsteins hatte etwas Beruhigendes, das alle Soldaten schätzten. Eine scharfe Klinge war das wichtigste Werkzeug auf dem Schlachtfeld, eine unerlässliche Lebensversicherung, denn alle Schilde und Rüstungen hielten dem Ansturm des Feindes nur solange stand, bis sie schließlich ermüdeten und brachen. Man konnte einen Kampf nie nur defensiv führen, er würde ebenso verloren gehen, wie ein Kampf, der nur aus einem Ansturm bestand.


    Solcherlei Gedanken hing Quintus nach, während er seine Waffen schärfte und pflegte, als es plötzlich klopfte.


    Herein!

  • Als Loki eintrat und Arbjon beim Schärfen seiner Waffe sah, schlich sich ein Schmunzeln auf seine Lippen.


    "Störe ich dich, Arbjon? Ich kann auch später wiederkommen... wenn ihr zwei zuende geschmust habt."

  • Loki warf noch einen sichergehenden Blick in den Flur, und horchte ob sie allein unter sich waren, dann schloss er die Tür und sah Arbjon konspirativ an.


    "Es geht um Prudentius Balbus, deinen Patron. Wann hast du zuletzt von ihm gehört?"

  • "Gut. Dann hast du wenigstens einen Grund ihm zu antworten.", meinte Loki knapp, "Ich habe das Gefühl da braut sich Ärger zusammen, und ich weiß nicht genau was ich davon halten soll. Es scheint als hätte er Scheisse gebaut, zumindest in den Augen der Regeln der Römer."

  • Balbus die Regeln der Römer verletzt? Das klang so gar nicht nach seinem Patron...


    Was ist denn los? Soll er jemanden umgebracht haben? Oder ist er an einer Verschwörung beteiligt? Sprich schon!


    Dieser Loki, dass man ihm auch immer die Würmer einzeln aus der Nase ziehen musste...

  • "Wie du sicherlich weißt handele ich schon seit einigen Monden mit der Ala. Und Prudentius Balbus steht, sowie ich diese Geschichte verstanden habe, im Verdacht sich persönlich an den Waren bedient zu haben, die ich in seiner Amtszeit an die Ala geliefert habe. So wie ich Balbus kenne, kann ich mir das nicht vorstellen, möchte dort allerdings auch nichts ausschließen.", er knirschte laut hörbar mit den Zähnen, so sehr ging ihm die Sache auf die Nerven, "Ich möchte ausschließen dass diese Sache auf mich zurückfällt, und gleichzeitig ausschließen dass es sich hier um ein Missverständnis handelt. Deshalb müsste ich Kontakt zu Balbus aufnehmen. Allerdings muss das ganze diskret ablaufen. Wenn ein Verfahren auf einen zurollt möchte man nicht unvorbereitet sein, wenn du verstehst was ich meine."


    Er machte einen Moment Pause, und zwinkerte Arbjon dann verschwörerisch an, denn es war alles andere als klar wen er mit 'man' meinte...

  • Quintus hob die linke Augenbraue. Einerseits verstand er ganz gut, worauf Loki hinaus wollte, andererseits...


    Ich kann ihm gerne schreiben und ihn bitten sich mit dir in Verbindung zu setzen. Am besten vielleicht durch einen direkten Boten, wer weiß schon, wer beim Postdienst alles mitliest. Ich werde mich also möglichst vage halten. Um welchen Wert oder welche Waren geht es denn genau? Und wer steckt hinter diesen Vorwürfen?


    Im Kopf des Eques begannen bereits die kleinen grauen Zellen zu rotieren. Das Beste würde sein, den Text soweit zu verschlüsseln, dass ein zufälliger oder gewollter Mitleser kein Wort verstehen und ihn für völlig wahnsinnig halten würde. Dennoch musste das Schreiben klar genug verfasst sein, dass Balbus den Sinn erschließen konnte...

  • "Vier-tausend-sesterzen.", betete Loki monoton runter, während er Arbjon beobachtete. Er wusste wie einfache Soldaten heutzutage verdienten, und er war gespannt wie der Mann auf die nicht unbedingt geringe Geldmenge reagieren würde, "Es ging um Garum und Glaswaren, und laut dem neuen Quaestor hat Balbus sich an letzteren selbst bedient, ein Vorwurf von nicht geringer Tragweite. Wenn die Vorwürfe stimmen, steckt Balbus verdammt in der Klemme. Aber im ernst: das ist dann sein Bier. Wenn er sich an Dingen vergreift die eigentlich der Ala, und damit dem Staat gehören, will ich damit nichts zu tun haben. Und das solltest du ihm auch schreiben, bei aller Freundschaft. Wenn das seine Kreise zieht, möchte ich dass er klarstellt dass ich simpler Lieferant war, nicht Teil des... was auch immer. Kannst du deinem Patron das klarmachen?"


    Loki verschränkte die Arme und wartete auf eine Antwort, schließlich ging es hier um recht viel...

  • 4000??? Da musste ein Eques ne Menge Sättel für durchreiten. Quintus pfiff leise durch die Zähne.


    Ich kann sofort etwas aufsetzen. Die Frage ist aber, wie wir das Schreiben nach Rom bekommen. Bei einer solchen Angelegenheit würde ich es dann doch vorziehen, den regulären Postdienst nicht zu behelligen. Kennen wir jemanden, der absolut vertrauenswürdig ist und binnen der nächsten paar Tage in Richtung Rom abreisen könnte?


    Außerdem musste der Bote in der Lage sein, auch in Rom anzukommen. Wenn es bereits eine offizielle Untersuchung gab, in der Lokis Name aufgetaucht war, dann wurde das Haus der Duccier mittlerweile bestimmt schon bespitzelt...

  • "Hmh...", murmelte Loki während er alle Möglichkeiten durchging, bis es ihm schließlich wie Schuppen von den Augen fiel, "Wir könnten den Brief Phelan mitgeben. Oder ihn sich den Brief einprägen lassen... oder... was auch immer. Der Junge will ja wohl nach Rom, so wie ich das jetzt verstanden habe, um dort eine Ausbildung zum Priester zu machen, oder so."

  • Ja, das ist gar keine schlechte Idee. Kontaktiere mich am besten, wenn er für seine Abreise bereit ist. Dann setze ich das Schreiben erst dann auf. Ansonsten wird es am Ende noch von jemandem gesehen oder gefunden, der es vielleicht nicht sehen oder finden soll.


    Quintus war sich sicher, dass dies alles noch sehr viel Ärger nach sich ziehen würde. Römer konnten in ihrer Arroganz so ziemlich alles ertragen, aber wenn Geld ins Spiel kam, dann hörte für sie der Spaß auf. Sie waren halt gierig und geizig, diese Römer... und besonders gut darin, anderen ihre Fehler in die Caligae zu schieben...

  • Dann sind wir uns ja einig. Wenn du noch mehr Informationen hast, die meinen Patron direkt oder die Interessen des Reiches betreffen, dann kann ich diese auch noch mit übermitteln. Durch seine Position steht er dem Kaiserhaus recht nahe, wenn du verstehst...


    Quintus zwinkerte und grinste. Er wusste nicht viel über die Prätorianergarde, außer dass sie den Imperator schützte und sehr viel Einfluss hatte. Entsprechend war es wohl recht einfach für sie, wichtige Dinge dem Augustus direkt vorzutragen...

  • "Japp. Natürlich.", murmelte Loki gedankenverloren, "Aber noch etwas... ist Balbus nicht eh mit dieser Alia, oder Aelia verheiratet? Oder zumindest verlobt? Ich hab ihren Namen vergessen, er hat sie mir nie vorgestellt. Ist der neue Kaiser nicht auch Aelier... oder es gewesen?"

  • Balbus Frau? Ja, da war doch was... Eine vage Erinnerung schlich durch Quintus' Gedanken.


    Ich habe sie auch nie kennen gelernt, aber ich erinnere mich, dass sie ihn in Confluentes besucht hat. So eine schlanke Blondine, glaube ich... Er war recht besorgt darüber, ob sie wegen des kommenden Winters heil wieder in Rom ankommt. Ich weiß nicht, zu welcher Familie sie gehört. Es wäre wohl auch kaum ein Thema gewesen, über das sich ein Präfekt mit einem einfachen Soldaten unterhält.
    Der neue Imperator allerdings war in der Tat ein Aelier, er wurde von Iulianus adoptiert, weil dieser keinen eigenen Erben hatte, soweit ich das weiß.


    Der Eques zuckte die Schultern...

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