Immer diese Legionäre!

  • "Ja, das ist bewundernswert. Du wirst vielleicht staunen, aber nicht jeder Soldat ist unbedingt Patriot. Es gibt Leute, die gehen nur zur Legion, um Essen und ein Dach über dem Kopf zu haben. Da trifft es sich doch gut, dass man sogar dafür besoldet wird. Daher schätze ich diese Männer umso mehr, die für Rom kämpfen.". Tatsächlich gab es beide Sorten dieser Männer, sogar in den eigenen Reihen. Reatinus musste an seinen verstorbenen Neffen Severus denken, der einer von diesen Männern war. Sein Verlust schmerzte noch lange nach den Geschehenissen von damals. Als diese Erinnerung wieder hochfuhr, blieb Reatinus einen Moment lang still. Doch er lenkte sich schnell ab, indem er weiter mit dem Aurelier neben ihm plauderte.


    Tatsächlich brachte er Reatinus erneut zum lachen. "Keine Sorge, Tribun! Wenn du erfahrene Männer brauchst, komm ruhig zu meiner Centuria!". Dann sprach der Tribun das Risiko an. Ja, für einen Soldaten war die Gefahr allgegenwärtig. Es gehörte einfach dazu. Reines Berufsrisiko, fand sich Reatinus damit ab. "Risiko und Gefahr gehören zum Militäralltag dazu. Vorallem in ernsthaften Situationen. Doch obwohl es reinstes Berufsrisiko ist, verletzt oder gar getötet zu werden, ist jeder Verlust schade. Ich bin immer darum bemüht, meine Männer lebendig durch schwierige Fälle zu bringen.". Das war eben einfach die Aufgabe eines Centurios.

  • "War das gerade eine freiwillige Meldung Deiner Centuria für den Limesausbau?", fragte Ursus lachend. Dabei fiel ihm ein, daß er ja auch noch mit dem Legatus sprechen mußte, um zu erfahren, wieviele Männer ihm zur Verfügung gestellt wurden für die Arbeiten. Doch das hatte Zeit bis nach der Ortsbesichtigung. Er mußte es erst sehen, um beurteilen zu können, wie groß die einzelnen Bauabschnitte sein konnten.


    "Ich denke, das macht Dich zu einem guten Centurio, wenn Du stets darauf achtest, die Verluste so gering wie möglich zu halten." Ein Kommando brachte eben auch immer die Verantwortung für das Leben der Männer mit sich. War es nicht eigentlich Wahnsinn, einem Frischling wie ihm selbst ein Kommando zu geben? Doch vermutlich würden die Offiziere rettend eingreifen, wenn er sich allzu dämlich anstellte. Was hoffentlich nicht nötig war bei ihm.


    "Worin liegen jetzt zur Zeit die Aufgaben Deiner Männer? Was tun sie den ganzen Tag über?" Es konnten ja nicht alle immer auf Wache sein. Und es konnten auch nicht alle den ganzen Tag lang trainieren oder in der fabrica arbeiten. Was taten sie also dann? Von größeren Bauvorhaben war ihm nichts bekannt - abgesehen vom Limes.

  • Schon wieder zauberte der Tribun Reatinus ein Lachen auf die Lippen. "Naja, kann ja nie schaden, die Jungs ein wenig körperlich zu ertüchtigen!", scherzte Reatinus zurück und lachte mit Ursus. Dabei hatte Reatinus es als Centurio noch gut. Er konnte zugucken, wie die Legionäre schufteten, sie sogar kommandieren! Doch hatte der jetzige Centurio auch selbst hart dafür geschuftet. Und darauf war er letztendlich doch stolz. Während die beiden ihre Runden liefen, konnte man sogar das zahlreiche Ächzen und Stöhnen aus dem Exerzierplatz hören. Musik für Offiziersohren!


    "Nun ja, ich sehe es als Pflicht, ein guter Centurio zu sein. Ein Schlechter kostet seinen Männern das Leben.". 80 Mann zu führen war alles andere als einfach, vorallem wenn man in Betracht zog, sie in Kampfsituation beieinander zu halten und diese Männer heil durchzubringen. Keine leichte Aufgabe, doch Reatinus selbst fühlte sich ihr gewachsen. Das war die Grundlage.


    Was taten die Legionäre den ganzen Tag über? Schwierig zu beantworten, gestaltete sich das Lagerleben eben aus alltäglichen Dingen wie Essen kochen, Wachdienste, Abkommandierung in die Fabricae, Magazine und und und... eigentlich war ein Tag im Lagerleben selten langweilig, und wenn er das mal war, nutzte man die Zeit gerne für die Therme oder einen Stadtbummel. Sofern man einen Centurio hatte, der Auslässe so großzügig verteilte wie Reatinus.
    "Wenn sie mal keine Aufgaben erledigen, halten sie sich fit, machen Wachdienste und einfach Sachen, die ein Lager eben mit sich bringt. Langweilig wird´s nur selten.", erklärte er dem senatorischen Tribunen.


    Doch war Reatinus Neugierde nun auch geschürt. "Sag Tribun, ich habe gehört, dass du das Kommando über die Kavallerie übernommen hast. Stimmen die Hörensagen?".

  • Ursus grinste breit. "Na, dann weiß ich ja schon, welche Centurie auf jeden Fall dabei sein wird, wenn die Arbeiten losgehen." Wenn schon der Centurio derartige Bereitschaft dazu signalisierte! Er machte sich eine geistige Notiz und würde dies gewiß nicht vergessen.


    "Also, wenn ich ehrlich bin, Legionär möchte ich nicht sein. Als Offizier lebt es sich doch wesentlich angenehmer. Aber dafür hat man natürlich auch die Verantwortung." Und die durfte man keinesfalls unterschätzen. Und mußte sie entsprechend ernst nehmen.


    "Ja, der Legat hat mir die Reiterei anvertraut. Ich hoffe, daß ich dieser Aufgabe gewachsen bin. Doch die Truppe scheint gut organisiert zu sein und ich habe vor, dem Rat der Offiziere gut zuzuhören. Im Grunde werde ich vermutlich gar nicht viel zu tun bekommen, was die Reiterei angeht." Er mußte nur zeigen, daß er seine Augen offenhielt und nicht zulassen würde, wenn sich plötzlich Schluderei einschleichen würde. Doch bisher sah es nicht so aus, als müßte er sich deswegen Sorgen machen. "Hast Du am Ende Ambitionen, zur Reiterei zu wechseln?"

  • Reatinus rechnete schon fest damit, dass der Tribun sich seine Centuria für die Arbeiten vormerken würde. Das konnte ihm recht sein, denn es war ja nicht nur so, dass sie einfach nur Arbeit bekamen. Die Arbeit hielt die Männer fit und sorgte dafür, dass sie nicht einrosteten, neben dem eigentlichen Zweck der Arbeit. So sah es zumindest Reatinus. Die Legionäre hingegen würden sich wohl widerwillig und murrend an die Aufgaben machen. Aber selbst wenn sie sich dagegen sträubten, so erfüllte die Arbeit ihren Sinn und Zweck, zumal Reatinus es nicht durchließ, dass sich auch nur einer aus den Reihen heraus hielt.


    "Alles hat seine Schattenseiten. Nur der Dienstgrad eines Legionärs doch letztendlich mehr als der eines Offiziers.". Auch wenn dies ein schmaler Grat war, so hatten es die Offiziere ingesamt doch besser. Zwar kam die Verantwortung über die eigenen Männer, aber sie ließ andererseits auch die Anschisse der Offiziere verschwinden, die sicherlich jeder Legionär schon einmal hatte. So gab man nun selbst die Anschisse und man wurde nicht mehr wie blöd herumgescheucht. Wieder eine Kehrseite war, dass man den Überblick (wie in Reatinus´ Falle über 80 Mann) behalten musste und auch viel zu organisieren hatte.
    Wie wäre ein Leben ohne schlechte Seiten doch schön, dachte Reatinus. Andererseits gehörte auch Schlechtes zum Leben dazu und war so gut wie fest darin verankert. Egal, wie erstrebenswert ein Leben nur mit guten Seiten war, so hatte es doch immer seine Kehrseite. Außerdem bemerkte man ohne Schatten das Licht nicht mehr.


    "Vergiss jedoch nicht, dass du manchmal nicht zu denen gehörst, die sich die Ratschläge anhören. Es gibt sehr wohl Situationen, in denen musst du selbst Ratschläge erteilen. Ich spreche aus Erfahrung. Sowas passiert mir immer wieder!", ermahnte Reatinus den Aurelier, nicht zu leichtsinning zu werden. Es lief nicht immer von alleine. Doch auf Ursus´ letzte Frage konnte Reatinus umso entschlossener Antworten: "Nein, die Reiterei ist nicht so mein Ding. Man hat mir einmal eine Versetzung zu den Equites geboten, ich habe jedoch kein gutes Händchen für Pferde. Die Infanterie war schon immer mein Platz. Wird sich wohl kaum ändern.".

  • Ursus legte den Kopf schief und nickte. "Das vergesse ich gewiß nicht. Ich hoffe nur, daß ich die Zeit habe, genug Erfahrungen zu sammeln, bevor jemand meinen Rat wirklich benötigt. Denn wenn ich schon einen Rat gebe, soll es doch bitte ein guter sein." Das war eines der großen Probleme, wenn man sich Jahr für Jahr vor neuen Aufgaben stehend wiederfand. Andere erwarteten, daß man sich auskannte und Ratschläge erteilen konnte. Also mußte man sich schnell einarbeiten, damit man dazu tatsächlich in der Lage war. "Ich werde hoffentlich bald soweit sein, daß ich die Stelle wirklich ausfüllen kann. Und dann bin ich auch in der Lage, Ratschläge zu erteilen. Das ist dann wieder der Moment, an dem ich darauf achten muß, nicht taub zu werden für die Ratschläge anderer." Ursus mußte über seine eigenen Worte lachen. Nicht weil sie nicht stimmten oder ein Witz wären, sondern weil es einfach komisch klang, dieses Hin und Her. Doch so war es eben. Das eine bedingte das andere.


    "Es ist gut, wenn man weiß, wo man richtig eingesetzt ist. Ich bin kein meisterhafter Reiter, doch ich fühle mich bei der Reiterei trotzdem ganz wohl." Sie waren mittlerweile wieder ins Castellum zurückgekehrt und hatten den Exerzierplatz hinter sich gelassen.

  • "Wenn du so ein guter Mann bist, wie mein Patron, dann wirst du deine ersten Erfahrungen früh genug sammeln, Tribunus!", ermutigte Reatinus den Aurelier. Schließlich brauchte man als völlig Neuer doch irgendeine Motivation und irgendjemanden, der auf einem vertraut. Davon war Reatinus überzeugt. Und er machte seinen Offizierskameraden nicht gerne das Leben schwer. Ganz gleich, ob diese Offiziere nun höher oder kleiner waren als Reatinus selbst.
    Ja, manchmal konnte es auch zu Kopfe steigen, wenn man selbst um Ratschläge gefragt wurde. Da konnte es schnell mal passieren, dass man selbst keinen neuen Rat mehr hören wollte und nach und nach einer gewissen Ignoranz verfiel. Reatinus konnte jedoch damit hervorragend umgehen und war froh darüber. Und Ursus machte nicht unbedingt den Eindruck, als könnte er dies nicht. Ursus´ Lachen steckte Reatinus jedoch an, so dass er einfach mitlachte.


    "Man sollte wissen, wo man hingeht. Sonst ist man schnell falsch.", gab Reatinus erneut seine Meinung kund. So langsam dachte er darüber nach, Philosoph zu werden. :D
    Aber es war doch schön, dass Großvater und Vater dem jungen Reatinus schon so manche Weisheit gelehrt hatten. Sie blieben bis ins Alter erhalten...
    Mittlerweile liefen die beiden Offiziere wieder um das Intervallum herum. Ein gutes Gespräch fand eben erst sehr spät sein Ende!

  • Na, das hoffte Ursus doch, daß er mindestens so ein guter Mann war wie Corvinus! Ständig stand er in dessen Schatten. Ob es ihm wohl mal gelingen würde, aus diesem Schatten herauszutreten? Den Ehrgeiz dazu hatte er jedenfalls. Doch nicht allein das trieb ihn an. Er war auch einfach wißbegierig und hatte die seltene Fähigkeit, sich für seine jeweiligen Tätigkeiten genug zu interessieren, daß er sie mit Freude ausfüllen konnte.


    "Dein Wort in der Götter Gehör", lachte Ursus augenzwinkernd. Er wußte, er brauchte nur ein paar Tage, um sich einzufinden, die Grenzen seines Tätigkeitsfeldes auszuloten und die notwendige innere Sicherheit zu finden, die er für die anfallenden Entscheidungen benötigte. Seiner Erfahrung nach war es nicht mal schlimm, wenn man auch mal eine falsche Entscheidung traf. Sobald man es merkte, mußte man nur auch den Mumm besitzen, den Fehler auch einzugestehen und wieder auszubügeln. Schlimmer als Fehler zu machen war, sich nicht entscheiden zu können.


    "Auch das ist ein wahres Wort. Man sollte sich seines Weges bewußt sein. - An Dir ist wahrhaftig ein Philosoph verloren gegangen. Meine Lehrer in Griechenland hätten ihre reine Freude an Dir gehabt." Er grinste Raetinus ein wenig frech an.

  • Reatinus musste verschmitzt lächeln. "An dir aber auch, Tribunus!". Eigentlich sah sich Reatinus nicht selbst als weise an. Er war ein Mensch, der sich nur sehr schlecht selbst beurteilen konnte und sich deshalb darüber freute, wenn man ihm die Meinung über ihn sagte. Das wusste er auch. "Das haben mich Vater und Großvater zu Lebzeiten gelehrt.", gab Reatinus kund, wer ihn überhaupt so erzogen hatte, wie er heute war.


    Reatinus änderte seine Meinung zu den senatorischen Tribunen endgültig. Der Aurelier war wirklich kein schlechter Mann und sicherlich auch bemüht. Ursus hatte ihn davon überzeugt, dass ein senatorischer Tribun nicht gleich schlecht war. Gut, dass er dieses falsche Vorurteil schnell wieder aus Reatinus´ Gedanken verdrängen konnte. Reatinus beschloss, ein wenig offener gegenüber den Tribuni Laticlavii zu sein. Doch langsam kam die Zeit, an der Reatinus wieder seines Weges gehen musste. Es stand vor Sonnenuntergang noch eine Stubeninspektion auf dem Plan, ermahnte Reatinus´ innere Uhr. Schließlich durfte es nicht so weit kommen, dass die Legionarii sich einen ablachten über einen verspäteten Centurio... obwohl ein Sprichwort sagt: Wer zuletzt lacht, lacht am Besten, konnte Reatinus behaupten, zuerst und zuletzt lachen zu können. Und der Gedanke ließ ihn immer wieder vergnügt grinsen.


    "Verzeih Tribun... es steht noch etwas auf den Plan für mich, ich müsste langsam los.", versuchte Reatinus, wieder seines eigenen Weges zu gehen.

  • "Ich hielt Dich auf, verzeih." Ursus schalt sich einen Dummkopft, daß er Raetinus so lange von der Arbeit abgehalten hatte. Nur weil er selbst noch nicht so viele Pflichten hatte, galt das doch noch lange nicht für die anderen. "Geh nur. Ich werde mich derweil mal ein wenig bei den Ställen umsehen und schauen, wo sich meine Decurionen herumtreiben. Die könnten mir ja noch so das eine oder andere erklären. Wir sehen uns gewiß noch. Vale." Er nickte Raetinus nochmal freundlich zu und ging dann zügigen Schrittes in Richtung der Ställe.

  • Und Reatinus marschierte in zügigen Sätzen zu den Unterkünften, um eine seiner heißgeliebten Inspektionen zu starten. "Mach dir keinen Kopf darum, Tribunus! Vale!". Mit einem schnellen, freundlichen Nicken war Reatinus auch schon wieder hinter einer Ecke verschwunden. Es waren genau genommen schon wenige Minuten später, schon hörte man aus der Gegend der Centuria IV eine laute Offiziersstimme erschallen...

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