[Atrium] Ankunft des Legatus

  • Er hatte den Adler zurück ins Sacelleum gebracht, hatte einige erste Worte mit den neuen Tribun gewechselt und dann noch eine Stabssitzung gehabt, kurz : Der Dienst hatte ihn bisher davon abgehalten, die Principia zu verlassen und im Praetorium zu erscheinen. Doch nun hatte er es geschafft, er hatte auf dem Weg von einem Scriba einige Schreiben diktiert und war dann mit schnellen Schritten durch das Vestibulum geeilt und betrat das Praetorium just in dem Moment, da seine Verlobte seiner Amme zu hilfe eilte.


    Noch bevor Xamander reagieren konnte, hatte er mit wenigen Schritten die beiden Frauen erreicht und legte seinen rechten Arm um seine bewusstlose Amme, während er seine rechte Hand seiner Verlobten hinhielt, sie fragend ansehend :


    "Was ist passiert ?"

  • Die junge Tiberia hielt sich weitesgehend zurück. Sie kannte ihre neue Familie noch nicht all zu gut, bzw konnte sich nicht mehr gut an sie erinnern, es war einfach zu lange her. Sie beobachtete und kombinierte die verschiedenen Ereignisse bis sie letztendlich ein genaues Bild von der Lage hatte.
    Als aber plötzlich die Amme von ihrem Bruder zu Boden ging, sauste ihre Hand vor ihren Mund und so schrie auf. Sie war total überfordert und wusste nicht was sie machen sollte, ihr Bruder war schon zu ihr geeilt und nahm seiner Verlobten Helena, die verzweifelt versuchte ihre ganze Kraft einzusetzen, die Last ab.


    Arvinia rief den Sklaven zu "Schnell, ihr da!! Bringt Wasser und Tücher ! Beeilt euch!" Dann kniete sie sich zu der liebevollen Frau hinab.

  • Gehalten von nun drei Paar Armen, mochte Manias Sturz abgefangen sein - und so blieb Helena die Zeit, Arvinia dankend anzublicken, während sie sichtlich erleichtert wirkte, ihren Verlobten erscheinen zu sehen. Die Kraft eines Mannes würde Mania sicherlich am ehesten helfen können, und sie wusste nur zu gut, wie stark Vitamalacus sein konnte.
    "Sie ist ohnmächtig geworden, Quintus - bringen wir sie doch am besten auf eine Liege, damit sie sich erholen kann, in diesem Alter ist das nicht ohne Gefahren." Einige Sklaven, die Arvinia angewiesen hatte, Wasser zu holen, stoben los, unter ihnen auch der nicht unweit lauernde Xamander, der natürlich auch neugierig auf den Rest des Haushalts gewesen war. Besorgt dann blickte sie wieder zu Mania herab, innerlich hoffend, es möge wirklich nur ein Schwächeanfall gewesen sein und nichts Schlimmeres. Welche Ironie des Schicksals wäre es, würde Cato seine Mutter nun verlieren, weil ihr Herz den Schock der Zurückweisung nicht mitmachen konnte ...

  • Vor vielen Jahren hatte Mania ihn aufgehoben, als er noch keine fünf Jahre alt gewesen war und sich nach dem Tod seiner Mutter in den Stall zurückgezogen hatte um zu weinen. Mania hatte ihn entdeckt und tröstend zurück ins Haus getragen. Und in den jahren darauf hatte ihm Mania die Wärme geschenkt, die er seit mit dem Tod seiner Mutter vermisst hatte, die Wärme, die im Haus des alten Legatus so fehlte.


    Es war lange her, doch nicht vergessen, jetzt da er die alte Frau in seinen Armen hielt. Es kostete nicht viel Kraft sie hoch zu heben, es war für ihn nicht schwerer als für sie damals. Und so kühl und emotionslos er auch zu sein pflegte, in diesem Moment war er gnaz anders. Vorsichtig und sachte hob er seine alte Amme hoch, ignorierte zunächst alle die um ihn herum standen, trug nur seine Amme quer durch das Attrium bis zu einer Liege.


    Vorsichtig legte er sie darauf nieder, fühlte ihre Stirn, fühlte ihren Puls,...


    "Schickt nach einem der Ärzte," befahl er einem der umstehenden Sklaven, bevor er seinen Umhang abnahm und über die bewusstlose Mania legte. Dann erst wandte er sich, ohne die Hand seiner Amme los zulassen, seiner Verlobten und seiner Schwester zu.


    "Was ist genau passiert ? Wo ist Cato ?"

  • Den Göttern sei Dank für Quintus, dachte sie, beobachtend, wie er seine alte Amme auf den Armen sicher beiseite trug und vorsichtig ablegte. Diese Seite so unvermittelt zu erblicken, war für die Iulierin keine Überraschung, wusste sie doch, zu wieviel Zärtlichkeit und Fürsorge er fähig war, auch wenn er dies zumeist vor anderen Menschen gut zu verbergen wusste. Dass er diese Ader auch seiner Amme gegenüber offenbarte, war nur ein Punkt mehr, der sie in ihrer Entscheidung bestärkte, dass er der richtige Mann für ein zukünftiges Eheleben war.
    "Nun ... sie traf unverhofft auf ihren Sohn, aber beider Wiedersehen war nicht so glücklich," sagte Helena langsam, den Blick Quintus' suchend. "Anscheinend hielt er sie auch für tot und war ... nunja, überrascht. Und ging. Dann verließen sie ihre Sinne. Ich denke, es wäre das Beste, wenn Du zwischen den beiden vermittelst. Sonst erwächst aus einem Wiedersehen, das zu Freude hätte führen sollen, nur Verdruss und Zorn, und das haben beide nicht verdient." Hätte sie geahnt, wie wenig Cato sie leiden konnte, hätte sie vielleicht anders entschieden - aber glücklicherweise gehörte Gedankenlesen nicht zu den Qualitäten der Iulier.

  • Er sagte nichts, er hörte nur zu und blickte dabei zu seiner alten Amme herunter. So unangreifbar er sich auch meistens gab, ahnte er doch in diesem Moment das er einen Fehler gemacht hatte. Er, nicht Mania, hatte beschlossen das Cato erst hier in Mantua von dem Erfahren sollte, was sich in Edessa zu getragen hatte. Und er war es gewesen, der dieses überraschende Zusammentreffen herbei geführt hatte, das so gründlich schief gegangen war.


    Vorsichtig strich er mit seiner rechten Hand über die Stirn von Mania, beugte sich langsam zu ihr herunter. "Es gut mir leid, ich bring das wieder in Ordnung," flüsterte er ihr leise zu. "Komm du nur wieder zu bewusstsein."


    Seine linke Hand suchte die Hand seiner Verlobten, gerade in diesem Moment brauchte er ihre Nähe. "Ich werde mit Cato sprechen," sagte er, während er sich wieder aufrichtete und sich Helena zu wandte. So kühl und unnahbar er auch sonst war, gerade jetzt war er es nicht, auch wenn sie nicht bei weitem nicht allein waren. Und so legte er seinen Arm um seine Verlobte und stellte so eine Nähe her, die er nie in der Öffentlichkeit herstellen würde.


    Sein Blick wanderte allerdings wieder zu Mania...

  • Leicht nur drückte sie die Hand ihres Verlobten, war sie sich doch der Situation sehr deutlich bewusst - und mehr als jene Geste konnten ohnehin nur Worte sagen, die sie beide in der Gegenwart anderer nicht sprechen würden. Mania schien flach zu atmen, aber regelmäßig, und ein wenig Farbe war auch in ihr Gesicht zurückgekehrt, sodass zu hoffen stand, dass sie bald wieder aufwachen würde. So blieb sie neben dem Lager der Amme stehen und erhob sich, als sie fühlte, dass Quintus sie umarmen wollte, um sich dann der Berührung zu erheben. Leicht drückte sie sich an ihn, einen tröstenden Blick tauschte sie mit ihm, dann meinte sie in etwas leiserem Ton:
    "Es geht ihr sicher bald besser, da dürfte ein wenig parfumiertes Salz ausreichen. Viel wichtiger scheint mir, dass die unselige Situation mit beiden aus der Welt geschafft wird. Ich wäre wahrscheinlich auch zutiefst aufgewühlt, würde ich meine Mutter wiedersehen, die ich für tot gehalten hatte." Sanft strich sie mit einer Hand über seinen Oberarm, um sich dann zu lösen, als schnelle Schritte den zurückkehrenden Sklaven ankündigten, der einen der Militärärzte im Schlepptau hatte, einen der besseren, der auch in Parthia Dienst im Lazarett abgeleistet hatte und den sie selbst als fähigen Heiler kennengelernt hatte.
    "Worum geht es denn, legatus?" fragte er in militärisch knappem Stil, ohne sich mit dem üblichen Schischi an Salut, Meldung und sonstigen Details aufzuhalten - wenn das Leben eines Menschen in Gefahr war, salutierte man nicht, man kümmerte sich vielmehr gleich um das Problem.

  • Warum hatte er Cato nicht einen Brief aus Parthia geschrieben ? Oder warum hatte er nicht einfach Mania nach direkt nach Rom geschickt ? Warum hatte er sie einfach auf die lange Reise quer durch Parthia mit genommen ? Natürliuch war es sein Recht gewesen, schliesslich war Mania eine Sklavin seiner Familie. Doch, dessen war er sich in diesem Moment bewusst, es war reiner Eigennutz gewesen, der ihn dazu gebacht hatte, sie mitzunehmen und diese unsägliche Situation hervor zurufen.


    "Es ist meine Schuld," sagte er leise zu seiner Verlobten, den kurzen Moment der Zweisamkeit geniessend, de es hier trotz der zahlreichen Umstehenden gab. "Ich bete zu den Göttern, ds du recht hast,...."


    Erst bei dem Erscheinen des Medicus verfiel er wieder in seine Position und Haltung des Legatus. "Sie hat ihr Bewusstsin veloren," meinte er knapp in seinem Gewohnten Befehlston.

  • Die Hand noch auf der ihres Verlobten ruhen lassend, verfolgte Iulia Helena die Arbeit des medicus, der, wie die meisten Militärärzte, erfreulich schnell 'zur Sache' kam und nur einen sehr kurzen Blick in ihre Richtung entsandte, den sie nicht zu deuten wusste. Fand er es vielleicht befremdlich, dass sein legatus an einem öffentlichen Ort so deutlich seine Zuneigung zu einer Frau bekundete? Aber sie hatte ihn auch schon nach Parthia begleitet, in sofern dürften sich die Soldaten auch an diesen Anblick gewöhnt haben ...
    Ihre Gedanken verloren sich, als der medicus mit geschichten Handgriffen die Atmung und den Pulsschlag der alten Frau kontrollierte, damit wohl zufriedengestellt war und aus der Tasche, die er um den Körper gehängt getragen hatte, ein kleines Tonfläschchen herauszog, das er öffnete und Mania unter die Nase hielt. Selbst am Standort der Iulierin stank es noch zum Göttererbarmen, und sie war sich fast sicher, dass der nach Salmiak, gemischt mit altem Käe und sonstigen ekelerregenden Ingredienzien, auch noch Tote erweckt hätte. Quintus' Hand etwas fester drückend, starrte sie Mania ins Gesicht, auf ein Zeichen des Erwachens lauernd ...

  • Die alte Frau hatte schon so manchen schlechten Geruch in die Nase bekommen, doch das was der Medicus ihr da vorhielt, war schlimmer als alles andere. Es war ein Geruch, der sie nicht nur Augenblicklich zurück ins Leben holte, sondern ihr auch scheinbar all ihre Energie zurück brachte....


    Erst war es nur ein kleines Husten, das eine Reaktion darstellte, dann aber war es eine schnelle Bewegung der Hand, die die Hand des Medicus mit einer Kraft beseite schob, die man einer alten Frau kaum zugetraut hätte. Und nur einen Augenblick später stand sie wieder da, ihre Augen funkelten ärgerlich.

    "Wenn ihr glaubt, das ich so einfach sterbe, dann irrt ihr euch, einen Medicus hab ich noch lange nicht nötig,..."


    Ihr Blick richtete sich auf einige Kisten, die noch im Atrium standen und wanderte dann zu den Sklaven im Attrium.

    "Was steht ihr euch die Beine in den Bauch.... Da gibt es noch einiges zu tun ! Ich willl das das Atrium in wenigen Augenblicken wieder ordentlich ist !"


    Dann blickte sie zum Legatus.

    "Du hast bestimmt besseres zu tun, als hier herum zu stehen. ..."

  • Iulia Helena war wirklich froh, dass sie nicht hatte riechen können, was der medicus der alten Frau unter die Nase gehalten hatte - das in hellem Ekel verzerrte Gesicht Manias hatte Bände gesprochen. Und dass sich die Sklavin wieder recht schnell gefasst hatte, war ein gutes Zeichen - auch der medicus bewies einen heldenhaften Überlebensinstinkt und kam ihr nicht zu nahe, verkorkte das Fläschchen wieder und sah Mania scharf an.
    "Fühlst Du Dich wieder besser?" erkundigte er sich sicherheitshalber, aber eigentlich war es klar, dass sie wieder einigermaßen bei Kräften sein musste, zum schimpfen reichte es jedenfalls. Die anderen Sklaven jedenfalls nahmen die Beine in die Hand, anscheinend wollte niemand eine wirkliche Standpauke riskieren - was die Iulierin ziemlich klug fand. Als Sklavin hätte sie auch nicht gerne unter Manias Fuchtel gestanden.
    "Ich denke, Du wirst nicht mehr gebraucht," sagte sie in Richtung des medicus, der sie fast dankbar anblickte. "Wenn noch etwas sein sollte, werden wir Dich verständigen." Dann sah sie zu Mania. "Wenn Du Dich schlecht fühlen solltest, zögere nicht, das zu sagen. Es soll Dir an nichts mangeln." Und jetzt wäre eigentlich Zeit für den Einsatz ihres Verlobten gewesen, die alte Frau ein bisschen zu trösten. Letztendlich war er der geeignetste der Anwesenden dafür.

  • Irgendwie fühlte er sich in diesem Moment, da seine alte Amme wieder zu kräften gekommen zu sein, garnicht wie ein Legatus Legionis, sondern so wie der kleine Junge, der sich in ihrer Culina versteckt hatte, weil er etwas angestellt hatte. Er mochte die alte Frau um mehr als Haupteslänge überragen und auf sie herab blicken, doch innerlich war er der kleine Junge, der eine kleine Untat gestehen musste.


    Doch er konnte es sich auch nicht leisten hier in der Öffentlichkeit des Attriums eine solche Schwache zu zeigen, besonders da neben dem Medicus auch noch ein Soldat seiner persönlichen Garde anwesend war. Und so behielt er seine starre Haltung bei und wandte sich zunächst an den Medicus.


    "Ich danke dir, aber nun kannst du dich zurück ziehen."


    Mit diesen Worten entliess er den Mesicus, ging einen Schritt auf sein Amme zu.
    "Du solltest dich noch etwas hinlegen," sagte er zu ihr, garnicht auf ihre Worte eingehend. "Ich werde dich auf dein Zimmer begleiten."


    Er reichte ihr seinen rechten Arm, und drehte sich nur kurz zu seiner Verlobten.


    "Du entschuldigst uns ?"

  • "Aber ja," sagte die Iulierin mit einem feinen Lächeln auf den Lippen. Wenn Quintus sich um sie kümmerte, würde es Mania sicher bald besser gehen. Man konnte Ärzte aller Arten haben, aber gegen das tief sitzende Leid war die Nähe der Menschen, die man liebte, doch noch immer die beste Kur. Sachte nickte sie den beiden zu, richtete sich gleichsam etwas auf, und entfernte sich mit leisen Schritten, ihrem cubiculum zustrebend, um dort ein wenig weiter jenen Dingen zu fröhnen, die bei der Verwaltung mehrerer Läden doch stets notwendig waren. An die casa Iulia in Rom würde sie wohl demnächst auch einmal schreiben müssen, um zu erfahren, welches Familienmitglied sich in der Stadt befand ..

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